- HRS-Weiche
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Eisenbahnweichen sind Gleiskonstruktionen, die Schienenfahrzeugen den Übergang von einem Gleis auf ein anderes ohne Fahrtunterbrechung ermöglichen.
Geschichte
Angefangen hat die Entwicklung der Weichen in den Kohleminen. Bei den ersten gusseisernen Winkelschienenweichen von John Curr aus dem Jahr 1776 mussten Menschen oder Tiere den Hunt in die gewünschte Richtung ziehen. Im Jahre 1797 beschreibt John Curr erstmals eine Konstruktion mit einer verstellbaren Zunge [1]. Für 1832 wird erstmals ein Patent für eine Eisenbahnweiche von Charles Fox (1810–1874 in England) erwähnt.
Vor der Verwendung im Eisenbahnwesen bezeichnete der deutsche Begriff Weiche eine Ausweichstelle in der Flussschifffahrt, er leitet sich also von ausweichen und nicht von weich ab.[2]
Für verschiedene Situationen und Anwendungszwecke haben sich unterschiedliche Bauformen herausgebildet. Die heute am meisten verbreitete Bauform, die Zungenweiche, soll in Deutschland erstmalig bei der Hannoverschen Staatsbahn 1852 die Schleppweiche (s. u.) abgelöst haben.
Bis in die 1980er Jahre hinein waren Weichen in Deutschland typischerweise mit 40 bis 100 km/h im abzweigenden Strang befahrbar. Mit der Erhöhung der Streckengeschwindigkeit auf den (ab 1973 gebauten und ab 1987 in Betrieb genommenen) deutschen Eisenbahn-Neubaustrecken gewannen die Geschwindigkeitseinbrüche im abzweigenden Ast von Weichen zunehmend an Bedeutung. Bereits in den 1970er Jahren wurde ein mit 130 km/h abzweigend befahrbarer Weichentyp (EW 60 − 2500 − 1:26,5 fb) entwickelt, der insbesondere in den Überleitstellen der Neubaustrecken eingebaut wurde.[3] Für Abzweigstellen wurden darüber hinaus ab 1984 in Deutschland Weichen entwickelt, die mit 160 bzw. 200 km/h abzweigend befahren werden konnten. Sie kommen heute an einer Reihe von Verknüpfungspunkten der Schnellfahrstrecken zum Einsatz.[4] Die 200-km/h-Weichen galten zu ihrer Einführung, Ende der 1980er Jahre, als die längsten im Rahmen der Fertigungstechnik noch produzierbaren Einheiten.[3]
Funktion
Eisenbahnweichen werden in der Regel von einem Stellwerk bedient und durch Eisenbahnsignale signaltechnisch gesichert. Sie sind passive Fahrwegelemente, die durch von außen wirkende Kräfte umgestellt werden und deren richtige Lage vom Stellwerk überwacht wird. Zur Überwachung der Schienenbelegung durch Fahrzeuge werden Gleisfreimeldeanlagen eingesetzt.
Als Weichenfeld bezeichnet man eine Gruppe von Weichen, die mehrere parallele Gleise verbinden.
Bestandteile einer Weiche
Eine Weiche ist aus speziellen Schienenteilen zusammengesetzt. Die Weiche wird im Folgenden von vorne betrachtet, also vor der Aufspaltung der Schienen. Es wird die im Bild gezeigte Weiche mit dem Abzweig nach rechts beschrieben.
Weichenzunge
Die Weichenzungen sind die verstellbaren Teile der Weiche, die die Richtung des Zuges bestimmen. Sie liegen zwischen der rechten und der linken Backenschiene vor dem Herzstück.
Bei der Fahrtrichtung geradeaus ist die rechte Weichenzunge an der rechten, nach rechts anzweigenden Schiene angelegt. Die Weichenzunge ist gerade. Die linke Weichenzunge hat einen Abstand zur linken Schiene, welche geradeaus führt. Die rechte Weichenzunge führt einen Zug in dieser Stellung gemeinsam mit der linken Schiene geradeaus.
Wenn die Fahrtrichtung nach rechts gewünscht ist, so liegt die linke Weichenzunge an der linken Schiene an wie im Bild gezeigt wird. Die linke Weichenzunge weist eine Krümmung nach rechts auf. Die rechte Weichenzunge wird von der rechten Schiene entfernt. Ein Zug wird durch die linke Weichenzunge und die rechte Schiene nach rechts geführt.
Durch Bewegen der Weichenzungen kann die Weiche umgestellt werden. Der bewegliche Teil der Weichenzungen liegt auf Gleitstuhlplatten auf, die auch Rippenplatten genannt werden. Wegen des hohen Wartungsaufwands werden im Bereich der Deutschen Bahn AG heute vermehrt wartungsarme Zungenrollvorrichtungen unterschiedlicher Bauart eingebaut.
Herzstück
Das Herzstück ist ein Element im Schienenbau und zusammenfassende Bezeichnung für die Herzstückspitze und die beiden Flügelschienen. An einer Weiche werden zwei Gleise vereinigt oder getrennt. Die innenliegenden Stränge der Gleise schneiden sich und müssen unterbrochen werden, damit der Spurkranz eines Rades, das die andere Schiene befährt, unbeeinträchtigt durchlaufen kann. Diese Stelle heißt Herzstück. Bei einer Kreuzung gibt es dementsprechend vier Herzstücke (wobei jene in den Kreuzungspunkten der äußeren Schienen zwei gegenüberliegende Spitzen haben und deshalb Doppelherzstücke heißen).
Backenschienen und Radlenker
Die Schienen, an denen die Weichenzungen anliegen, nennt man Backenschienen. Da das Rad im Bereich des Herzstücks über eine Lücke in der Schiene rollt (außer bei beweglichen Herzstücken) und damit keine Seitenführung mehr hat, muss der Radsatz besonders geführt werden. Dies geschieht durch die an der jeweils gegenüberliegenden Schiene angebrachten Radlenker. Die Lauffläche des Rades liegt während des Überfahrens dieser Lücke üblicherweise durchgehend auf Herzstückspitze und/oder Flügelschiene auf. Manchmal kann dies jedoch aufgrund der Weichen- bzw. Kreuzungsgeometrie nicht (ausreichend) sichergestellt werden, wodurch spezielle Konstruktionen nötig sind:
Weichenschwellen
Weichen liegen auf besonderen Weichenschwellen. Diese sind länger als normale Schwellen und können aus Holz, Stahl oder Stahl(Spann-)beton bestehen. Bei den heutigen Neubauten auf dem Gebiet der DB AG werden vorrangig Betonweichenschwellen eingebaut. Diese zeichnen sich durch ein wesentlich höheres Eigengewicht mit einer höheren Lagestabilität aus. Allerdings werden Betonschwellen bei Entgleisungen meist erheblich beschädigt und müssen danach gewechselt werden. Bei Stahlschwellen führen Verbiegungen durch Entgleisungen zu Spurverengungen. Daher werden im Bahnhofsbereich und vor allem auf Gleisen mit lebhaftem Rangierverkehr oft die in dieser Hinsicht robusteren Holzschwellen bevorzugt.
Weichenstellvorrichtung und Weichensignal
An der Spitze der Weiche ist die Stellvorrichtung (Weichenantrieb oder Handstellvorrichtung bei ortsgestellten Weichen) angebracht, mit der die Weichenzungen bewegt und in der Endlage festgehalten werden. Dabei werden die Weichenzungen durch den Spitzenverschluss fixiert. Bei langen Weichen und insbesondere Hochgeschwindigkeitsweichen sind zusätzliche, über die Länge der Weiche verteilte Stellvorrichtungen mit Verschlüssen erforderlich.
Mit der Stellvorrichtung ist oft ein Weichensignal verbunden, das die Lage der Weiche von weitem erkennbar macht. Müssen ortsgestellte Weichen gegen unbeabsichtigtes Umstellen gesichert werden, sind diese durch ein Weichenschloss, Handverschluss oder Weichenriegel gesichert. Wird eine Weiche mit einem mechanischen Weichenantrieb ausgerüstet, ist bei mechanischen Stellwerken je nach Stellentfernung auch hier ein Weichenriegel erforderlich.
Weichenverschluss
Der Weichenverschluss ist zwischen der Stellvorrichtung und jeder der beiden Weichenzungen eingebaut. Er dient einerseits dazu, die anliegende Zunge an der Backenschiene festzuhalten um zu verhindern, dass sie durch Spannungen in der Weichenzunge oder von außen einwirkende Kräfte (z. B. durch Schläge der Radkränze) bewegt wird und andererseits dazu, die abliegende Zunge im ausreichenden Abstand zur anderen Backenschiene zu halten. Weichen mit kleinen Bogenradien und entsprechend kurzen Zungen erhalten nur den Verschluss an der Weichenspitze. Weichen mit größeren Radien (in Deutschland ab 500 m, teilweise ab 300 m Radius) erhalten einen oder mehrere weitere Verschlüsse (Mittelverschlüsse oder Gabelverschlüsse) um auf der gesamten Länge der beweglichen Zungen die erforderliche Spurweite zu gewähren und dabei die anliegende Zunge zu verschließen, bzw. die abliegende Zunge auf der beweglichen Länge im erforderlichen Abstand zur anderen Backenschiene zu verschließen. Die Verschlüsse werden über Gestänge mit dem Antrieb verbunden. Bei sehr großen Radien erhalten sie eigene Antriebe, welche beim Umstellen gemeinsam angesteuert werden. Der Weichenverschluss ist in der Regel so konstruiert, dass die Weiche mit geringer Geschwindigkeit (Vmax ≤ 40 km/h) vom Herzstück her aufgefahren werden kann (die falsch liegende Weiche wird stumpf befahren), ohne dass dieses zu einer Entgleisung oder Beschädigung führt.
Geriegelte Weichen und Weichen, die mit Geschwindigkeiten über 160 km/h befahren werden (diese erhalten nichtauffahrbare Antriebe), sind trotz des prinzipiell auffahrbaren Weichenverschlusses nicht auffahrbar. Wird eine solche Weiche dennoch aufgefahren, entstehen in jedem Fall schwere Schäden. Bewegliche Herzstückspitzen sind prinzipbedingt ebenfalls nicht auffahrbar. Nicht auffahrbare ferngestellte Weichen erhalten deshalb eine Überwachungseinrichtung, die eine Störungsmeldung auslöst, wenn ein Fahrzeug auf die falsch stehende Weiche zuläuft.
Zusatzeinrichtungen
Ein rot-weißer Pflock, Grenzzeichen genannt, zeigt zwischen dem Stamm- als auch auf dem Zweiggleis den Ort, ab dem sich, ständen auf beiden Gleisen Fahrzeuge jeweils höchster zugelassener Breite, diese berühren würden.
Darüber hinaus kann auch eine Weichenheizung installiert sein. Diese befindet sich im Zungenbereich und im Bereich von beweglichen Herzstücken und soll ein Zusammenfrieren der beweglichen Teile (Zunge und Backenschiene) verhindern.
Bau von Weichen
Alle heute eingebauten Weichen werden im Weichenwerk vorgefertigt, auf die Baustelle transportiert und dort auf einer freien Fläche aus den vielen Einzelteilen zu Großteilen vormontiert. Die so erstellten Weichengroßteile (Zungenbereich, Mittelbereich und Herzstückbereich) werden dann mit einem Kran an die vorgesehene Position transportiert, ausgerichtet und verschweißt. In einigen Fällen werden die Weichengroßteile schon im Weichenwerk komplett (mit oder ohne Zusatzausrüstungen wie Antriebe, Gestänge, Weichenheizungen usw.) vorgefertigt, vormontiert und können sofort eingebaut werden. Sie werden über die Straße oder das Gleis transportiert und mit Hilfe eines Krans oder eines speziellen Weichentransport- und Einbaugeräts eingebaut.
Das Weichenwerk Witten ist die einzige Produktionsstätte der Deutschen Bahn für Eisenbahnweichen.[5]
Das einzige Weichenwerk der Deutschen Reichsbahn war das Weichenwerk Brandenburg. Dieses wurde 1991 privatisiert und gehört heute zu Voest Alpine.
Die frühere Oberbauwerkstätte in Hägendorf, heute SBB Bahntechnik-Center Hägendorf, ist das einzige Werk in der Schweiz, das serienmäßig Weichen herstellt. Es ist zwar im Besitz der SBB, stellt aber auch Weichen für alle anderen Bahnverwaltungen her (inkl. Schmalspur- und Zahnradweichen). Die Regelweichen verlassen das Werk heute in der Regel, wenn möglich, zusammengebaut auf den Weichentransport-Wagen (WTW).
Spezielle Bauformen
Einfache Weichen
In einer einfachen Weiche zweigt ein Zweiggleis von einem Stammgleis ab. Ist das Stammgleis gerade, spricht man von einer geraden Weiche, ansonsten von einer Bogenweiche. Ist das Stammgleis in die gleiche Richtung gebogen wie das Zweiggleis, handelt es sich um eine Innenbogenweiche. Ist das Stammgleis dem Zweiggleis entgegengesetzt gebogen, bezeichnet man die Weiche als Außenbogenweiche. Gibt es mehrere Zweiggleise zu einer Seite des Stammgleises, die einander durchdringen, so spricht man von einer Doppelweiche. Dieser platzsparende Weichentyp findet jedoch nur noch selten Verwendung. Die symmetrische Doppelweiche ist noch viel seltener, erfordert besondere dünne und damit empfindliche Zungen sowie besondere Stellvorrichtungen und wird heute im Bereich der Eisenbahn vermutlich gar nicht mehr eingebaut. Bei Straßenbahnen ist sie aber nach wie vor üblich, jedoch wird dann in der Regel eine Zungenvorrichtung örtlich vorgezogen, um teuere Sonderbauteile zu vermeiden.
Bei der Deutschen Bahn AG sind die Weichen normiert und können in ihrer Bezeichnung folgende Angaben enthalten (Beispiel): EW 60 190 1:7,5 L Fsch H
- EW = Einfache Weiche. Andere Weichenbezeichnungen sind: Außenbogenweiche (ABW), Innenbogenweiche (IBW), Doppelweiche (DW), einseitige Doppelweiche (EinsDW).
- 60 = Schienenprofil UIC60. Außer diesem heute üblichen Standardprofil gibt es im Altbestand u.a. noch die Profilbezeichnungen 49 (S49: DRG, DB, DR), 54 (S54: DB) und 65 (R65: DR)
- 190 = Radius des abzweigenden Gleises.
- 1:7,5 = Abzweigwinkel am Weichenende.
- L = Abzweigrichtung links (L) oder rechts (R)
- Fsch = Zungenbauart: Federschienenzunge. In alten Bahnanlagen gibt es noch die Bauarten Federzunge (Fz) und Gelenkzunge (Gz)
- H = Schwellenbauart: Holzschwellen. Weitere Bauarten sind Hartholz (Hh), Stahlschwellen (St) und Beton (B)
Folgende Definitionen für Einfache Weichen (Regelweichen) gibt es im Bestand der Deutschen Bahn AG:Weichendefinition (kurz) Herzstück Vmax im Abzweig EW 190 1:7,5/6,6 gebogen 40 km/h EW 190 1:7,5 gebogen 40 km/h EW 190 1:9 gerade 40 km/h EW 300 1:9 gebogen 50 km/h EW 500 1:12 gebogen 60 km/h EW 500 1:14 gerade 60 km/h EW 760 1:14 gebogen 80 km/h EW 1200 1:18,5 gebogen 100 km/h EW 2500 1:26,5 gebogen 130 km/h Besondere Standardweiche: Die symmetrische Außenbogenweiche S.ABW 215 1:4,8 gerade 40 km/h Bogenweichen (mit Ausnahme der besonderen symmetrischen Außenbogenweiche S.ABW 215) werden nicht als Regelweichen hergestellt, sondern durch Verbiegen aus geraden erzeugt. Weiter als bis zur Symmetrie sollen Weichen nicht gebogen werden. Die beim Biegen nötigen Längenänderungen erfolgen in den Zwischenschienen, damit die bearbeiteten Großteile austauschbar bleiben.
„Y-Weiche“
Der Begriff Y-Weiche findet sich oft im Zusammenhang mit Modellbahn-Gleisen und hat keine begriffliche Entsprechung in der Fachterminologie der großen Eisenbahn. Tatsächlich entspricht die symmetrische Außenbogenweiche S.ABW 215 in etwa dem, was der Modellbahner darunter versteht. Allerdings unterliegt die S.ABW 215 in der Realität der Einschränkung, dass sie nie in Streckengleisen vorkommt, sondern nur in Abstellgleisen und Rangieranlagen. Häufig findet man sie an Ablaufbergen, wo auf kürzestem Wege sehr viele Gleise erreicht werden müssen.
Kreuzungsweichen
Eine einfache Kreuzungsweiche ist eine Kreuzung, die durch Weichen so ergänzt worden ist, dass zumindest in einer Fahrtrichtung der Übergang von einem Gleis aufs andere möglich ist, auch halber Engländer genannt. Eine Doppelte Kreuzungsweiche ermöglicht in beide Richtungen Übergänge. Diese Weichen werden bei Neubauten aufgrund des höheren Verschleißes nur noch in Ausnahmefällen zum Beispiel bei beengten Verhältnissen eingebaut. Bei beiden Typen wird zwischen den Kreuzungsweichen mit innenliegenden Zungen (meist vorkommende Bauart, auch Engländer genannt) und denen mit außenliegenden Zungen (System Baeseler, sehr selten) unterschieden. Die außenliegenden Zungen ermöglichen größere Bogenradien und damit höhere Geschwindigkeiten, sind aber wegen der erforderlichen Mehrfachherzstücke noch aufwändiger. Kreuzungsweichen haben zwei Nachteile: Zum einen sind sie teurer und aufwändiger als zwei einfache Weichen, zum anderen ist bei innenliegenden Zungen im Regelfall kein Platz, um jede Zunge mit einem eigenen Verschluss und Zungenprüfer auszurüsten. Jeweils benachbarte Zungen werden mit Kuppelstangen verbunden, die jeweils nicht mit einem Verschluss ausgerüstete Zunge wird mit eine Zungenprüfer- oder Riegelstange ausgerüstet. Insbesondere DKW mit Verschlüssen an den Innenzungen sind empfindlich gegen Längswandern dieser Innenzungen. Kreuzungsweichen werden heute nur noch bei stark beengten Platzverhältnissen geduldet und nach Möglichkeit in einfache Weichen aufgelöst, ihre Zahl nimmt stetig ab.
HRS–Weichen
Ein HRS-Weichenverschluss ist eine neue Verschlussbauart zum sicheren Verriegeln zwischen Zunge und Backenschiene, die gleichzeitig das Niederhalten der anliegenden Zunge gewährleistet. Der HRS-Verschluss gliedert den Umstellvorgang in Heben – Rollen – Senken – Sichern, was bei allen gängigen Schienenprofilen sowohl in der Zungenvorrichtung als auch im beweglichen Herzstück eingesetzt werden kann.
Weiche mit beweglichem Herzstück
Bei den herkömmlichen Weichen wird das Rad am Herzstück kurzzeitig nicht oder nur sehr wenig seitlich geführt. Die Seitenführung wird durch Radlenker hergestellt, was zu starken Stößen führen kann. Wenn auf einer Strecke Fahrzeuge mit unterschiedlich breiten Spurkränzen eingesetzt werden (z. B. Straßenbahnfahrzeuge auf Eisenbahnstrecken), kann diese Lösung nicht eingesetzt werden.
Bei Weichen für den Hochgeschwindigkeitsverkehr stellt sich das Problem, dass Weichen, die abzweigend mit hohen Geschwindigkeiten befahren werden (Schnellfahrweichen), aufgrund des flachen Kreuzungswinkels sehr lange Herzstücke und damit auch lange Herzstücklücken besitzen. In beiden Fällen werden Weichen mit beweglichen Herzstücken eingesetzt, die jedoch wegen des/der zusätzlichen Antrieb(e) mit zusätzlicher Schalteinrichtung deutlich teurer in Beschaffung und Unterhalt sind.
Für den Herzstückmechanismus gibt es zwei unterschiedliche Ausführungsarten:
- bewegliche Herzstückspitze: Die Herzstückspitze ist seitenbeweglich (federnd oder drehbar) gelagert und wird wie eine Weichenzunge gegen die Flügelschiene bedrückt (siehe Bild)
- bewegliche Flügelschienen: Bei dieser Bauform werden die Flügelschienen gegen die feststehende Spitze gebogen.
Ein weiterer Vorteil beweglicher Herzstücke bei Hochgeschwindigkeitsweichen ist, dass der Radlenker entfällt (der Radsatz wird von den nun durchgehenden Schienen ja unterbrechungsfrei geführt). Damit entfällt auch der "Schlag", wenn der Radsatz an den Radlenker anläuft (was aufgrund des Sinuslaufes von Eisenbahnradsätzen unvermeidbar ist), der bei höheren Geschwindigkeiten unangenehm stark werden kann.
Auch bei vielbefahrenen Weichen und Kreuzungen werden manchmal bewegliche Herzstücke eingebaut, selbst wenn dies aus geometrischen Gründen nicht unbedingt nötig wäre. Der Grund liegt hier vor allem im wesentlich geringeren Verschleiß der lückenlosen Schiene, der die Mehrkosten des Antriebes aufwiegt.
Bewegliche Herzstücke sind niemals auffahrbar. Kommt es zum Befahren in falscher Lage, kommt es in jedem Fall zu Schäden.
Klothoidenweichen
Klothoidenweichen sind eine neue Bauweise von Schnellfahrweichen. Ihr Krümmungsverlauf nimmt linear zu und dient einer ruckfreien Fahrdynamik. Dabei sinkt der Radius des abzweigenden Stranges kontinuierlich, nach der geometrischen Form der Klothoide, ab. Der für Fahrgäste unangenehme Ruck beim Gleiswechsel fällt dadurch wesentlich sanfter aus als bei den bislang gängigen Korbbogenweichen, zusätzlich ist der Verschleiß geringer.
Im Netz der Deutschen Bahn kam die neue Bauform in größerer Stückzahl erstmals auf der im September 1998 eröffneten Schnellfahrstrecke Hannover–Berlin zum Einsatz.
Die längsten (169,2 m) und schnellstbefahrbaren Klothoidenweichen in Deutschland wurden im Januar 1998 im Bahnhof Bitterfeld an der Bahnstrecke Berlin–Halle eingebaut (siehe auch Weichenrekorde). In südlicher Richtung zweigt hier der Streckenast nach Halle vom Streckenast nach Leipzig ab. Die konstruktiv zulässigen Höchstgeschwindigkeiten der Weichen (Typ EW 60-16000/6100-1:40,154-fb) betragen für das Stammgleis 330 km/h und für das abzweigende Gleis 220 km/h. Im Regelbetrieb sind jedoch nur bis zu 200 km/h erlaubt.
Herzstücke mit Flachrille
Auch im Falle eines zu steilen Herzstückwinkels fällt der Radsatz in die Lücke zwischen Spitze und Flügelschiene. Da solche steilen Kreuzungswinkel jedoch üblicherweise nur bei Gleisen eintreten, die mit geringen Geschwindigkeiten befahren werden (Industrieanschlüsse, Straßenbahnen, ...), wird in diesem Fall meist ein Herzstück mit Flachrille eingebaut. Hierbei läuft das Rad kurzzeitig auf dem Spurkranz und wird auf diese Weise über die Lücke gehoben. Solche Herzstücke unterliegen einem größeren Verschleiß, da die Auflagefläche des Spurkranzes wesentlich geringer ist, als jene der Lauffläche.
Rückfallweiche
Rückfallweichen werden häufig an eingleisigen Strecken eingesetzt, z. B. im Zugleitbetrieb. In Bahnhöfen mit mindestens zwei Rückfallweichen sind Zugkreuzungen ohne manuelle Weichenbedienung möglich. Eine Rückfallweiche wird mithilfe einer Handstellvorrichtung in einer Stellung festgehalten. Beim Auffahren vom Herzstück her drückt sie der Spurkranz des Schienenfahrzeuges in die andere Lage. Danach „fällt“ sie, nach einer Verzögerung von einigen Sekunden, von der Federkraft der ölgedämpften Rückholfeder und des Gewichts der Handstellvorrichtung angetrieben, wieder in ihre Grundstellung zurück, daher die Bezeichnung „Rückfallweiche“. Eine Rückfallweiche lässt sich zum Rangieren wie eine ortsgestellte Weiche mithilfe einer Handstellvorrichtung umstellen. Die Handstellvorrichtung wird in der Regel durch ein Riegelhandschloss verschlossen und durch Schlüsselabhängigkeiten gesichert. Zur Überwachung der korrekten Endlage der Rückfallweiche und des Verschlusses des Schlüssels in der Schlüsselabhängigkeit ist ein Deckungssignal im Gefahrpunktabstand vor der Weichenspitze aufgestellt, das mithilfe von Überwachungskontakten gesteuert wird. Liegt die Rückfallweiche in Endlage ihrer Grundstellung, zeigt das Deckungssignal zwei weiße Lichter schräg nach rechts ansteigend oder ein weißes Licht, hat die Rückfallweiche ihre Endlage nicht erreicht, leuchtet ein rotes Licht. In Altanlagen können noch andere Signalisierungen vorkommen.
Sandweiche
Eine Sandweiche hat Weichenzungen ähnlich einer einfachen Weiche, der abzweigende Strang endet jedoch schon vor dem Herzstück. Es handelt sich hier um eine spezielle Bauform der Schutzweiche. Wird eine Sandweiche in abzweigender Stellung befahren, führt dies zu einer Entgleisung - deswegen werden auch in der Schweiz der Begriff Entgleis-, in anderen Ländern Entgleisungsweiche benutzt. Die entgleisten Radsätze wurden früher in Sandtröge geleitet. Da dies bei den heutigen Achsdrücken wirkungslos wäre, werden diese speziellen Schutzweichen heute ohne diese ausgeführt. Der Radsatz wird in diesem Bereich also das Gleis beschädigen. Sandweichen wirken somit ähnlich wie Gleissperren und dienen wie diese als Flankenschutzeinrichtung, dürfen aber auch in von Zügen befahrenen Gleisen eingebaut werden.
Schleppweiche
Bei der Schleppweiche wird die gesamte Fahrbahn verschwenkt, es gibt beim herkömmlichen Zweischienengleis keine durchlaufenden Außenschienen. Die Weichenzungen sind hier gerade und an der Weichenspitze beweglich gelagert, die Stellvorrichtung liegt am inneren Ende der Weichenzunge und verschiebt die Gleise auf den geraden oder den abzweigenden Strang.
Die ersten Eisenbahnweichen waren Schleppweichen. Da sie insbesondere bei höheren Geschwindigkeiten nicht betriebssicher waren, wurden sie bei den Eisenbahnen bald durch andere Bauformen ersetzt. Bei Feldbahnen gibt es noch heute einzelne Exemplare.[6]
Alle schienengebundenen Verkehrssysteme, außer beim herkömmlichen Zweischienengleis, insbesondere also „Einschienenbahnen“, etwa Alwegbahn, Wuppertaler Schwebebahn oder Transrapid verwenden lange Schleppweichen. Schleppweichen sind sowohl vom Bau her aufwändiger als auch im Betrieb sehr viel langsamer und schwerfälliger als Zungenweichen. So benötigen sie etwa die acht- bis zehnfache Zeit einer Zungenweiche für die Umstellung.[7] Dadurch ist die Fahrwegbildung und -auflösung sehr viel langsamer und damit auch die Streckenkapazität geringer als bei der herkömmlichen Eisenbahn. Dies ist ein wesentlicher Grund, dass solche Systeme singuläre Inselbetriebe bleiben und sich nicht zum Netz entwickeln.
Zungenlose Weiche
Zungenlose Weichen werden am Anfang und am Ende eines Drei- oder Vierschienengleises eingesetzt. Ob die Weiche im geraden oder im abzweigenden Strang befahren wird, hängt von der Spurweite ab. Zungenlose Weichen haben ein Herzstück, Flügelschienen und auf der Seite der breiteren Spur einen Radlenker. Im Falle eines Vierschienengleises wird ein weiteres Herzstück benötigt. Bei frühen Pferdestraßenbahnen kamen auch Weichen ohne Zunge zum Einsatz, wobei durch die Zugrichtung des Pferdes die Fahrtrichtung bestimmt wurde.
Zungen- und herzstücklose Anbindung (ZHA)
Eine Sonderform der zungenlosen Weiche ist die Zungen- und herzstücklose Anbindung (ZHA), die jedoch nicht Weiche genannt wird. Dabei sind die beiden Schienen des Hauptgleises durchgehend, die des abzweigenden Gleises jedoch unterbrochen. Ist der Abzweig zu bedienen, müssen die Schienen des Hauptgleises durchtrennt, in Richtung des abzweigenden Gleises umgebogen und mit diesem verlascht werden. Nach der Bedienung werden die Schienen wieder zurückgebogen und mit dem Hauptgleis verschweißt. Diese Art der Abzweigung wird bei sehr selten benutzten Anschlüssen verwendet, z. B. bei Umspannwerken für Trafotransporte. Das Auftrennen und Wiederverschweißen ist billiger, als eine normale Weiche zu unterhalten. Ein Beispiel51.0691676.959012 findet sich bei Langenfeld (Rheinland).
Weiche im Mehrschienengleis
Im Verlauf von Drei- oder Vierschienengleisen befindliche Weichen sind Spezialkonstruktionen mit zumeist mehreren Herzstücken. Die Zahl der benötigten Herzstücke ist abhängig von der Art des Mehrschienengleises. Auch die Lage (Seite) der schmaleren Spur innerhalb eines Dreischienengleises wirkt sich diesbezüglich aus. Weiterhin gibt es Unterschiede bezüglich der Art des abzweigenden Gleises. Hier kann es sich entweder um eine der beiden Spurweiten oder auch um ein Mehrschienengleis handeln.
Zahnradbahn-Weiche
Weichen, die in einem Gleisabschnitt mit Zahnstange liegen, erfordern eine besondere Bauform. An den Stellen, an denen die Zahnstange die Fahrschiene kreuzt, sind bewegliche Zahnstangenstücke erforderlich, die mit den Weichenzungen umgestellt werden.
Abt'sche Weiche bei Standseilbahnen
Die Abt'sche Weiche ist eine Sonderkonstruktion für seilgezogene Gleisbahnen.
Gleiswender
Bei Zahnradbahnen mit einer Zahnstange System Locher sind wegen der waagerecht liegenden Zahnräder Kreuzungen zwischen Fahrschiene und Zahnstange nicht möglich, so dass die Verwendung herkömmlicher Weichen nicht umsetzbar ist. Statt dessen werden sogenannte Gleiswender eingesetzt. Diese bestehen aus einem Rahmen, an dem auf der Oberseite ein Gleis für den geraden Strang und auf der Unterseite ein Gleis für den abzweigenden Strang angebracht ist. Der Rahmen ist in Richtung der Gleisachse um 180° drehbar, so dass in beiden Lagen Fahrschienen und Zahnstange durchgängig sind. Ursprünglich waren bei Zahnradbahnen nach dem System Locher anstatt Weichen Schiebebühnen mit montierten Gleisen eingebaut, auf denen gerader und abzweigender Strang nebeneinander angebracht waren, die damit ebenfalls durchgehend befahren werden konnten.
Straßenbahnweichen
Im Straßenbahnnetzen werden zwei unterschiedliche Weichenkonstruktionen eingesetzt. Straßenbahnweichen, die auf einem Streckenabschnitt mit eigenem Gleiskörper liegen, entsprechen in der Regel den bei Eisenbahnen üblichen Weichen. Sichtbare Unterschiede gibt es je nach verwendetem Radreifenprofil bei den Leit- und Rillenweiten der Radlenker und Herzstücke. Diese sind bei klassischen Straßenbahnbetrieben deutlich schmaler, die Radlenker ragen außerdem nicht über die Schienenoberkante der Fahrschienen hinaus. Straßenbahnweichen können wesentlich geringere Bogenradien aufweisen. Bei Streckenabschnitten, die im Straßenplanum liegen, gibt es - bedingt durch die speziellen Anforderungen - besondere Bauformen, die bei Eisenbahnen nicht vorkommen.
Kreuzungsweichen sind bei Straßenbahnen selten.
In der Vergangenheit wurden bei vielen Betrieben, z.B. in Leipzig, Rillenschienenweichen auch auf eigenem Gleiskörper eingesetzt. Liegt eine Weiche nur teilweise im Straßenraum, dann ist ein Wechsel von Rillen- auf Kopfschienen auch innerhalb der Weiche möglich.
Auf Gleisen mit Mischbetrieb von Straßen- und Eisenbahnfahrzeugen werden grundsätzlich reguläre Eisenbahnweichen verwendet. Sollen Straßenbahnfahrzeuge ohne fahrzeugseitige Anpassungen verkehren, sind Herzstücke ohne Fahrkantenunterbrechung erforderlich. Möglich ist das durch bewegliche Herzstückspitzen oder Flügelschienen. Letztere verwenden beispielsweise die Rheinuferbahn und die Lokalbahn Wien–Baden.
Straßenbahntypische Weichenantriebe liegen meist zwischen den Backenschienen. Insbesondere wegen der möglichen Eindeckung ist bei diesen der Zungenaufschlag deutlich kleiner als bei Eisenbahnweichen. In Stadtbahnnetzen werden für die Zugsicherung durch Stellwerke folgerichtig auch Weichenantriebe und -verschlüsse der Eisenbahnbauarten mit gewönlichem Zungenaufschlag benutzt.
Einfache Weiche
Rillenschienen verfügen über einen durchgehenden Spurkanal. Deshalb sind bei Weichen im Straßenplanum keine besonderen Radlenker und Flügelschienen erforderlich. Im Radlenkerbereich verengt sich die Rillenweite allerdings. Da bei Straßenbahnen die Lauffläche der Räder in der Regel schmaler ist als bei Vollbahnen, führt dies insbesondere im Bereich der Herzstücke zu stärkeren Stößen, da die Auflagefläche des Rades kleiner ist. Im Herzstück- und im Radlenkerbereich wird daher die Rillenschiene häufig als Flachrille ausgerührt, bei denen der Spurkranz auf dem Grund der Rille rollt. Seit einigen Jahren werden meist etwas breitere Radreifen eingesetzt, damit wurden in vielen Fällen Tiefrillenherzstücke möglich. Die Laufruhe der Fahrzeuge ist auf diesen deutlich besser.
Bei den frühen Pferdestraßenbahnen waren zungenlose Weichen üblich, beim spitzen Befahren wurde über die Zugrichtung des Pferdegespannes die Fahrtrichtung auf der Weiche bestimmt. Mit dem Einsatz von Straßenbahn-Triebwagen wurden Zungen zur Steuerung der Fahrtrichtung notwendig, wobei häufig Weichen mit nur einer Zunge ausgerüstet wurden.
Vorgezogene Zungenvorrichtung
Speziell bei Straßenbahnen können Weichen auch im Bereich von befahrenen Straßen oder engen Kurven liegen. Um die Störanfälligkeit zu minimieren, werden diese häufig mittels kurzer Gleisverschlingungen von solch einer ungünstigen Stelle einige Meter weiter weg gelegt. Diese Bauart ist auch bekannt unter dem Begriff vorgezogene Zungenvorrichtung.
Vorsortierweiche
Bei einer nur bei Straßenbahnen eingesetzten Vorsortierweiche wird die Gleisverschlingung soweit verlängert, dass sie beispielsweise über die komplette Länge einer Haltestelle reicht, und mehrere Züge in sie einfahren können. Dies ermöglicht es den Straßenbahnen bei der Einfahrt in die Haltestelle langsam zu fahren, um die Weichenstellung genau zu kontrollieren. Die Ausfahrt aus der Haltestelle kann nun schneller erfolgen, da auch beim dichten Aufeinanderfolgen von mehreren Zügen keine Weiche mehr gestellt werden muss. Auch nach der Einführung von fahrstromunabhängigen Weichenstellvorichtungen und unter dem Zug verriegelten Weichen entlasten derartige Vorsortierweichen die Fahrpersonale, die ihre Aufmerksamkeit besser auf das Verkehrsgeschehen richten können.
Kletterweiche
Eine Kletterweiche - die nur bei Straßenbahnen und Feldbahnen eingesetzt wird - wird behelfsmäßig meist wegen Bauarbeiten auf das bestehende Gleis gelegt, um Züge auf ein anderes Gleis umzuleiten. Die Kletterweiche besteht hierzu aus fest miteinander verbundenen Schienenprofilen. Über abgeflachte Enden können die Züge auf die Behelfsweiche auffahren und umgeleitet werden.
Weichen mit besonderen Aufgaben
Schutzweiche
Hauptartikel: Schutzweiche
Als Schutz- oder Entgleisweichen bezeichnet man Weichen, deren einzige Aufgabe es ist, durch ihre ablenkende Stellung zu verhindern, dass eine Zugfahrt durch andere Zug- oder Rangierfahrten gefährdet wird (Flankenfahrt). Der ablenkende Strang der Weiche führt meist in ein kurzes Stumpfgleis, das oft von einem sogenannten Prellbock abgeschlossen wird. In Bahnhöfen findet man Schutzweichen z. B. als Abschluss von Kreuzungs- oder Überholgleisen, und bei Anschlussgleisen, wenn dieses ein Gefälle zum Streckengleis aufweist. Eine Sonderform stellen dabei Streckschutzweichen dar. Fährt ein langer Zug in ein Überholgleis ein und löst nach dem Halt die Bremsen wieder etwas, so entspannen sich die Federn in den Puffern der Wagen, was dazu führt, dass sich der Zug nach hinten hin streckt. Um zu verhindern, dass ein sich streckender Zug zu nah an das Lichtraumprofil des Nachbargleises gelangt gibt es dann besondere Weichen, die nach Einfahrt des Zuges umgestellt werden müssen, damit das Strecken des Zuges in eine andere Richtung erfolgt.
In den Grenzbahnhöfen der DDR wurden Schutzweichen zur Verhinderung von Republikfluchten eingesetzt. War dies aus Platzgründen nicht möglich, wurden als Sonderlösung dafür auch Gleissperren genutzt.
Auffangweiche
Aufgabe einer Auffangweiche ist es, das Entlaufen von Fahrzeugen in eine Gefällestrecke zu verhindern. Die Weiche liegt in Grundstellung auf dem ablenkenden Strang, der, ähnlich wie bei der Schutzweiche, meist in ein kurzes Stumpfgleis mit Prellbock führt, aber im Gegensatz zu dieser im Fahrweg des Zuges liegt und erst kurz vor dem Befahren umgestellt wird. Auffangweichen findet man sowohl im Ausfahrweg des bergseitigen und hinter dem Einfahrsignal des talseitigen Bahnhofs.
Stellvorrichtungen
Im einfachsten Fall ist eine Weiche ortsgestellt. An der Spitze der Weiche befindet sich ein Stellbock, an dem die Weiche mit Muskelkraft umgestellt wird. Dieser besteht aus dem Weichenhebel und dem Stellgewicht, das die Weiche in der jeweiligen Endlage hält. Meist ist der Stellbock mit einem Weichensignal verbunden. In der Frühzeit der Eisenbahn gab es nur ortsgestellte Weichen, die von Weichenwärtern gestellt wurden.
Zur Beschleunigung von Rangiervorgängen werden heute auch Elektrisch ortsgestellte Weichen verwendet.
Ferngestellte Weichen werden von einem Stellwerk aus gestellt. Die älteste Stellwerksbauform ist das mechanische Stellwerk. Bei Gestängeleitungen, die heute noch in Großbritannien, Frankreich und ehemaligen Kolonien dieser beiden Staaten verbreitet sind, genügt es, diese Leitung an die Zungenverbindungs- oder Schieberstange anzuschließen. In vielen anderen Ländern, unter anderem in deutschsprachigen Raum, setzten sich Drahtzugleitungen mehr durch. Der Weichenantrieb ist über eine Doppeldrahtzugleitung mit dem Stellhebel im Stellwerk verbunden und besteht in der Einheitsform aus einem ungleichschenkligem Winkelhebel, der die 500 Millimeter Leitungsstellweg in (im Regelfall) 220 mm Stellweg der Schieberstange übersetzt. Zum mechanischen Weichenantrieb gehört eine Drahtbruchsperre, die die Weiche bei Drahtbruch in der Endlage festhält. Die Entfernung zwischen Weiche und Stellwerk ist wegen der Reibung auf etwa 450 Meter Leitungslänge begrenzt, so dass in größeren Bahnhöfen eine Vielzahl mechanischer Stellwerke zur Abwicklung des Betriebs erforderlich waren.
Der in den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts erprobte pneumatische Weichenantrieben mit Druckluft setzte sich gegenüber den heute gebräuchlichen elektrischen oder elektrohydraulischen Antrieben mit einem Elektromotor an der Spitze der Weiche und Umstellung mittels elektrischer Signale nicht durch. Zuerst wurde diese Antriebsform in elektromechanischen Stellwerken verwendet. Heute werden ganze Eisenbahnstrecken oder U-Bahn-Netze von zentralen Stellwerken aus ferngesteuert.
Zu Anfang rüstete man Weichenantriebe mit Gleichstrommotoren mit getrennten Wicklungen für Rechts- und Linkslauf aus, seit den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts ging man in Verbindung mit dem Bau von Gleisbildstellwerken auf Drehstrom-Asynchronmotoren über. Neben dem wartungsarmen, weil kollektorlosem Aufbau ist die Verwendung unterschiedlicher Stromarten für Umstellung und Überwachung sicherheitserhöhend. Die Überwachungs-Gleichspannung kann den Motor nicht bewegen, die Stell-Wechselspannung kann keine fehlerhafte Ordnungsmeldung auslösen.
Als in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts Weichen entwickelt wurden, die mit hohen Geschwindigkeiten im abzweigenden Ast befahren werden können, wurde zunächst ein Weichenantrieb über eine Mechanik mit mehreren Stellstangen verbunden. Mit Fortschritten in der Steuerungstechnik (insbesondere über Elektronische Stellwerke) wurde es ab etwa Mitte der 1990er Jahre möglich, jede einzelne Stellstange mit einem Weichenantrieb zu versehen und synchron zu bewegen.
Zungenüberwachung
Störungen an den Übertragungsteilen, beispielsweise Brüche von Verbindungsstangen oder Verschlussteilen, können zu Lageänderungen und damit insbesondere bei spitzbefahrenen Weichen zu Entgleisungen führen. Um das zu verhindern, wurden Einrichtungen zur Zungenüberwachung eingeführt. Die Zungenlage wird zu diesen über besondere, von der Stellvorrichtung unabhängige, Verbindungsstangen übertragen. Erreicht eine Zunge keine Endlage, wird im Stellwerk eine Störungsmeldung ausgelöst.
In Abhängigkeit von der zulässigen Geschwindigkeit und dem möglichen Verkehren von Reise- und Güterzügen werden bei mechanisch ferngestellten Weichen Zungenprüfer und Riegel eingesetzt. Zungenprüfer sind Teil des Weichenantriebes und auffahrbar. Die sicherungstechnisch höherwertigen Riegel erfordern eigene Stellhebel und Drahtzugleitungen, sind jedoch nicht auffahrbar. Auch Handweichen lassen sich durch Riegel in die Signalabhängigkeit einbeziehen.
Elektrisch gestellte Riegel verwendete man in der Anfangszeit bei elektromechanischen Stellwerken, sowohl elektromagnetisch als Bestandteil von Weichenantrieben als auch als besonderes, motorbetriebenes Gerät, insbesondere bei Handweichen. Es stellte sich aber heraus, dass Zungenprüfer bei elektrischen Antrieben mit weniger Aufwand dasselbe Sicherheitsniveau gewährleisten und gleichzeitig auffahrbar sind. Handweichen bei elektrischen Stellwerken sind kostengünstiger durch Schlüsselabhängigkeit zu sichern. Deshalb sind in elektrischen Weichenantrieben nur noch Zungenprüfer gebräuchlich.
Weichen mit großen Bogenradien und mehreren Weichenverschlüssen erhalten zunehmend einen oder mehrere zusätzliche Zungenprüfkontakte, um die Endlage über die gesamte Zungenlänge zu überwachen. Mechanische Mittelriegel bzw -prüfer sind möglich, aber sehr selten. Wegen des großen Umstellwiderstandes sind solche Weichen in der Regel mechanisch nicht beherrschbar und müssen elektrische Antriebe erhalten, auch in mechanischen Stellwerksbezirken.
Des Weiteren dient die Zungenüberwachung mittels Zungenprüfer dazu, beim Auffahren der Weiche (die falsch liegende Weiche wird stumpf befahren), auf dem überwachenden Stellwerk eine Auffahrmeldung (eine spezielle Störungsmeldung) auszulösen. Wird die Zungenüberwachung durch Riegel realisiert, führt das Auffahren zwar zu einer Störungsmeldung auf dem Stellwerk, bedingt durch die Bauart des Riegels jedoch zu einer Beschädigung des Riegels und der Weiche. Bei Rückfallweichen wird durch den elektrischen Zungenprüfer das abhängige Signal gesteuert.
Weichen mit beweglichen Herzstücken oder Herzstückspitzen können neben der Zungenüberwachung noch eine Auffahrortungseinrichtung enthalten, welche bereits dann eine Störungsmeldung auslöst wenn ein Fahrzeug auf die falsch liegende Weiche zu läuft.
Steuerung bei Straßenbahnen
Straßenbahnen haben in der Regel eine vom Triebwagenfahrer kontrollierte Weichensteuerung. Normalerweise wird die Weiche dabei mittels einer im Führerstand angebrachten Fernsteuerung geschaltet, im Notfall oder bei Rangierfahrten können die Weichen von Hand mittels einer in der Straßenbahn mitgeführten Eisenstange umgestellt werden.
Bis Mitte der 1990er Jahre wurde häufig die Steuerung mittels Oberleitungskontakten für die Stromabnehmer gesteuert, wobei über die Stromaufnahme der Straßenbahn die Weichenstellung beeinflusst werden konnte. Je nachdem, ob die Straßenbahn mit Strom fuhr oder ohne Strom rollte, konnte die Stellung der Weiche geändert werden (wie genau, unterschied sich zwischen den einzelnen Betrieben). Dies führte jedoch häufig zu fehlerhaften Weichenstellungen, weil beispielsweise die Heizung im Winter, die Klimaanlage im Sommer, oder auch die Bremsstromrückspeisung beim Bremsen die Steuerung falsch beeinflussen konnte. Auch kann dies problematisch sein, wenn eine Straßenbahn vor einer Weiche zum Stehen kam, wie dies an Haltestellen oder vor gesicherten Abschnitten (z. B. Straßenkreuzungen) vorkommt, da eine anfahrende Straßenbahn nur schwer "ohne Strom" fahren kann, um die Weiche zu schalten. Hier war dann der Einsatz von Vorsortierweichen nötig.
Seit 1996 darf in Deutschland die Weichensteuerung wegen der Fehleranfälligkeit daher nicht mehr von der Stromaufnahme des Wagens abhängen. Moderne Steuerungen arbeiten mit induktiver Meldeübertragung, Funk- oder Infrarotsteuerung.
Befahrungsweisen
Eine Weiche wird entweder
- spitz (Anfahrt auf die Weichenspitze zu mit der Möglichkeit, sich für links oder rechts zu entscheiden) oder
- stumpf (Gegenrichtung, ohne derartige Auswahlmöglichkeit)
befahren.
Bei zweigleisigen Strecken mit Vorzugsfahrtrichtung (Rechtsverkehr in Deutschland) führen auch Gleiswechselbereiche von Überleitstellen eine entsprechende Nomenklatur. Die dabei verwirrende Bezeichnung "Gleiswechsel" beinhaltet lediglich die Möglichkeit, nicht die Notwendigkeit desselben.
In den meisten Straßenbahnnetzen wurden nur stumpf befahrene Gleiswechsel eingebaut, weil bei diesen die Gefahr einer Entgleisung geringer ist, und vor allem, damit keine Gefahr einer unbeabsichtigten Flankenfahrt besteht. Zu einer derartigen Flankenfahrt oder Entgleisung kann es kommen, wenn z. B. die Weichenzunge aufgrund von Fremdkörpern nicht korrekt anliegt und zumindest eine Achse den falschen Fahrweg nimmt. Bei Weichen mit Weichenantrieben in Eisenbahnbauart kommt es wegen der im Vergleich zu Straßenbahnantrieben größeren Zungenaufschläge zur Entgleisung, wenn ein Fahrzeug von der Spitze her in den Umstellvorgang hineinläuft. Dieser Vorgang wird als "zweispurig fahren" bezeichnet.
Um im Fall einer Baustelle während der Reparatur oder Erneuerung einer Straßenbahnstrecke einen konstanten Schienenverkehr ohne Spitzkehrenfahrt zu ermöglichen, wird das intakte Gleis in beide Richtungen befahren. Vor der Baustelle wird eine Kletterweiche aufgelegt, so dass die Straßenbahn vom gesperrten Gleis auf die Gegenseite fahren kann; nach der Baustelle wird der regulär eingebaute, jetzt spitz befahrene Gleiswechsel verwendet, um wieder auf die rechte Seite zu gelangen.
Weichenrekorde
Die größten Weichen im Netz der Deutschen Bahn (Stand: 2006) wurden im Januar 1998 auf der Strecke Leipzig–Berlin im Bahnhof Bitterfeld installiert. Der Radius dieser Klothoidenweichen verkleinert sich dabei zur Weichenmitte von etwa 16.000 Metern auf 6.100 und steigt anschließend wieder auf den Ausgangswert an. Je acht Antriebe sind zum Umstellen der Zungen und Herzstücke der beiden Weichen erforderlich. Die Gesamtlänge dieser planmäßig abzweigend mit 200 km/h befahrenen Weichen liegt bei je 169,2 Metern. Für kurze Zeit waren diese Weichen nach Herstellerangaben die längsten Weichen der Welt.
Am Abzweig Saalbach der Schnellfahrstrecke Mannheim–Stuttgart (Inbetriebnahme: 1987) sowie am Abzweig zur Nantenbacher Kurve der Schnellfahrstrecke Hannover–Würzburg (1994) kamen erstmals mit 200 km/h befahrbare Weichen in Deutschland zum Einsatz. Die Korbbogenweichen wurden neu entwickelt (Radius 6000–7000) und sind insgesamt 154 m lang und 210 t schwer; die Länge der Zungen liegt bei 56 m.[8] Diese drei Weichenpaare sind heute die schnellstbefahrenen Weichen in Deutschland.
Auf der Neubaustrecke Madrid–Barcelona–Französische Grenze kommen inzwischen, vor allem an Überleitstellen, insgesamt 136 noch größere Weichen zum Einsatz. Der Radius der 180 m langen und planmäßig mit 220 km/h abzweigend befahrbaren Konstruktionen liegt zwischen 7.300 und 17.000 Metern.[9]
Die schnellste bislang befahrene Weiche liegt auf der LGV Est européenne und wurde im Rahmen der Rekordfahrt V150 am 3. April 2007 mit 560 km/h befahren.[10]
Literatur
- Rudolf Breimeier: Transrapid oder Eisenbahn. Ein technisch-wirtschaftlicher Vergleich. Luzern 2002. ISBN 3-907-01414-6
- Volker Matthews: Bahnbau Wiesbaden, 2003 ISBN 3-519-50113-9
- Joachim Fiedler: Bahnwesen München, 2005 ISBN 3-8041-1612-4
- Bundesbahndirektion Hannover: 1843-1983. 140 Jahre Eisenbahndirektion Hannover. Hannover o. J. (1983). Seite 62f.
Einzelnachweise
- ↑ John Curr, The Coal Viewer, and the Engine Builder's Practical Companion, (John Northall,1797).
- ↑ Kluge, etymologisches Lexikon, Verlag Walter de Gruyter, 1995, Eintrag Weiche
- ↑ a b K. G. Baur: Neue Weichen für schnelle Züge. In: Eisenbahn-Kurier, Nr. 199, 4, 1989, ISSN 0170-5288, S. 38 f.
- ↑ Peter Münchschwander (Hrsg.): Das Hochgeschwindigkeitssystem der Deutschen Bundesbahn. R. v. Decker's Verlag G. Schenk, Heidelberg 1990, ISBN 3-7685-3089-2, S. 86.
- ↑ Weichenwerk mit sehr bewegter Geschichte. In: DB Welt, Ausgabe März 2008, S. 3
- ↑ Abbildung einer Doppel-Schleppweiche der Ffestiniog Railway
- ↑ Breimeier, S. 11, 22f.
- ↑ Lothar Friedrich, Albert Bindinger: Die Komponenten des Fahrwegs für das ICE-System in der Bewährung. In: Eisenbahntechnische Rundschau, 1992, Heft 6, S. 391–396
- ↑ Hubertus Höhne: Schienentechnik der HGV-Strecke Madrid – Grenze Frankreich. In: EI – Eisenbahningenieur. 54, Nr. 12, 2003, ISSN 0013-2810, S. 37–42 (445 kB).
- ↑ Vossloh AG: vossloh: understanding mobility. Broschüre (16 Seiten). S. 6
Weblinks
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