Hebräisch-Aramäische Schriften

Hebräisch-Aramäische Schriften
Altes Testament
Pentateuch

1. Buch Mose (Genesis: „Ursprung“)
2. Buch Mose (Exodus: „Auszug“)
3. Buch Mose (Levitikus: „Priesterliches Gesetz“)
4. Buch Mose (Numeri: „Zahlen“)
5. Buch Mose (Deuteronomium: „Zweites Gesetz“)

Geschichtsbücher

Buch Josua
Buch Richter
Buch Rut
1. Buch Samuel
2. Buch Samuel
1. Buch der Könige
2. Buch der Könige
1. Buch der Chronik
2. Buch der Chronik
Buch Esra
Nehemia
Buch Ester (Zusätze)
Buch Judit
Buch Tobit
1. Buch der Makkabäer
2. Buch der Makkabäer

Dichtung bzw. Weisheit

Buch Hiob
Psalmen
Buch der Sprichwörter
Prediger Salomo
Hoheslied
Weisheit Salomos
Jesus Sirach

Propheten

„Große“
Jesaja
Jeremia und Klagelieder Jeremias
Ezechiel
Buch Daniel (Zusätze)

„Kleine“ (Zwölfprophetenbuch)
Hosea
Joel
Amos
Obadja
Jona
Micha
Nahum
Habakuk
Zefanja
Haggai
Sacharja
Maleachi

Als Altes Testament (abgekürzt AT; von lat. testamentum - „letztgültiges Zeugnis“) bezeichnet die christliche Theologie seit etwa 180 die Sammlung heiliger Schriften, die im Judentum seit etwa 1000 v. Chr. entstanden, seit 250 v. Chr. ins Griechische übersetzt (Septuaginta) und um 100 als Tanach endgültig kanonisiert worden waren.

Diese Schriftensammlung sah das Urchristentum als gültiges Wort Gottes an, aus dem allein sich Jesus Christus als Messias Israels und der Völker erweisen lasse. Die werdende Kirche verteidigte ihre Weitergeltung seit dem 2. Jahrhundert gegen Häresien und legte sie um 350 - noch vor dem Abschluss des Neuen Testaments (abgekürzt NT) - endgültig als Teil der Bibel fest.[1]

Inhaltsverzeichnis

Begriff

Die Urchristen fanden Tora, Propheten und sonstige jüdische heilige Schriften als noch unabgeschlossenen dreiteilige Bibel vor. Sie nannten sie aber nicht „Altes Testament“, sondern verwendeten dieselben oder ähnliche Begriffe wie das damalige Judentum: „Schrift“ oder „Schriften“ (griech. grapha, graphae, grammata), manchmal abgekürzt „Gesetz“ (griech. nomos für hebr. Tora), meist aber „das Gesetz und die Propheten“ oder „Mose und die Propheten“, einmal auch „Gesetz, Propheten und Psalmen“ (Lk 24,44) analog zur seit etwa 100 v. Chr. üblichen Dreiteilung des jüdischen Bibelkanons.[2]

Das lateinische testamentum (abgeleitet von testare, „bezeugen“) ist eine ungenaue Übersetzung des griechischen Begriffs diathaekae, das in der Septuaginta die letzte mündliche oder schriftliche Willenserklärung eines Sterbenden im Sinne einer Verfügung meint. Im NT bezeichnet der Begriff nie die jüdischen heiligen Schriften insgesamt. Paulus von Tarsus bezog diathaekae in 2_Kor 3,14 EU auf Gottes Willensoffenbarung am Berg Sinai, deren Überlieferung (Ex 19-24) im Synagogengottesdienst regelmäßig mündlich vorgelesen wurde. Er stellte ihr Gottes endgültigen Versöhnungswillen gegenüber, der sich im stellvertretenden Gerichtstod Jesu Christi am Kreuz realisiert und so Gottes Bund mit dem Volk Israel erfüllt und erneuert habe. Selbstverständliche Voraussetzung der Gegenüberstellung von altem und neuem Bund war für alle Urchristen die Identität JHWHs, des Gottes Israels, mit dem Vater Jesu Christi, und die unverbrüchliche Geltung seiner Segenszusage an Abraham, zum „Vater vieler Völker“ zu werden (Gen 12,3), die Jesus Christus zu erfüllen begonnen habe (Hebr 6,13ff).[3]

Die Übersetzung von diathaekae (Heils- und Bundeswille Gottes) mit testamentum ist erstmals um 150 bei Tertullian belegt. Melito von Sardes bezeichnete um 180 erstmals alle schriftlichen Zeugnisse vom Heilswillen Gottes vor dem Auftreten Jesu Christi im Unterschied zu den apostolischen Schriften als „Altes Testament“.[4]

Das Attribut „alt“ wurde in der Substitutionstheologie des christlichen Antijudaismus im Sinne von „überholt“, „abgelöst“, „aufgehoben“ und „nicht mehr gültig“ gedeutet. Damit war die Abwertung des Judentums verbunden, mit der seine Unterdrückung und Verfolgung im christianisierten Europa oft begründet wurde. Um diese Abwertung zu vermeiden, wird das Alte Testament heute von christlicher Theologie und Kirchen auch „Erstes Testament“ oder „Hebräische Bibel“ genannt.

Entstehungsprozess

Mündliche und schriftliche Quellen

Die ältesten Überlieferungen des Tanach sind im „Pentateuch“ (von griechisch pente = fünf, teuchos = Buchrolle) gesammelt. Dieser erzählt von der Schöpfung der Welt und Urgeschichte der Menschheit bis zur „Erwählung“, Befreiung und Einwanderung Israels in Kanaan. Diese Heilsgeschichte wurde in Jahrhunderten aus vielen verschiedenen Stoffen, darunter Sagenkränzen, Ortsätiologien, Stammesüberlieferungen und Gesetzeskorpora, komponiert. Die Einzelquellen und -traditionen wurden wohl schon in der Königszeit (ab 1000 v. Chr.), besonders aber der exilischen Zeit (587 v. Chr.) literarisch zu größeren Einheiten verbunden:

  • den „Erzväter“-Erzählungen (Genesis 12-47),
  • der Geschichte vom Auszug Israels aus Ägypten, seiner Wüstenwanderung und Gesetzesoffenbarung am Sinai (Exodus),
  • der Besiedlung, Eroberung und Verteidigung („Landnahme“) des verheißenen Landes (Teile des 4. Buchs Moses sowie die Bücher Josua und Richter),
  • den Urgeschichten (Gen 1-11),
  • Gesetzessammlungen (Teile des 2. und 4. Buch Moses sowie das gesamte 3. und 5. Buch Moses).

Hinzu kamen seit der Königszeit Überlieferungen über die politische Geschichte Israels, die im und nach dem Exil zu größeren Einheiten wie dem „Deuternomischen Geschichtswerk“ verbunden wurden: Dazu gehören das Buch Josua, die Bücher Samuel, Könige und Chronik.

Seit dem 9. Jahrhundert v. Chr. wurden außerdem prophetische Traditionen gesammelt und später entweder in die Geschichtswerke über die Königszeit integriert (Samuel, Nathan, Elija, Elisa) oder zu eigenen prophetischen Einzelbüchern zusammengestellt (von Jesaja bis Maleachi).

Seit der Regierungszeit Salomos im 10. Jahrhundert v. Chr., besonders aber in exilisch-nachexilischer Zeit ab dem 6. Jahrhundert v. Chr. entstanden liturgische, poetische und weisheitliche Schriften:

  • Gebets-Poesie wie die Psalmen, Spruchweisheit wie die Sprichwörter oder die Liebesgedichte des „Hohenlieds“,
  • reflexive Weisheitsliteratur wie die Bücher Kohelet und Hiob.

Viele der zu den „Schriften“ gezählten Bücher entstanden nach der Rückkehr eines Teils der exilierten Juden 539 vor Christus (Esra, Nehemia, Ester, Rut). In der nachexilischen Zeit wurde mindestens die Tora zur „Heiligen Schrift“ des Judentums; welche Propheten und Schriften dazu gehören sollten, blieb unter den verschiedenen Richtungen des Judentums umstritten. Von der seit der Makkabäerzeit (etwa 170 v. Chr.) entstandenen apokalyptischen Literatur wurde nur das Buch Daniel in den Kanon aufgenommen.

Rolle im Neuen Testament

Für Jesus von Nazaret und seine Nachfolger war eine Vorform des Tanach mit der Tora, Prophetenbüchern, Psalmen, dem Buch Daniel und Spruchweisheit die Heilige Schrift. Jesus bezog seine Verkündigung von Beginn seines Wirkens an darauf und verstand sie als gültige Auslegung des in ihr offenbarten Willens Gottes (Mt 5,17). Ohne Hören, Lesen und Auslegen biblischer Texte, die als Gottes aktuelles Wort verstanden wurden, war den Urchristen - wie allen damaligen Juden - ihre Botschaft vom Anbruch des Reiches Gottes nicht möglich.

Israels Bibel blieb auch nach Jesu Tod die Norm, von der her und auf die hin die Christen den gekommenen und wiederkommenden Messias verkündeten. So betonen alle Credoformeln der Jerusalemer Urgemeinde durchweg die Schriftgemäßheit, also Übereinstimmung und Vorherbestimmung ihres Glaubens mit Israels Heilsgeschichte. Jesu Tod und Auferweckung war für sie das allein in der Heiligen Schrift erkennbare Ziel dieser Geschichte, das die biblischen Verheißungen einer endgültigen Verwandlung der Welt bekräftigte.

Indem die Urchristen Jesu Geschichte als Erfüllung der Bundesgeschichte Gottes mit Israel nacherzählten, aufschrieben und lehrten, schufen sie ein „Neues Testament“. Die Evangelien, Gemeindebriefe und Apostelgeschichte stellen Auftreten, Sterben und Auferstehen des Juden Jesus Christus als endgültige Erfüllung und Erneuerung des Israelbundes dar, so dass sich die Botschaft des NT nur zusammen mit dem AT weiterverkünden lässt.

Der Begriff „Altes Testament“ als Bezeichnung für eine Sammlung der Schriften Israels kommt im NT nicht vor. Der Sache nach ist im NT damit aber der „Erste Bund“ Gottes mit dem Volk Israel (Hebr 8,7) im Gegenüber und in unauflösbarer Relation zum „Neuen Bund“ Gottes mit Israel und allen Völkern durch die Selbsthingabe Jesu Christi (Mk 14,24) gemeint. Das Attribut „alt“ hat seine Berechtigung ausschließlich in diesem christlichen Selbstverständnis: Danach ist das Verhältnis der beiden Testamente zueinander ein unauflösbares Nacheinander, insofern der Alte dem Neuen Bund Gottes zeitlich und inhaltlich vorangeht.

Dies meint jedoch weder im NT selber noch nach späterer kirchlicher Lehre die Veraltung und Ersetzung des Israelbundes, den die Hebräische Bibel bezeugt. Mit dem Erscheinen Jesu Christi ist für Christen kein neues Wort Gottes neben das „alte“ getreten. Sondern dieser „Sohn Gottes“ ist das „fleischgewordene Wort Gottes“ (Jh 1,14) und repräsentiert als solcher die Erwählung Israels zum Volk Gottes, in das von Ewigkeit her die Erwählung der Menschheit mit eingeschlossen ist.

Insbesondere der Tod und die Auferweckung Jesu Christi hat nach dem NT Gottes Willen stellvertretend für alle Menschen erfüllt. Damit hat er die Israel gegebenen Offenbarungen, Bundesschlüsse und Verheißungen endgültig bestätigt, die in Israels Bibel ausgesprochene Verheißung eines „neuen Bundes“ unüberbietbar bekräftigt (Hebr 8,8 zitiert Jer 31,31f) und alle Völker in diesen Bund einbezogen.

Person und Werk Jesu Christi verkörpern also für die Christen den „neuen“ Willen Gottes, indem sie seinen „alten“ Willen, die Ersterwählung Israels, endgültig erfüllen und bekräftigen. Für die ganze urchristliche Verkündigung ist daher der durchgängige Bezug auf die Bibel Israels entscheidend. Ohne sie lässt sich die universale Bedeutung Jesu Christi nicht aussagen bzw. verstehen.

Damit hat jedoch für die Christen der eine Wille Gottes, den bereits das „Alte“ Testament offenbart, einen anderen, neuen Stellenwert erhalten: Von nun an gilt dieser Wille nur noch in der Auslegung, die Jesus Christus ihm durch seine Lehre, seinen Tod und seine Auferweckung gegeben hat. Demnach sind alle Einzelgebote in dem einen Gebot Jesu Christi, nämlich dem Doppelgebot der Gottes- und Nächstenliebe, „aufgehoben“, diesem untergeordnet (Mk 12,30f).

Aufbau

Im Zuge der Kanonisierung des Tanach zum christlichen Alten Testament wurde seine Dreiteilung und die Tora (der Pentateuch) unverändert beibehalten, aber einige Einzelbücher des zweiten und dritten Teils wurden anders zu- und angeordnet, andere kamen zu diesen beiden Teilen dazu.

In den meisten christlichen Kanonlisten des 2. bis 4. Jahrhunderts wurden die Nevi'im (Propheten) aufgeteilt und einige der Ketuvim (Schriften) zwischen „vordere“ und „hintere“ Propheten gerückt. Damit wurden erstere als Geschichtsbücher von den Schriftpropheten abgerückt. Die Bücher Rut, Esra, Nehemia und Chronik, die im Tanach zu den Schriften gehören, rückten in den zweiten Hauptteil und wurden dort annähernd historisch richtig eingeordnet: Das Buch Rut steht nun gemäß seiner Anfangs- und Schlussverse zwischen den Büchern Richter und Samuel, da seine Handlung zur Richterzeit spielt und Noomis Sohn als Großvater von König David galt. Da Esra und Nehemia auf die Exilszeit folgten, wurden ihre Bücher hinter die Chronik gerückt, die ihrerseits die Königszeit fortsetzt. Ihnen folgen die Bücher Tobit, Judit, Ester und Makkabäer gemäß der in ihnen beschriebenen, aufeinanderfolgenden Zeiten und Themen. Damit entstand eine zusammenhängende Beschreibung der Geschichte Israels von der Landnahme bis zur Wiederherstellung eines eigenen jüdischen Staates, in dem die Tora und der Tempelkult wieder Geltung hatten. Diese wurde eher als abgeschlossen und vergangen gelesen, nicht als von unabgegoltener prophetischer Verheißung bestimmte und geöffnete Zukunft.

Hinter die Geschichtsbücher rückten die noch übrigen Ketuvim. Die Salomo zugeschriebenen Schriften Sprichwörter, Kohelet und Hohes Lied wurden um die Weisheit Salomos und Jesus Sirach ergänzt. Das Buch Hiob rückte vor die Psalmen an die erste Stelle: Denn Hiob galt wegen seiner an die Erzväter erinnernden Gottergebenheit als älter als die König David zugeschriebenen Psalmen. Diese Gebetssammlung beginnt mit Klage und endet mit dem Lob der Gottesherrschaft: Darin fanden die Christen die Verwandlung der Zweifel und Anklage Hiobs in die endzeitliche Freude über den Sieg Jesu Christi ausgedrückt.

Die Klagelieder Jeremias wurden folgerichtig zum Prophetenbuch Jeremia, das Buch Daniel zu den „großen“, die Zukunft der ganzen Welt betreffenden Propheten gestellt. Es wurde also nicht als weisheitliche, sondern apokalyptische Schrift, die frühere prophetische Verheißungen fortführt, betrachtet. Indem die Prophetenbücher an den Schluss rückten, wurden sie für die Christen zur Verheißung Jesu Christi. Schriften, die für das Judentum, seine Feste und seinen Gottesdienst aktuell blieben, hatten für die Christen seit der Tempelzerstörung (70 n. Chr.) dagegen eher paradigmatische, allegorische und typologische Bedeutung.[5]

Kanonisierung

Seit der Trennung des Christentums vom Judentum entwickelte sich der christliche Gnostizismus, der das Alte Testament als Dokument einer verworfenen, überholten und antichristlichen Religion betrachtete und aus dem eigenen Glauben ausschloss. Marcion stellte die Schöpfung durch den bösen, materialistischen Gott Israels der Erlösung durch den guten, spirituellen Geist Jesu dualistisch einander gegenüber und stellte darum einen von allen jüdischen Einflüssen gereinigten Bibelkanon vor.

Ab 150 erteilte die werdende Kirche solchen Versuchen eine Absage, indem sie alle Schriften des Tanach als „Altes Testament“, also vollgültiges Gotteswort übernahm und ihrem Neuen Testament voranstellte. Dies folgte der Auffassung der Urchristen, wonach der Glaube an Jesus Christus Gottes Bund mit Israel bekräftigte, nicht ablöste. Damit wurde es theologisch unmöglich, Leben, Lehre, Tod und Auferstehung Jesu Christi von der Erwählung Israels zu trennen. Die Kirche legte damit selber eine normative Instanz für die Auslegung des Neuen Testaments fest, auf die spätere Reformanläufe in Religion und Politik sich berufen konnten.

Auslegungsgeschichte

Patristik

Augustinus von Hippo prägte den von den Reformatoren wieder aufgegriffenen, berühmten Satz:

Novum Testamentum in Vetere latet, et in Novo Vetus patet: „Das Neue Testament liegt im Alten verborgen, das Alte wird im Neuen aufgedeckt/offenbar.“[6]

Gemeint ist, dass Jesus Christus und sein Erlösungswerk am Kreuz bereits im Alten Testament angedeutet werden. Dafür werden nicht nur einzelne Passagen wie Psalm 22 oder Jesaja 53 herangezogen, sondern auch der Sinn des gesamten Alten Testaments, das zeigen möchte, dass der Mensch - selbst, wenn er es versucht - Gottes Gebote nicht halten kann (vgl. z.B. Römerbrief Kapitel 3 und 7, Galaterbrief). Damit wird das Neue Testament als Fortsetzung des Alten gesehen, ohne das es keine Wurzel und Basis hätte.

Dennoch „vergaß“ die Kirche in ihrer Geschichte die eindeutige Aussage Röm 11,2.18 EU:

„Gott hat sein Volk nicht verstoßen, das er sich zuvor erwählt hat ... Nicht Du trägst die Wurzel, sondern die Wurzel trägt Dich!“

Wo die auf das Diesseits bezogenen Hoffnungen und Verheißungen Israels neuplatonisch und allegorisch umgedeutet wurden, dort eignete sich das Christentum zur neuen Herrschaftsreligion des Römischen Reiches.

Die seit dem 3. Jahrhundert durchgängige christliche Vereinnahmung des Alten Testaments und kirchlich-dogmatische „Enterbung“ des Judentums rief in Krisenzeiten Pogrome an Juden und anderen Minderheiten hervor und 'rechtfertigte' diese während des ganzen europäischen Mittelalters bis weit in die Neuzeit hinein.

Zeit des Nationalsozialismus

In der Zeit des Nationalsozialismus versuchten die „Deutschen Christen“ erneut, alles „Jüdische“ aus dem christlichen Glauben auszumerzen und diesen zu einer „Nationalreligion“ umzuformen. Der jahrhundertelange kirchliche Antijudaismus bildete eine der wesentlichen Voraussetzungen für diese Irrlehre und damit auch für das singuläre Verbrechen des Holocaust.

Neubewertung seit 1945

Aus dieser verheerenden Erfahrung erwuchs seit etwa 1960 ein jüdisch-christlicher Dialog. Er beflügelte die Diskussion um das AT, seine Relevanz für die Exegese des NT und den christlichen Glauben in der christlichen Theologie.

Schon die historische Forschung des 19. und frühen 20. Jahrhunderts erkannte die Eigenständigkeit der Traditionen Israels, besonders seiner Prophetie und seines Messianismus. Doch erst die unübersehbaren Wirkungen des christlichen Antijudaismus bis hin zur Schoa bewegten die Kirchen und die neutestamentliche Wissenschaft dazu, sich mit möglichen Wurzeln des Antijudaismus im Neuen Testament auseinanderzusetzen.

Dies zog im katholischen Bereich seit dem 2. Vatikanischen Konzil, im deutschen evangelischen Bereich - besonders seit den Kirchentagen der 1960er Jahre - eine Neubewertung des AT und Judentums auch in der kirchlichen Dogmatik und Alltagspraxis nach sich. Der rheinische Synodalbeschluss von 1980 zum Verhältnis von Juden und Christen war hier wegweisend. Inzwischen haben die meisten Landeskirchen der EKD ähnliche Erklärungen beschlossen und teilweise in ihre Kirchenverfassungen übernommen.

Eine seiner zentralen Einsichten lautete: Hätte die christliche Mehrheit Europas ihre jüdischen Wurzeln wahrgenommen und den „ungekündigten Bund“ Gottes mit Israel (Röm 11,2 / Martin Buber) anerkannt, dann hätte sie das Doppelgebot der Liebe auch gegenüber der jüdischen Minderheit eher befolgt und die Gesellschaften Europas Gleiches zu tun gelehrt. Dann hätte die Gleichgültigkeit gegenüber dem Schicksal des jüdischen Volkes in der NS-Zeit so nicht geschehen können.

Dem versucht die christliche Theologie auch sprachlich Rechnung zu tragen, um die bleibende Gültigkeit der im Alten Testament enthaltenen Schriften auszudrücken und das Missverständnis zu verhindern, „alt“ bedeute „veraltet“ oder „überholt“: z.B. Erstes Testament (Hebr 8,7.13; 9,1.15.18: so der christliche Alttestamentler Erich Zenger), Hebräische Bibel oder historisch-neutral Hebräisch-Aramäische Schriften.

Die dritte Denkschrift „Juden und Christen“ der EKD von 2000 stellt fest, dass die christliche Abwertung des Alten Testaments nur dauerhaft überwindbar ist, wenn zugleich das Judentum als bleibender, eigenständiger lebendiger Zeuge der Hebräischen Bibel anerkannt wird. Dies hat weitreichende Konsequenzen für Bibelforschung, Exegese, Predigt, Konfirmandenunterricht und Gottesdienstgestaltung.

Historisch-kritische Erforschung

Die alttestamentliche Wissenschaft widmet sich als Teildisziplin der Theologie der philologisch-historischen Erforschung des Alten Testaments. Sie umfasst folgende Sachbereiche:

Als Hilfswissenschaften sind der alttestamentlichen Wissenschaft zugeordnet:

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Artikel Bibel II/III, Theologische Realenzyklopädie Band 6, Walter de Gruyter, 1. Auflage, Berlin 1980, S. 29 und 43
  2. Artikel Bibel II/III, Theologische Realenzyklopädie Band 6, a.a.O. S. 9f
  3. Artikel Bibel II/III, Theologische Realenzyklopädie Band 6, a.a.O. S. 27
  4. Artikel Bibel II/III, Theologische Realenzyklopädie Band 6, a.a.O. S. 28
  5. Erich Zenger: Der vierteilige Aufbau des Ersten Testaments, in: Einleitung in das Alte Testament, Kohlhammer, 6. Auflage 2006, S. 28f
  6. Quaestiones in Heptateuchum 2, 73

Literatur

  • Gerhard J. Botterweck, Helmer Ringgren, Heinz-Josef Fabry u.a. (Hgg.): Theologisches Wörterbuch zum Alten Testament (ThWAT), Kohlhammer Verlag, 10 Bde, 1973ff
  • Alfons Deissler: Die Grundbotschaft des Alten Testaments - Ein theologischer Durchblick. Herder, Freiburg (1972; Nachdr. der völlig überarb. 11. Aufl. 1995) 2006 ISBN 3-451-28948-2
  • Franz Delitzsch und Carl Friedrich Keil: Biblischer Commentar über das Alte Testament (BC), Dörffling & Franke Leipzig pdf-Download
  • Walter Dietrich, Wolfgang Stegemann (Hrsg.): Biblische Enzyklopädie. Band 1–12, Stuttgart 1996ff
  • Erhard S. Gerstenberger: Theologien im Alten Testament: Pluralität und Synkretismus alttestamentlichen Gottesglaubens, Stuttgart [u.a.]: Kohlhammer, 2001. ISBN 3-17-015974-7
  • Jan Christian Gertz (Hg.): Grundinformation Altes Testament. UTB 2745. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2006 ISBN 3-8252-2745-6
  • Martin Hose: Kleine Geschichte der griechischen Literatur. Von Homer bis zum Ende der Antike, München: C.H. Beck, 1999.
  • Otto Kaiser: Einleitung in das Alte Testament. Gütersloher Verlagshaus Gerd Mohn, Gütersloh, 4. Auflage 1978, ISBN 3-579-04458-3
  • Reinhard G. Kratz: Die Komposition der erzählenden Bücher des Alten Testaments. Grundwissen der Bibelkritik. UTB 2157. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2000 ISBN 3-8252-2157-1
  • Christoph Levin: Das Alte Testament. Beck´sche Reihe Wissen 2160. C.H. Beck, München, 2. Auflage 2003, ISBN 3-406-44760-0
  • Gerhard von Rad: Theologie des Alten Testaments. Band 1–2, München, 8. Auflage 1982/1984, ISBN
  • Hartmut Gese, Vom Sinai zum Zion. Alttestamentliche Beiträge zur biblischen Theologie, München 1974, ISBN 3-459-00866-0
  • Hartmut Gese, Alttestamentliche Studien, Tübingen 1991, ISBN 3-16-145699-8
  • Martin Rösel, "Bibelkunde des Alten Testaments: Die kanonischen und apokryphen Schriften;" Neukirchen-Vluyn 1996; 5. Auflage 2006 mit Lernübersichten von Dirk Schwiderski, ISBN 978-3-7887-2060-5.
  • Werner H. Schmidt: Alttestamentlicher Glaube. Neukirchener Verlag, Neukirchen-Vluyn, 9. Auflage 2004, ISBN 3-7887-0655-4
  • Werner H. Schmidt: Einführung in das Alte Testament., de Gruyter, Berlin/New York, 5. Auflage 1995, ISBN 3-11-014102-7
  • Hans-Christoph Schmitt: Arbeitsbuch zum Alten Testament. (UTB 2146), Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2005, ISBN 3-8252-2146-6
  • Heinz-Günther Schöttler: Christliche Predigt und Altes Testament. Versuch einer homiletischen Kriteriologie. Schwabenverlag, Ostfildern 2001, ISBN 3-7966-1021-8 (733 S.; Kriterien für den Umgang mit dem AT in der christl. Verkündigung)
  • Erich Zenger u.a.: Einleitung in das Alte Testament. Kohlhammer-Studienbücher Theologie 1,1. Kohlhammer, Stuttgart, 5. erw. Aufl. 2004, ISBN 3-17-018332-X
  • Erich Zenger: Der Gott der Bibel. Sachbuch zu den Anfängen alttestamentlichen Gottesglaubens, Stuttgart: Verlag Katholisches Bibelwerk 1979, ISBN 3-460-31811-2
  • Walther Zimmerli: Grundriß der alttestamentlichen Theologie. Theologische Wissenschaft 3,1. Kohlhammer, Stuttgart, 7. Auflage 1999 ISBN 3-17-016081-8

Weblinks

Bibelkunde
Exegese
Relation zum Judentum und zum Neuen Testament

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