Göltzschtalviadukt

Göltzschtalviadukt

Die Göltzschtalbrücke ist eine Eisenbahnbrücke und gleichzeitig die größte Ziegelbrücke der Welt. Sie überspannt das Tal der Göltzsch zwischen den Orten Mylau und Netzschkau, etwa 4 km westlich von Reichenbach im Vogtland in Sachsen, nahe der thüringisch-sächsischen Landesgrenze bei Greiz.

Die nordwestliche Seite der Göltzschtalbrücke als Panoramaaufnahme aus etwa 500 m Entfernung

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Die Göltzschtalbrücke wurde in den Jahren 1846 bis 1851 im Zuge des Baus der Sächsisch-Bayrischen Eisenbahn bei Mylau zusammen mit einem ähnlichen Bauwerk, der Elstertalbrücke zwischen Jößnitz und Jocketa, erbaut.

Entwurf als Gefängnis
Entwurf aus Röhren

Bei dem Bau dieser Trasse, welche von Leipzig über Plauen und Hof bis nach Nürnberg führt, musste als eine der größten Herausforderungen das Tal der Göltzsch überwunden werden. Da die Sächsisch-Bayerische Eisenbahn-Compagnie über wenig Geld verfügte, wurde versucht, am 27. Januar 1845 mittels eines Wettbewerbes in allen großen deutschen Zeitschriften mit 1000 Talern Preisgeld eine günstige Möglichkeit für den Brückenbau zu finden. Es gingen 81 Vorschläge ein, jedoch konnte keiner davon mittels statischer Berechnungen nachweisen, den Belastungen des geplanten Eisenbahnverkehrs gewachsen zu sein. Das Preisgeld wurde daraufhin auf vier Vorschläge aufgeteilt, aber keiner dieser tatsächlich realisiert.

Der Leiter der Prüfungskommission, Professor Johann Andreas Schubert, entwarf daraufhin unter Berücksichtigung seiner eigenen Erfahrungen mit statischen Berechnungen selbst eine Lösungsmöglichkeit und verwendete dabei einzelne Anregungen aus den eingegangenen Vorschlägen. Damit wurde die Brücke die erste statisch berechnete der Welt. Der Planer sah – damals sehr außergewöhnlich – als hauptsächlichen Baustoff Ziegel vor, weil in der Gegend große Lehmvorkommen vorhanden waren und somit Ziegel kostengünstig und schnell beschafft werden konnten. Nur an einigen besonders stark beanspruchten Stellen plante er die Verwendung von Granit.

Detailaufnahme

Die Grundsteinlegung erfolgte am 31. Mai 1846. Nach Baubeginn musste die Planung noch einmal geändert werden, da einige technische Schwierigkeiten auftauchten. Unter anderem war der vorgefundene Baugrund im Tal nicht so fest wie vorher angenommen, weshalb die ursprünglich geplanten gleichmäßigen Bögen nach einem Entwurf von Oberingenieur Robert Wilke durch einen mittigen und wesentlich größeren Bogen ersetzt wurden. Dies trug noch weiter zu der Sehenswürdigkeit des imposanten Bauwerkes bei.

Für den Bau wurden täglich 50.000 Ziegel in dem ungewöhnlichen Format 28 x 14 x 6,5 cm von fast 20 Ziegeleien entlang der Bahnstrecke gebrannt. Insgesamt waren 1736 Arbeiter beschäftigt, von denen 31 tödlich verunglückten. Nach der Fertigstellung und Einweihung am 15. Juli 1851 war die Göltzschtalbrücke die höchste Eisenbahnbrücke der Welt, die weltweit größte Ziegelbrücke ist sie immer noch.

Götzschtalbrücke war ebenfalls der Name eines Kopfbahnhofs im Tal der Göltzsch unterhalb der Brücke. Von dort führten Strecken nach Reichenbach Oberer Bahnhof sowie nach Lengenfeld (Vogtland).

Beteiligte Personen

  • Professor Johann Andreas Schubert (1808–1870) – Leiter der Prüfungskommission, Entwurf der Brücke und Berechnung der Statik
  • Oberingenieur Robert Wilke (1804–1889) – Ausführungsplanung und Oberbauleitung
  • Ingenieur Ferdinand Dost (1810–1888) – Bauleiter
  • Apotheker und Chemiker Heinrich Carl – Mörtelentwicklung
  • bis zu 1.736 Arbeiter gleichzeitig, davon verloren 31 beim Bau der Brücke ihr Leben

Technische Daten

Größenvergleich mit einem Pkw
Höhe 78 m in teilweise 4 Etagen mit 98 Gewölben
Länge 574 m mit 29 Öffnungen, größte Spannweite eines Bogens 30,9 m
Breite oben etwa 9 Meter, unten 23 Meter, 76 Quergewölbe
Anzahl Ziegel 26.021.000
Sandverbrauch 17.089 m³
Gesamtumfang des Mauerwerks 135.676 m³
dabei Ziegelmauerwerk 71.671 m³ (52 %)
dabei Werksteinmauerwerk 48.261 m³ (36 %)
dabei Bruchsteinmauerwerk 15.745 m³ (12 %)
Holz für Gerüste ca. 23.000 Stämme
Baukosten ca. 2,2 Millionen Taler (6,6 Millionen Goldmark)

Aktuelles

Die Göltzschtalbrücke ist heute ein Teil der so genannten Sachsen-Franken-Magistrale, welche in den Jahren 1997 bis 2000 saniert wurde und es heute Neigezügen ermöglicht, die kurvenreiche Strecke mit bis zu 160 km/h zu befahren.

Entlang der Brücke winden sich beschilderte Wege, auf denen sich die beeindruckende Größe des Bauwerkes in voller Dreidimensionalität erfassen lässt und die ingenieurtechnische Leistung bewundert werden kann. In der Nähe der Brücke befand sich ein Fesselballon, mit dem sich diese und das umliegende Vogtland aus einer Höhe von 150 m betrachten ließ. Von dort aus konnte auch das nahegelegene Schloss Netzschkau und die Burg Mylau aus luftiger Höhe betrachtet werden. Der Ballonbetrieb ist seit Mitte August 2007 eingestellt, da erforderliche Reparaturen zu teuer geworden wären.

Berühmt und berüchtigt ist die Brücke aber auch deshalb, weil sich im Laufe der über 150-jährigen Geschichte immer wieder Menschen durch einen Sprung in die Tiefe das Leben nahmen. Im August 2001 stürzten sich drei aus dem nahegelegenen Reichenbach im Vogtland stammende Jugendliche in den Tod. Der 2002 erschienene Dokumentarfilm Teuflische Spiele zeigt das Leben der zurückgebliebenen Freunde und ihre Versuche, das Geschehene zu verstehen. Nach acht Suiziden in acht Monaten im Jahr 2002 wird die Brücke heute verstärkt von der Bundespolizei überwacht.

In den Jahren 2006 bis 2008 wird eine neue Befahranlage für Wartungsarbeiten errichtet. Die Deutsche Bahn investiert 2,2 Millionen Euro.

Siehe auch

Literatur

  • Peter Beyer: Der Bau der Göltzschtal- und Elstertalbrücke 1846 bis 1851. Seine Beziehungen zu den Produktivkräften und der Umwelt im sächsischen Vogtland und dessen Nachbargebieten. in: Sächsische Heimatblätter Heft 1/1984, S. 1-16

Weblinks

50.6225812.243747Koordinaten: 50° 37′ 21″ N, 12° 14′ 37″ O


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