Gonzojournalismus

Gonzojournalismus

Gonzo-Journalismus (gonzo steht im amerikanischen Englisch für außergewöhnlich, exzentrisch, verrückt) wurde von Hunter S. Thompson Anfang der 1970er Jahre begründet. Charakterisiert wird diese Form des Journalismus durch das Wegfallen einer objektiven Schreibweise. Es wird aus der subjektiven Sicht des Autors berichtet, der sich selbst in Beziehung zu den Ereignissen setzt. So vermischen sich reale, autobiographische und oft auch fiktive Erlebnisse. Sarkasmus, Schimpfwörter, Polemik und Zitate werden als Stilelemente verwendet. Viele Texte entstanden unter Drogeneinfluss. Nach journalistischen Kriterien handelt es sich beim „Gonzo-Journalismus“ gar nicht um Journalismus, sondern um Literatur. Die Arbeitsweise entspricht nicht den Anforderungen an Journalisten, die zum Beispiel der deutsche Pressekodex vorgibt.

Der erste Gonzo-Artikel war „The Kentucky Derby is Decadent and Depraved“, erschien in Warren Hinckles kurzlebigem Magazin Scanlan's Monthly, und entstand, als Thompson es bis zum Redaktionsschluss nicht schaffte, seinen Artikel zu schreiben. Um wenigstens noch etwas an die Redaktion senden zu können, schickte er notgedrungen seine unbearbeiteten Notizen. Sein Kollege Bill Cardoso nannte das Ergebnis dann „Gonzo“ („I don't know what the fuck you're doing, but you've changed everything. It's totally gonzo“). Im Artikel wurde nicht wie beauftragt über das Pferderennen berichtet, sondern über die Atmosphäre des Derbys sowie die Suche des Autors nach Drogen.

Thompson wurde durch sein weiteres Schaffen zum bedeutendsten Vertreter des Gonzo-Journalismus. Er definierte den Gonzo-Stil für sich selbst als einen „professionellen Amoklauf“. Der Journalist möchte über ein bestimmtes Ereignis schreiben, das im Extremfall, sollte es gar nicht eintreten, auch selbst arrangiert werden kann. Statisten können zu Hauptpersonen entwickelt werden. Es ist gewissermaßen eine Realitätssicht, bei der größtenteils das, was möglich wäre, zur Entfaltung kommt. Bei seiner populärsten „Forschungsreise“ Fear and Loathing in Las Vegas reiste Thompson nach Las Vegas, um herauszufinden, inwiefern seine (vom Hippiedasein inspirierte) Sicht vom amerikanischen Traum noch existiert. Er schildert in einer Erlebniswelt aus provoziertem Chaos, eingefärbt durch exzessiven Drogenkonsum, sowohl sein persönliches Scheitern als auch das Scheitern des amerikanischen Traumes. Zwei Jahre später brachte die Fortsetzung der Methode Fear and Loathing: On the Campaign Trail '72 hervor; Thompson begleitete den demokratischen Kandidaten George McGovern während der Wahlkampagne zu den amerikanischen Präsidentschaftswahlen 1972 und berichtete schonungslos von jedem noch so kleinen schmutzigen Detail, wobei er nicht versäumte, beständig Gift gegen den ihm verhassten Richard Nixon zu verspritzen.

Gonzo-Journalismus heute

Einhergehend mit dem großen Popularitätsschub, den Thompsons Werk nach der Verfilmung von Fear and Loathing in Las Vegas im Jahr 1998 genoss, sowie durch die Technik der Neuen Medien wie z. B. Weblogs, erlebt der Gonzo-Journalismus zur Zeit eine Renaissance.

Siehe auch

Borderline-Journalismus, Boulevardjournalismus, Populismus, Medienmanipulation, Funktionen der Massenmedien, Mediendemokratie

Weblinks


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  • Gonzojournalismus — Gọn|zo|jour|na|lis|mus <amerikanisch> (sehr subjektiver, emotionaler, übertreibender Journalismus) …   Die deutsche Rechtschreibung

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