- Halichoerus grypus
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Kegelrobbe Systematik Überordnung: Laurasiatheria Ordnung: Raubtiere (Carnivora) Unterordnung: Hundeartige (Cynoidea) Familie: Hundsrobben (Phocidae) Gattung: Halichoerus Art: Kegelrobbe Wissenschaftlicher Name Halichoerus grypus (Fabricius 1791) Die Kegelrobbe (Halichoerus grypus) ist neben dem Seehund die zweite an deutschen Küsten verbreitete Robbenart und ist das größte Raubtier Deutschlands (bis zu 300 kg). Der Name leitet sich entgegen der landläufigen Meinung von den kegelförmigen Backenzähnen und nicht von der Kopfform der Robbe ab.
Inhaltsverzeichnis
Merkmale
Vom Seehund ist die Kegelrobbe durch ihre viel massigere Gestalt unterschieden. Außerdem haben Seehunde einen rundlichen, Kegelrobben einen eher spitz zulaufenden Kopf. Die Männchen sind auf dunkelgrauem Grund hell gefleckt, Weibchen dagegen sind dunkelgrau gefleckt auf silbergrauen Grund. Jungtiere kommen mit einem weißen Embryonalhaar (Lanugo) zur Welt, das nach etwa fünf Wochen durch normales Fell ersetzt wird.
Mit einer Größe von 230 Zentimetern und einem Gewicht von 220 Kilogramm ist eine männliche Kegelrobbe deutlich größer als ein Seehund, aber auch als eine weibliche Kegelrobbe (180 cm, 150 kg). Männchen haben außerdem eine größere Nase als Weibchen. Der Geschlechtsdimorphismus ist nur bei wenigen Robben so ausgeprägt.
Verbreitung
Kegelrobben treten in drei voneinander getrennten Populationen auf:
- Die ostatlantischen Kegelrobben leben hauptsächlich an den Küsten Islands, Großbritanniens, Irlands und der Färöer, selten in der Nordsee.
- Die westatlantischen Kegelrobben leben an den kanadischen Küsten von Labrador, Neubraunschweig und Neuschottland.
- Die Ostsee-Kegelrobbe (H. g. balticus) gilt als eigenständige Unterart. Sie war früher in der gesamten Ostsee verbreitet, ist aber durch extensive Bejagung in die nördlichsten Teile (Küsten Schwedens, Finnlands und Estlands) zurückgedrängt worden. Inzwischen kommen aber öfter wandernde – zumeist jüngere – Kegelrobben an die Küsten Polens und Mecklenburg-Vorpommerns und sind regelmäßige Gäste im Nationalpark Vorpommersche Boddenlandschaft.
Kegelrobben im Wattenmeer
Im Wattenmeer gibt es derzeit drei Kolonien mit Jungenaufzuchten: Eine bei der westfriesischen Insel Terschelling, eine weitere auf dem Jungnamensand, einer Sandbank westlich der nordfriesischen Insel Amrum. Seit dem Jahr 2001 gibt es auch auf der Düne bei Helgoland Jungenaufzuchten der Kegelrobbe; hier scheint sich eine dritte Nordsee-Kolonie zu etablieren. Außerhalb der Fortpflanzungszeit halten sich die Robben dieser Kolonien an verschiedenen Orten innerhalb der Nordsee auf und vermischen sich dann auch mit Seehunden. Im Winter trifft man sie zum Beispiel im ostfriesischen Wattenmeer an.
Kegelrobben sind im Wattenmeer, verglichen mit Seehunden, echte Raritäten. Aus archäologischen Funden weiß man, dass noch im Mittelalter Kegelrobben und Seehunde gleichermaßen häufig waren, vielleicht sogar ein Übergewicht zugunsten der Kegelrobbe bestanden hat. Auf den Jagddruck, der durch Menschen auf die Robben ausgeübt wurde, reagierte die Kegelrobbe allerdings weit empfindlicher als der Seehund, so dass sie beinahe vollständig aus dem Wattenmeer verschwand.
Erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts erfolgte die allmähliche Rückkehr der Kegelrobben, die an felsigen und unzugänglichen Küsten der britischen Inseln überlebt hatten. Auch heute könnten nach der Einschätzung von Zoologen die Kegelrobben im Wattenmeer ohne beständigen Nachschub aus Großbritannien nicht überleben. Die Geburt junger Kegelrobben ist heute noch ein höchst seltenes Ereignis. Um den Nachwuchs vor neugierigen Wattwanderern zu schützen, versuchen die Mitarbeiter der Wattenmeer-Nationalparks, nach Möglichkeit alle bekannt gewordenen Jungtiere zu bewachen beziehungsweise ihre Liegeplätze abzusperren.
Kegelrobben in der Ostsee
Dass es in der westlichen Ostsee heute abgesehen von einigen verirrten Einzeltieren keine Kegelrobben mehr gibt, hängt mit einer Ausrottungskampagne des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts zusammen. Weil die Fischer der Küsten versicherten, dass sie wegen der Robben ihre Existenzgrundlage bedroht sähen, wurde für jede getötete Robbe eine Prämie gezahlt. Bis 1930 wurden der Seehund und die Kegelrobbe in der westlichen Ostsee vollständig ausgerottet.
Von 1998 bis 2000 ließ das Bundesamt für Naturschutz eine Analyse durchführen, ob eine Wiedereinbürgerung der Kegelrobbe an deutschen Ostseeküsten möglich ist. Dass die Kegelrobben eigenständig zurückkehren, ist wegen des ungenügenden Populationsdrucks in ihrer jetzigen Heimat in der östlichen Ostsee nicht zu erwarten. Zahlreiche Küstenabschnitte wurden untersucht und mehrere potenzielle Liegeplätze ausgemacht, zum Beispiel die Halbinsel Wittow (Nord-Rügen) oder die Greifswalder Oie. Während die Fischer einer Wiederansiedlung weiterhin ablehnend gegenüber stehen, sieht der größte Teil der ansässigen Bevölkerung dem Projekt wohlwollend entgegen. So stimmte die Gemeindevertretung von Altenkirchen einer Wiederansiedlung bereits zu (12. Oktober 2000) und spekulierte bereits auf eine künftige Bekanntheit als „Kegelrobben-Gemeinde Altenkirchen“. Trotzdem scheiterte ein Wiederansiedlungsprojekt bisher am Widerstand der Fischer.
Lebensweise
Die Kegelrobben von Nord- und Ostsee sind insofern untypisch, als diese Art für gewöhnlich felsige Küsten bevorzugt. Außerhalb der Fortpflanzungszeit wandern vor allem jugendliche Kegelrobben weit umher, kehren aber offensichtlich immer wieder zu denselben Fortpflanzungsstätten zurück. Bei ihren bis zu 20 Minuten dauernden Tauchgängen erreichen Kegelrobben Tiefen von 140 Meter und jagen nach Fischen. Jede ausgewachsene Kegelrobbe benötigt etwa zehn Kilogramm Fisch pro Tag. Zu den erbeuteten Fischen gehören Lachse, Dorsche, Heringe, Makrelen und Schollen.
Zur Fortpflanzungszeit finden sich Kegelrobben an den Küsten zu kleinen Kolonien zusammen. Diese bestehen aus durchschnittlich sechs Weibchen und einem Männchen. Bei größeren Kolonien gibt es mehrere Männchen, die jeweils einen Harem zusammenzuhalten versuchen. Ernsthafte Kämpfe zwischen rivalisierenden Männchen gibt es allerdings nicht, eher eine ritualisierte Unterwerfung rangniederer Männchen. Die erfolgreichen Männchen verteidigen bis zu zehn Weibchen mitsamt deren Jungen und paaren sich mit ihnen, sobald die Jungen entwöhnt sind. Dies geschieht, wenn die Jungen etwa vier Wochen alt sind.
Die Fortpflanzungszeit variiert mit dem Verbreitungsgebiet. Im Ostatlantik liegt sie zwischen September und Dezember, im Westatlantik im Januar und Februar. Die Ostsee-Kegelrobben werfen im Februar und März. Die Tragzeit beträgt elfeinhalb Monate. Geschlechtsreife wird mit vier bis fünf Jahren erreicht, Männchen sind aber vor ihrem achten Lebensjahr nicht stark genug, eine Gruppe von Weibchen zu bewachen. Die Lebenserwartung beträgt meistens zwanzig Jahre, in seltenen Ausnahmefällen bis zu 46 Jahre.
Schutz
Kegelrobben waren für Robbenjäger nur von geringem kommerziellen Interesse, viele wurden aber von Fischern getötet, die sie als Konkurrenz empfanden. Inzwischen sind sie in den meisten Ländern geschützt, und die Bestände sind auf etwa 100.000 Kegelrobben im östlichen Atlantik angewachsen. 40 Prozent des weltweiten Kegelrobben-Bestands leben an den Küsten Großbritanniens.
Insbesondere die Entwicklung bei den Ostsee-Kegelrobben erregt Besorgnis. Am Ende der 1980er-Jahre war der Bestand auf 1500 Tiere gefallen, so dass sie von der IUCN als bedrohte Tiere auf die Rote Liste gesetzt wurden. Neben der Verfolgung durch den Menschen kam als Ursache hier die Einleitung von Giften wie DDT hinzu. In den 1990er-Jahren begann der Bestand in der Ostsee durch strenge Schutzmaßnahmen und geringeren Verschmutzungsgrad wieder anzusteigen.
Literatur
- Ronald M. Nowak: Walker’s Mammals of the World. 6. Auflage. Johns Hopkins University Press, Baltimore 1999, ISBN 0-8018-5789-9.
- Jochen Schwarz u. a.: Wiederansiedlung der Ostseekegelrobbe (Halichoerus grypus balticus) an der deutschen Ostseeküste. Bundesamt für Naturschutz, Bonn 2003, ISBN 3-7843-3726-0.
Weblinks
- Ostsee-Kegelrobben im Nationalpark Vorpommersche Boddenlandschaft
- Kegelrobben im Wattenmeer
- Kegelrobben-Fotos aus dem natürlichen Lebensraum der Nordsee
- Halichoerus grypus in der Roten Liste gefährdeter Arten der IUCN 2008. Eingestellt von: D. Thomspon, T. Harkonen, 2008. Abgerufen am 31. Dezember 2008
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