Götterfrieden

Götterfrieden

Der Gottesfrieden (lateinisch pax Dei) in Verbindung mit der Waffenruhe Gottes (Treuga Dei) ist das Ergebnis der Zusammenarbeit von weltlicher und geistlicher Macht im Mittelalter und stellt die Anfänge einer europäischen Friedensbewegung dar.

Die Kirche fühlte sich im Mittelalter zunehmend durch die Privatkriege des Adels und seine Übergriffe auf das Kirchengut bedroht und versuchte, durch Anteilnahme an der Friedenswahrung Einfluss auf das politische Leben der damaligen Zeit zu gewinnen, auch im Interesse des weltlichen Wohls der Gläubigen. Die Kirche strebte allerdings damit keine Veränderung der bestehenden Herrschaftsverhältnisse an. Der Gottesfrieden bestand aus Beschlüssen, die beschworen wurden und unter Androhung von Kirchenstrafen (Exkommunikation) verhindern sollten, dass Übergriffe auf Personen (unbewaffnete Geistliche, Bauern, Händler), Gebäude (Kirchen, Klöster, öffentliche Plätze und Straßen) und Objekte (Vieh) stattfanden. Die später hinzugekommene Treuga Dei verbot die Kriegsführung an verschiedenen Tagen (z. B. Fastenzeiten, hohe Feiertage, bestimmte Wochentage) gegenüber der gesamten Bevölkerung.

Die Wiege des Gottesfriedens war die Auvergne in Frankreich im 10. Jahrhundert. Die alten (vor allem weltlichen) Institutionen konnten im 10. und vor allem 11. Jahrhundert die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung nicht mehr garantieren, deshalb war die Bildung von neuen Exekutivorganen für die Kirche notwendig, die diese Aufgabe übernahmen, die so genannten Pax-Milizen. Bekämpft werden sollte der mittlere und niedere Adel, während die Kirche mit dem Hochadel Solidarität übte, da sie bei ihren Friedensbemühungen auf sein Einvernehmen angewiesen war. Der geistliche Friede ist dadurch wiederum zu einem Machtinstrument in der Hand des gesamten Hochadels geworden, der dadurch seine Territorien sicher beherrschen konnte.

Durch die Diözesanmilizen bekam der Gottesfriede in der 2. Hälfte des 12. Jahrhunderts noch eine weitere Funktion: Er diente nicht mehr nur der Beschränkung der Privilegien des Adels, sondern die Heere wurden auch gegen die Störung der innerchristlichen Ordnung eingesetzt und wurden somit zu einem umfassenden Machtinstrument der Landesherren. Ob dies immer mit dem Kirchenrecht zu vereinbaren war, bleibt strittig.

Mit dem Regierungsantritt Ludwigs VI. im Jahre 1108 ging die alte Friedensbewegung im französischen Raum allmählich zu Ende. Das Gleichgewicht der Gewalten, welches die Entstehung des Gottesfriedens begünstigt hatte, wurde vom König zerstört. Dazu stellte das Bürgertum von unten her gegen den Willen des Adels und der Geistlichkeit seine Machtansprüche. Diese Entwicklung endete damit, dass die Zentralgewalt die Oberhand gewann und sich zum Schieds- und Friedensrichter machte. Die Kirchen genossen immer mehr den Königsschutz und bedurften nicht mehr des Gottesfriedens. Zusammengefasst war der Gottesfrieden eine Rechtsausübung, die aus verschiedenen lokalen Bedingungen hervorging und im Belieben jedes einzelnen Bischofs stand.

In Deutschland fungierte Gottesfrieden als Vorbild für die späteren deutschen Landfrieden, die auf Provinzialebene von den Landesfürsten und auf Reichsebene vom deutschen König geschlossen wurden. Obwohl die Träger der Frieden formell weltliche Fürsten waren, arbeiteten Geistlichkeit und Weltlichkeit weiter bei den Friedensschlüssen zusammen.

Literatur

  • Hartmut Hoffmann: Gottesfriede und Treuga Dei. Hiersemann, Stuttgart 1964 (Monumenta Germaniae Historica; 20).
  • Hans-Werner Goetz: Die Gottesfriedensbewegung im Licht neuerer Forschungen. In: Arno Buschmann, Elmar Wadle (Hrsg.): Landfrieden - Anspruch und Wirklichkeit. Paderborn 2002, S. 31–54.
  • Thomas Gergen: Pratique juridique de la Paix et Trêve de Dieu à partir du concile de Charroux (989–1250). Peter Lang, 2004 (Rechtshistorische Reihe Band 285).
  • Bernhard Töpfer: Volk und Kirche zur Zeit der beginnenden Gottesfriedensbewegung in Frankreich. Berlin 1957.

Siehe auch


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