Grand-Place / Grote Markt (Brüssel)

Grand-Place / Grote Markt (Brüssel)

Der Grote Markt (ndl.) oder Grand-Place (frz.) ist der zentrale Platz der belgischen Hauptstadt Brüssel. Mit dem gotischen Rathaus und seiner geschlossenen barocken Fassadenfront gilt er als einer der schönsten Plätze Europas und wurde 1998 als Ensemble in die Liste des Weltkulturerbes der UNESCO aufgenommen.

Der Grote Markt (Blick von Südost): links das Rathaus, rechts das Maison du Roi

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Bereits im 11. Jahrhundert war der Platz das Zentrum der Stadt. Er wurde auf einem trockengelegten Sumpfgebiet angelegt und lag 1,20 Meter tiefer als heute.

Als zentraler Platz war der Grand’ Place bzw. der Grote Markt Schauplatz aller großer Versammlungen und ebenso Hinrichtungsstätte.

Am 13. und 14. August 1695 wurde der Platz durch den Beschuss französischer Truppen unter Marschall Villeroy fast völlig zerstört. Nur die Mauern und Türme des Rathauses und des Maison du Roi/Broodhuis standen danach noch, alle anderen Gebäude lagen in Trümmern.

La Chaloupe d’Or, Ecke Ost-Nordost

Architektur

Bis zu seiner Zerstörung 1695 war der Platz eine bunte Mischung der Stile des 15. bis 17. Jahrhunderts, die rasche Neubebauung in den folgenden Jahren gab ihm seine geschlossene barocke Fassadenfront. Eine wichtige Rolle spielte dabei der Stadtrat, der sich alle Entwürfe der neu zu bauenden Häuser vorlegen ließ und mit dem Willen zu einem einheitlichen, repräsentativen Stadtbild Einfluss auf die Pläne nahm.

Die Maße des rechteckigen Platzes betragen 110 Meter in der Länge und 68 Meter in der Breite, nur die Südseite ist etwas schräg versetzt, sodass an der südostlichen Ecke kein rechter Winkel entsteht. Sieben schmale und unregelmäßig angelegte Straßen, die die Fassadenfront nicht zerschneiden, führen von ihm in die Altstadt.

Beherrscht wird der Platz vom Rathaus mit seinem mächtigen Belfried und dem direkt gegenüberliegenden Maison du Roi, die einerseits die städtische, andererseits die königlich-habsburgische Macht verkörperten. Direkt vor dem Maison du Roi/Broodhuis, das auch das königliche Gericht beherbergte, befand sich die Richtstätte.

Seit Ende des 19. Jahrhunderts stehen die Gebäude des Platzes unter Denkmalschutz.

Hôtel de Ville bzw. Stadhuis

Das Rathaus

Das Rathaus (frz. Hôtel de Ville, nl. Het Stadhuis) wurde 1401 bis 1421 von Jacob van Tienen, einem Schüler von Jan van Osy, gebaut. Zunächst war nur der heutige linke Flügel als Anbau an einen bereits bestehenden Belfried errichtet worden und größer war das Rathaus ursprünglich nicht geplant. Nachdem sich aber die Gilden gegen die Patrizierfamilien Teilnahme an der Stadtregierung erstritten hatten und der Bau für den vergrößerten Rat zu klein geworden war, wurde 1444 bis 1448 der zweite, kürzere Flügel des Rathauses errichtet.

Der 96 Meter hohe spätgotische Belfried stammt von Jan van Ruysbroeck, dem Baumeister Philipps des Guten. 1449 bis 1455 wurde der Turm anstelle des Vorgängerturms gebaut. Seine prächtige Gestaltung sollte den Belfried von Brügge in den Schatten stellen. Über der Höhe des Daches verschlankt sich der massive Turmkörper elegant zu einer achteckigen Laterne aus langbahnigen Fenstern und einer offenen Rippenkostruktion. Auf seiner Spitze steht eine vergoldete Statue des mit dem Drachen kämpfenden Erzengels Michael, dem Patron der Stadt Brüssel. Auffällig ist die asymmetrische Eingliederung des Turms in den Bau: Besteht der linke Flügel aus zehn Achsen, so hat der rechte lediglich sechs.

Der Rathausbau spielt eine zentrale Rolle für die Brabanter Gotik und wurde zum Vorbild späterer Rathäuser. Er selbst beruft sich mit seiner reich durchfensterten Fassade mit prächtigem Skulpturenschmuck auf die Rathäuser von Brügge, Oudenaarde und Löwen, geht aber mit dem reichen Dekor und vor allem mit dem Turm darüber hinaus. Die heutigen Skulpturen sind Reproduktionen, die Originale befinden sich im Stadtmuseum im Maison du Roi/Broodhuis.

Nach der Bombardierung, die das Rathaus nicht völlig zerstört hatte, gab man dem Gebäude 1706 bis 1714 sein heutiges Erscheinungsbild. Das Gebäude ist mit zahlreichen Skulpturen geschmückt. Nach verschiedenen Restaurierungswellen dominiert im Innern des Rathauses die Neogotik: Sehenswert sind der Maximilians-Saal mit einem Wandteppich, der das Leben Chlodwigs darstellt, der prunkvolle Ratssaal, der ebenfalls reich ausgestattete Festsaal und der Trauungssaal (früher Gerichtssaal).

Das Hôtel de Ville/Stadhuis beherbergte nicht nur den Magistraten der Stadt, sondern bis 1795 auch die Staten (Ständeversammlung) von Brabant. 1830 agierte von hier aus die vorläufige Regierung während der Belgischen Revolution.

Maison du Roi bzw. Broodhuis

Maison du Roi bzw. Broodhuis

Die beiden sehr unterschiedlichen Bezeichnungen Broodhuis (Niederl. für Brothaus) bzw. Maison du Roi (Franz. für Haus des Königs) rühren von zwei verschiedenen Gebäuden mit unterschiedlicher Funktion her. Im Niederländischen hat sich der Name eines mittelalterlichen Vorgängerbaus aus dem 13. Jahrhundert erhalten, eines hölzernen Gebäudes, in dem die Bäcker der Stadt ihr Brot verkauften. Als das Herzogtum Brabant an die Habsburger fiel, nahm das Haus das herzogliche, später königliche Gericht auf und wurde damit zum Maison du Roi. 1515 wurde es durch ein steinernes Haus ersetzt. Direkt vor dem Gebäude befand sich die Richtstätte.

Nach der Zerstörung 1695 gab es hier mehrere Nachfolgebauten. Das heutige Gebäude ist im Stil der Neogotik bzw. Neorenaissance gehalten, die Fassade orientiert sich an Stichen aus der Zeit von 1515 bis 1536 und erinnert an das Rathaus von Oudenaarde. 1873 beauftragte die Stadt den Architekten Victor Jamaer, die Fassade zu restaurieren; 1896 wurden die Arbeiten abgeschlossen. Über die historischen Ansichten hinaus realisierte der Architekt zusätzlich einen ursprünglich geplanten Bogengang und erweiterte den Bau um weitere typische Nachschöpfungen aus dem 16. Jahrhundert.

Heute beherbergt das Maison du Roi/Broodhuis das Stadtmuseum, in dem unter anderem Originalplastiken des Rathauses von etwa 1400 gezeigt und die Kostüme des Manneken Pis aufbewahrt werden.

Gildehäuser

Zunfthäuser

Geschichte, Beschreibung

Nach der Zerstörung durch die Franzosen wurden die Zunfthäuser um 1698 in einem prächtigen Barockstil neu errichtet. Der typische Charakter des Platzes wird neben dem reichen barocken Schmuck wesentlich von den für Barockgebäude ungewöhnlich schmalen Parzellen geprägt, die sich an den gotischen Grundrissen der Vorgängerbauten orientierten. Durch die Vielzahl der Häuser (neben den dominierenden Gebäuden des Rathauses und des Brothauses und den sieben Straßen reihen sich 37 Gebäude aneinander) wirkt der Platz sehr lebendig und abwechslungsreich.

Die stark gegliederten Fassaden mit ihrem reichen Skulpturenschmuck, den aufwändig gestalteten Giebeln, mit Pilastern und Balustraden orientieren sich am italienischen Barock mit einigen flämischen Einflüssen. Beteiligte Architekten der Neubebauung waren Jan Cosijn, Pieter Herbosch, Antonio Pastorana, Cornelis van Nerven, Guillaume de Bruyn und Adolphe Samyn. Jedes Haus trägt neben der Bezeichnung der jeweiligen Zunft noch einen Eigennamen. Die Hausnummerierung beginnt an der nördlichen Ecke des Platzes links der Rue au Beurre entgegen dem Uhrzeigersinn. Deshalb ist die Nummerierung der Häuser auf den Bildern unten immer von rechts nach links zu verstehen. Auf der Nordwestseite befinden sich die wohl schönsten Häuser Nr. 1 bis 7. Auf der Südwestseite schließt sich zwischen Rue de la Tête d’Or und Rue Charles Buls das Rathaus sowie links davon die Häuser Nr. 8 bis 12 an. Auf der Südostseite folgen zwischen Rue de Chapeliers und Rue de la Colline die Häuser Nr. 13 bis 19. Auf der Nordostseite wird das Maison du Roi, welches sich zwischen Rue de Harengs und Rue Chair et Pain befindet, auf der rechten Seite von den Häusern Nr. 20 bis 28 und zur Linken von den Häusern Nr. 34 bis 39 eingerahmt. [1]

Südwest-Seite (von rechts): Häuser Nr. 8 bis 12
Nordwest-Seite (von rechts): Häuser Nr. 1/2 bis 7
Haus-Nr. Bezeichnung Zunfthaus der
1/2 Au Roi d’Espagne Bäcker
3 La Brouette (Der Schubkarren) Lebensmittelhändler
4 Le Sac (Der Sack) Tischler und Böttcher
5 La Louve (Die Wölfin) Bogenschützen
6 Le Cornett (Das Füllhorn) Flussschiffer
7 Le Renard (Der Fuchs) Krämer
8 L’Étoile (Der Stern) (kein Zunfthaus, sondern Sitz des herzoglichen Gerichtsherrn)
9 Cygne (Der Schwan) -
10 L’Arbre d’Or (Goldener Baum) Brauer (heute Brauereimuseum)
11 Rose (Die Rose) -
12 Mont Tabor -
13 Renommée (hier befindet sich heute das Kakao- und Schokoladenmuseum)
14-19 Maisons des Ducs de Brabant -
14 Ermitage -
15 Fortune -
16 Moulin à Vent -
17 Pot d’Etain -
18 Colline -
19 Bourse (Balance) -
20 Cerf-volant -
21 Joseph -
22 Anne -
23 Ange -
24/25 Maison des Tailleurs Schneider
24 Taupe -
25 La Chaloupe d’Or (Die goldene Schaluppe) -
26/27 Pigeon -
28 Chambrette de l’Amman -
34 Heaume -
35 Paon -
36 Petit Renard -
37 Chêne -
38 Sainte Barbe -
39 Ane -
Nordost-Seite: Maison du Roi und Häuser Nr. 34 bis 39
Nordost-Seite: Häuser Nr. 20 bis 28
Südost-Seite: Häuser Nr. 14 bis 19

Weitere Bilder

Der Platz heute

Blumenbild (2004)

Der Große Markt ist die größte Touristenattraktion der Stadt mit zahlreichen Straßencafés und Hotels. Abends werden die Fassaden wirkungsvoll illuminiert. An Wochentagen findet hier ein Blumenmarkt, sonntags der Vogelmarkt statt.

Im Juli endet auf dem Platz der sogenannte Ommegang, eine Prozession in historischen Kostümen, die bereits seit Mitte des 14. Jahrhunderts stattfindet. Alle zwei Jahre wird auf dem Großen Markt ein großer Blumenteppich ausgebreitet.

Literatur

  • Martin Thomas, Michael Neumann-Adrian: Belgien - Luxemburg, Verlag C. J. Bucher GmbH, München 1996, ISBN 3-7658-1097-5
  • Autorenteam: Belgien, Verlag Karl Baedeker GmbH, Ostfildern 2004, ISBN 3-87504-417-7

Weblinks

Quellen

  1. Autorenteam: Belgien, Verlag Baedeker, Ostfildern 2004, S. 176 bis 179

50.8466666666674.35222222222227Koordinaten: 50° 50′ 48″ N, 4° 21′ 8″ O


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