Gustatorisch

Gustatorisch
Schematische Darstellung einer Geschmacksknospe

Der Geschmackssinn (auch Gustatorik, Schmecken oder gustatorische Wahrnehmung) ist der chemische Nahsinn, der der Kontrolle der aufgenommenen Nahrung dient. Bitterer und saurer Geschmack weisen auf giftige oder verdorbene Lebensmittel hin. Die Geschmacksqualitäten süß, umami und salzig kennzeichnen nährstoffreiche Lebensmittel. Aus diesem Grund befinden sich die Geschmacksorgane stets in den Körperteilen, die der Nahrungsaufnahme dienen.

Der Sinneseindruck, der gemeinhin als „Geschmack“ bezeichnet wird, ist ein Zusammenspiel des Geschmacks- und Geruchssinns gemeinsam mit Tast- und Temperaturinformationen aus der Mundhöhle. Der Geschmackssinn in der Sinnesphysiologie hingegen umfasst nur die grundlegenden Geschmacksqualitäten, die von der Zunge wahrgenommen werden.

Als Dysgeusie wird die Störung der geschmacklichen Wahrnehmung bezeichnet. Ageusie ist der Ausfall des Geschmackssinns.

Inhaltsverzeichnis

Lage der Sinneszellen

Die Rezeptorzellen für die Geschmacksqualitäten sind bei Säugetieren in Geschmacksknospen angeordnet, die sich auf der Zunge in den Geschmackspapillen, aber auch in den Schleimhäuten der Mundhöhle befinden. Etwa 25 % der Geschmacksknospen sind auf den vorderen zwei Dritteln der Zunge angeordnet, weitere 50 % auf dem hinteren Drittel. Die übrigen verteilen sich auf Gaumensegel, Nasenrachen, Kehlkopf und die obere Speiseröhre.[1] Jede Geschmacksknospe enthält – abhängig von der Spezies – 50 bis 150 Sinneszellen.[2]

Die Papillen der Zunge unterteilt man ihrer Form nach in Wall-, Blätter-, Pilz- und Fadenpapillen. Wallpapillen (papillae vallatae) befinden sich im hinteren Drittel des Zungenrückens. Jeder Mensch besitzt etwa zwölf dieser Papillen, die jeweils mehrere Tausend Geschmacksknospen aufweisen. Auch die Blätterpapillen (papillae foliatae) befinden sich im hinteren Drittel der Zunge, jedoch an deren Rand, und enthalten einige hundert Geschmacksknospen. Pilzpapillen (papillae fungiformes) befinden sich auf den vorderen zwei Dritteln der Zunge und enthalten beim Menschen je drei bis fünf Geschmacksknospen. Fadenpapillen (papillae filiformes) enthalten keine Geschmacksknospen, sondern dienen der Beurteilung mechanischer Eigenschaften der aufgenommenen Lebensmittel.[1][2]

Säuglinge und Kleinkinder haben außerdem noch Sinneszellen auf dem harten Gaumen, in der Zungenmitte sowie in der Lippen- und Wangenschleimhaut. Im Alter sinkt die Zahl der Geschmacksknospen auf bis zu 700.

Die Geschmacksqualitäten

Aktuell wird von mindestens fünf Grundqualitäten des Geschmacks ausgegangen:

  1. süß – ausgelöst durch Zucker,Zuckerdiverate und auch durch einige Aminosäuren, Peptide, Alkohole, siehe auch: Süßstoffe
  2. salzig – ausgelöst durch Speisesalz, auch durch einige andere Mineralsalze
  3. sauer – ausgelöst durch saure Lösungen und organische Säuren
  4. bitter – ausgelöst durch eine Vielzahl verschiedener Stoffe, siehe auch: Bitterstoffe
  5. umami (jap.: fleischig, herzhaft) – ausgelöst durch Glutaminsäure und Asparaginsäure.

Umami ist die „jüngste“ dieser fünf Geschmacksqualitäten. Erstmals beschrieben wurde sie 1908 von dem japanischen Forscher Kikunae Ikeda. In den westlichen Kulturen ist diese Geschmacksqualität noch wenig bekannt. Sie zeigt besonders eiweiß- und aminosäurereiche Nahrungsmittel an. Der Geschmacksverstärker Mononatriumglutamat vermittelt den Umami-Geschmack sehr konzentriert.

Bereits seit Anfang des 20. Jahrhunderts ist bekannt, dass die unterschiedlichen Geschmacksqualitäten von allen geschmacksempfindlichen Teilen der Zunge wahrgenommen werden. Die Unterschiede zwischen den Zungenbereichen bezüglich der Sensitivität für einzelne Qualitäten sind beim Menschen nur gering. Dennoch ist in vielen Lehrbüchern noch eine Einteilung der Zunge in „Geschmackszonen“ zu finden.[3]

Weitere Geschmacksqualitäten

Eine Gruppe von Wissenschaftlern um Philippe Besnard identifizierte Ende 2005 einen möglichen Geschmacksrezeptor für Fett: das Glycoprotein CD36, das in den Geschmackssinneszellen der Zunge nachgewiesen wurde und Fettsäuren mit hoher Affinität binden kann. Bis dahin war es strittig, ob es eine sechste Grundqualität gibt, die durch Fett in Nahrungsmitteln ausgelöst wird. Allgemein wurde angenommen, dass die Vorliebe für fetthaltige Speisen allein von deren Geruch und Konsistenz herrührt. Um die Frage nach einem möglichen weiteren Grundgeschmack für Fett zu klären, führten die Forscher Experimente mit normalen (Wildtyp) und mit gentechnisch veränderten Mäusen ohne den CD36-Rezeptor durch (Knockout-Mäuse). Den Mäusen wurde die Wahl zwischen zwei Futterangeboten gelassen, von denen eines Fett enthielt und das andere lediglich eine Substanz, die die Konsistenz des Fetts imitierte. Es zeigte sich, dass die normalen Mäuse mit CD36 eine starke Vorliebe für das fetthaltige Futter hatten, nicht aber die Knockout-Mäuse ohne CD36. Darüber hinaus reagierten nur die gewöhnlichen Mäuse auf fetthaltige Nahrung mit der Produktion von fettspezifischen Verdauungssäften. Aus diesen Ergebnissen lässt sich auf eine Beteiligung des CD36 bei der Wahrnehmung von Fett im Futter von Nagetieren schließen.[4] Mittlerweile wurde von Wissenschaftlern aus derselben Gruppe auch nachgewiesen, dass die Stimulation von Geschmackssinneszellen der Maus, die CD36 exprimieren, mit Linolsäure zu einer Aktivierung intrazellulärer Signalkaskaden und der Freisetzung von Neurotransmittern führt.[5] Linolsäure ist Bestandteil vieler pflanzlicher Fette, die in der Nahrung vorkommen und wird in der Mundhöhle durch spezielle Enzyme (Lipasen) freigesetzt. Die Ausschüttung von Neurotransmittern durch Geschmackssinneszellen ist notwendig für eine Weiterleitung der Informationen ins Gehirn, wo sie verarbeitet werden.

Daneben werden immer wieder weitere Geschmacksqualitäten diskutiert, wie alkalisch, metallisch und wasserartig.

Eine wesentliche Rolle für komplexe Geschmackseindrücke spielt der Geruchssinn, der für alle anderen „Geschmackseindrücke“ verantwortlich ist. Deutlich wird dies bei schweren Erkältungen, wenn man mit verstopfter Nase keine Geschmackseindrücke jenseits der Grundkategorien mehr wahrnimmt. Auch gibt es bei vielen Tierarten keine Trennung zwischen Geschmacks- und Geruchswahrnehmung.

Scharf“ wird zwar als Geschmacksempfindung qualifiziert, ist aber genau genommen ein Schmerzsignal der Nerven bei Speisen, die beispielsweise mit Chili gewürzt sind, dann hervorgerufen durch das Alkaloid Capsaicin.

Geschmacksrezeptoren

Die Geschmacksqualitäten bitter, süß und umami werden durch G-Protein-gekoppelte Rezeptoren vermittelt und die Signaltransduktion ist mittlerweile recht gut charakterisiert. Die Details der Wahrnehmung von sauer und salzig hingegen sind noch weitgehend ungeklärt. Aufgrund der chemischen Struktur der salzig und sauer schmeckenden Stoffe liegt die Vermutung nahe, dass Ionenkanäle eine entscheidende Rolle bei der Wahrnehmung spielen.

Süß, Bitter und Umami

Für die Wahrnehmung des süßen Geschmacks ist ein heterodimerer Rezeptor verantwortlich, der aus den beiden G-Protein-gekoppelten Rezeptoren T1R2 und T1R3 zusammengesetzt ist. Dieses Heterodimer vermittelt den süßen Geschmack aller für den Menschen süß schmeckender Stoffe, obwohl diese sehr unterschiedliche molekulare Strukturen aufweisen. Die Fähigkeit eine Vielzahl unterschiedlicher Stoffe zu detektieren wird durch den besonders langen extrazellulären N-Terminus der beiden Rezeptoruntereinheiten bewerkstelligt. Zur Bindung der einzelnen Stoffe sind verschiedene Teile des N-Terminus vonnöten. Sämtliche Arten der Familie der Katzen haben eine Mutation im T1R2-Gen, weswegen sie keine Süßwahrnehmung haben.[2]

Der Rezeptor für den Umami-Geschmack ist sehr ähnlich aufgebaut. Auch er ist ein Heterodimer, allerdings setzt er sich aus je einer T1R1- und T1R3-Untereinheit zusammen. Er ist in der Lage, verschiedene L-Aminosäuren zu erkennen und zeigt beim Menschen eine hohe Spezifität für die Aminosäuren Glutamin- und Asparaginsäure. Die Anwesenheit von Purinnukleotiden, wie Inosinmonophosphat und Guanosinmonophosphat, führt zu einer Verstärkung der Rezeptoraktivierung und damit auch des Umami-Geschmacks.[2]

Im Gegensatz zu den anderen Geschmacksqualitäten ist für die Wahrnehmung des bitteren Geschmacks eine Vielzahl von Rezeptoren verantwortlich. Sie bilden die Genfamilie der T2Rs, die beim Menschen etwa 25–30 Mitglieder aufweist.[6][2] Die vergleichsweise große Anzahl an Rezeptoren ist leicht durch die enorme Menge bitter schmeckender Substanzen zu erklären, die erkannt werden müssen. Die einzelnen T2R-Typen werden – in verschiedenen Kombinationen – in denselben Rezeptorzellen exprimiert. Das führt dazu, dass obwohl die einzelnen Rezeptoren mitunter sehr spezifisch für einen oder wenige Bitterstoffe sind, Säugetiere verschiedene Bitterstoffe nicht am Geschmack unterscheiden können. Durch alle Bitterstoffe werden letztendlich dieselben Rezeptorzellen aktiviert und dieselben Informationen an das Gehirn weitergeleitet.[2] Einige Bitterstoffe sind auch in der Lage, die Signaltransduktion direkt zu beeinflussen, indem sie beteiligte Enzyme hemmen oder aktivieren.[3]

Auch wenn die Rezeptoren für süß, umami und bitter verschieden sind, so ist die intrazelluläre Signalkaskade die sie anstoßen die gleiche: An die G-Protein-gekoppelten-Rezeptoren ist das heterotrimere G-Protein Gustducin gebunden, das strukturell eng verwandt mit dem Transducin aus den Stäbchen der Netzhaut ist. Die α-Untereinheit des Gustducins hat im Ruhezustand ein Guanosindiphosphatmolekül (GDP) gebunden. Die Bindung der Geschmacksstoffe an die G-Protein-gekoppelten-Rezeptoren führt zum Austausch des GDP durch ein Guanosintriphosphat (GTP) und zur Dissoziation des Gustducin in die α-Untereinheit und ein βγ-Dimer. Im Folgenden kommt es zur Aktivierung der Phospholipase Cβ2 (PLCβ2), die in der Membran befindliches Phosphatidylinositolbisphosphat (PIP2) in die beiden Second Messenger Inositoltrisphosphat (IP3) und Diacylglycerin (DAG) spaltet. IP3 führt durch Öffnung von IP3-gesteuerten Calciumkanälen des endoplasmatischen Reticulums zur Erhöhung der intrazellulären Ca2+-Konzentration. Das hat die Öffnung von TRPM5-Kanälen und die Depolarisation der Geschmackssinneszelle zur Folge.[2]

Salzig und Sauer

Lange Zeit war der epitheliale Natriumkanal der wichtigste Kandidat für den Rezeptor des Salzgeschmacks beim Menschen. Heute weiß man, dass er zwar bei Nagetieren stark an der Wahrnehmung salzigen Geschmacks beteiligt ist, beim Menschen aber nur eine untergeordnete Rolle spielt. Man vermutet, dass neben den Kationen, wie Na+, auch die Anionen der Salze, wie Cl, einen Einfluss haben.[2]

Entgegen langjähriger Annahmen scheint bei der Detektion des sauren Geschmacks weniger der extrazelluläre als vielmehr der intrazelluläre pH-Wert in den Geschmacksrezeptorzellen die entscheidende Rolle zu spielen. Dies erklärt auch, warum organische Säuren, wie Essigsäure oder Citronensäure bei gleichem pH-Wert deutlich saurer schmecken als anorganische Säuren, wie etwa Salzsäure. Die organischen Säuren sind in undissoziiertem Zustand wesentlich unpolarer als ihre anorganischen Pendants und somit eher in der Lage, die Zellmembran zu überwinden. In den Zellen dissoziieren sie dann in Protonen und ihre Anionen und erniedrigen somit den pH-Wert intrazellulär. Die anorganischen Säuren hingegen können die Zellmembran nicht undissoziiert durchdringen. Erst bei entsprechend hohen Konzentrationen gelangen die durch extrazelluläre Dissoziation entstandenen Protonen (bzw. ihre hydratisierten Formen) über Ionenkanäle in die Rezeptorzellen. So führen erst höhere Säurekonzentration in der Mundhöhle zur selben Erniedrigung des pH-Werts in den Sinneszellen. Man vermutet, dass der niedrige pH-Wert zu Veränderungen an den intrazellulären Anteilen von Membranproteinen und schließlich zur Aktivierung der Rezeptorzellen führt.[7]

Dennoch verläuft die Suche nach dem eigentlichen Sauerrezeptor schleppend. Nachdem in den letzten Jahrzehnten eine Reihe von Theorien verschiedene Ionenkanäle und -transporter als Sauerrezeptor vorgeschlagen hatten, wurde 2006 mit dem Transmembranprotein PKD2L1 (kurz für engl. „Polycystic kidney disease 2-like 1“) ein besonders interessanter Kandidat identifiziert. Es hat sich gezeigt, dass Mäuse, bei denen selektiv die PKD2L1-exprimierenden Zellen abgetötet wurden, keine Aktivierung der entsprechenden Nerven durch Sauer-Stimuli mehr stattfand. Die übrigen Geschmacksqualitäten wurden nicht beeinflusst.[2]

Durch eine Reihe von Experimenten weiß man heute, dass jede Geschmackssinneszelle nur Rezeptoren für eine bestimmte Geschmacksqualität enthält, die Detektion auf Ebene der Sinneszellen also getrennt stattfindet. Allerdings beherbergt eine Geschmacksknospe die Sinneszellen mehrerer Qualitäten. Und auch in den afferenten Nerven kodiert jede Faser für mehrere Geschmacksqualitäten.[2]

„kalzium“

Die Ergebnisse der Untersuchungen von Michael Tordoff vom Monell Chemical Senses Center legen nahe, dass es eine Geschmacksqualität auf Kalzium gibt. Bislang fand er auf der Zunge von Mäusen Rezeptoren, die spezifisch auf Kalzium reagieren. Die verantwortlichen Gene sind auch im menschlichen Erbgut vorhanden.

„Kalzium schmeckt eher herb, ein bisschen bitter … und dennoch ganz eigen - eben nach Kalzium“

Tordoff vor der American Chemical Society

Viel Kalzium ist in Mohn, Grünkohl und Käse enthalten. Da ein Mäusestamm im Vergleichstest kalziumhaltige Flüssigkeit (vermutet wegen des Geschmacks) bevorzugte, wurde deren Erbgut untersucht. Es wurden zwei Gene identifiziert, die offenbar an der Entwicklung der kalziumspezifischen Geschmacksrezeptoren beteiligt sind. Eines der Gene ist auch am Süß- und Umami-Rezeptor beteiligt. Auch diese Rezeptoren werden durch die Kombination von zwei Genen entwickelt. Neben diesem Gen Tas1r3 ist für den Geschmack „kalzium“ bei Mäusen noch CaSR erforderlich. Beim Menschen wurde dieses zweite allerdings nur für Strukturen im Gehirn und im Verdauungssystem zugeordnet.[8]

Neuronale Verarbeitung

Die Übertragung der Informationen von den Geschmackssinneszellen auf die afferenten Nerven, die für die Weiterleitung ins Gehirn zuständig sind, ist noch ungeklärt. Es ist bekannt, dass Geschmackssinneszellen eine Reihe von Neurotransmittern und Neuropeptiden, wie Serotonin, Noradrenalin, γ-Aminobuttersäure, Cholecystokinin und Neuropeptid Y ausschütten können. Es existieren weiterhin Hinweise, dass Adenosintriphosphat eine wichtige Rolle in der Signalübertragung von der Sinneszelle zum Nerv spielt.[9]

Die Geschmacksinformationen werden bei Säugetieren über die drei Hirnnerven Nervus facialis (VII), Nervus glossopharyngeus (IX) und Nervus vagus (X) ins Gehirn geleitet. Dort findet die erste Verschaltung im rostralen Anteil des Nucleus tractus solitarii statt. Von dort gelangen die Geschmacksinformationen weiter in den Nucleus ventralis posteromedialis pars parvocellularis (VPMpc) des Thalamus. Bei Primaten geschieht dies durch eine direkte Projektion, bei Nagetieren hingegen gibt es mit dem Nucleus parabrachialis eine Zwischenstation auf dem Weg zum Thalamus. Der VPMpc des Thalamus projiziert seinerseits in den Inselcortex, in dem sich der primäre gustatorische Cortex befindet. Bereits hier findet eine Integration mit anderen Sinneseindrücken, vornehmlich Tast- und Temperaturinformationen aus der Mundhöhle statt. Der sekundäre gustatorische Cortex, die nächsthöhere Station der Geschmacksverarbeitung, befindet sich im orbitofrontalen Cortex und überlappt teilweise mit dem sekundären olfaktorischen Cortex. Neben der hier geschilderten „Hauptroute“ existieren vielfache Abzweige auf allen Ebenen der Verarbeitung. Diese führen bspw. zum Hypothalamus und zum limbischen System. Auch gibt es zahlreiche Verschaltungen von höheren zurück zu niedrigeren Ebenen.[1]

Sensorische Verarbeitung

Die Komplexität der gustatorischen Wahrnehmung wird durch ein kombinatorisches System von Repräsentationen im Gehirn erreicht, das eine detaillierte Analyse der Feinheiten eines Sinneseindrucks erlaubt. Dieses System unseres Nervensystems, die Vektorcodierung, kann als Darstellung in einem Merkmalsraum (bei sechs Grundgeschmacksarten ein sechsdimensionaler Raum) begriffen werden. Ein bestimmter Geschmack wird in diesem Raum durch ein Aktivierungsmuster aller sechs Rezeptortypen repräsentiert. Könnte die Zunge pro Grundgeschmack nur zehn Intensitätsstufen unterscheiden, so betrüge die Gesamtzahl an unterscheidbaren Aktivierungsmustern doch 1.000.000. Mit nur sechs verschiedenen Rezeptortypen könnte man also 1.000.000 unterschiedliche Geschmacksrichtungen differenzieren. Aus einfachen Grundlagen erwächst kombinatorisch so eine gigantische Vielzahl an Unterscheidungs- und Wahrnehmungsmöglichkeiten.

„Schmecken“ im alemannischen Sprachraum

In der Schweiz führt der Begriff „schmecken“ seit Jahrhunderten bei nichtschweizerischen Deutschsprachigen immer wieder zur Verwirrung, meinen die Schweizer (Deutschschweizer) mit „schmecken“ („durch die Nase schmecken“) doch „riechen“, nicht schmecken im gemeindeutschen Sinn. Ein schönes Beispiel dafür am Anfang des zweiten Teils der Günderode (1840) von Bettina von Arnim, wo von einem „Herrn Arenswald“ erzählt wird, der eine große Anzahl stinkender Schnecken gegessen hat, die man ihm als Schnecken anpries, „die sehr schmecken“.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. a b c D. V. Smith, J. D. Boughter jr: Neurochemistry of the Gustatory System. In: A. Lajtha and D. A. Johnson (Hrsg.): Handbook of Neurochemistry and Molecular Neurobiology. Springer US, 2007, S. 109–135. ISBN 978-0-387-30349-9
  2. a b c d e f g h i j J. Chandrashekar et al.: The receptors and cells for mammalian taste.. In: Nature 444, Nr. 7117, 2006, ISSN 1476-4687, S. 288–294 (PDF; 1,1 MB).
  3. a b B. Lindemann: Receptors and transduction in taste. In: Nature. Nr. 413, 2001, ISSN 0028-0836, S. 219–25 PMID: 11557991
  4. F. Laugerette et al.: CD36 involvement in orosensory detection of dietary lipids, spontaneous fat preference, and digestive secretions. In: J Clin Invest. 115, Nr. 11, 2005, ISSN 0021-9738, S. 3177–3184 (PDF; 0,7 MB).
  5. A. El-Yassimi et al.: Linoleic Acid Induces Calcium Signaling, Src Kinase Phosphorylation, and Neurotransmitter Release in Mouse CD36-positive Gustatory Cells.. In: J Biol Chem. 283, Nr. 19, 2008, ISSN 1083-351X, S. 12949–12959 ([1]).
  6. M. Behrens, W. Meyerhof: Bitter taste receptors and human bitter taste perception.. In: Cellular and molecular life sciences 63, 2006, ISSN 1420-9071, S. 1501–1509 (PDF; 0,2 MB)
  7. Stephen D. Roper: Signal transduction and information processing in mammalian taste buds. In: Pflugers Arch Bd. 454, Nr. 5, 2007, ISSN 1432-2013, S. 759–776 (PDF; 0,6 MB) PMID: 17468883
  8. Michael Tordoff: Tagungsbericht. In: Physiological Genomics. Bd. 34, S. 338
  9. Yi-Jen Huang et al.: The role of pannexin 1 hemichannels in ATP release and cell-cell communication in mouse taste buds. In: PNAS Bd. 104, Nr. 15, 2007, ISSN 1091-6490, S. 6436–6441 (PDF; 2,3 MB) PMID: 17389364

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