Grasobern

Grasobern

Grasobern, Grasoberln, oder Grünobern ist ein Kartenspiel, das vor allem in Bayern, speziell im früheren Landkreis Bad Aibling und im Landkreis Rosenheim stark verbreitet war und auch in Ostbayern gerne gespielt wurde und wird. Dieses altbayerische Kartenspiel ist vom Aussterben bedroht und sowohl Kultur- als auch Trachtenvereine versuchen durch Turniere das Spiel in Erinnerung zu halten.[1] Auch von der Marktgemeinde Bruckmühl werden immer wieder Turniere in Grasobern, Schafkopf und anderen Kartenspielen abgehalten.[2][3]

Inhaltsverzeichnis

Spielerzahl und Spielmaterial

Es wird stets von vier Spielern mit bayerischer Karte (32 Blatt) gespielt. Handelsüblich sind Spielkarten mit der Aufschrift Tarock/Schafkopf, aus denen zum Grasobern die Sechser aussortiert werden. Jeder Spieler erhält die gleiche Anzahl (z. B. 40) Spielmünzen (Blöcke) zu einem vereinbartem Wert (z. B. 5 Cent); am Ende wird die Differenz durch Zukaufen (Verlust) oder Verkaufen (Gewinn) ausgeglichen.

Farben des deutschen Blattes
Schellen Herz Gras Eichel
Bay schellen.svg Bay herz.svg Bay gras.svg Bay eichel.svg

Rangfolge der Karten

Beim Grasobern gibt es keine Trümpfe. Die Priorität der Kartenwerte richtet sich nach der für reine Stichspiele üblichen Hierarchie, d. h. der Zehner ist zwischen Unter und Neuner eingeordnet. Die Rangfolge der Kartenwerte in jeder Farbe ist demnach (beginnend mit dem höchsten Kartenwert): Sau (Ass, Daus) > König > Ober > Unter > Zehner > Neuner > Achter > Siebener.

Benannt ist das Spiel nach dem Gras-Ober (2. von rechts)
Hierarchie der Kartenwerte innerhalb der vier Farben
Eichel Gras Herz Schellen
Bay eichel.pngA Bay eichel.pngK Bay eichel.pngO Bay eichel.pngU Bay eichel.png10 Bay eichel.png9 Bay eichel.png8 Bay eichel.png7 Bay gras.pngA Bay gras.pngK Bay gras.pngO Bay gras.pngU Bay gras.png10 Bay gras.png9 Bay gras.png8 Bay gras.png7 Bay herz.pngA Bay herz.pngK Bay herz.pngO Bay herz.pngU Bay herz.png10 Bay herz.png9 Bay herz.png8 Bay herz.png7 Bay schelle.pngA Bay schelle.pngK Bay schelle.pngO Bay schelle.pngU Bay schelle.png10 Bay schelle.png9 Bay schelle.png8 Bay schelle.png7

Spielziel

Grasobern ist ein reines Stichspiel. Augen wie bei Schafkopf, Doppelkopf oder Skat werden nicht gesammelt. Ziel des Spiels ist das Vermeiden des ersten und des letzten Stichs. Außerdem gilt die Vermeidung des jeweiligen Stichs, der den Gras-Ober enthält. Diese Stiche bringen Miese ein, was bedeutet, dass derjenige Spieler, der die betreffenden Stiche erhält, einen vereinbarten Betrag in (Spiel-)Münzen bzw. Spielpunkten abzugeben hat. Lediglich beim Mord und beim Schleichmord ist das Erreichen sämtlicher Stiche Spielziel, beim Bettel dagegen die Vermeidung aller Stiche. In den drei letztgenannten Fällen ist für die Spielabrechnung nicht relevant, wer den Gras-Ober in seinen Stichen hat.

Kartenverteilung

Jeder Spieler erhält insgesamt acht Spielkarten, wobei reihum pro Spieler zweimal vier Karten im Uhrzeigersinn ausgegeben werden. Es werden alle Karten verteilt. Ein Talon wie beispielsweise bei dem Spiel Bayerisches Tarock existiert beim Grasobern nicht. Schlägt der Spieler rechts des Kartengebers jedoch mit der Faust auf den Kartenstapel, anstatt abzuheben, so verdoppeln sich die Tarife und es werden je Spieler einmal acht Karten gegen den Uhrzeigersinn verteilt.

Spielweise

Spielansage

Nachdem jeder Spieler seine acht Karten erhalten hat, beginnt der Spieler links vom Geber (Vorhand) mit der Ansage. Angesagt werden können die Spielformen Mord oder Bettel. Bei gleichwertigen Spielen (z. B. zweimalige Ansage Bettel) kommt der weiter vorne (der Linken des Gebers am nächsten) sitzende Spieler zum Zug. Allerdings hat ein Mord stets Vorrang vor einem Bettel.

Normales Spiel

Wenn kein Spieler einen Mord oder Bettel ansagt, wird ein normales Spiel gespielt. Dabei spielt jeder gegen jeden. Parteien werden keine gebildet. Vorhand spielt zum ersten Stich aus und alle anderen Spieler müssen Farbe bekennen. Kann ein Spieler die Farbe nicht bedienen, so muss er den Grasober zugeben, sofern wenn er diesen besitzt. Hält er auch diesen nicht in Händen, kann der Spieler eine beliebige Karte zugeben. Zudem muss der Gras-Ober auf einen ausgespielten Gras-König oder auf das ausgespielte Gras-Ass zugegeben werden. Für den ersten und letzten Stich ist jeweils ein Block zu zahlen. Wer den Gras-Ober in seinen Stichen hat, zahlt zwei Blöcke. Kriegt ein Spieler alle Miese einbringenden Stiche, d. h. den ersten und letzten Stich sowie den Gras-Ober, ist er Bauer. Die Mitspieler erheben sich mit dem Ausruf Hallo, um ihn auf den Umstand aufmerksam zu machen, dass er insgesamt vier Blöcke zu zahlen hat. Gezahlt wird dabei in einen gemeinsamen Topf, der am Ende oder bei Bedarf, zu gleichen Teilen an die Spieler verteilt wird. Hat ein Spieler den Gras-Ober falsch zugegeben, zahlt er die fälligen zwei Blöcke; der betreffende Spieler wird also für die Falschzugabe bestraft.

Weitere Spielarten

Neben dem Normalspiel unterscheidet man die drei weiteren Spielarten:

  • Mord,
  • Bettel und
  • Schleicher.

Mord (Rufmord)

Ist ein Spieler der Meinung, dass er in der Lage sei, alle Stiche zu erlangen, kann er einen Mord (das in etwa dem Solo-Tout beim Schafkopf entspricht) ansagen. Der Mordspieler kann sich eine Karte von seinen Gegnern rufen und diese gegen eine schlechte Karte tauschen. Um den Vorteil der zusätzlichen Spielkarte auszugleichen, hat dann der zum Kartentausch aufgerufene Spieler das Recht, einen Retour-Bettel (oder auch Re-Bettel genannt) auszurufen und auszuspielen. Ansonsten spielt der Mordspieler sein Spiel. Die anderen drei Spieler bilden beim Mord zusammen die gegnerische Partei. Anders als beim normalen Spiel, spielt beim Mord also nicht jeder gegen jeden, sondern einer gegen drei. Beim Mord spielt der Mordspieler stets zum ersten Stich aus, unabhängig davon, welcher Spieler in der Vorhand-Position sitzt. Pro Gegenspieler sind vier Blöcke direkt an den oder die Gewinner zu zahlen. Tauscht der Spieler jedoch keine Karte aus, spielt er automatisch einen Herrenmord; der Tarif verdoppelt sich.

Bettel

Glaubt ein Spieler, keinen einzigen Stich zu machen, kann er einen Bettel ansagen. Steht kein Mord oder Herrenbettel gegen diese Ansage, so kommt der Bettelspieler zum Zug. Ebenso wie beim Mord bilden die anderen drei Spieler zusammen die gegnerische Partei des Bettelspielers. Der Bettelspieler spielt in diesem Fall auch zum ersten Stich aus. Jeder nachfolgende Spieler muss die gespielten Karten – soweit möglich – überstechen. Es gilt also Stichzwang. (Somit kann ein Spieler auch mit einem König im eigenen Blatt einen Bettel spielen, da das Ass der entsprechenden Farbe diesen König stechen muss.) Sobald der Bettelspieler auch nur einen Stich übernehmen muss, ist das Spiel für den Alleinspieler verloren. Pro Gegenspieler sind drei Blöcke direkt an den oder die Gewinner zu zahlen. Ist sich der Spieler des Bettels sicher zu gewinnen, kann er einen so genannten Herrenbettel spielen. Dazu muss er nach dem ersten Stich seine Karten aufdecken. Der Tarif verdoppelt sich beim Herrenbettel.

Schleicher (Schleichmord)

Hat ein Spieler von Anfang an alle Stiche gemacht und ist sich sicher, dass er auch den Rest erlangt, kann er einen Schleicher ansagen. Er muss bei der Ansage jedoch noch mindestens drei Karten in seiner Hand halten. Pro Gegenspieler sind dann sieben Blöcke direkt an den oder die Gewinner zu zahlen.

Literatur

  • Matthias Mala: Das grosse Buch der Kartenspiele. Falken, Niedernhausen/Ts. 1997, ISBN 3-8068-7333-X.
  • Walter Sirch: Vom Alten zum Zwanzger - Bayerische Kartenspiele für Kinder und Erwachsene - neu entdeckt. Bayerischer Trachtenverband, 2008[4]

Einzelnachweise

  1. rave-on-mountain.de
  2. Erwin Köberl siegte bei Schafkopfturnier, auf ovb-online.de
  3. [1] (Link nicht mehr abrufbar)
  4. A bißla was vorweg, auf trachtenverband-bayern.de

Weblinks

Spielbeschreibung zu Grasobern aus Vom Alten zum Zwanzger


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