Heeresameisen

Heeresameisen
Treiberameisen (Dorylus sp.) mit erbeuteter Heuschrecke in Kamerun

Als Wanderameisen, auch Treiberameisen oder Heeresameisen genannt, werden drei Unterfamilien der Ameisen bezeichnet, die Ecitoninae, Dorylinae und Aenictinae. In der Neuen Welt kommen ausschließlich die Ecitoninae vor, in der Alten Welt die Dorylinae und Aenictinae. Bei den Wanderameisen kann ein Staat im Extremfall bis zu mehrere Millionen Tiere umfassen. So bildet die afrikanische Wanderameise Anomma wilverthi Staaten mit mehr als 20 Millionen Individuen.

Inhaltsverzeichnis

Vorkommen

Das Verbreitungsgebiet der Wanderameisen erstreckt sich über die Tropen und Subtropen der Alten Welt wie auch der Neuen Welt. Sie sind in Afrika, Asien, in Südamerika, sowie in Zentralamerika verbreitet.

Nomadische und stationäre Phase

Wanderameisen weisen zwei unterschiedliche Aktivitätsphasen auf: Eine nomadische (wandernde) Phase, und eine stationäre Phase.

Nomadische Phase

In der nomadischen Phase wandern die Ameisen am Tage, erbeuten Insekten, Spinnen und kleine Wirbeltiere und bilden bei Einbruch der Dämmerung ihr Nest, das sie fast täglich wechseln. Die Wanderwege werden bei manchen Arten durch Soldaten abgesichert. Während ihrer Jagd werden sie von unterschiedlichen Vögeln begleitet, wie zum Beispiel Ameisenvögel und spezialisierten Drossel- und Zaunkönigarten, die die aufgescheuchten Insekten vertilgen. Unter den Wanderameisen gibt es auch Arten, die nur in der Nacht in Erscheinung treten. Über ihre Aktivität gibt es jedoch keine ausreichenden Studien. Unter den Wanderameisen sind die tagaktiven Arten Eciton burchelli und Eciton hamatum die am meisten studierten Vertreter.

Stationäre Phase

Die stationäre Phase, die etwa zwei bis drei Wochen beträgt, beginnt, wenn sich die Larven verpuppen. Nunmehr werden die zuvor den Larven gefütterten Beutetiere nur noch der Königin dargereicht. Der Hinterleib (Gaster) der Königin schwillt stark an, Physogastrie genannt, und es kommt zur Eiablage. Zeitgleich mit dem Schlupf der Larven verlassen auch die neuen Arbeiterinnen ihren Kokon und die Wanderameisen nehmen danach wieder ihre nomadische Wanderphase auf.

Nestbau

Sie bauen kein Nest wie die meisten Ameisen, sondern bilden mit ihren Körpern ein lebendiges Nest, das in der Fachsprache "Biwak" genannt wird. Biwaks werden an Baumstämmen oder in selbstgegrabenen Erdhöhlen angelegt. Dabei halten sich die Mitglieder gegenseitig an den Beinen fest und bilden so eine Art Knäuel, das für Laien unstrukturiert erscheint, jedoch ein wohlstrukturiertes Gebilde darstellt. Die älteren Arbeiterinnen befinden sich außen; im Inneren befinden sich die jüngeren Arbeiterinnen. Bei der kleinsten Störung sammeln sich auf der Oberfläche des Biwaks Soldaten, die mit kräftigen Kiefern und (im Fall der Aenictinae und Ecitoninae) ebenfalls mit Stacheln bewehrt, das Nest verteidigen. Das Nest ist im Inneren mit zahlreichen Gängen durchzogen und beinhaltet mehrere Kammern mit Nahrung, der Königin und den Larven und Eiern.

Nahrung und Raubzüge

Nahrung

Wanderameisen können um die 100.000 Beutetiere pro Tag erbeuten und haben somit einen bedeutenden Einfluss auf das Vorkommen, die Diversität und auch auf das Verhalten ihrer Beutetiere. Das Beutespektrum ist sehr unterschiedlich für die einzelnen Arten. Unterirdische Arten erbeuten vor allem im Boden lebende Gliedertiere und deren Larven, Regenwürmer, gelegentlich auch Jungtiere von Wirbeltieren, Schildkröteneier oder ölhaltige Samen. Ein Großteil der Arten hat sich auf die Brut anderer Ameisen und Wespen spezialisiert (die Kolonnen-Räuber). Nur die wenigen Arten mit großen Schwarm-Raubzügen scheinen ein wirklich breites Nahrungsspektrum zu haben. Trotzdem erbeuten und fressen auch diese Arten nicht jedes Tier. Während auch kleinere Wirbeltiere, die in die Raubzüge geraten, getötet werden, eignen sich die Kiefer der amerikanischen Eciton-Arten im Gegensatz zu den afrikanischen Dorylus-Arten nicht zum Zerteilen dieser Beute. (Sie wird liegengelassen und von Aasfressern oder schwarm-begleitenden Fliegen verwertet.) Nur wenige Arten jagen überhaupt über der Erdoberfläche, wo sie vor allem in der Laubstreu und niederen Vegetation nach Beute suchen. Auch in höheren Bäumen jagen ca. 5 Arten, die dort Vögel und Eier attackieren können, doch meist andere staatenbildende Insekten und deren Eier und Larven erbeuten.

Raubzüge

Soldat der Tropischen Armeeameise mit charakteristischen Beißwerkzeugen (Illustration)

Bei ihren Raubzügen verwenden die Wanderameisen zwei Muster: Spaltenüberfälle und Schwarmüberfälle. Die Art Eciton hamatum ist ein typischer Vertreter der Spaltenüberfälle. Dabei trennen sich bei den Raubzügen die Schwarmmitglieder seitlich von der Hauptroute und bilden kleine herumsuchende Gruppen, ähnlich einem Baum mit seinen Verzweigungen. Die einzelnen Seitenwege können einen großen Abstand zueinander haben. Die Tropische Armeeameise (Eciton burchelli) wählt den Schwarmüberfall. Auch sie hat anfangs eine Hauptroute, die sich dann wie bei einer Dolde in vielen Verzweigungen aufteilt, jedoch befinden sich die einzelnen Seitenwege nah beisammen, überkreuzen sich mehrfach, so dass die einzelnen Trupps effektiver ein größeres Areal abdecken. Die Kolonne kann sich dabei auf bis zu 20 Metern auffächern.

Gattungen und Arten (Auswahl)

Zu den Treiberameisen werden um die 150 Arten in der Neuen Welt und etwa 100 Arten in der Alten Welt gezählt.

Unterfamilie Aenictinae

Verbreitung: Vor allem Asien mit mehreren afrikanischen Arten. Die Unterfamilie ist mit einer Gattung Aenictus vertreten. Die Gattung zeichnet sich durch das Fehlen großer morphologischer Unterschiede aus (es gibt z. B. keine Soldaten oder deutlich kleinere Arbeiterinnen). Der Großteil der Arten lebt unterirdisch, mit einigen oberirdisch aktiven Arten.

Unterfamilie Dorylinae

Verbreitung: Vor allem Afrika mit ca. 5 asiatischen Arten. Die Unterfamilie ist mit einer Gattung Dorylus vertreten. Diese ist wiederum in fünf Untergattungen unterteilt: Anomma, Dichthadia, Dorylus, Rhogmus und Typhlopone.

  • Dorylus (Anomma) wilverthi und D. (A.) nigricans sind die bekanntesten oberirdisch jagenden afrikanischen Treiberameisen.
  • Dorylus (Dichthadia) laevigatus lebt in Asien und ist die ursprünglichste Art der Gattung.

Unterfamilie Ecitoninae

Verbreitung: Südstaaten der USA über Mittelamerika bis Argentinien. Die Unterfamilie ist in fünf Gattungen unterteilt:

  • Cheliomyrmex. Dies ist die ursprünglichste Gattung der Unterfamilie. Durch das rein unterirdische Vorkommen weiß man nur wenig über die Lebensweise der bekannten Arten.
  • Eciton. Dies ist die wohl bekannteste Treiberameisengattung, da es viele Studien zur Biologie und dem Verhalten der oberirdisch jagenden Arten Eciton burchellii und Eciton hamatum gibt.
  • Labidus. In dieser Gattung kommt mit der Art Labidus praedator ebenfalls eine oberirdisch jagende Treiberameisenart vor. Obwohl nicht unbedingt seltener, fallen die übrigen Arten durch ihre verstecktere Lebensweise weniger auf.
  • Neivamyrmex. Diese Gattung ist durch sehr viele meist sehr kleine Arten vertreten, zu deren Biologie durch ihre vorwiegend unterirdische Lebensweise nur wenig bekannt ist.
  • Nomamyrmex. Mit nur zwei Arten ist dies die artenärmste Treiberameisengattung.

Weiteres

Die Massai nutzen die Wanderameisen, um Wunden zu nähen. Sie setzen die Ameisen an den Wundrändern an und die Ameisen verbeißen sich in der Haut. Danach werden die Leiber der Ameisen abgetrennt.

Literatur

  • William H. Gotwald: Army ants: The biology of social predation, 1995 - ISBN 0-801-42633-2
  • Bert Hölldobler & Edward O. Wilson: Ameisen, 2001 - ISBN 3-492-23414-3
  • Bernhard Werber: Die Ameisen, 1992 - ISBN 3-453-07504-8
  • Klaus Dumpert: Das Sozialleben der Ameisen, 1994 - ISBN 3-489-63636-8

Weblinks


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