Grafschaft Wittgenstein

Grafschaft Wittgenstein
Wittgensteiner Land bei Wemlighausen
Bad Laasphe in Südwittgenstein

Das Wittgensteiner Land (geläufiger: Wittgenstein) ist eine Region im Kreis Siegen-Wittgenstein in Nordrhein-Westfalen.

Inhaltsverzeichnis

Erste Besiedlung in Wittgenstein

Im Bereich der heutigen Stadt Bad Berleburg konnten Heimatarchäologen anhand von Grabungsfunden mehr als 150 Siedlungsstellen dieser ersten Besiedlung in der keltischen, also vorchristlichen Zeit (etwa 700 v. Chr.) nachweisen. Aus dieser Zeit sind drei Fliehburgen bekannt, die von den Kelten auf steilen Bergkuppen gebaut worden waren. Auf diesen konnte man leichter die eindringenden Germanen abwehren, die höchstwahrscheinlich am Erzreichtum des Landes interessiert waren. Diese drei mächtigen Ringwallanlagen sind zum Teil heute noch erhalten und stehen unter Denkmalschutz. Die Wallburgen liegen in der Nähe der heutigen Ortschaften Aue, Dotzlar und Wemlighausen. Die weiteren Ortschaften von Bad Berleburg wurden zu unterschiedlichen Zeiten besiedelt.

Bodenfunde, die auf eine frühgeschichtliche Besiedlung hin deuten, existieren ferner aus dem Bereich des Bad Laaspher Ortsteils Banfe. Zu nennen sind hier das Steinbeil aus der „Wachtel“, einem Waldstück in Banfe, sowie Topf- und Schüsselfragmente aus dem „Auerbach“, der durch Banfe fließt.

Erste urkundliche Erwähnung

Erste urkundliche Erwähnungen der Ortschaften Laasphe, Arfeld, Raumland und Hesselbach liegen aus den Jahren 800 und 802 n. Chr. vor.[1] Der Bestand der Siedlungen Elsoff, Alertshausen, Beddelhausen und Schwarzenau ist durch eine Urkunde aus dem Jahre 1059 belegt.

Der Name Wittgenstein (Widechinstein) wird erstmals im Jahre 1174 urkundlich erwähnt, seine Schreibweise lässt auf sächsischen Ursprung schließen. Der Graf von Battenberg nennt sich nach seinen beiden Burgen nun Werner von Battenberg und Wittgenstein.

Sprache und Kultur

Die Wittgensteiner Mundart wird von Sprachforschern zum oberhessischen Sprachraum gezählt. Nach Möhn und Weiershausen wird die Mundart in einen nördlichen und einen südlichen Sprachbereich eingeteilt, der jeweils durch die Einflüsse der angrenzenden Regionen Westfalens bzw. Hessens und Nassaus geprägt ist.[2]

Eine kulturelle Verbindung (z.B. Architektur, Kleidung, Brauchtum etc.) bestand ebenfalls zu Oberhessen. Eine Verbindung zur historischen Landschaft Westfalen gab es allenfalls in den heute zum Hochsauerlandkreis gehörenden Wittgensteiner Höhendörfern, da sich dort seit der Gründung durch den Grafen Casimir von Sayn-Wittgenstein-Berleburg Menschen aus dem benachbarten Sauerland angesiedelt und ihre Sprache, katholische Konfession und Brauchtum mitgebracht und verbreitet haben.

Entstehung der Grafschaft Wittgenstein

Die Nachfahren des Grafen Werner von Wittgenstein und Battenberg teilten sich den Besitz. Im Jahre 1238 erhielt Siegfried das Land um den Oberlauf der Flüsse Lahn und Eder und nannte sich nun Siegfried I. von Wittgenstein. Hiermit beginnt die eigentliche Geschichte der Grafschaft Wittgenstein.

Von ihrem oberhalb der Stadt Laasphe gelegenen Sitz Schloss Wittgenstein aus sicherten und erweiterten die Grafen ihr Territorium. Berleburg, hoch über der Odeborn gelegen und durch Steilhänge zum Odeborntal und dem Berlebach vor Angriffen geschützt, bot sich als Stützpunkt für den Ausbau der Grafschaft Wittgenstein an.

Im Jahre 1258 wird die Ortschaft Berleburg (Berneborg-Berneborgh) zum ersten Mal in einer Urkunde des Klosters Grafschaft erwähnt. Graf Siegfried I. erwarb vom Benediktiner-Kloster Grafschaft Eigentumsrechte an dem Berg, auf dem es neben einem Klosterhospitz bereits eine Ansiedlung oder eine Burg gab. Anfangs hatte der Grafschafter Klostervogt Adolf von Grafschaft Miteigenstumrechte an Berneborgh, diese ging dann aber 1322 in den Alleinbesitz derer von Wittgenstein über. 1361 erbten die Grafen Eberhardt und Heinrich von Sayn die Grafschaft. Ab diesen Zeitpunkt nannte sich das Haus Sayn-Wittgenstein („...von Sayn, Graf zu Wittgenstein“). Seit dem 15. Jahrhundert hat sich das Grafenhaus unter dem Schutz der Landgrafen von Hessen-Marburg gestellt, um Angriffe anderer Landesherren, insbesondere des Erzbistums Mainz, abzuwehren. Im Jahre 1605 erfolgte die Teilung in die Linien Sayn-Wittgenstein-Berleburg und Sayn-Wittgenstein-Wittgenstein.

Die Neuzeit

Kurz vor dem Ende des Alten Reiches 1806 wurden die kaisertreuen Grafen Christian Heinrich zu Sayn-Wittgenstein-Berleburg (1792) und Friedrich Karl zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein (1801) von Kaiser Franz II. in den Reichsfürstenstand erhoben.

Beide Fürstentümer wurden 1806 zunächst dem Großherzogtum Hessen-Darmstadt angeschlossen, dann aber auf Beschluss des Wiener Kongresses von 1815 an Preußen abgegeben. Wiedervereinigt bildeten sie seit 1817 den Kreis Wittgenstein im südöstlichen Teil der Provinz Westfalen. Der Sitz des Kreises war Berleburg.

Am 1. Januar 1975 wurde aufgrund des Sauerland/Paderborn-Gesetzes der größte Teil des Kreises Wittgenstein mit dem bisherigen Kreis Siegen zum neuen Kreis Siegen vereinigt. Der nördlichste Teil des Kreises wurde dem Hochsauerlandkreis zugeschlagen. Mit Wirkung vom 1. Januar 1984 wurde aufgrund der anhaltenden Proteste aus der Wittgensteiner Bevölkerung der Kreis Siegen in Kreis Siegen-Wittgenstein umbenannt. Erst 1999 wurde das Wappen des Kreises Siegen bzw. Siegen-Wittgenstein um das Wappenbild des Wittgensteiner Wappens ergänzt.

Einzelnachweise

  1. Schenkungsurkunde für das Kloster Fulda
  2. Dieter Möhn: Die Struktur der niederdeutsch-mitteldeutschen Sprachgrenze zwischen Siegerland und Eichsfeld, Marburg 1962

Siehe auch

Portal
 Portal: Siegerland und Wittgenstein – Übersicht zu Wikipedia-Inhalten zum Thema Siegerland und Wittgenstein

Weblinks


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем написать реферат

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Grafschaft Sayn — Territorium im Heiligen Römischen Reich Grafschaft Sayn Wappen …   Deutsch Wikipedia

  • Wittgenstein — Herkunftsname zu der historischen Grafschaft Wittgenstein (Westfalen). Bekannter Namensträger: Ludwig Wittgenstein, österreichisch britischer Philosoph (19./20.Jh.) …   Wörterbuch der deutschen familiennamen

  • Wittgenstein [1] — Wittgenstein, ehemals reichsunmittelbare Grafschaft im oberrheinischen Kreis, von den hessen darmstädtischen Ämtern Battenberg und Biedenkopf, dem Fürstentum Nassau Dillenburg und dem Herzogtum Westfalen begrenzt, umfaßt 487 qkm (8,8 QM.) mit… …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • Wittgenstein [1] — Wittgenstein, 1) sonst reichsunmittelbare Grafschaft im Oberrheinischen Kreise, von Hessen Darmstadt, Nassau u. Westfalen begrenzt, 91/2 QM., 19,000 Ew., unter zwei Grafen, später Fürsten, W. Wittgenstein u. W. Berleburg, deren jede Linie im… …   Pierer's Universal-Lexikon

  • Grafschaft Arnsberg — Wappen der Grafen von Arnsberg Die Grafschaft Arnsberg entstand im 11. Jahrhundert durch Übersiedlung der Grafen von Werl nach Arnsberg. Zu diesem Zeitpunkt hatten diese ihren weitgespannten Herrschaftsbereich, der zeitweise von der Nordsee bis… …   Deutsch Wikipedia

  • Grafschaft (Adelsgeschlecht) — Wappen derer von Grafschaft Die Edelherren von Grafschaft waren ein mittelalterliches Adelsgeschlecht mit Besitz im Grenzbereich zwischen dem späteren Herzogtum Westfalen und dem Wittgensteiner Land. Sie übten Vogteirechte im Dienste der Grafen… …   Deutsch Wikipedia

  • Grafschaft Gudensberg — Die Grafschaft Maden, seit Kaiser Otto I. ein Reichslehen, aber von 1118 an ein Lehen der Erzbischöfe von Mainz, war eine der hessischen Gaugrafschaften, in die das fränkische Hessen während und nach dem Ende der Vorherrschaft der karolingischen… …   Deutsch Wikipedia

  • Grafschaft Hohenstein — Wappen der Grafen von Honstein Die Grafen von Hohnstein (zeitgenössisch von Honstein) waren ein deutsches Adelsgeschlecht im Harz. Sie traten ab der Mitte des 12. Jahrhunderts, zunächst noch als Herren von Ilfeld, in Urkunden auf.… …   Deutsch Wikipedia

  • Grafschaft Hohnstein — Wappen der Grafen von Honstein Die Grafen von Hohnstein (zeitgenössisch von Honstein) waren ein deutsches Adelsgeschlecht im Harz. Sie traten ab der Mitte des 12. Jahrhunderts, zunächst noch als Herren von Ilfeld, in Urkunden auf.… …   Deutsch Wikipedia

  • Grafschaft Sayn-Hachenburg — Die Grafschaft Sayn Hachenburg war ein ehemaliges reichsunmittelbares Territorium des Heiligen Römischen Reiches im Gebiet des Westerwaldes im heutigen Land Rheinland Pfalz. Die Grafschaft entstand 1636 durch Erbteilung aus der Grafschaft Sayn.… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”