Gradtag

Gradtag

Die Gradtagzahl (GTZ, Gt) und Heizgradtage (HGT, G) sind Maße für den Wärmebedarf eines Gebäudes während der Heizperiode. Sie stellen den Zusammenhang zwischen Raumtemperatur und der Außenlufttemperatur dar und ist somit ein Hilfsmittel zur Bestimmung der Heizkosten und des Heizstoffbedarfs.

Die Gradtagzahl und Heizgradtage werden mit der Einheit Kd/a (Kelvin · Tag / Jahr) angegeben, haben also dieselbe Dimension wie die Temperatur. Sie werden aber auch auf eine Heizperiode oder einen Kalendermonat bezogen, und sind dann für die saisonellen Schwankungen aussagekräftig. Es gibt jeweils einen Wert für das langjährige klimatische Mittel, und einen Wert für das aktuelle Wetter (meteorologische Messung).

Inhaltsverzeichnis

Definition

Bezugswerte

Bezugswerte sind die Raumtemperatur, und die Heizgrenze. Für die Bezugswerte gibt es zwei Gebräuche:

  • nach der deutschen VDI-Richtlinie 2067/DIN 4108 T6 wird die Heizgrenze bei 15 °C und die Innentemperatur bei 20 °C angenommen, man gibt GTZ20/15 an. Für die Aussentempertur legt man die vom Deutschen Wetterdienst ermittelt Werte zugrunde
  • in Österreich, der Schweiz und Liechtenstein verwendet man eine Heizgrenze von 12 °C und Innentemperatur 20 °C, man gibt HGT20/12 an. Auch hier sind die Temperaturwerte von ZAMG und MeteoSwiss Bezugswert

Gradtagzahl nach VDI 2067 / Heizgradtage

Die Gradtagzahl Gt oder GTZ wird gemessen, sobald die Außentemperatur unter der Heizgrenze liegt. Sie ist nach VDI 2067 Raumheizung: Berechnung der Kosten von Wärmeversorgungsanlagen die Summe aus der Differenz einer angenommenen Rauminnentemperatur von 20 °C und der jeweiligen durchschnittlichen Tagesaußentemperatur. Die Summanden der Gradtagzahl werden aber erst ab der Heizgrenze Außentemperatur (ta) ermittelt.

Sie ist eine ortsabhängige Kenngrösse, die die lokalen klimatischen Bedingungen widerspiegelt. Dazu gibt man eine GTZnorm für das langjährige Mittel, und eine GTZspez für die aktuelle Messung.

G_{t20/15} = \sum_{1}^z (t_i-t_a)
Gt20/15 … Gradtagzahl für einen Monat bei ti 20 °C und Heizgrenze von 15 °C
z … Anzahl der meteorologischen Heiztage
ti … mittlere Raumtemperatur
ta … mittlere Außentemperatur des jeweiligen Heiztages
  • Die Gradtagzahl eines Tages (Heizgradtag-Wert) ist die Differenz zwischen Innenlufttemperatur und der mittleren Außenluft-Tagestemperatur.
  • Die Gradtagzahl für die Heizzeit ist die Summe der Differenzen zwischen der mittleren Raumtemperatur von 20 °C und den Tagesmitteln der Lufttemperatur über alle Heiztage zwischen der ortsüblichen Heizsaison (1. September und 31. Mai).
  • Bei der Gradtagzahl der Heizperiode werden nur die Heiztage berücksichtigt, die innerhalb der Heizperiode liegen.
  • Die Gradtagzahl eines Monats ist die Summe der Temperaturdifferenzen über den Monat.

Das Verfahren, wie sie die VDI 3807 gibt, mit Unterscheidung von Gradtagzahl GTZ und Heizgradtag G, wird in österreichischen oder Schweizer Quellen nicht so geführt, es findet sich auch die Bezeichnung Heizgradtag HGT für Gradtagzahl nach VDI.[1][2][3]

Da sich neben der Lufttemperatur noch Wind, Luftfeuchtigkeit und Sonnenstrahlung auf die zum Heizen benötigte Energie auswirken, ist die Gradtagzahl nur zur groben Abschätzung geeignet. Über Korrektur der standardisierten Raumtemperatur auf die real gemessene Innentemperatur lässt sich das Heizziel und wohnlagenspezifische Situationen berücksichtigen.

Heizgradtage nach VDI 3807

Sehr ähnlich werden die Heizgradtage (G) nach VDI 3807 Blatt 1 Energieverbrauchskennwerte für Gebäude ermittelt, es wird aber die tatsächliche gebäudespezifische Heizgrenze zugrundegelegt.

Sie spiegelt die Heizlast eines konkreten Gebäudes wieder, und berücksichtigt die Wärmedämmung des Gebäudes. Weil in die individualisierte Heizgrenze auch die gewünschte Innentemperatur eingeht, wird auch die Wohnsituation berücksichtigt. Ausserdem gibt man ebenfalls einen mittlern Wert GHGm, und einen Wert der aktuellen Heizperiode GHG, und berücksichtigt so die Wetterlage und interne Gewinne, z. B. durch Sonneneinstrahlung.

G_{15} = \sum_{1}^z (t_{hg}-t_a)
G15 … Heizgradtage der Heizperiode
z … Anzahl der gemessenen Heiztage der Heizperiode, bezogen auf die individuelle Heizgrenze
thg … Heizgrenze, hier 15 °C
ta … mittlere Außentemperatur des jeweiligen Heiztages

Die Heizgradtage nach VDI 3807 liegen bei gutem Energiestandard etwas unter der Gradtagzahl VDI 2067/einfachen Heizgradtagen HGT.

Berechnungsbeispiele

Vergleich von Gradtagzahl und Heizgradtagen

Beide VDI-Werte können ineinander überführt werden, z. B. entspricht GTZ15/15 G15. Folgende Tabelle stellt einige (Tages)Beispielwerte dar:

ta [°C] GTZ 20/15 HGT 15
>=15 0 0
10 10 5
5 15 10
−5 25 20

Gradtagzahl für einen Monat

Es wird angenommen, dass die Heizgrenztemperatur 15 Grad beträgt und die Innenraumtemperatur 20 Grad sein soll. Die Heizgrenztemperatur und die Innentemperatur können variiert werden. Für einzelne Tage (z. B. 29. April) muss keine Gradtagszahl berechnet werden, da der Tag im Mittel wärmer als die Heizgrenztemperatur von 15 Grad war.

Datum Tagesmitteltemperatur in °C Gradtagszahl
01. April 2000 5,5 14,5
02. April 2000 8,0 12,0
03. April 2000 10,7 9,3
04. April 2000 8,2 11,8
05. April 2000 4,6 15,4
06. April 2000 5,0 15,0
07. April 2000 5,1 14,9
08. April 2000 4,7 15,3
09. April 2000 5,4 14,6
10. April 2000 5,8 14,2
11. April 2000 6,9 13,1
12. April 2000 6,2 13,8
13. April 2000 7,5 12,5
14. April 2000 7,4 12,6
15. April 2000 10,7 9,3
16. April 2000 9,8 10,2
17. April 2000 14,0 6,0
18. April 2000 14,2 5,8
19. April 2000 13,7 6,3
20. April 2000 14,2 5,8
21. April 2000 16,9 0,0
22. April 2000 19,6 0,0
23. April 2000 21,4 0,0
24. April 2000 16,5 0,0
25. April 2000 11,0 9,0
26. April 2000 15,4 0,0
27. April 2000 19,2 0,0
28. April 2000 20,2 0,0
29. April 2000 21,2 0,0
30. April 2000 19,6 0,0
April insgesamt 241,4

Für die Berechnung der Gradzahltemperatur wird daher die mittlere Temperatur pro Tag an einem Standort benötigt.

Anwendung

Gradtagzahlen werden immer dann in der Heizbedarfsrechnung und Heizkostenabrechnung verwendet, wenn keine Messwerte vorliegen oder der abzurechnende Zeitraum vom gemessenen abweicht. Dabei kommen allerdings nicht die absoluten Werte zur Anwendung, sondern Tausendstel (Promille) bezogen auf ein Jahr. Laut VDI 2067 sind das im Durchschnitt:

im Monat ‰ pro Tag ‰ pro Monat
Januar 5,484 170
Februar 5,357 150
März 4,194 130
April 2,667 80
Mai 1,290 40
Juni 0,444 40/3
Juli 0,430 40/3
August 0,430 40/3
September 1,000 30
Oktober 2,581 80
November 4,000 120
Dezember 5,161 160

Bedarfsrechnung

Die Gradtagzahl wird zur Abschätzung des Heizenergiebedarfs eines Gebäudes an einem bestimmten Standort verwendet und dient darüber hinaus zur Normierung (Witterungsbereinigung) von Heizenergieverbräuchen. Mittels folgender Formel kann ein bestimmter Heizenergieverbrauch (HEVspez) klimabereinigt als HEVnorm angegeben werden:

HEV_{norm}=HEV_{spez}*\frac{GTZ_{norm}}{GTZ_{spez}}, wobei die GTZnorm den langjährigen Mittelwert für den betrachteten Zeitraum angibt.

Somit kann man sehen, ob sich verändernde Verbräuche klimatische Ursachen haben (strenger Winter) oder aber vom veränderten Heizverhalten der Nutzer stammen.

Kostenrechnung

Betragen die Heizkosten beispielsweise 625 Euro im Kalenderjahr, so entfallen davon 200 Euro auf die beiden ersten Monate des Jahres. (625 Euro x (170 + 150) / 1000 = 200 Euro)

Falls es sich um ein Schaltjahr handelt, ist der Tageswert im Februar nicht mehr 150 / 28 = 5,357, sondern entsprechend 150 / 29 = 5,172. Dies spielt allerdings nur eine Rolle, wenn der zu berechnende Zeitraum im Februar anfängt oder endet, da sich nichts am Monatswert ändert.

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Heizgradtage, Hauseigentümerverband Schweiz
  2. Heizgradtage, ZAMG → Daten und Statistiken
  3. Heizgradtage (HGT, HGT20/12), energiesparhaus.at
  4. Kühlgradstunden, ZAMG

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