- Hamburg im Dritten Reich und Zweiten Weltkrieg
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Die Hansestadt Hamburg an der Elbe wurde zur Zeit der Nationalsozialisten ein Schlüsselpunkt der Nationalsozialisten. Nachdem der Zweite Weltkrieg ausbrach, wurde die Stadt in den späteren Kriegsjahren von schweren Bombardements getroffen. Am 2. April 1945 übergaben die führenden Kräfte der Stadt selbige an die Briten.
Inhaltsverzeichnis
Die Zeit des Nationalsozialismus
Nach der Machtergreifung Hitlers im Januar 1933 traten die SPD-Senatoren aufgrund starken Drucks durch Reichsinnenminister Wilhelm Frick am 3. März zurück. Zwei Tage später erklärte auch der schwer kranke Bürgermeister Carl Wilhelm Petersen von der Deutschen Staatspartei seinen Rücktritt, am 6. März folgte ihm der Senator Paul de Chapeaurouge (Deutsche Volkspartei). Die Bürgerschaft wählte am 8. März mit Beteiligung von DVP und DStP einen neuen nationalsozialistisch geführten Senat. Zum Ersten Bürgermeister wählte der Senat das NSDAP-Mitglied Carl Vincent Krogmann, der dieses Amt bis Mai 1945 innehatte. Am 28. Juni fand die letzte Sitzung der Bürgerschaft statt.
Hamburg wurde einem Reichsstatthalter unterstellt, zu dem am 16. Mai Karl Kaufmann bestimmt wurde, der auch Gauleiter des NSDAP-Gaus Hamburg war. Diese Gauleitern unterstellten Parteibezirke entsprachen den früheren Reichstagswahlkreisen. Im heutigen Stadtgebiet Hamburgs befanden sich anfangs außerdem die Sitze der Gauleitungen Schleswig-Holsteins (in der Stadt Altona) und Ost-Hannovers (in der Stadt Harburg-Wilhelmsburg), dessen Fläche grob dem ehemaligen niedersächsischen Regierungsbezirk Lüneburg entsprach. Sie wurden jedoch später nach Kiel bzw. Lüneburg verlegt.
Auch Hamburger Bürger wurden getreu dem Rassenwahn der Nationalsozialisten verfolgt, vertrieben, umgebracht oder in den Selbstmord getrieben. 1933 wohnten im Bereich des späteren Groß-Hamburgs rund 19.400 Juden. Wie an zahlreichen anderen Orten Deutschlands wurden sie auch in Hamburg Opfer von Ausgrenzung, Entrechtung und unmittelbarer Verfolgung: auf den Judenboykott und das Berufsbeamtengesetz im April 1933 folgte die Reichspogromnacht im November 1938. Nachdem die Reichszentrale für jüdische Auswanderung zunächst die Auswanderung der deutschen Juden in die Wege leitete, wurde sie seit ihrer Zwangsvereinigung mit der Reichsvereinigung der Juden in Deutschland im Juli 1939 völlig abhängig von den Behörden und verlor im Laufe der nächsten drei Jahre immer mehr an eigenen Handlungsmöglichkeiten. Nach der Befreiung 1945 zählte man in Hamburg nur noch 647 Juden (nach Definition der Nürnberger Rassegesetze); die meisten davon hatten im Schutz einer Mischehe überlebt. Seit dem Kriegsbeginn im September 1939 war es den Juden nahezu unmöglich, aus Deutschland auszuwandern. Beginnend im Oktober 1941 wurden 5.296 Juden in 17 Transporten verschleppt; andere begingen Suizid, wurden aus westeuropäischen Fluchtländern deportiert oder fielen anderen Verfolgungsmaßnahmen wie der Aktion T4 zum Opfer. Insgesamt verloren 8.877 Hamburger Juden ihr Leben.[1]
Im KZ Neuengamme fanden 1938-1945 etwa 55.000 Menschen den Gewalttod. Nach dem Krieg wurden ca. 8.500 Hamburger als Opfer des Nationalsozialismus anerkannt, etwa 1.500 wurden im Rahmen der Entnazifizierung bestraft. 40-60.000 Hamburger Soldaten waren im Krieg gefallen. Unter den 1.417 politischen Opfern waren auch 20 Abgeordnete der Bürgerschaft.
Mit dem Groß-Hamburg-Gesetz vom 26. Januar 1937, welches am 1. April 1937 in Kraft trat, ergaben sich für die Hansestadt große territoriale Veränderungen, die bis heute gültig sind (Siehe auch Bezirke in Hamburg). Die Stadtkreise Altona, Wandsbeck (Wandsbek) und Harburg-Wilhelmsburg sowie zahlreiche Gemeinden gingen von Preußen auf Hamburg über. Die Stadt hatte, trotz des Verlustes früher hamburgischer Gebiete (u.a. Cuxhaven, Geesthacht), nunmehr eine zusammenhängende Gesamtfläche von 755 km² statt zuvor von 415 km². Mit Wirkung vom 1. April 1938 wurden alle auf Hamburg übergegangenen Städte und Gemeinden mit der Stadt Hamburg zu einer einzigen Gemeinde „Hansestadt Hamburg“ zusammengeschlossen.
Anmerkung: Das Groß-Hamburg-Gesetz regelte auch eine Reihe weiterer Gebietsveränderungen. Besonders hervorzuheben ist, dass das Land Lübeck seine Selbstständigkeit verlor und auf Preußen überging.
Der Zweite Weltkrieg
Flaktürme
- Hauptartikel: Hamburger Flaktürme
In Reaktion auf die alliierten Luftangriffe auf Berlin erging am 9. September 1940 der „Führerbefehl zur Aufstellung von Flaktürmen in Berlin“, der bis Ende 1942 auf die Städte Wien und Hamburg ausgedehnt wurde, um diese vor Bombenangriffen zu schützen. Hamburg wurde während des Zweiten Weltkrieges zum Ziel alliierter Luftangriffe, da sich in der Stadt mehrere große Werften wie Blohm & Voss, H.C. Stülcken & Sohn, Howaldtswerke und die Deutsche Werft befanden, die viele der deutschen U-Boote produzierten. Die Flaktürme wurden unter der Leitung Albert Speers, dem Generalbauinspektor für die Reichshauptstadt, vom Architekt Friedrich Tamms konstruiert und durch die Organisation Todt realisiert, auch mit dem Einsatz tausender Fremd- und Zwangsarbeiter.
Für die Luftraumverteidigung Hamburgs waren jeweils drei Flaktürme geplant, welche in Dreiecksform über das Stadtgebiet angeordnet werden sollten, um eine gute Schussüberdeckung zu gewährleisten. Der zu jedem Gefechtsturm (G-Turm) gehörende Leitturm (L-Turm) war räumlich mindestens 100 m von diesem entfernt, damit die Vibrationen und der dichte Rauch des Flak-Mündungsfeuers nicht die Messgeräte zur Zielbestimmung beeinflussten. Meistens war der L-Turm mit Radar (beispielsweise mit dem Würzburg-Riesen) ausgestattet.
Die Flaktürme waren als vollständig autarke Einheit mit eigener Strom- und Wasserversorgung ausgelegt und verfügten über ein Krankenhaus. Durch die Erzeugung eines leichten Überdrucks im Gebäudeinneren waren diese auch gegen Gasangriffe geschützt.
Von den drei geplanten Flaktürmen wurden nur zwei gebaut. Der dritte Turm sollte im Osten von Hamburg gebaut werden, was jedoch nicht realisiert wurde.
Bombenkrieg
Durch schwere Bombardierungen amerikanischer und britischer Flugzeugverbände im Juli und August 1943, der Operation Gomorrha, wurden geschätzte 40 bis 50.000 Menschen getötet und rund ein Drittel aller Wohngebäude zerstört. Etwa 125.000 Hamburger wurden verletzt, 900.000 obdachlos. Bis Kriegsende haben bei 213 Luftangriffen ca. 17.000 Flugzeuge etwa 101.000 Sprengbomben und 1,6 Mio. Brandbomben auf die Stadt abgeworfen.
Operation Gomorrha
- Hauptartikel: Operation Gomorrha
Die Angriffe begannen am 24. Juli 1943 mit der Bombardierung durch 791 britische Bomber. In den nachfolgenden Tagen griffen die Amerikaner mit 122 Bombern vom Typ Flying Fortress (Fliegende Festung) an, und störten somit die angelaufenen Bergungsarbeiten. In der Nacht vom 27. auf den 28. Juli gipfelten die Angriffe und lösten einen Feuersturm aus, den es in einem solchen Ausmaß bisher noch nie gegeben hat. Der Feuersturm vernichtete große Teile im Osten der Stadt, tötete ca. 35.000 - 45.000 Menschen und machte eine Million Menschen obdachlos. Die genaue Zahl der Toten ließ sich nie ermitteln, da viele Opfer vollständig zu Asche verbrannten.
Es traf vor allem die Stadtteile Rothenburgsort und Hammerbrook völlig unerwartet. Da die Leichen nicht schnell beseitigt werden konnten, wurde das Gebiet des Hammerbrook abgeriegelt, um wegen der erwarteten Seuchengefahr ein Betreten zu verhindern.
Es zeigte sich, dass die vorhandenen Bunker und Schutzräume völlig unzureichend waren. Daher wurde eine Evakuierung eingeleitet, die in einigen Stadtteilen noch rechtzeitig durchgeführt werden konnte, z.B. in Barmbek. Alle Bewohner, die nicht unbedingt in der Rüstungsproduktion benötigt waren, mussten die Stadt verlassen. Kinder wurden weitestgehend aus der Stadt auf das Land verschickt (Kinderlandverschickung), um sie in Sicherheit zu bringen.
Eine Zeitzeugin aus Hamburg beschreibt ihre Erlebnisse zum Leben während des Bombenkrieges wie folgt:
- „Nach dem ersten Angriff wollte keiner mehr im Bunker [Heiligengeistfeld] sein [...], weil es da grausam stank. Da lagen Berge von Sch.... [= Exkremente]. [...] Die Fenster und Türen in unserer Wohnung waren zertrümmert. [...] [Deshalb] war alles, was wir hatten, geklaut worden. [...] Zwischen den Großangriffen kam immer mal ein 'kleiner' Angriff. [...] An den Bombenalarm hatte man sich gewöhnt. [...] Einige Leute haben sogar im Bunker übernachtet [auch wenn kein Alarm war]. Die kamen schon gar nicht mehr raus, weil sie Angst hatten.“ [2]
Zur Bombardierung wurden Spreng- sowie Brandbomben verwendet. Die Sprengbomben deckten dabei durch ihre enorme Druckwirkung gezielt die Dächer der Häuser ab, damit das Phosphor der nachfallenden Brandbomben direkt in die Wohnungen und Treppenhäuser gelangen konnte. Die fast ausschließlich aus Holz bestehenden Treppenhäuser übertrugen die Flammen der Zimmerbrände in die unteren Geschosse und sorgten für das vollständige Ausbrennen der Gebäude.
Die Zeitzeugin sagt über den Einsatz von Phosphor:
- „Da hat meine Schwester Phosphor im Bein gehabt und ich auch. Die Narbe hab ich heute noch. [...] Bei meiner Schwester hat es das ganze Schienbein erwischt. Es tat nicht weh, aber es hat wahnsinnig gejuckt. [...] Herr L., der wohnte bei uns, hatte die Hände voll Phosphor. [...] Ich traf ihn später wieder, wo er mir erzählte, dass er noch nicht einmal seine Hose aufmachen konnte, weil er seine Hände nicht benutzen konnte, und dass seine Frau und Kinder nicht da waren und ihm nicht helfen konnten.“ [2]
Die Angriffe beschränkten sich immer auf einen Sektor der Stadt. Zentraler Ausgangspunkt war der 147,3 m große Turm der Nikolaikirche, deren Ruine nicht wieder aufgebaut wurde und heute als Mahnmal und Dauerausstellung zur Operation Gomorrha dient.
Um den gefürchteten Feuersturm auszulösen, wurden vor allem die Ränder des Sektors bombardiert. Der dadurch entstehende Wind auf das Zentrum des Sektors sorgt für die flächendeckende Zerstörung.
An dem Tag, als der Sektor mit den Stadtteilen Eppendorf, Winterhude und Hoheluft angriffen werden sollte, waren Gewitterwolken am Himmel.
Um den Bestand an Bombern nicht zu gefährden, wurde der Angriff abgesagt. Die Stadtteile blieben weitgehend unzerstört.
Die gebauten Bunker zum Schutz der Bevölkerung konnten zu dieser Endphase des Krieges nur einen bedingten Schutz bieten, da während des Krieges immer größere Bomben hergestellt wurden, denen die Bunker nicht standhalten konnten. Auch führte der Sauerstoffbedarf der Brände zur Erstickung der Eingeschlossenen.
Die damals noch jugendliche Zeugin aus Hamburg erinnert sich auch an Bombardierungen nach Entwarnung:
- „Nach dem Großangriff im Juli 1944, eine Viertelstunde nach Entwarnung, [...] ging ich aus dem Bunker raus und auf einmal [...] kommt ein Dröhnen [einer Luftmine] über meinem Kopf. Es wird immer lauter und ich denk 'Was ist das?'. Ich halte die Ohren zu und denke, jetzt gehst du hops, jetzt bist du gleich tot. Das kann man gar nicht schildern, wie laut das war. [...] Und dann [...] konnte ich plötzlich fliegen, also ich hatte das Gefühl, ich könnte es. [...] Ich hob dann ab, woraufhin ich wieder runterknallte und mir beide Knie kaputtschlug.“ [2]
Ebenfalls berichtet sie, wie die Alliierten vor den Bombardierungen warnten, wo sie bombardieren würden:
- „Ich hörte Bombengeräusche, hab meine Sachen gepackt und wollte zum Bunker laufen. Direkt neben mir schlug ein Paket Flugblätter auf. Ich steckte mir schnell ein paar in die Tasche, und schon kam der Luftschutzwart und sagte mir, ich solle ihm das Paket geben. Ich gab sie ihm und bestätigte auf Nachfrage, dass ich sie nicht gelesen hatte. Später, als ich zu Hause und allein war, guckte ich mir die paar Blätter an. Sie waren auf Deutsch geschrieben und beinhalteten Warnungen wo [von den Alliierten als nächstes] bombardiert werden würde.“ [2]
Kriegsende
Am 2. April 1945 wurde der Generalmajor Alwin Wolz zum Kampfkommandanten von Hamburg ernannt. Nachdem er sich mit Karl Kaufmann über die ausweglose Lage einig war, übergab er die Stadt Hamburg am 3. Mai 1945 im Rathaus dem britischen Brigadegeneral David Spurling. Hamburg wurde daraufhin Teil der Britischen Zone, blieb eigenständiges Land und wurde 1949 Bundesland der Bundesrepublik Deutschland.
Quellen
- ↑ Beate Meyer (Hrsg.): Die Verfolgung und Ermordung der Hamburger Juden 1933-1945. Hamburg 2006, ISBN 3-929728-85-0, S.16/47
- ↑ a b c d John N.: Interview mit einer damals jugendlichen hamburger Zeitzeugin (* Mai 1926), die in den späteren Kriegsjahren im Rüstungsbetrieb arbeitete (will anonym bleiben), 24. und 28. Dezember 2005
Literatur
- Diverse: Hamburg und Dresden im Dritten Reich: Bombenkrieg und Kriegsende, Landeszentrale für politische Bildung Hamburg, Hamburg, ISBN 3929728567
- Uwe Bahnsen, Kerstin von Stürmer: Die Stadt die Leben wollte - Hamburg und die Stunde Null, Convent Verlag, Hamburg, 2004
Siehe auch
Weblinks
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