Hannibal Barkas

Hannibal Barkas

Hannibal Barkas (* um 246 v. Chr. in Karthago; † 183 v. Chr. in Bithynien) gilt als einer der größten Feldherren der Antike. Während des Zweiten Punischen Krieges (218–201 v. Chr.) fügte er dem Römischen Reich mehrere schwere Niederlagen zu.

Inhaltsverzeichnis

Jugend und hispanisches Kommando

Hannibal war der älteste Sohn des karthagischen Feldherrn Hamilkar Barkas, der sich im Ersten Punischen Krieg und im Söldnerkrieg ausgezeichnet hatte. Hannibals jüngere Brüder waren Hasdrubal und Mago, die ebenfalls als karthagische Feldherrn dienten. Die römische Geschichtsschreibung berichtet davon, dass der neunjährige Hannibal zusammen mit seinen Brüdern den Römern ewige Feindschaft schwören musste, doch handelt es sich hierbei um eine Legende. Hannibal wurde von einem Spartaner namens Sosylos erzogen, der später zu seinen Beratern gehörte.

237 v. Chr. begleitete Hannibal als erst neunjähriger Junge seinen Vater auf die Iberische Halbinsel, welche reich an Bodenschätzen war. Dort eroberte Hamilkar Barkas große Gebiete, die zum einen die territorialen Verluste Karthagos im letzten Krieg gegen Rom ausgleichen und zum anderen die Machtgrundlage seiner Familie, der Barkiden, sichern sollten. Nach Hamilkars Tod in einer Schlacht gegen aufständische iberische Volksstämme übernahm Hannibals Schwager Hasdrubal das Kommando in Hispanien. Dieser vergrößerte die neue karthagische Provinz erheblich, gründete mit Cartagena eine regionale Hauptstadt und schloss mit Rom den Ebro-Vertrag, der den Fluss als Grenze zwischen beiden Mächten festlegte. Hannibal hatte sich mittlerweile wieder nach Karthago begeben, kehrte jedoch 224/223 v. Chr. auf Wunsch seines Schwagers auf die Iberische Halbinsel zurück. Als Hasdrubals Kommandant der Reiterei konnte sich Hannibal in mehreren schweren Kämpfen gegen iberische Stämme hervortun.

Und so wurde Hannibal 221 v. Chr., nach Hasdrubals Ermordung, Oberbefehlshaber des Heeres. Sogleich führte er einen ausgedehnten Feldzug gegen die noch unabhängigen iberischen Stämme. In einer Schlacht am Tajo errang Hannibal zum ersten Mal einen Sieg in offener Feldschlacht gegen einen zahlenmäßig weit überlegenen Gegner. Die Stadt Sagunt an der Mittelmeerküste verweigerte ihm jedoch die Unterwerfung. Hannibal entschied sich, die Stadt ab 220 v. Chr. zu belagern, auch um ihren Einfluss auf die iberischen Stämme einzugrenzen. Die Sagunter schlossen daraufhin ein Bündnis mit Rom. Sogleich forderten römische Gesandte Hannibal auf, die Belagerung der Stadt abzubrechen. Dieser lehnte jedoch aufgrund der klaren Rechtslage ab, da Sagunt weit südlich des Ebro gelegen war. Hannibal fragte in Karthago bezüglich eines weiteren Vorgehens an, dessen Ratsherren ihm aber freie Hand ließen.

Im Konflikt um Sagunt wiederholten sich die Ereignisse, die zum Ausbruch des Ersten Punischen Krieges geführt hatten, als Rom die Stadt Messina als Anlass für einen Krieg mit Karthago genutzt hatte. Hannibal schuf daher Fakten und ließ 219 v. Chr. nach achtmonatiger Belagerung Sagunt stürmen und die Bevölkerung töten. Die Römer hatten nichts zur Hilfe Sagunts unternommen, ließen dem karthagischen Rat nun aber ausrichten, dass diese einem Krieg nur durch die Auslieferung Hannibals entgehen könnten. Die Ratsherren standen jedoch zu ihrem Kommandeur.

Krieg gegen Rom

Hauptartikel: Zweiter Punischer Krieg

Hannibals Feldzug gegen die Römer

Hannibal zeichnete sich durch ein für seine Zeit ungewöhnliches Bewusstsein über die Möglichkeiten und Grenzen von Zeit und Raum für militärische Manöver aus. Um einem römischen Angriff auf Spanien zuvorzukommen, überschritt er mit wahrscheinlich mehr als 50.000 Soldaten, 9.000 Reitern und 37 Kriegselefanten auf einem heute nicht mehr genau zu bestimmenden Pass (möglicherweise Col de Clapier, Col de Montgenèvre, oder Mont Cenis [1]) die winterlichen Alpen und gelangte durch das Gebiet der Salasser nach Aosta und Ivrea. Das Heer erlitt in den Alpen schwere Verluste, konnte jedoch mit Kelten aus der Po-Ebene verstärkt werden.

Durch diesen überraschenden Zug gelangte Hannibal für die nächsten Jahre gegenüber den militärisch überlegenen Römern in die strategische Offensive, da er das römische Bundesgenossensystem als Basis der römischen Macht direkt bedrohte. In taktisch defensiven, aber selbstgewählten überlegenen Ausgangspositionen konnte er die taktischen Schwächen des römischen Militärsystems mehrfach mit enormem Erfolg ausnutzen und in den Schlachten am Ticinus, an der Trebia (beide 218 v. Chr.) und am Trasimenischen See (217 v. Chr.) die meist deutlich überlegenen römischen Legionen schlagen. Schließlich traf Hannibal am 2. August des Jahres 216 v. Chr. bei Cannae auf eine römische Armee von 16 Legionen (etwa 80.000 Mann), die er mit seinen etwa 50.000 Soldaten durch ein Umfassungsmanöver fast vollständig vernichten konnte.

Hannibal unternahm jedoch trotz seiner militärischen Erfolge keinen Marsch gegen die Stadt Rom. In der Geschichtsschreibung wurde ihm dies häufig als strategischer Fehler angelastet. So wurde dem karthagischen Reitergeneral Maharbal in den Mund gelegt: „Du verstehst zu siegen, Hannibal. Den Sieg zu nutzen aber verstehst Du nicht!“ Hannibals Zielsetzung war allerdings nicht die Eroberung der Hauptstadt des Römischen Reiches, sondern die Vernichtung seines Bundesgenossensystems. Er hoffte darauf, die italischen Städte von Rom zu lösen und dadurch die Grundlage der römischen Großmachtstellung zu zerstören. Zudem dürfte es ihm an ausreichendem Belagerungsgerät gefehlt haben.

Zwar gingen einige italische Bundesgenossen Roms im Jahre 212 v. Chr. zu Hannibal über, darunter auch Capua, doch wurde der Krieg dadurch nicht entschieden. Die Römer hatten ihre anfängliche Strategie unter Einfluss des „Zauderers“ Fabius Maximus gewechselt und griffen die Karthager in Italien und Spanien nur noch in Hannibals Abwesenheit an. Als Capua 211 v. Chr. durch römische Truppen belagert wurde, unternahm Hannibal doch noch einen Scheinangriff auf Rom, um dadurch die Belagerer Capuas zum Rückzug zu bewegen. Laut Cicero (der rund hundert Jahre später lebte) soll dabei der berühmte Ausruf Hannibal ad portas („Hannibal [ist] bei den Toren“), zum Teil auch zitiert als Hannibal ante Portas, erfolgt sein. Hannibal konnte jedoch den Fall Capuas nicht verhindern, was schon von antiken Historikern als Wendepunkt des Krieges angesehen wurde.

Nach jahrelangem Kleinkrieg in Italien wurde Hannibal schließlich in die Heimat zurückbeordert, da der römische Feldherr Scipio nach der Eroberung Spaniens in Afrika gelandet war. Diesem war es zudem gelungen, den numidischen Reiterfürsten Massinissa zum Seitenwechsel zu bewegen, so dass Hannibal nicht mehr die für seine Taktik wichtige Kavallerie zur Verfügung stand. In der Schlacht bei Zama erlitt Hannibal 202 v. Chr. die erste und auch kriegsentscheidende Niederlage gegen die Römer.

Reformator und Exil

Nach dem Friedensschluss Karthagos mit Rom musste sich Hannibal zunächst mehrerer innenpolitischer Gegner aus der Aristokratie erwehren. Diese warfen ihm vor, einerseits den Marsch auf Rom verweigert und andererseits Beute unterschlagen zu haben. Der weiterhin beim Volk überaus populäre Hannibal wurde aber in allen Punkten freigesprochen. Damit erlitt er ein günstigeres Schicksal als viele andere karthagische Kommandeure, die als Sündenböcke für Niederlagen herzuhalten hatten. Auf römischen Druck verlor Hannibal aber 200 v. Chr. seine Stellung als karthagischer Stratege.

Hannibal wandte sich von nun an der Innenpolitik zu, um die politische und militärische Macht der Stadt wieder aufzubauen. Er wurde 196 zum Sufeten gewählt und reformierte Politik und Wirtschaft Karthagos zu Ungunsten der Aristokratie. Er brachte ein Gesetz durch, das den bisher aristokratisch dominierten Gerichtshof der 104 schwächte: Die bisher auf Lebenszeit ernannten Mitglieder mussten von nun an durch die Volksversammlung gewählt werden und durften gemäß dem Annuitätsprinzip nach römischem Vorbild nur für ein Jahr und dann erst wieder nach einem weiteren Jahr Pause kandidieren. Hannibal verschaffte somit einer deutlich breiteren Schicht den Zugang zu hohen politischen Ämtern.

Die karthagische Bevölkerung hatte wegen der Kriegsreparationen an Rom hohe Abgaben zu tragen, welche die Wirtschaft belasteten. Hannibal senkte die Abgaben, indem er gegen die Korruption in Karthago vorging. Dadurch vergrößerte er den Kreis seiner innenpolitischen Gegner noch einmal. Diese konnten ihn schließlich 195 v. Chr. ins Exil treiben, indem sie wahrheitswidrigerweise behaupteten, er würde gegen Rom konspirieren. Hannibals Reformen blieben jedoch bestehen und hatten einen großen Anteil an dem raschen ökonomischen Wiederaufstieg Karthagos nach dem Zweiten Punischen Krieg.

Hannibal floh aus dem römischen Machtbereich. Im östlichen Mittelmeerraum war er unter anderem als Feldherr für Antiochos III. den Großen von Syrien tätig. Als der Seleukidenkönig den Kampf um die Herrschaft über Griechenland gegen Rom annahm, schlug ihm Hannibal vor, einen Zweifrontenkrieg zu führen. Dieser Plan hätte vorgesehen, dass Antiochos einen Teil der römischen Streitkräfte in Griechenland binden sollte, während Hannibal mit karthagischen und fremden Truppen ein zweites Mal in Italien landen würde. Antiochos zeigte sich dem gegenüber zunächst nicht abgeneigt, lehnte jedoch letztlich ab: Er fürchtete, dass Hannibal bei dieser durchaus vielversprechenden Strategie der ganze Ruhm zukäme, was mit seinem königlichen Selbstverständnis nicht zu vereinbaren war.

Anstatt von Hannibals militärischen Fähigkeiten Gebrauch zu machen, übertrug ihm der Seleukide nur den Bau einer Flottille in Phönizien, welche die seleukidische Hauptflotte in der Ägäis verstärken sollte. In der Seeschlacht von Side wurden Hannibals Schiffe aber durch eine rhodische Flotte geschlagen.

Nach der endgültigen Niederlage des Antiochos gegen Rom musste Hannibal 190 v.Chr. das Seleukidenreich verlassen. Er hielt sich ein Jahr lang in Kreta auf, bis sich auch dort der römische Einfluss vergrößert hatte. Hannibal floh nun in die hellenistischen Monarchien Kleinasiens. Zunächst trat er in die Dienste des armenischen Königs Artaxias, für den er die Leitung des Baus einer neuen Hauptstadt übernahm. Auf römischen Druck hin musste Hannibal jedoch weiter zu König Prusias I. von Bithynien fliehen. Dieser befand sich in einer militärischen Auseinandersetzung mit dem römischen Bundesgenossen Eumenes II. von Pergamon. Hannibal wurde wiederum als Flottenkommandant eingesetzt, versuchte aber auch in Kleinasien Verbündete für die Sache Bithyniens zu gewinnen.

183 v. Chr. wurde der in Griechenland überaus populäre Titus Quinctius Flamininus bei Prusias vorstellig und forderte Hannibals Auslieferung, welcher der bithynische König schließlich nachkam. Hannibal entzog sich jedoch der Gefangennahme dadurch, dass er sich in der Festung von Libyssa (Gebze) mit Gift sein Leben nahm.

Bildnisse

Römische Porträtbüste, mitunter mit Hannibal identifiziert

Bis heute ist kein Bild von Hannibal als authentisch anerkannt worden. Weder Büsten, die bestenfalls aus der frühen Neuzeit stammen, noch Münzen sind als Abbildungen Hannibals gesichert.

Hannibal in Tunesien

Im heutigen Tunesien, insbesondere in der Stadt Karthago, ist der Name Hannibal Barkas sehr beliebt. Der Name wird oft zu Werbezwecken genutzt; Hannibal wird von vielen Einheimischen als großer Held angesehen. Auch wurden einige Orte bei Karthago und auch der erste private Fernsehensender in Tunesien nach ihm genannt.

Literatur

  • Pedro Barceló: Hannibal. 2. Auflage. Beck, München 2003, ISBN 3-406-43292-1.
  • Pedro Barceló: Hannibal. Stratege und Staatsmann. Klett-Cotta, Stuttgart 2004, ISBN 3-608-94301-3.
  • Karl Christ: Hannibal. Primus-Verlag, Darmstadt 2003, Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2003, ISBN 3-89678-472-2, ISBN 3-534-15414-2 (Gestalten der Antike).
  • Jakob Seibert: Hannibal. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1993, ISBN 3-534-12029-9.
  • Jakob Seibert: Forschungen zu Hannibal. Wiss. Buchgesellschaft, Darmstadt 1993, ISBN 3-534-12091-4. (Die beiden Bände Seiberts, der sich jahrelang mit Hannibal beschäftigt hat, sind eine Fundgrube für die wissenschaftliche Beschäftigung mit dem punischen Feldherrn.)
  • Jakob Seibert: Hannibal. Feldherr und Staatsmann. Zabern, Mainz 1997, ISBN 3-8053-1800-6 (Antike Welt, Sonderheft; Zaberns Bildbände zur Archäologie. )
  • Hannibal ad portas. Macht und Reichtum Karthagos. Begleitbuch zur Großen Sonderausstellung des Landes Baden-Württemberg „Hannibal ad portas – Macht und Reichtum Karthagos“ im Badischen Landesmuseum Karlsruhe, 25. September – 30. Januar 2005. Theiss, Stuttgart 2004, ISBN 3-8062-1892-7.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Patrick Hunt, Stanford University hat jetzt eine Grabungslizenz, 2007.


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