Großer Sphinx von Gizeh

Großer Sphinx von Gizeh
Die Große Sphinx von Gizeh, im Hintergrund die Pyramide des Cheops

Die Große Sphinx von Gizeh in Ägypten ist die mit Abstand berühmteste und größte Sphinx. Sie stellt einen liegenden Löwen mit einem Menschenkopf dar und wurde vermutlich in der 4. Dynastie, circa 2700–2600 v. Chr. errichtet.

Inhaltsverzeichnis

Merkmale

Seit mehr als vier Jahrtausenden ragt die Sphinx aus dem Sand der ägyptischen Wüste. Die Figur ist ca. 73,5 m lang, 6 m breit und ca. 20 m hoch. Allein die Vorderpfoten haben eine Länge von etwa 15 m. Farbreste am Ohr lassen darauf schließen, dass die Figur ursprünglich bunt bemalt war. Sie wurde aus dem Rest eines Kalksteinhügels gehauen, der als Steinbruch für die Cheops-Pyramide diente. Neben der Sphinx wurde ein Tempel errichtet, der mit dem Taltempel der Chephren-Pyramide fast exakt in einer Linie liegt. Thutmosis IV. errichtete zwischen den Pranken der Sphinx eine Traumtafel, deren Inschriften aus seinem Leben berichten.

Frontansicht der Sphinx mit Chephren-Pyramide
Touristen des 19. Jahrhunderts vor der Sphinx, im Hintergrund die Cheops-Pyramide

Funktion

Wozu die Sphinx diente, ist bis heute unbekannt. Möglicherweise sollte sie das Plateau von Gizeh bewachen. Der deutsche Ägyptologe Herbert Ricke meint, dass die Statue zum Sonnenkult gehörte und Harmachis darstellt, eine lokale Form des Sonnengottes Horus. Vielleicht ist die Statue aber auch ein Bild des als Horus dargestellten Pharaos Chephren, oder auch ein Abbild des Cheops. Mark Lehner, der von 1979 bis 1983 an der Sphinx geforscht hat, vermutet wie andere Chephren als Erbauer. Der deutsche Ägyptologe Prof. Rainer Stadelmann bevorzugt dagegen den König Cheops. Mit modernsten Methoden wurden in letzter Zeit andere Abbildungen und Statuen dieser beiden Pharaonen mit dem Kopf der Sphinx verglichen, eine eindeutige und zweifelsfreie Zuordnung war jedoch noch immer nicht möglich.

Aufbau

Dass der Kopf der Sphinx erst später auf den Löwenkörper gesetzt worden sei, ist wissenschaftlich widerlegt. Die deutlichen Farbunterschiede rühren von den verschiedenen Gesteinsschichten her. Der Geologe Thomas Aigner identifizierte die Steine, die für den Sphinx-Tempel verwendet wurden, mit einer Lage, die sich in Brusthöhe des Kolosses befindet. Für den Taltempel des Chephren verwendete man Blöcke, die aus dem oberen Teil der Sphinx stammen. Somit sind Datierungen wie „über 8000 Jahre alt“ als unwissenschaftliche Spekulation anzusehen. Nach Meinung der Forscher wurde der Kopf im Laufe der Zeit mehrmals überarbeitet.

Untergrund

Durch Suchbohrungen in den Gesteinsuntergrund der Sphinx wurde auch der Vermutung nachgegangen, es gäbe unter der Statue bisher unentdeckte, von Menschen angelegte Anlagen. Dabei konnten jedoch keinerlei künstlich erschaffene Hohlräume entdeckt werden. Da bei einer dieser meißelnden Erkundungsbohrungen die Sphinx erheblich beschädigt zu werden drohte, wurden weitere Aktivitäten dieser Art von der ägyptischen Altertumsbehörde (SCA) untersagt.

Fragment des Bartes

Ausgrabung

Im Laufe der Zeit wurde die Sphinx mehrmals von Sand befreit. So von Thutmosis IV., der darauf die sogenannte Traumstele zwischen den vorderen Pranken aufstellen ließ. Weitere Säuberungen erfolgten unter den römischen Kaisern Marcus Aurelius (161-180) und Septimius Severus (193-211).

In der Neuzeit war Giovanni Battista Caviglia der erste, der die Sphinx 1816 -1818 weitgehend freigelegt hat, als er einen Eingang suchte. Dabei fand er unter Anderem Fragmente des Bartes, die heute im Britischen Museum zu finden sind. Ihm folgte der französische Ingenieur Émile Baraize, der die Sphinx 1925/26 bis zum Steinsockel freilegte und verwitterte Teile mit Kalkstein und Mörtel sicherte. Weitere Ausgrabungen erfolgten durch den Engländer John Perring[1], der auf der Suche nach geheimen Kammern in der Umgebung diverse Bohrungen vornahm. Ein Jahrzehnt nach Emile Baraize grub der ägyptische Archäologe Selim Hassan eine die Sphinx umgebende Lehmmauer aus und fand einen Ziegel mit der Aufschrift "Thutmosis IV.". [2]

Sphinxkopf im Profil

Abgeschlagene Nase

In arabischer Zeit bekam die Sphinx den Namen „Abu Hol”, was soviel wie „Vater des Schreckens” bedeutet. In einem seiner Bücher berichtet der arabische Historiker Muhammad Al Makrizi (1364–1442), dass der strenggläubige Scheich eines Kairoer Sufi-Klosters Mohammed Saim el-Dar (Muhammad Şā'im ad-Dahr, deutsch: „Jemand, der die ganze Zeit fastet“) als fanatischer Bilderstürmer die Nase der Sphinx 1378 abschlug und von der aufgebrachten Menge umgebracht wurde. Der aus Bagdad stammende arabische Historiker und Mediziner Abd al-Latif al-Baghdadi (1161–1231) bestätigte durch seine Beschreibung der Großen Sphinx und deren prächtiger Nase im 13. Jahrhundert indirekt diese Angaben. Im Mittelalter wurde die Sphinx von Teilen der Bevölkerung noch immer als Gott verehrt, strenggläubige Moslems verabscheuten diesen Kult. Der dänische Künstler Frederick Ludewick Norden (1708–1742) fertigte 1738 auf Befehl seines Königs Christian VI. Kupferstiche verschiedene ägyptische Bauten an. Darunter befand sich eines mit der verschütteten Sphinx („Tête colossale du Sphinx“), die ebenfalls den Kopf ohne Nase zeigt (1755 in frz. Sprache veröffentlicht). Das Gerücht, dass Soldaten von Napoléon Bonaparte oder türkische Truppen bei Artillerieübungen die Nase zerstört haben sollen, erwies sich damit als falsch. Napoléon war ein Enthusiast Ägyptens, der dieses Land als die „Wiege der Wissenschaften und Künste der gesamten Menschheit“ bezeichnete („l'Égypte – le berceau de la science et des arts de toute l’humanité“). Er hätte eine solche Tat zumindest nie befohlen oder wissend zugelassen. Seine mit ins Land gekommenen Wissenschaftler zeichneten die Sphinx bereits damals schon ohne Nase.

Parodien

Es existieren verschiedene Parodien über die Begebenheit der fehlenden Nase. Eine der bekanntesten findet sich wohl im Band Asterix und Kleopatra aus der Asterix-Reihe, in der Obelix die Sphinx besteigt und die Nase unter seinem Gewicht abbricht.

Literatur

  • Michael Haase: Im Zeichen des Re. Herbig, München 2001
  • Selim Hassan: Excavations at Gîza VIII. 1936–1937. The Great Sphinx and its Secrets. Historical Studies in the Light of Recent Excavations. Government Press, Kairo 1953 (PDF; 81,6 MB)
  • Mark Lehner: Geheimnis der Pyramiden. Bassermann, 2004
  • Rainer Stadelmann: Die ägyptischen Pyramiden. Zabern, Mainz 1997
  • Christiane Zivie-Coche: Sphinx. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2004

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Pyramidenbau.info Sphinx von Gizeh [1]
  2. ancient-cultures.com [2]

29.97527777777831.13757Koordinaten: 29° 58′ 31″ N, 31° 8′ 15″ O


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