- Gustlov
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Modell der Wilhelm Gustloff, ausgestellt im Marine-Ehrenmal LaboeSchiffsdaten Schiffstyp Kreuzfahrtschiff Kiellegung: 4. August 1936 Stapellauf (Schiffstaufe): 5. Mai 1937 Indienststellung: 15. März 1938 Bauwerft: Blohm & Voss in Hamburg
Baunummer 511Besatzung: 417 Personen Eigner: Deutsche Arbeitsfront Reederei: Hamburg-Südamerikanische Dampfschiffahrtsgesellschaft (HSDG) Baukosten: ca. 25 Mio. RM Technische Daten Vermessung: 25.484 BRT Wasserverdrängung: k. A. Länge: 208,50 m Breite über Spanten: 23,50 m Breite in Höhe Promenadendeck: 25,00 m Seitenhöhe: 17,3 m Tiefgang: vorn 6 m / hinten 7 m Maschinenanlage: MAN-Diesel mit Getriebe Anzahl der Schrauben: 2 Schrauben Wellenumdrehungen: k. A. Leistung: 6987 kW (9.500 PS) Höchstgeschwindigkeit: 16,5 kn Dienstgeschwindigkeit: 15,5 kn Fahrbereich: ca. 12.000 sm bei 15 kn Brennstoffvorrat: max. 1.580 Tonnen Dieselöl Verbleib versenkt in der Ostsee (Position: 55° 4′ 12″ N, 17° 24′ 36″ O55.0717.41Koordinaten: 55° 4′ 12″ N, 17° 24′ 36″ O) Die Wilhelm Gustloff war ein Passagierschiff der nationalsozialistischen Organisation Kraft durch Freude (KdF). Ihre Versenkung durch das sowjetische U-Boot S 13 am 30. Januar 1945 zählt mit über 9.000 Opfern zu den größten Katastrophen der Seefahrtsgeschichte.
Inhaltsverzeichnis
Bau und Ausstattung
Das Schiff, das nach dem von den Nationalsozialisten zum Märtyrer stilisierten Wilhelm Gustloff benannt wurde, war ausschließlich für Kreuzfahrten konzipiert. Es wurde im Auftrag der NSDAP-Arbeitsorganisation Deutsche Arbeitsfront (DAF) bei Blohm & Voss in Hamburg unter der Baunummer 511 auf Kiel gelegt. Die Wilhelm Gustloff war Eigentum der DAF und wurde von der Hamburg-Südamerikanischen Dampfschiffahrtsgesellschaft (HSDG) bereedert.[A 1]
Ihr Stapellauf fand am 5. Mai 1937 statt, die Taufe vollzog Hedwig Gustloff – die Witwe des Namensgebers – im Beisein Hitlers. Die Fertigstellung erfolgte am 15. März 1938, die Jungfernfahrt am 23. März desselben Jahres.
Das Schiff war auf 417 Besatzungsmitglieder und 1.463 Passagiere ausgelegt. Die Kabinen waren für Fahrgäste und Besatzung gleich. Die Passagiere waren in Touristenklasse-Kabinen untergebracht. Es gab ausschließlich Außenkabinen für zwei oder vier Personen. Alle verfügten über fließend kaltes und warmes Wasser, Tisch, Sofabank, Stockbetten und einen Kleiderschrank für jeden Fahrgast. Auf dem B-Deck befand sich eine größere Kabinengruppe, die Hitler vorbehalten war aber nie von ihm genutzt wurde.
Die Decks der Wilhelm Gustloff bestanden aus:
- Sonnendeck (mit Sportplatz und Turnhalle)
- oberes Promenadendeck (mit Kabinen)
- unteres Promenadendeck (mit Musik- und Theaterhalle)
- A-Deck (mit vorderem und hinterem Speisesaal, Küche und Hospital)
- B-Deck (mit Kabinen, Wäscherei und Frisör)
- C-Deck (mit Kabinen, Bäckerei und Schlachterei) (Schottendeck)
- D-Deck (mit Kabinen, Speiseraum für Besatzung und Werkstatt)
- E-Deck (mit Schwimmhalle, Maschinen- und Hilfsmaschinenraum, Gepäckraum, Vorräten und Proviant)
- Stauraum (mit Proviant- und Kühlraum, Schwimmbecken und Frischwassertanks)
Nutzung bis 1945
Auf seiner ersten regulären Fahrt lief das Schiff am 2. April 1938 London an, um im Rahmen einer nationalsozialistischen Propaganda-Aktion den in England lebenden Deutschen und Österreichern Gelegenheit zu geben, über den bereits erfolgten Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich abzustimmen.
Bis zum Beginn des Zweiten Weltkrieges am 1. September 1939 wurde die Wilhelm Gustloff als Kreuzfahrtschiff der DAF-Unterorganisation „Kraft durch Freude” (KdF) genutzt. Von Genua aus unternahm das Schiff sechs 10-tägige Fahrten um das mit dem Dritten Reich verbündete Italien. Sechs 5-tägige Kreuzfahrten führten nach Norwegen. Im Jahr 1939 brachte das Schiff die Soldaten der Legion Condor, mit der Hitler den Putsch-General Franco im Spanischen Bürgerkrieg unterstützt hatte, nach Deutschland zurück, ging dann aber nochmals auf Kreuzfahrt.
Nach dem Beginn des Zweiten Weltkriegs wurde die Wilhelm Gustloff am 22. September 1939 als Lazarettschiff der Kriegsmarine übergeben. Während der Besetzung Norwegens im Frühjahr 1940 diente sie als Verwundetentransporter. Seit dem 20. November 1940 wurde die Wilhelm Gustloff als Wohnschiff für die 2. U-Boot-Lehrdivision in Gdingen (damals: Gotenhafen; heute: Gdynia) genutzt.
Die Versenkung
Nach dem Durchbruch der Roten Armee an der Ostfront fanden sich zu Beginn des Jahres 1945 viele Menschen in Ostpreußen abgeschnitten, deren frühzeitige Evakuierung das nationalsozialistische Regime, insbesondere der Königsberger Gauleiter Erich Koch, abgelehnt hatte. Nun wurde überstürzt das Unternehmen Hannibal angeordnet, in dessen Rahmen 2,5 Millionen Menschen – Zivilisten wie Soldaten – in das westliche Deutschland gebracht werden sollten. Daran sollte sich auch die Wilhelm Gustloff beteiligen.
Am 30. Januar 1945 gegen 13.10 Uhr legte sie mit schätzungsweise über 10.000 Menschen an Bord in Gdingen ab. Die genaue Anzahl der Passagiere und Besatzungsmitglieder ließ sich nie mit letzter Sicherheit feststellen, da ihre Flucht überhastet erfolgte. Offiziell registriert wurden 7.956 Menschen. Nach Ende der offiziellen Zählung drängten aber noch ungefähr 2.500 weitere Passagiere an Bord. Insgesamt dürften sich auf der Wilhelm Gustloff rund 10.300 Menschen befunden haben: etwa 8.800 Zivilisten, davon eine große Zahl Kinder, sowie etwa 1.500 Wehrmachtsangehörige, darunter 162 Verwundete, rund 340 Marinehelferinnen und 918 Marinesoldaten der 2. U-Boot-Lehrdivision, die von Kiel aus erneut in den Kriegseinsatz gehen sollten. Die Wilhelm Gustloff genoss nur leichten Geleitschutz durch anfangs zwei, dann nur mehr ein Begleitschiff.
Vier Kapitäne befanden sich bei der letzten Fahrt der Wilhelm Gustloff an Bord. Sie kannten die drohende Gefahr durch sowjetische U-Boote, konnten sich aber nicht auf ein gemeinsames Vorgehen einigen. Der militärische Kommandant, Korvettenkapitän Wilhelm Zahn, schlug vor, abgedunkelt durch flache Küstengewässer zu fahren, in denen U-Boote nicht operieren konnten. Er setzte sich jedoch nicht gegen Kapitän Friedrich Petersen durch, der sich angesichts der Überladung des Schiffes für eine Route durch tiefes Wasser entschied.
Ein Funkspruch der Kriegsmarine veranlasste ihn zudem, Positionslichter zu setzen, um die Kollisionsgefahr mit einem angeblich entgegenkommenden Minensuchgeschwader zu verringern.[1]Daher war das Schiff auch in der Dunkelheit auszumachen. Tatsächlich befand sich kein Minensucher auf Gegenkurs zur Gustloff. Grund und Herkunft des Funkspruchs konnten bis heute nicht geklärt werden.
Auf der Höhe von Stolpmünde wurde die Wilhelm Gustloff gegen 21 Uhr von dem sowjetischen U-Boot S 13 gesichtet, das vor der Danziger Bucht in Lauerstellung lag. Um 21:16 Uhr ließ der Kommandant von S 13, Alexander Iwanowitsch Marinesko, aus etwa 700 Metern Entfernung vier Torpedos abschießen. Ein Torpedo klemmte, drei trafen die Wilhelm Gustloff am Bug, unter dem E-Deck und im Maschinenraum. Das Schiff sank in etwas mehr als einer Stunde, gegen 22:15 Uhr, etwa 23 Seemeilen von der pommerschen Küste entfernt.
Rettungsversuche
Herbeieilende Schiffe konnten nur 1.252 Menschen retten, darunter alle vier Kapitäne und den bekannten Marinemaler Adolf Bock, dessen Berichte und Bilder später unter anderem im Stern veröffentlicht wurden.[2] Das Torpedoboot Löwe, das die Wilhelm Gustloff begleitet hatte, barg 252, das hinzugekommene Flottentorpedoboot T 36 mit Kommandant Kapitänleutnant Robert Hering weitere 564 Überlebende aus Booten[3], von Flößen und aus dem Wasser. T 36 wurde während der Rettungsaktion ebenfalls von S 13 angegriffen, wehrte sich aber mit Einsatz von Wasserbomben, worauf das sowjetische U-Boot abdrehte.[4] Das Minensuchboot M 341 rettete 37, der Marinetender TS II 98, das Minensuchboot M 375 43 und der Frachter Göttingen 28 Menschen. Zwei wurden in den Morgenstunden von dem Frachter Gotenland geborgen, sieben von dem Torpedofangboot TF 19, einer vom Vorpostenboot Vp 1703. Mit über 9.000 Toten ist der Untergang der Wilhelm Gustloff bis heute eine der größten Katastrophen der Seefahrtsgeschichte.
Nur wenige Minuten nach den Torpedotreffern passierte der schwere Kreuzer Admiral Hipper die sinkende Wilhelm Gustloff. Da ein U-Boot längere Zeit zum Nachladen braucht, konnte die Admiral Hipper, das größte Kriegsschiff in der Ostsee, ohne Probleme Kiel erreichen.[5] Der Kommandant der Admiral Hipper entschied jedoch, nicht anzuhalten und an der Bergung der Schiffbrüchigen nicht teilzunehmen. Seine Begründung, man habe Torpedolaufbahnen gesehen und daher nicht angehalten, wurde von Experten angezweifelt.[6]
Die Zahl der Todesopfer
Das Besondere am Untergang der Wilhelm Gustloff ist die hohe Zahl der Opfer. Zu ihr trugen folgende Umstände bei: Um eine planlose Flucht vom Schiff und den Ausbruch einer Panik zu verhindern, wurden etwa 1.000 Menschen in den Wintergarten des Schiffs beordert und dort von Offizieren mit Waffengewalt festgehalten. Als das Schiff sank, mussten sie feststellen, dass die Fenster des Wintergartens aus Panzerglas bestanden und jedes Entkommen verhinderten. Schwerwiegender war, dass die Wilhelm Gustloff nicht annähernd über genügend Rettungsboote verfügte. Etliche waren in Gdingen von Bord gebracht worden, um sie zur Vernebelung des Hafens einzusetzen. Sie wurden durch kleinere Ruderboote ersetzt, die rasch überfüllt waren. Da in der Nacht des Untergangs etwa −20 Grad C Kälte herrschte, waren die vorhandenen Boote zudem vereist und konnten in der Eile nicht mehr in voller Zahl seeklar gemacht werden.
Die von Gustloff-Experte Heinz Schön ermittelte Zahl von 1.239 Überlebenden[7] gilt heute als gesichert. Es wurden zwar 1.252 Personen gerettet, 13 starben jedoch bald darauf an den Folgen des Unglücks. Zur genauen Zahl der Todesopfer wurden je nach Zeit und Quelle zum Teil erheblich voneinander abweichende Angaben gemacht. Hier eine Auflistung mit Zeitangabe, Zahl der angegebenen Toten und der Personen an Bord (PaB), Art der Quelle und Dokumentennachweis.
- 30. Januar 1945: 4749 PaB. Funkspruch, Brustat-Naval 1970[8]
- 1945: ca. 4000 Tote. Ktb Seetra, Brustat-Naval 1970.[9]
- 19. Februar 1945: 7700 Tote, 8700 PaB. Presse, Reuters[10]
- 21. Februar 1945: 9000 Tote, 10000 PaB. Presse, Korrespondent in Gotenhafen[11]
- 1952: fast 5000 Tote, 6000 PaB. Spätere Erinnerung des Kapitäns der Wilhelm Gustloff ohne dokumentarischen Beleg, Schön (1952) Vorwort
- 1952: 5196 Tote, 6100 PaB. Spätere Erinnerung ohne dokumentarischen Beleg, Schön (1952)[12]
- 1964: 6100 PaB. Quelle?, Dmitriev 1964[13]
- 1984: 5348 Tote, 6600 PaB. Spätere Erinnerung ohne dokumentarischen Beleg, Schön bis 1997[14]
- 1999: 9343 Tote, 10582 PaB. Spätere Erinnerung ohne dokumentarischen Beleg, Schön 1999[15], Schön 2008[16]
Völkerrechtliche Einordnung und weitere Versenkungen
Die Versenkung der Wilhelm Gustloff entsprach geltendem Kriegsvölkerrecht. Als Truppentransporter hatte die Wilhelm Gustloff den rechtlichen Status eines Kriegsschiffs, das von der sowjetischen U-Boot-Besatzung auch nur als solches wahrgenommen werden konnte: Als schwimmende Kaserne der Wehrmacht hatte sie einen grauen Tarnanstrich, sie fuhr zum Zeitpunkt der Torpedierung abgeblendet durch Kriegsgebiet und wurde von einem weiteren Kriegsschiff begleitet. Zudem war die Wilhelm Gustloff mit Flugabwehrgeschützen[17] bewaffnet und hatte kampffähige Soldaten an Bord. Jeder einzelne dieser Punkte machte sie zu einem vom damaligen Kriegsrecht gedeckten, legitimen Ziel gegnerischer Angriffe.
Das U-Boot S 13 versenkte am 9. Februar 1945 auch die Steuben mit etwa 4.000 Menschen an Bord. Ein anderes U-Boot, L 3, torpedierte am 16. April 1945 den Truppentransporter Goya, der ebenfalls zahlreiche Flüchtlinge an Bord hatte. Dabei starben wahrscheinlich etwa 7.000 Menschen. Marinesko, der Kommandant von S 13, wurde nach dem Krieg unehrenhaft aus der Marine entlassen. 1990 wurde ihm posthum der Orden „Held der Sowjetunion” verliehen und ein Ehrenmal am oberen Königsberger Schlossteich errichtet.
Überreste
Das Wrack der gesunkenen Wilhelm Gustloff liegt in 42 m Tiefe in polnischen Hoheitsgewässern und ist heute als Seekriegsgrab ein geschütztes Denkmal. Vor einigen Jahren bargen Taucher die Schiffsglocke, die der polnische Staat übernahm. 2007 wurde die Glocke an die Ausstellung Erzwungene Wege – Flucht und Vertreibung im Europa des 20. Jahrhunderts ausgeliehen, musste aber auf Verlangen der polnischen Regierung vorzeitig zurückgegeben werden. Sie ist heute im Danziger Museum am Krantor zu besichtigen.
Siehe auch
Einzelnachweise
- ↑ Der Funkspruch habe besagt, „dass ein Minensuchgeschwader entgegen kommt und aus Sicherheitsgründen sollen Positionslichter gesetzt werden.“ ... „Ich bin dann auf die Brücke und habe mal gefragt: Das geht doch nicht, dass die da einen Funkspruch senden und wir sollen Lichter setzen. Hat der Kapitän gesagt: Kümmern sie sich um Ihre Sachen!“ Gefilmte Aussage von Albert Schirra, Funker auf der Gustloff, in: Die Gustloff – Die Dokumentation, Teil 2, ZDF, 3. März 2008, 2145-2230
- ↑ Günter Grass, s.u., betont, dass vor allem Männer gerettet und Kinder und alte Menschen von der Menge in Panik oft schon auf den Stiegen nach oben totgetrampelt wurden.
- ↑ Harald Fock: Z-vor! Internationale Entwicklung und Kriegseinsätze von Zerstörern und Torpedobooten, Bd. 2. Im Zweiten Weltkrieg: 1940-1945. Koehlers Verlagsgesellschaft mbH, Hamburg 2001, ISBN 3-7822-0762-9, S. 110
- ↑ Kapitänleutnant Robert Hering in Die Gustloff. Die Dokumentation (2/2). Flucht über die Ostsee, Deutschland 2008
- ↑ Irwin J. Kappes: Wilhelm Gustloff – The Greatest Marine Disaster in History. 2003. Wurde zunächst in einer Militärzeitschrift veröffentlicht, siehe Weblink unten
- ↑ Wie Heinz Schön 1990 auf einem Kongress mit russischen Veteranen erfuhr, war S-13 (Marinesko) nach dem Angriff auf die Wilhelm Gustloff nicht mehr gefechtsbereit und ein anderes U-Boot nicht in der Nähe. Der vierte, bereits scharfe Torpedo hatte sich im Rohr verklemmt. Das Boot musste auftauchen und den Schaden über Wasser beheben. Nach Aussage Schöns erklärt dies die zunächst seltsam anmutenden Berichte von Überlebenden, sie hätten einen U-Boot-Turm mit einem Hammer-und-Sichel-Emblem gesehen. Interview Aussage Heinz Schön in Wortwechsel, SWR TV, 2. März 2008, 23:30-24:00.
- ↑ Schön, 2008, S. 174
- ↑ Fernschreiben FDU-Ausbildung G 93 vom 30. Januar 1945, „daß Wilhelm Gustloff um 15.15 Hela Wachschiff auslaufend mit 4749 Personen an Bord unter Geleit T-Boot Löwe passiert.“ in: Ktb der 10. Sicherungsdivision vom 30.1.45, abgedruckt in Brustat-Naval (1970), S. 44. Schön erwähnt, die Wilhem Gustloff habe einen Funkspruch mit der PaB-Zahl, aufgeschlüsselt nach den Personengruppen (siehe unter „1984“) am 30. Januar 1945 gegen 13:30 Uhr abgegeben (Schön, 2002, S. 240). Im Vorwort von 1999, wo er nun erstmals von einer PaB-Zahl von 10.482 ausgeht, schreibt er:
- “Offensichtlich hatte auch die Schiffsleitung keine Kenntnis von der tatsächlich an Bord befindlichen Anzahl der Passagiere. Dies beweist die Tatsache, daß nach dem Auslaufen Kapitän Friedrich Petersen in Absprache mit Korvettenkapitän Wilhelm Zahn, dem militärischen Transportleiter, einen Funkspruch absetzen ließ, in dem u.a. die Zahl der an Bord befindlichen Personen mit insgesamt 6600 angegeben wurde.“ (Schön, 2002, S. 10) Aus den „ca.“-Angaben in Schön (1952) ergibt sich, daß diese Zahlen für das Buch 1952 aus der Erinnerung rekonstruiert wurden. Der wirkliche Text des Funkspruchs wurde von Schön (bis heute, 2008) nie veröffentlicht und lag ihm wahrscheinlich nie vor. Die PaB-Zahl aus dem Ktb ist daher die bis heute einzig authentische von 1945.
- ↑ Quelle: Tagebuch Korvettenkapitän Eschricht (Brustat-Naval (1970), S. 246,) Eschricht war Leiter der Seetra(nsportabteilung Ostsee) und „bearbeitet die Seetransporte bis ins kleinste und führt mit seinen Helfern genaue Tagebücher nach unterschiedlichen Aspekten: …“ Brustat-Naval (1970), S. 33
- ↑ „3700 U-Boot-Männer und nahezu 5000 Flüchtlinge“ an Bord, „Etwa 1000 der Passagiere wurden gerettet“, nach Finnish Radio, dieses nach „Berichten, die Stockholm erreichten“, Reuters Meldung „German Liner Reported Sunk In Baltic“ in The Times, 19. Februar 1945. Faksimile in Schön (2002), S. 407.
- ↑ „Mindestens 10.000 Menschen an Bord, ... 950 gerettet“, Quelle: Korrespondent des Sydsvenska Dagbladet fran Gdynia, abgedruckt unter „9000 i djupet med "Gustlow"“ in Dagens Nyheters Klipparkiv vom 21. Februar 1945. Faksimile in Schön (2002), S. 407.
- ↑ Wörtliche Wiedergabe aus Schön (1952) S. 136f: „Nach den Unterlagen des Zahlmeisterbüros und des Wohnschiffoffiziersbüros, in denen die Aufstellung der Gustloff-Passagierlisten vorgenommen wurde, waren während der letzten Fahrt der „Gustloff“ an Bord:
- Militärisches Personal: Marineangehörige der II. Abteilung der 2. Unterseeboots-Lehrdivision Gotenhafen ca, 1000 Pers.
- Zivile Stammbesatzung ca 165 Pers.
- Wehrmachtshelferinnen, einschließlich der zur 2. U-Boots-Lehrdivision gehörigen Marinehelferinnen ca. 375 Pers.
- Schwerkriegsverletzte (Heer) ca. 160 Pers.
- Flüchtlinge, Hauptteil aus dem Raum Gotenhafen-Danzig, Zoppot, Elbing, Memelgebiet ca. 4400 Pers.
- … insgesamt 904 Überlebende“
- ↑ „6100 Hitleristen an Bord, darunter 3700 Unteroffiziere und Matrosen-Spezialisten, die aus dem Übungszentrum der hitlerischen Flotte von Gotenhafen evakuiert werden.“ (V. I. Dmitriev: Atakujut podvodnikim, S. 249/53). Es handelt sich dabei um ein russisches Standardwerk von Vladimir Ivanovich Dmitriev zur Seekriegsgeschichte, speziell U-Boot-Operationen 1939-45. Erschienen erstmals 1964 in Moskau. Die englische Übersetzung ist bisher unveröffentlicht. Deutsche Übersetzung in Auszügen abgedruckt in: Brustat-Naval (1970), S. 44f
- ↑ In seinem Buch von 2002 gibt Heinz Schön im Anhang S. 436f detaillierte Informationen. Wie er im Vorwort sagt, stammt dies von der Auflage von 1984 und war der Stand bis 1997. Offenbar bezieht er sich auf die Einschiffungsliste, die bei ihm im Archiv 4369 Namen nennt (2002, S.437). Nach einer Rekonstruktion müßten es aber 6050 sein. (Schön, 2002, S. 236)
- Schön war an Bord Hilfszahlmeister, die PaB-Zahl fiel in seinen Bereich. Im Rückblick schreibt Schön, er habe wenige Stunden vor der Versenkung an die Rettungsmittel gedacht: „Die letzten Zahlen der Einschiffungslisten habe ich gut im Gedächtnis. 6050 war die Endzahl, dann kam noch ein Verwundetentransporter, später noch die Flüchtlinge von der Reval. Insgesamt sind 6600, in keinem Fall weniger, höchstens einige mehr an Bord.“ (2002, S. 266) In seinem ersten Buch 1952 ist eine solche Erinnerung nicht erwähnt. Statt dessen sprach er von 6000 PaB und ist sicher, daß mehr als 6300 nicht an Bord waren (S. 137).
- Die im Anhang 2002 angegeben Zahlen sind offenbar aus der rekonstruierten Einschiffungsliste. Demnach befanden sich am Mittag des 30. Januar 1945 an Bord: 4974 Flüchtlinge, 918 U-Boot-Männer, 173 Besatzung, 162 Schwerverwundete (Heer), 373 Marinehelferinnen, zusammen 6600 Personen. Schön hierzu weiter:
- „Die ermittelte Gesamtzahl von 6600 Passagieren, die sich in der Unglücksnacht an Bord befanden, ist keine absolute Zahl, erscheint jedoch sehr realistisch. Es mag sein, daß sich während der letzten Einschiffungsstunden, einige Flüchtlinge nicht in die Einschiffungsliste eintragen ließen, oder zahlenmäßig nicht erfaßt wurden, ihre Zahl dürfte jedoch 100 kaum überschritten haben.“
- „Die oft veröffentlichte Angabe, mehr als 7000 Menschen, in einigen Veröffentlichungen nannte man sogar die Zahl von 8000 bis 10.000, hätten den Untergang des M/S Wilhelm Gustloff miterlebt, ist mit Sicherheit stark übertrieben und kann durch keinerlei Fakten bewiesen werden.“
- „Die veröffentlichte Zahl von 904 Überlebenden, nach den von mir getätigten Ermittlungen bis zum 31.12.1950, stimmt ebenfalls nicht mehr; es wurden nachweislich über 1200 Schiffbrüchige gerettet.“ (Statistik der PaB nach Geschlecht)
- „Die teilweise erhalten gebliebene Einschiffungsliste des M/S Wilhelm Gustloff, die sich im GUSTLOFF-ARCHIV HEINZ SCHÖN, 4902 Bad Salzuflen 1, Auf dem Sepp 19 (Teils im Original, teils in Fotokopie vorhanden) befindet, enthält im Teil I Buchstaben A-M 1704 Namen, im Teil II Buchstaben N-Z 2665 Namen, insgesamt 4369 Namen von Flüchtlingen.“
- „Die Namen der Offiziere, Unteroffiziere und Mannschaften der 2. ULD, der Besatzungsmitglieder der Handelsmarine, der Marinehelferinnen und der an Bord genommenen Verwundeten sind in diesen Einschiffungslisten nicht enthalten.“ Schön meint also, diese Personen seien nicht namentlich verzeichnet, sondern nur zahlenmässig aufgelistet worden (s. o.). Wie aus Schön (1952, S. 136f) zu entnehmen, sind die Dokumente mit diesen Zahlenangaben nicht erhalten, sondern wurden nach dem Krieg aus der Erinnerung rekonstruiert.
- Einen Widerspruch mit der Listenzahl von „insgesamt 4369 Namen von Flüchtlingen“ (s. o.) gibt es im Vorwort: „… fast vollständig erhaltene Passagierliste der Gustloff, die die Namen der an Bord genommenen Flüchtlinge – insgesamt 4974 – enthielt.“ Diese Zahl sei ohne Militärangehörige und ohne die Besatzung. (Schön, 2002, S. 10). Warum es nun 605 Flüchtlinge mehr wurden, ist unklar.
- Die Zahl der Toten (bis 1997) ist im ganzen Buch von 2002 nicht genannt. Aber auf S. 391 ist von 1252 Überlebenden die Rede. Zusammen mit der häufig genannten PaB-Zahl von 6600 ergibt dies eine Zahl der Toten von 5348.
- ↑ In Schön (2002), S. 10 steht sein Vorwort zur 5. Auflage. Darin beschreibt Schön, wie er Anfang 1997, nach 50 Jahren Forschung, durch Zufall Kontakt mit dem letzten „Einschiffungsoffizier“, Dr. med. Waldemar Terres, bekam. Dieser konnte sich sicher erinnern, dass die Gustloff bis zum 29. Januar 1945 um 17 Uhr 7956 Flüchtlinge an Bord registriert hatte. Unterlagen dazu sind zwar nicht mehr vorhanden, er habe sie aber „bis viele Jahre nach Kriegsende aufbewahrt“. Er versicherte dies schriftlich und in einer Video-Aufzeichnung.
- Etwa zur gleichen Zeit erhielt Schön Kontakt mit Eva Rotschild-Dorn. Sie war an Bord der Gustloff beim Empfang eingesetzt, da wo die Flüchtlinge das Schiff betraten. Sie berichtete, am Nachmittag des 29. Januar „waren unsere Kladden voll“ und weitere leere Registrierbücher nicht vorhanden. Von da an wurden die weiteren nicht mehr namentlich erfasst, sondern nur noch gezählt. „Ich schätze, daß noch über 2000 Personen an Bord gekommen sind.“
- ↑ Die 2002, im 1999 verfassten Vorwort von Schön, abgedruckte Zahl von 10482 PaB ist ein offensichtlicher Druck- oder Rechenfehler bei 1239 Überlebenden und mehrfach dort genannten 9343 Toten. In Schön 2008, S. 174, ist sie richtig mit 10582 angegeben.
- ↑ einestages: Versenkung der Wilhelm Gustloff – Erinnerungen, die nicht untergehen
Literatur
Sachbuch
- Heinz Schön: Der Untergang der „Wilhelm Gustloff“: Tatsachenbericht eines Überlebenden. Göttingen 1952
- Clay Blair: Der U-Boot-Krieg. Bd. II, 2002, S. 936 (Hitlers U-Boat War, New York 1998)
- Fritz Brustat-Naval: Unternehmen Rettung. 1970
- Fritz Brustat-Naval: Unternehmen Rettung. 5. Auflage, Hamburg 2001
- Heinz Schön: SOS Wilhelm Gustloff. Die größte Schiffskatastrophe der Geschichte. Motorbuch Verlag Pietsch, Stuttgart 1998, ISBN 3-613-01900-0[A 2]
- Heinz Schön: Die „Gustloff“-Katastrophe. 6. Auflage, 2002
- Heinz Schön: Die letzte Fahrt der Wilhelm Gustloff. Dokumentation eines Überlebenden. Motorbuch Verlag, Stuttgart 2008, ISBN 978-3-613-02897-5
- Christopher Dobson, John Miller, Ronald Payne: Die Versenkung der Wilhelm Gustloff. Ullstein, Berlin 1995, ISBN 3-548-23686-3
- Lutz Bunk: Wilhelm Gustloff. Auf einem Traumschiff ins Inferno. In: Schiffe. Von der Arche Noah bis zur Cap Anamur. Hildesheim 2004, S. 230-235
- Armin Fuhrer: Die Todesfahrt der Gustloff. Olzog, München 2007, ISBN 978-3-7892-8235-5[A 3]
Fiktionale Literatur
- Günter Grass: Im Krebsgang. Steidl Verlag, Göttingen 2002, ISBN 3-88243-800-2[A 4]
- Tanja Dückers: Himmelskörper. Aufbau Verlag, Berlin 2003, ISBN 3-351-02963-2
- Detlef Michelers: Wilhelm Gustloff – Vom Flaggschiff zum eisernen Sarg. Hörbuch, DAV, Berlin 2002, ISBN 3-89813-193-9[A 5]
- Willi Fährmann: Das Jahr der Wölfe. Arena Verlag, Würzburg 1962, ISBN 3-401-02528-7
- Peter Weise: Hürdenlauf. Verlag BS, Rostock 2006, ISBN 3-89954-202-9[A 6]
Anmerkungen
- ↑ D.h. verwaltet, mit Besatzung versehen und gewartet.
- ↑ Bericht eines Überlebenden
- ↑ Zehn der letzten noch lebenden Zeitzeugen berichten erstmals über ihr Schicksal. Wo kamen sie her? Wie erlebten sie den Krieg? Wie überlebten sie den Untergang? Wie verarbeiteten sie später das Erlebte?
- ↑ Die Novelle erzählt die Geschichte der Wilhelm Gustloff in einer Mischung von Tatsachen und Fiktion, schildert den Untergang aber sehr exakt und detailliert.
- ↑ Der Autor schildert das Schicksal der Wilhelm Gustloff in vielen Originaltönen, Interviews mit Überlebenden und Mitschnitten aus einer Lesung von Günter Grass.
- ↑ Der Autor, jüngster Überlebender der Gustloff-Katastrophe, schildert sein Schicksal und die Suche nach seiner Herkunft.
Film und Fernsehen
- Nacht fiel über Gotenhafen, Regie: Frank Wisbar, D 1959 S/W
- Triumph und Tragödie der Wilhelm Gustloff (Dokumentarfilm von Karl Höffkes und Heinz Schön, D 2008)
- Die Gustloff (TV-Zweiteiler, ZDF), Regie: Joseph Vilsmaier, D 2008
Weblinks
- Chronik des Seekrieges (Württembergische Landesbibliothek Stuttgart)
- Henrik Schmitz: Erinnerungen, die nicht untergehen (Der Spiegel, 30. Januar 2008)
- Andreas Kossert: Ostpreußens Untergang (Die Zeit, 28. Februar 2008)
- Wilhelm Gustloff (Military History Online; Englisch)
- Wilhelmgustloff.com (private Homepage, Englisch und Deutsch)
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