Grafen von Neipperg

Grafen von Neipperg
Wappen derer von Neipperg aus dem Scheiblerschen Wappenbuch

Die Grafen von Neipperg sind ein altes, ehemals reichsunmittelbares Rittergeschlecht in Schwaben. Die Familie mit Stammsitzen in Neipperg und Schwaigern stand ursprünglich in württembergischen und pfälzischen Diensten, erreichte ab 1700 dann vor allem in habsburgischen Diensten höchste Ämter. Die Hauptlinie in Schwaigern wurde 1726 in den Reichsgrafenstand, der Seitenzweig der Grafen von Montenuovo 1864 in den österreichischen Fürstenstand erhoben. Die Hauptlinie der Familie besteht bis heute fort und widmet sich gegenwärtig insbesondere dem Weinbau.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Übersicht

Grabplatte des Engelhard von Neipperg († 1495) in der Stadtkirche Schwaigern

Die Familie tritt erstmals im 13. Jahrhundert auf und stammt höchstwahrscheinlich von den edelfreien Herren von Schwaigern ab. Die frühen Stammsitze der Neipperger liegen in Neipperg (Burg Neipperg) und Schwaigern. Im 14. und 15. Jahrhundert konnten die Neipperger ihren Besitz durch württembergische, pfälzische und badische Lehen im Zabergäu und im Kraichgau bedeutend vergrößern. 1431 erhielten sie den Blutbann verliehen und wurden damit reichsunmittelbar. Durch ein geschicktes politisches Wechselspiel mit Württemberg und der Kurpfalz gelang es der Familie, ihren Einfluss und ihren Besitz insbesondere gegen das angrenzende und sich zum Flächenstaat entwickelnde Württemberg zu verteidigen. Im späten 15. Jahrhundert teilte sich die Familie in die Linie Adelshofen und die Linie Schwaigern auf. Die Adelshofener Linie bestand im Mannesstamm bis 1708, spielte jedoch keine bedeutende Rolle. Die Hauptlinie Schwaigern hatte ihre Grablege in der Stadtkirche Schwaigern, führte in ihren Gebieten die Reformation durch und nahm ab dem späten 16. Jahrhundert ihren Hauptsitz im Schloss Klingenberg, bevor durch Eberhard Friedrich von Neipperg (1655–1725) das Schloss Schwaigern als neuer Hauptsitz errichtet wurde. Beginnend mit Eberhard Friedrich standen mehrere Generationen der Familie auch in habsburgischen bzw. österreichischen Diensten, wo sie wieder zum Katholizismus übertraten, höchste Ämter erreichten und zeitweise das Zentrum ihres Wirkens auch in Wien hatten. Eberhard Friedrichs Sohn Wilhelm Reinhard von Neipperg (1684–1774) wurde 1726 in den Reichsgrafenstand erhoben. Die Nachkommen aus der Ehe dessen Enkels Adam Albert von Neipperg (1775–1829) mit Marie-Louise von Österreich bildeten den Seitenzweig der Grafen von Montenuovo, die 1864 in den österreichischen Fürstenstand erhoben wurden und bis 1951 im Mannesstamm bestanden. Die meisten Neipperger schlugen, sofern sie sich nicht rein um die Verwaltung ihrer Besitztümer kümmerten, militärische oder diplomatische Laufbahnen ein. Die wechselhaften politischen und gesellschaftlichen Beziehungen der Neipperger drücken sich insbesondere auch in deren Eheschließungen aus. Nachdem man bis ins 17. Jahrhundert noch überwiegend in andere Kraichgauer bzw. südwestdeutsche Niederadelsfamilien geheiratet hatte, gab es danach zahlreiche Verbindungen mit Ehepartnern aus dem württembergischen oder habsburgischen Königshaus. So ist selbst noch der gegenwärtige Chef des Hauses, Karl-Eugen von Neipperg (* 1951), mit Andrea von Habsburg (Tochter Ottos von Habsburg) verheiratet. Seit dem Zweiten Weltkrieg widmet sich die Familie insbesondere dem Weinbau auf ihren Gütern im Zabergäu sowie auf in den 1970er Jahren erworbenen Weingütern in Frankreich.

Abstammung

Burg Neipperg, Stammburg der Familie aus dem 12. Jahrhundert

Über ihre Herkunft und Verwandtschaft besteht Unklarheit. Historiker leiten über die Neipperg-spezifischen Personennamen Reinbot und Waramund eine Verwandtschaft mit den Herren von Massenbach, Herren von Richen und Herren von Schwaigern her. In Schwaigern tritt ein Reinbot zu Beginn des 13. Jahrhunderts auf, 1241 wird ein Reinbot in Neipperg (heute ein Ortsteil von Brackenheim) erwähnt. Auch ein Waramund tritt erst in Schwaigern und dann in Neipperg auf, so dass das Geschlecht ursprünglich eine Nebenlinie der edelfreien Herren von Schwaigern sein könnte, die dann in der Mitte des 13. Jahrhunderts die Hauptlinie beerbte.

In Neipperg befindet sich auf dem Heidelberg, einem südlichen Ausläufer des Heuchelbergs, die Burg Neipperg, die zunächst als wehrhafte, später als repräsentative Anlage ausgestaltet war und als Stammsitz der Neipperger gilt. Ab dem 13. Jahrhundert entwickelte sich das Dorf Neipperg als umliegender Burgweiler. Die Familie besaß die Burg wohl bereits im 13. Jahrhundert, die ältesten urkundlich belegten Lehensinhaber sind die Brüder Wilhelm und Konrad von Neipperg, die 1304/06 vom Bistum Würzburg mit der Burg und umliegenden Gütern belehnt wurden. Neben den von Neipperg hatten noch andere Herrengeschlechter Besitz und Rechte auf Burg Neipperg. 1321 veräußerte ein Engelhard von Weinsberg seinen Anteil an die Grafen von Wirtemberg, die um 1400 die Herren von Gemmingen mit ihrem Teil belehnten. Auch eine Familie Meiser wird im 14. Jahrhundert zeitweilig als Besitzer eines Burganteils genannt, der jedoch 1364 von Reinhard von Neipperg († 1377) zurückerworben werden konnte. Reinhard war es auch, der die Vogtei in Schwaigern an sich brachte, die zuvor an die Herren von Hirschhorn verliehen war.

Ausbau der Herrschaft im 14. und 15. Jahrhundert

Reinhards Sohn Eberhard I. von Neipperg († 1406) konnte seinen Besitzanteil an der Burg Neipperg abermals vergrößern, außerdem bündelte er mehrere, zuvor an unterschiedliche Mitglieder der Familie vergebene Lehen in Schwaigern auf sich. Während Reinhard als Vertreter im Rat des württembergischen Grafen Eberhard der Greiner noch eng an Württemberg gebunden war, stand Eberhard I. von Neipperg spätestens seit 1383 in Diensten der Kurpfalz und war 1401 Bevollmächtigter von König Rudolf II.

Die Söhne und Enkel Eberhards I. von Neipperg erhielten im 14. und 15. Jahrhundert weitere Lehen und Rechte, darunter 1391 die Hälfte des Schlosses in Bönnigheim, 1412 Burg und Dorf Klingenberg, 1419 ein Drittel des Zehnten in Böckingen, 1431 den Blutbann in Schwaigern und 1434 den Ort Adelshofen. Speziell auf Eberhards I. Sohn Eberhard II. geht die immense Vergrößerung des Familienbesitzes in jenen Jahren zurück. Eberhard II. und sein Bruder Reinhard II. konnten außerdem die Rechte und Ansprüche der Familie gegen die aufstrebenden Territorialmächte Baden und Württemberg sowie gegen die erstarkenden Städte wahren. Außerdem wurde bereits zu jener Zeit Schwaigern zu einem der Hauptsitze der Familie. Zu dieser Zeit gehörten bereits mehrere Familienmitglieder der Gesellschaft mit dem Esel an.[1]

Eberhards II. Sohn Diether von Neipperg († 1465) kam 1455 gemeinsam mit seinem Onkel Reinhard II. von Neipperg († 1458) mit seinem Besitz in Schadhausen, Bintal, Duwenheim, Adelshofen, Massenbachhausen, Schwaigern, Neipperg und Michelfeld unter den Schutz des Pfalzgrafen Friedrich. Reinhards II. Söhne Wendel und Engelhard bauten die Beziehungen zur Pfalz weiter aus, während ihr Bruder Hans und zwei ihrer Vettern auf württembergischer Seite standen. Wendel († 1480) und Engelhard († 1495) erhielten nach der Schlacht bei Seckenheim 1462, in der sie an der Seite von Pfalzgraf Friedrich gekämpft hatten, den Ritterschlag. Engelhard war 1460 Burgvogt in Heidelberg, 1472 Marschall des Pfalzgrafen Friedrich, 1476 Vicedom zu Neustadt an der Haardt. Er besaß ein Viertel der Stadt Bönnigheim, Anteile an Neipperg und Schwaigern sowie den ganzen Ort Adelshofen und eine Vielzahl weiterer Rechte und Güter. 1478 war er an der Neugründung der Gesellschaft mit dem Esel beteiligt, die unter Friedrich I. von der Pfalz vorübergehend nicht aktiv war.[2]

Die unmittelbare Nachbarschaft zum württembergischen Gebiet und die teilweise württembergischen Lehen der in jener Zeit größtenteil der Kurpfalz untergebenen Familie von Neipperg boten Anlass zu andauernden Spannungen. Der von den Württembergern ab 1473 gebaute Württembergische Landgraben durchschnitt praktisch das Neippergsche Gebiet.

Nachdem Engelhard von Neipperg kinderlos geblieben war, kam sein Besitz an zwei Söhne seines Vetters Diether: Eberhard IV. und Wilhelm, die damit den gesamten Familienbesitz auf sich vereinten, 1497 das Erbe teilten und die Linien Adelshofen und Schwaigern begründeten.

Linie Adelshofen

Epitaph des Ludwig von Neipperg († 1570) in Adelshofen

Eberhard IV. von Neipperg († 1506) war Württemberg zugeneigt. Seine Söhne Eberhard V. († 1534) und Diether († 1541) erreichten nach seinem Tod eine erneute Erbteilung mit ihrem Vetter Georg Wilhelm († 1520), so dass die Adelshofener Linie den namengebenden Ort Adelshofen ganz und Schwaigern zur Hälfte besaß. Eberhard V. und Diether hatten zwar sowohl badische als auch württembergische Lehen, standen jedoch auf Seiten Württembergs. Diethers Nachkommen wirkten überwiegend in Schwaigern. Georg († 1557) war Kirchherr in Schwaigern, später Domherr in Worms. Eberhards V. Sohn Ludwig von Neipperg († 25. Dezember 1570) führte 1531 die Reformation in seinen Gebieten durch. Sein Abbild ist auf einer schmuckvollen Grabplatte in Adelshofen erhalten, ebenso das seiner im Kindesalter verstorbenen Enkeltochter Anna Maria († 5. Dezember 1571). Ludwigs Vettern Hartmann († 1571) und Hans († 1591) führten in Schwaigern gemeinsam mit ihren Vettern aus der Schwaigerner Linie die Familiengeschäfte. Ihr Besitz fiel nach dem Tode der Söhne des Hans 1595/1602 an Ludwigs Söhne in Adelshofen: Reinhard († um 1612) und Georg Wilhelm († um 1606). Die Linie Adelshofen hatte zwar keine bedeutende Außenwirkung und war überwiegend mit der Verwaltung ihres Besitzes beschäftigt, dennoch wurde Georg Wilhelms Enkel Philipp Ludwig († 1685) im Jahr 1659 zum Direktor des Ritterkantons Kraichgau gewählt. Er und seine Kinder hatten enge Verbindungen zum württembergischen Hof. Mit dem gewaltsamen Tod seines Sohnes Bernhard von Neipperg erlosch die Linie Adelshofen 1708 im Mannesstamm. Der Herrensitz in Adelshofen war 1690 zerstört worden. Zwar hat 1716 die Schwaigerner Hauptlinie ein neues Wasserschloss Adelshofen errichten lassen, allerdings wurde die Anlage kaum noch genutzt und verfiel rasch, so dass heute nichts mehr davon erhalten ist.

Linie Schwaigern

Schloss Klingenberg, Ölgemälde von 1851
Eberhard Friedrich von Neipperg (1655–1725)
Schloss in Schwaigern, Sitz der Neipperger seit 1702
Wilhelm Reinhard von Neipperg (1684-1774) wurde 1726 in den Reichsgrafenstand erhoben

Wilhelm von Neipperg († 1498) war 1452 Hofmeister beim Markgrafen von Baden, nahm 1462 auf württembergisch-badischer Seite an der Schlacht bei Seckenheim teil und war danach wieder Hofmeister am badischen, später auch am württembergischen Hof. Sein Sohn Georg Wilhelm († 1520) war 1503 als Burggraf zu Starkenburg zunächst in Diensten des Pfalzgrafen Philipp, wandte sich nach dessen Niederlage im bayerisch-pfälzischen Erbfolgekrieg 1504 jedoch wieder Württemberg zu, war württembergischer Obervogt im Zabergäu und Vertrauter Herzog Ulrichs. Georg Wilhelm ließ ab 1514 die Stadtkirche Schwaigern bedeutend erweitern. In der Kirche bei der Burg in Schwaigern war die traditionelle Grablege der Neipperger, dort haben sich bis heute rund 30 historische Grabmale der Familie erhalten. Auf Georg Wilhelms Sohn Wolf († 1533) gehen vermutlich die ersten Impulse zur Reformation in Schwaigern zurück. Wolfs Bruder Ludwig († 1536) war 1532 Burggraf in Alzey, erhielt 1533 das Burglehen in Oppenheim und wurde danach Hofmarschall der Kurpfalz.

Ludwigs Sohn Philipp I. († 1581) sicherte 1550 mit einem Vergleich mit dem Wormser Domherrn aus der Adelshofener Linie, Georg († 1557), den Fortbestand der Reformation in Schwaigern. Wie schon Generationen vor ihm stand auch Philipp I. durch württembergische, badische und pfälzische Lehen in Abhängigkeit verschiedener Herren, gegen die er sich in verschiedenen Streitigkeiten erfolgreich zur Wehr setzen konnte. Er hatte 1554 seinen Sitz in Klingenberg, wo er 1577 die zerstörte Burg Klingenberg erneuern ließ. Er war wie sein Vater pfälzischer Burggraf in Alzey, später auch Hofmeister des Bischofs von Speyer.

Unter Philipps I. Söhnen Engelhard und Philipp II. verzweigte sich die Linie Schwaigern kurzzeitig. Engelhard († 1600) erhielt Burg Streichenberg, Anteile an Neipperg mit Stebbach und Massenbachhausen. Engelhard nahm seinen Sitz auf Streichenberg, doch trat man die Burg noch vor 1600 an die Kurpfalz ab. Seine bei seinem Tod noch minderjährigen Söhne führten die Nebenlinie fort, verstarben jedoch vor 1649 kinderlos.

Philipp II. († 1595) führte die Hauptlinie in Schwaigern fort. Er trat in keine landesherrlichen Dienste mehr, sondern verwaltete ausschließlich seine eigene Herrschaft, wodurch sich die Auseinandersetzungen mit Württemberg intensivierten. Seine Söhne Ludwig Christoph († 1635) und Bernhard († 1622) waren bei seinem Tod noch jung und standen bis 1615 unter Vormundschaft. Die Vormünder konnten von anderen Familienlinien und -zweigen Güter zur Versorgung der Geschwister erwerben, da der Güterbesitz der Hauptlinie durch Erbteilung bereits sehr gering war. Der Erwerb von Gütern erfolgte deswegen aus dem Bestand der Familie, um den Gesamtfamilienbesitz nicht zu schmälern und um der starken Zersplitterung einzelner Besitztümer entgegenzuwirken. Ludwig Christoph führte die Familienlinie fort, auch er enthielt sich vermutlich Diensten für fremde Landesherren.

Ludwig Christophs Söhne Bernhard Ludwig (1619–1672), Eberhard Wilhelm (1624–1672) und Friedrich Dietrich (1626–1680) waren beim Tode des Vaters während des Dreißigjährigen Krieges noch minderjährig. Während des Krieges waren außerdem Lehen eingezogen worden und Güter anderweitig verlustig gegangen. Erst nach dem Westfälischen Frieden von 1648, der die Besitzverhältnisse von vor Kriegsbeginn wiederherstellte, war die wirtschaftliche Situation der Familie wieder gesichert. 1652 teilten die drei Brüder das väterliche Erbe. Jeder der Brüder begründete jeweils eine eigene Familienlinie. Bernhard Ludwig erhielt die Klingenberger Güter, hinterließ jedoch 1672 nur zwei Töchter. Eberhard Wilhelm führte die Linie fort und ist damit der Stammvater der heutigen Linie, starb jedoch ebenfalls schon 1672, so dass zunächst der dritte Bruder, Friedrich Dietrich, bis zu seinem Tode 1680 Oberhaupt der Familie war. Er erwarb durch seine Nähe zum württembergischen Hof neue Lehen und Rechte, allerdings erlosch seine Familienlinie bereits 1690 mit seinem Sohn Johann Philipp Adam.

Eberhard Ludwigs Sohn Eberhard Friedrich von Neipperg (1655–1725) wurde 1672 in den Reichsfreiherrenstand erhoben, war ab 1689 Obervogt von Blaubeuren, war kaiserlicher Heerführer gegen die 1693 von Heidelberg auf Heilbronn vorrückenden Franzosen, kämpfte später gegen die aufständischen Ungarn und wurde 1710 Festungskommandant von Philippsburg. Er stand zudem in habsburgischen Diensten und wurde 1717 habsburgischer Generalfeldmarschall. Seit 1707 war er Direktor des Ritterkantons Kraichgau. Unter seiner Herrschaft wurde der Stammsitz der Familie von Neipperg ab 1702 in das von ihm erbaute Schloss Schwaigern verlegt, wo er außerdem von 1699 bis 1719 umfangreichen Grundbesitz erwarb.

Eberhard Friedrichs Sohn Wilhelm Reinhard von Neipperg (1684–1774) war Erzieher und Vertrauter des späteren Kaisers Franz I. und wurde am 5. Februar 1726 von Kaiser Karl VI. in den Reichsgrafenstand erhoben. Mit Wilhelm Reinhard und aufgrund dessen österreichischen Dienstes wurde die Familie vermutlich 1717 wieder katholisch. Er wurde 1730 Gouverneur von Luxemburg und der Grafschaft Chiny und errang hohe militärische Auszeichnungen. Als kaiserlicher Beauftragter schloss er 1739 den Frieden von Belgrad, für dessen für Österreich nachteilige Bedingungen er kurzzeitig zu Festungshaft verurteilt wurde. Nach seiner Rehabilitierung setzte er seine militärische Laufbahn fort und wurde 1741 Feldmarschall, 1753 Ritter vom Orden vom Goldenen Vlies, 1755 Vizepräsident des Hofgerichts, 1762 Kommandant von Wien. Er und seine Nachkommen erhielten 1766 Sitz und Stimme im schwäbischen Grafenkollegium. Da das Zentrum seines Wirkens in Wien lag, erwarb er dort in der Nähe der Schottenkirche einen repräsentativen Palast. Seine Tochter Maria Wilhelmina wurde Mätresse von Kaiser Franz I.

Wilhelm Reinhards Sohn Leopold (1728–1792) war Kämmerer und Reichshofrat in Wien, er war auf diplomatischen Missionen an verschiedensten europäischen Höfen und führte durch diese kostspielige Tätigkeit ab den 1760er Jahren eine länger andauernde Finanzmisere des Hauses Neipperg herbei, die 1782 nahezu in die Zwangsverwaltung mündete. Leopolds drei Söhne Joseph, Carl und Adam Albert schlossen 1798 einen Familienvertrag, mit dem die Tilgung der Schulden im Laufe des 19. Jahrhunderts geregelt wurde.

Nach dem Ende der Reichsritterschaft

Adam Albert von Neipperg (1775-1829)

1806 wurde die Grafschaft Schwaigern aufgehoben, und große Teile gelangten in Folge der Mediatisierung zu Württemberg. 1815 wurde die Familie von Neipperg unter die Hoheit des württembergischen Königreichs gestellt. In einer Deklaration von 1819 heißt es: „Das gräflich neippergsche Haus behält die Ebenbürtigkeit, wie es solche bisher hergebracht hat, und wird dem hohen Adel beigezählt.“ In einer Verordnung von 1829 wird verkündet, dass dem Familienhaupt das Prädikat Erlaucht zukomme. Die Neipperger Grafen blieben auch weiterhin Patronatsherren der katholischen Kirche, z. B. in Massenbachhausen, wo sich auch eine Familiengruft befindet.

Wenn auch der Einfluss der Neipperger in ihren angestammten Gebieten in Südwestdeutschland durch die politischen Veränderungen des frühen 19. Jahrhunderts etwas schwand, konnten sie doch ihre Stellung im österreichischen Dienst weiter ausbauen. Adam Albert von Neipperg (1775–1829) vertrat die Interessen von Marie-Louise von Österreich und des von ihr regierten Großherzogtums Parma auf dem Wiener Kongress 1815 und heiratete sie 1821 nach dem Tode seiner ersten Frau. Seine Söhne aus erster Ehe setzten die Stammlinie des Hauses Neipperg fort.

Adam Alberts Nachkommen aus der Verbindung mit Marie-Louise bildeten den Seitenzweig der Grafen von Montenuovo, die mit Adam Alberts Sohn Wilhelm Albrecht von Montenuovo (1821–1895) von Kaiser Franz Joseph 1864 in den österreichischen Fürstenstand erhoben wurden. Montenuovo bedeutet Neuberg und ist eine italienische Übersetzung einer möglichen Bedeutung des Familiennamens. Wilhelm Albrecht und sein Sohn Alfred von Montenuovo (1854–1927) machten Karriere beim österreichisch-ungarischen Militär und bei Hof. Der Seitenzweig der Grafen von Montenuovo erlosch 1951 im Mannesstamm.

Alfred von Neipperg (4. von rechts) beim Rapport bei König Wilhelm I. von Württemberg, Gemälde von 1847

Der Stammfolger der Hauptlinie, Adam Alberts ältester Sohn Alfred von Neipperg (1807–1865), erhielt 1831 noch im Stile des alten Lehnswesens gemeinsam mit seinen Brüdern vom württembergischen König Wilhelm I. das Dorf Schwaigern mit Zubehör, Burg Neipperg, Jagdgründe in Kleingartach, Bönnigheim und Erligheim sowie Güter in Schwaigern und Wald bei Neipperg verliehen. 1833 schlossen er und seine Brüder einen Familienvertrag über die Erbfolge, der den Gesamtbesitz jeweils dem erstgeborenen Sohn zusprach. Sowohl Alfred als auch seine drei jüngeren Brüder Ferdinand (1809–1843), Gustav (1811–1850) und Erwin von Neipperg (1813–1897) waren in österreichischen Diensten. Besonders Erwin hat hohe militärische Auszeichnungen erworben und führte nach 1850 für seinen erkrankten und seit 1840 mit Prinzessin Marie von Württemberg verheirateten Bruder Alfred die Familiengeschäfte. Da Alfred kinderlos blieb, setzten Erwin und dessen Sohn Reinhard (1856–1919) die Familienlinie fort. Reinhard hatte nur eine vergleichsweise kurze militärische Laufbahn, auf ihn gehen um 1900 vielmehr bedeutende Umbauten an Schloss und Rentamt in Schwaigern zurück.

Die Grafen Neipperg im 20. und 21. Jahrhundert

Reinhards ältester Sohn Eberhard (1882–1956) verzichtete aus gesundheitlichen Gründen auf die Stammfolge und wandte sich insbesondere kulturellen Dingen zu. In die Stammfolge trat daher sein jüngerer Bruder Anton Ernst (1883–1947) ein. Ein weiterer Bruder Karl (1890–1948) schlug als Adalbert von Neipperg eine geistliche Laufbahn ein und wurde erster Abt nach der Neugründung des Klosters Neuburg bei Heidelberg.

Anton Ernst von Neipperg stand zunächst in preußischen Diensten und erreichte im Ersten Weltkrieg den Rang eines Rittmeisters, bevor er aus dem Militärdienst ausschied, um sich der Verwaltung der Familiengüter zu widmen, die in den wirtschaftlichen Notzeiten der 1920er und 1930er Jahre einige Schwierigkeiten bereitete. Er war Präsident eines Deutschen Katholikentags der frühen 1930er Jahre und bis zur Auflösung des württembergischen Landtags Abgeordneter der Zentrumspartei. Sein ältester Sohn Karl Reinhard fiel 1941 in Russland, so dass der Familienbesitz an den zweiten Sohn Joseph Hubert überging.

Joseph Hubert von Neipperg (* 1918) war im Zweiten Weltkrieg Offizier des Afrikakorps. Durch die Bodenreform verlor er kurz nach Antritt seines Erbes 1947 mit 173 Hektar Ackerflächen rund die Hälfte seines Besitzes. Er nahm zahlreiche Funktionen in Wirtschaft und Gesellschaft wahr, darunter ein langjähriger Aufsichtsratssitz der Südwestbank und den Vorsitz der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Grundbesitzerverbände sowie der Gesellschaft für Agrargeschichte. Außerdem widmete er sich intensiv dem Ausbau der Bewirtschaftung seiner Güter, insbesondere mit Hinblick auf den Weinbau.

Der Familie, die bereits im 18. Jahrhundert Weine nach Wien exportierte, wird nachgesagt, den Lemberger aus Österreich eingeführt zu haben. Mehrere historische Weinlagen gehen auf die Erschließung durch die Neipperger zurück, beispielsweise der Schwaigerner Grafenberg am Heuchelberg oder die 1575 von Philip von Neipperg angelegte Lage Am Hasenbusch. Heutige Weinbaulagen der Grafen von Neipperg befinden sich in Schwaigern, Klingenberg und Neipperg im Weinbaugebiet Württemberg. Auf den knapp 30 Hektar Rebfläche des Hauses ist Lemberger mit 26 Prozent die vorherrschende Rebsorte, gefolgt von Riesling mit 20 Prozent. Joseph Hubert von Neipperg erwarb 1971 außerdem die französischen Weinbaulagen Château Canon-La Gaffelière (20 Hektar), Clos de l'Oratoire (10,5 Hektar), Château Peyraud (14,5 Hektar) und Château La Mondotte (4,5 Hektar) in Saint-Émilion, die seit 1984 von seinem Sohn Stephan-Christoph von Neipperg (* 1957) bewirtschaftet werden. Gemeinsam mit weiteren Winzern übernahm Stephan-Christoph 2006 auch das Weingut Château Guiraud.

Joseph Huberts ältester Sohn Karl-Eugen von Neipperg (* 20. Oktober 1951 in Schwaigern) hat die Verwaltung des Besitzes in und um Schwaigern übernommen, ist Kreisratsmitglied des Landkreises Heilbronn und Ehemann von Andrea Habsburg-Lothringen (* 30. Mai 1953 in Würzburg).

Wappen

Stammwappen der Grafen von Neipperg

Das Stammwappen zeigt in Rot drei silberne Ringe. Auf dem Helm mit rot-silbernen Decken ein wie der Schild bezeichneter geschlossener Adlerflug.

Der Schild ist auch das Wappen des Ortes Neipperg. Einige Ortswappen zeigen bis heute drei Ringe auf rotem Grund und markieren damit einen Teil des einstigen Machtbereichs der Neipperg.

Einzelnachweise

  1. Holger Kruse, Werner Paravicini, Andreas Ranft (Hrsg.): Ritterorden und Adelsgesellschaften im spätmittelalterlichen Deutschland. In: Kieler Werkstücke. Reihe D: Beiträge zur europäischen Geschichte des späten Mittelalters, Peter Lang, Frankfurt am Main, ISBN 3-631-43635-1. , S. 129ff
  2. Holger Kruse, Werner Paravicini, Andreas Ranft (Hrsg.): Ritterorden und Adelsgesellschaften im spätmittelalterlichen Deutschland. In: Kieler Werkstücke. Reihe D: Beiträge zur europäischen Geschichte des späten Mittelalters, Peter Lang, Frankfurt am Main, ISBN 3-631-43635-1. , S. 129ff

Literatur

  • Karl Klunzinger: Die Edlen von Neipperg und ihre Wohnsitze Neipperg und Schwaigern. Zur Feier der Vermählung des Grafen Alfred August Karl Franz Camillus von Neipperg mit Marie Friedrike Charlotte von Württemberg. Köhler, Stuttgart 1840. 
  • Walter von Hueck: Genealogisches Handbuch der fürstlichen Häuser. Bd. VIII, C. A. Starke Verlag, Limburg an der Lahn 1968 (Genealogisches Handbuch des Adels. Band 42). 
  • Walter von Hueck: Adelslexikon. Bd. 9., Met - Oe, C.A. Starke Verlag, Limburg an der Lahn 1998, ISBN 3-7980-0816-7 (Genealogisches Handbuch des Adels. Band 116). 
  • Immo Eberl: Die Herren und Grafen von Neipperg. In: Schwaigern. Heimatbuch der Stadt Schwaigern mit den Teilorten Massenbach, Stetten a. H. und Niederhofen. Stadtverwaltung Schwaigern, Schwaigern 1994. 

Weblinks



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