Heeresstruktur II

Heeresstruktur II
Heer

Aufstellung 12. November 1955
Land Deutschland
Streitkräfte Bundeswehr
Typ Teilstreitkraft (Landstreitkraft)
Grobgliederung Heeresführungs- kommando
5 Divisionen
12 Brigaden

Heeresamt

Schulen des Heeres
Zentren des Heeres
Stärke Aktive Soldaten:

103.709 [1] (April 2009)
Beorderte Reservisten:
35.000 [2]

Hauptsitz des Führungsstabes Hardthöhe, Bonn
Leitung
Inspekteur
des Heeres
Generalleutnant Hans-Otto Budde

Das Heer ist neben Marine und Luftwaffe eine der drei Teilstreitkräfte der Bundeswehr. Mit einem Umfang von rund 100.000 Soldaten im Frieden ist das Heer die größte Teilstreitkraft. In allen militärischen Organisationsbereichen dienen etwa 160.000 Soldaten in Heeresunifom.[3]

Die ersten Truppen des Heeres wurden am 12. November 1955 ausgehoben. Das Heer sieht sich ausdrücklich nicht in der Tradition der Wehrmacht. Im Kalten Krieg war die Hauptaufgabe der Bundeswehr die Landesverteidigung. An Kampfhandlungen war das Heer jedoch in dieser Zeit nicht beteiligt. Nach Beitritt der Deutschen Demokratischen Republik zur Bundesrepublik Deutschland wurden Teile der Landstreitkräfte der Nationalen Volksarmee in das Heer integriert. Das Heer wuchs dadurch auf 42 Kampfbrigaden und auf 360.000 aktive Soldaten auf und erreichte damit seine historische Maximalgröße.

Die truppendienstliche Führung des Heeres obliegt dem Inspekteur des Heeres Hans-Otto Budde. Zum Aufgabenspektrum treten neben dem grundsätzlichen Auftrag der Landesverteidigung zunehmend internationale Kriseninterventions- und Stabilisierungsoperationen. Heerestruppen sind dazu im Rahmen multinationaler Einsätze wie KFOR, EUFOR und ISAF auch in Ländern außerhalb Deutschlands disloziert. Das Heer begegnet dieser Entwicklung mit einem umfassenden Transformationsprozess. Im Rahmen von NATO und der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik der EU sind Truppen des Heeres in multinationale Stäbe und Verbände integriert.

Inhaltsverzeichnis

Auftrag

Kampfpanzer Leopard 2
Waffenträger Wiesel

Als Teilstreitkraft der Bundeswehr ist der Auftrag des Heeres grundsätzlich deckungsgleich mit dem Auftrag der Bundeswehr, wie er vom Generalinspekteur der Bundeswehr und dem Bundesminister der Verteidigung erarbeitet bzw. verantwortet wird. Als Landstreitkraft obliegen dem Heer dabei vorrangig die Durchführung landgebundener Aufgaben. Das Heer hat sich nach dem Ende des Kalten Krieges von einer reinen Landstreitkraft zur Landesverteidigung zu einem Heer mit erweitertem Aufgabenspektrum gewandelt. Dazu gehören:

  • Internationale Konfliktverhütung und Krisenbewältigung, einschließlich des Kampfes gegen den internationalen Terrorismus,
  • Unterstützung von Bündnispartnern,
  • Schutz Deutschlands und seiner Bürgerinnen und Bürger,
  • Rettung und Evakuierung,
  • Partnerschaft und Kooperation,
  • Hilfeleistungen (Amtshilfe, Naturkatastrophen, besonders schwere Unglücksfälle).

→ siehe auch: Auftrag der Bundeswehr

Organisation

Führung

Der oberste truppendienstliche Vorgesetzte des Heeres ist der Inspekteur des Heeres. Der Inspekteur des Heeres bekleidet den Rang eines Generalleutnants und ist unmittelbar dem Bundesminister der Verteidigung unterstellt. Der Inspekteur steht dem Führungsstab des Heeres im Bundesministerium der Verteidigung vor und stellt über diesen die Einsatzbereitschaft der Teilstreitkraft Heer sicher. Dem Inspekteur unterstehen außerdem unmittelbar das Heeresführungskommando sowie das Heeresamt.

Gliederung

Die oberste truppendienstliche Behörde ist der Führungsstab des Heeres (Fü H). Diesem sind die zwei Säulen des Heeres, das Heeresführungskommando (HFüKdo) in Koblenz und das Heeresamt (HA) in Köln, unterstellt. Das Heeresführungskommando führt die Streitkräfte des Heeres. Ihm obliegt vor allem die truppendienstliche Führung der fünf Heeresdivisionen, die Führung der deutschen Anteile der Deutsch-französischen Brigade sowie die Führung der deutschen Heeresanteile der multinationalen Einsatzstäbe und multinationalen Verbände. Truppen im Auslandseinsatz unterstehen jedoch für die Dauer ihres Einsatzes in Masse dem teilstreitkräftegemeinsamen Einsatzführungskommando der Bundeswehr (EinsFüKdoBw). Das Heeresamt ist unter Anderem für die Ausbildung an den Schulen des Heeres, die Heeresrüstung und andere Verwaltungsaufgaben zuständig. Im Zuge der Transformation der Bundeswehr ist die Gliederung der Bundeswehr einer ständigen Veränderung unterworfen. Folgende Übersicht zeigt die grundlegende Gliederung, die meist als Neues Heer oder Heer 2010 beschrieben wird:

Organigramm des Heeres in der Gliederung Heer 2010

→ siehe auch: Truppenteilgliederung, ehemalige Heeresverbände

Beteiligung an multinationalen Verbänden

Stationierung des Heeres

Im Rahmen von NATO und der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik der EU sind Truppen des Heeres ständig in multinationale Stäbe und Verbände integriert. Das Heer war von 1955 bis 1990 fest in die mittlerweile gelockerte NATO-Kommandostruktur eingebunden. Das Heer bleibt jedoch in den Streitkräfteplanungsprozess der NATO eingebunden. Heute sind die Korps die Träger der Multinationalität. Das Heer stellt im Bedarfsfall Kräfte für EU Battlegroups, für die Schnelle Eingreiftruppe der NATO und für Missionen der Vereinten Nationen. Die Heerestruppen sind dazu jedoch nicht ständig in diese multinationale Verbände eingegliedert, sondern werden meist nur im Bedarfsfall abgestellt. Eine Ausnahme bildet die ständig präsente Deutsch-französische Brigade. Weitere Beteiligungen des Heeres an multinationalen Verbänden sind:

Das Heer stellt in diesen Verbänden außerdem ständig den deutschen Anteil der Stäbe sowie in begrenztem Umfang Führungsunterstützungskräfte. Das Fernmeldebataillon 610 ist beispielsweise ständig in das Multinationale Korps Nord-Ost eingebunden. In besonderer Weise ist auch das Kommando Operative Führung Eingreifkräfte der Streitkräftebasis zur Führung der für EU und NATO abgestellten Verbände befähigt.

Kräftekategorien

Die Truppenteile des Heeres sind anhand drei streitkräftegemeinsamer Kräftekategorien klassifiziert. Die Einteilung der Verbände in diese Kategorien ergibt sich hinsichtlich des unterschiedlichen Auftrags, der Verfügbarkeit, der Ausbildung sowie der Ausrüstung des jeweiligen Verbandes. Die Kräftekategorien sind eine Reaktion auf das erweiterte Aufgabenspektrum des Heeres und die damit verbundenen Auslandseinsätze, die sich hinsichtlich ihrer Aufgaben voneinander unterscheiden. Die Verbände der jeweiligen Kräftekategorie sind dazu einer jeweiligen Aufgabe zugeordnet. Die drei Kräftekategorien sind:

  • Eingreifkräfte werden als schnell verfügbare und besonders robuste Kräfte für (multinationale) Kriseninterventionsoperationen hoher Intensität vorgehalten und werden dazu bevorzugt ausgerüstet. Im Heer ist dazu u. a. die 1. Panzerdivision zur Division Eingreifkräfte umgewidmet worden.
  • Stabilisierungskräfte sind Verbände zur Durchführung friedenserhaltender (multinationaler) Stabilisierungsoperationen mittlerer Intensität.
  • Unterstützungskräfte sichern den Grundbetrieb des Heeres im Einsatz und in Deutschland.

Truppengattungen

KSK-Vorführung auf der ILA 2000

Durch den Kommandeurbrief des Inspekteurs des Heeres wurde am 17. Oktober 2005 die offizielle Gliederung der Truppengattungen des Heeres bekannt gegeben. Jede Truppengattung fasst Truppenteile gemäß ihrer Fähigkeiten und ihrer Ausrüstung zusammen. Äußerlich ist die Zugehörigkeit beispielsweise an der Waffenfarbe des Kragenspiegel, der Litzenfarbe oder am Barettabzeichen erkennbar.

Kampftruppen

Kampfunterstützungstruppen

Einsatz- und Führungsunterstützungstruppen

Eine weitere Truppengattung ist der Militärmusikdienst im Heer. Einige der zuletzt zum Heer und jetzt zur 2001 aufgestellten Streitkräftebasis gehörenden Truppengattungen sind die Feldjägertruppe, die Truppe für Operative Information, die Fernmeldetruppe EloKa und die 2003 aufgelöste Topographietruppe.

Rekrutierung und Ausbildung

Soldaten

Deutsche Soldaten mit G36 vor Spähpanzer Luchs in Bosnien, 2002

Das Heer ist seit dem Ende des Kalten Krieges deutlich verkleinert worden. Aktuell (April 2009) hat das Heer eine Friedensstärke von 103.709 Soldaten.[4] Seit 2001 sind alle Laufbahnen des Heeres uneingeschränkt für Frauen geöffnet. Im Heer liegt der Anteil der Frauen bei 6,3% (Stand Januar 2005).[5] Durch die Wehrpflicht kann das Heer im Verteidigungsfall um ein Vielfaches aufwachsen. Die Zahl der beorderten Reservisten beträgt 35.000. Reservisten werden ansonsten nur zu Wehrübungen oder bei besonderer fachlicher Qualifikation auch zu Auslandseinsätzen eingeplant, jedoch geschieht dies im Frieden nur auf freiwilliger Basis. Der von einberufenen Wehrpflichtigen zu leistende Grundwehrdienst dauert 9 Monate und schließt die dreimonatige Allgemeine Grundausbildung ein.

Im Vergleich zur Gesamt- bzw. Heeresstärke anderer europäischer Armeen (z.B. von Frankreich, Großbritannien oder Italien) hat das deutsche Heer einen relativ geringen Umfang. Dies erklärt sich durch die deutsche Besonderheit der Organisationsbereiche der Streitkräftebasis und des Zentralen Sanitätsdienstes, in denen im großen Umfang Heeressoldaten (offizielle Bezeichnung: „Heeresuniformträger“) Dienst leisten. Für die Streitkräftebasis geht man beispielsweise von rund 80% „Heeresanteil“ aus. Derzeit (März 2009) kann demzufolge von insgesamt rund 160.000 „Heeresuniformträgern“ in der Bundeswehr ausgegangen werden.[6]

Die Laufbahnen der Soldaten lassen sich in die drei Laufbahnen Mannschaften, Unteroffiziere und Offiziere gliedern. Weiterhin ist zwischen Berufssoldaten, Soldaten auf Zeit, Grundwehrdienstleistenden und Freiwillig länger Wehrdienstleistenden zu differenzieren.

Dienstgrade

Die Dienstgrade in der Bundeswehr gliedern sich in die drei Laufbahnen: Mannschaften, Unteroffiziere und Offiziere. Die Laufbahnen Unteroffiziere und Offiziere sind nochmals in Dienstgradgruppen untergliedert. Niedrigster Rang im Heer ist der Soldat (Dienstgrad) mit der Dienstgradbezeichnung seiner Waffengattung wie Jäger, Panzerschütze, Panzergrenadier, Kanonier u.w.. Höchster Rang im Heer ist der Dienstrang eines Generals. Dieser wird nur Soldaten verliehen, die eine Position oberhalb der Befehlsstruktur des Heeres einnehmen; der Inspekteur des Heeres ist ein Generalleutnant. Die Anrede ist unabhängig vom tatsächlichen Dienstrang "Herr General". Die Bezeichnungen der Dienstgrade sind in den Teilstreitkräften Heer und Luftwaffe identisch.

→siehe auch: Dienstgrade in der Bundeswehr

Ausrüstung

Luft- und Gefechtsfahrzeuge des Deutschen Heeres

Zu den Hauptwaffensystemen der Kampftruppen gehören die Kampfpanzer Leopard 2, die Schützenpanzer Marder und Puma, der Waffenträger Wiesel, sowie die Artilleriesysteme MARS und Panzerhaubitze 2000. Dazu gesellen sich eine ganze Reihe weiterer Rad- und Kettenfahrzeuge, sowie die Transport- und Kampfhubschrauber der Heeresflieger.

→ siehe: Kettenfahrzeuge der Bundeswehr, Luftfahrzeuge der Bundeswehr und Radfahrzeuge der Bundeswehr

Der Dienstanzug des Heeressoldaten unterscheidet sich vom Dienstanzug aller anderen Teilstreitkräfte und ist ganz überwiegend in Feldgrau gehalten. Die meisten Heeresuniformträger (Ausnahme z.B.: Gebirgsjäger) tragen zur Uniform außerhalb des Gefechts- und Wachdienstes das ihre Truppengattung kennzeichnende Barett. Auch in der Streitkräftebasis dienen Heeresuniformträger. Als Bewaffnung stehen dem Soldaten je nach Einsatzzweck zahlreiche Handwaffen zur Verfügung – meist das Sturmgewehr G36.

→ siehe auch: Uniformen der Bundeswehr, Infanterist der Zukunft und Liste der Handwaffen der Bundeswehr

Geschichte

Heeresstruktur I 1955–1959

Generalleutnant Adolf Heusinger, General Dr. Hans Speidel mit Bundesminister der Verteidigung Theodor Blank bei Überreichung der Ernennungsurkunden für die ersten 101 Freiwilligen der Bundeswehr in Bonn

Die Geschichte des Heeres und der Bundeswehr beginnt mit der Einberufung der ersten Soldaten am 12. November 1955 in Andernach und war durch das Amt Blank vorbereitet worden. Das Heer sah sich bei der Gründung ausdrücklich nicht in der Nachfolge der 10 Jahre zuvor besiegten Wehrmacht, sondern in der der preußischen Militärreformen und des Militärischen Widerstand gegen den Nationalsozialismus um die Gruppe der Freiheitskämpfer vom 20. Juli 1944. Bereits am 9. Mai 1955 wurde die Bundesrepublik Deutschland in die NATO aufgenommen. Bis zum Ende des Kalten Krieges 1989 bestimmte die Konfrontation zwischen der NATO und dem Warschauer Pakt die Geschichte des Heeres.

Das Heer war von Anfang fest in die NATO Struktur eingebunden und sollte bis 1959 in der Heeresstruktur I insgesamt zwölf Heeresdivisionen stellen. Bis 1966 sah die NATO-Strategie einen massiven atomaren Vergeltungsschlag im Falle eines Angriffs der in Europa an konventionellen Kräften überlegenen sowjetischen Streitkräfte vor. 1956 wurden als erste Truppenteile des Heeres sieben Lehrkompanien in Andernach aufgestellt und der Aufbau der Truppenschulen des Heeres begann. Am 1. April 1957 wurden die ersten Wehrpflichtigen in das Heer einberufen. Zur Aufstellung der insgesamt 12 Panzer- und Grenadierdivisionen wurden die bestehenden Verbände etwa alle 6 Monate in zwei Verbände geteilt. Dennoch konnten bis 1959 nicht alle geplanten zwölf Divisionen der NATO unterstellt werden. Ende 1958 betrug die Stärke des Heeres etwa 100.000 Mann. Das Heer griff bei der Ausrüstung zunächst auf amerikanisches Material wie den Kampfpanzer M 47 zurück.

Das Heer war von Anfang an in ein Feld- und Territorialheer gegliedert.

Heeresstruktur II 1959–1970

Bundeswehrsoldaten mit MG1 und G3 während eines Manövers 1960. Im Hintergrund ein Schützenpanzer Kurz „Hotchkiss“, Typ Spähpanzer.
Panzer der Bundeswehr vom Typ M47 Patton, 1960

Die Entwicklung sowjetischer taktischer Atomwaffen machte eine neue Heeresstruktur noch vor endgültiger Einnahme der Zielstruktur der Heeresstruktur I notwendig. Um die Auswirkungen von Angriffen mit atomaren Gefechtsfeldwaffen auf das Heer zu minimieren wurden die bis zu 28.000 Soldaten fassenden und als unbeweglich eingestuften Divisionen in kleinere und mobilere Einheiten – die Brigaden – gegliedert. Diese kleineren Einheiten sollten auch auf dem atomaren Gefechtsfeld mehrere Tage durchhaltefähig sein, zur beweglich geführten Verteidigung und zu schnellen Gegenangriffen fähig sein. Die neuen Panzer- und Grenadierbrigade waren außerdem zum Gefecht der verbundenen Waffen befähigt. Jede Division sollte sich aus 3 Brigaden zusammensetzen. Die Panzerbrigade setzte sich standardmäßig aus einem Panzergrenadierbataillon, zwei Panzerbataillonen, einem Panzerartilleriebataillon und einem Versorgungsbataillon zusammen. Die Grenadierbrigade bestand aus einem motorisierten Grenadierbataillon, zwei Panzergrenadierbataillonen, einem Panzerbataillon, einem Feldartilleriebataillon sowie einem Versorgungsbataillon. Die Grenadierdivisionen erhielten die Bezeichnung „Panzergrenadierdivision“. Ende 1959 konnten insgesamt 11 Divisionen und 27 Brigaden aufgestellt werden. Das Feldheer hatte 1959 eine Stärke von 148.000 Mann. Das Territorialheer stellte Anfang der 1960-er Jahre die ersten (überwiegend nicht aktiven) Jägerbataillone und Sicherungskompanien auf. 1965 waren 34 der geplanten 36 Brigaden aufgestellt und die 12. Panzerdivision wurde als letzte der geplanten Divisionen der NATO einsatzbereit gemeldet. 1969 war das Heer auf 305.000 Mann aufgewachsen. Die Doktrin der massiven Vergeltung wurde 1967 durch die Strategie Flexible Response abgelöst, die immer noch den Einsatz nuklearer Waffen vorsah und die Strategie der Vorneverteidigung mit sich brachte. Das Heer war dazu im Rahmen der nuklearen Teilhabe bereits 1969 mit 3 nuklearfähigen Raketenartileriebataillonen und 2 nuklearfähigen Feldartilleriebataillonen aufgestellt – weitere Einheiten waren geplant. Dem Heer liefen in der Heeresstruktur II weitere neue Waffensysteme zu. Die Panzerverbände erhielten zunächst den amerikanischen Kampfpanzer M 48, später den Kampfpanzer Leopard. Die Panzergrenadiere erhielten zunächst den Schützenpanzer HS 30, später den deutschen Schützenpanzer Marder. Weiterhin beschaffte die Bundesrepublik Kanonen- und Raketenjagdpanzer, Mannschaftstransportpanzer M113 und Transporthubschrauber Bell UH-1D.

Die zentrale Kommandobehörde des Territorialheeres, das Kommando Territoriale Verteidigung, wurde 1969 zugunsten drei neuer Territorialkommandos Nord, Süd und Schleswig-Holstein aufgelöst.

Heeresstruktur III 1970–1979

Der Stationierung sowjetischer Mittelstreckenraketen in Europa in den 1970er Jahren begegnete die NATO 1979 durch den NATO-Doppelbeschluss. Gleichzeitig rüstete der Warschauer Pakt seine Truppen mit neuen Waffensystemen aus, so dass die ohnehin bestehende quantitative Überlegenheit gegenüber der NATO nun auch qualitativ gefestigt wurde. Außerdem wurden die sowjetischen Luftlandedivisionen verstärkt, so dass die daraus folgende Gefährdung der rückwärtigen Gebiete Gegenmaßnahmen erforderte.

Die Umgliederung der 2. und 4. Panzergrenadierdivision in Jägerdivisionen sollte eine höhere Anpassungsfähigkeit der Verbände an wechselnde Geländeverhältnisse ermöglichen. Die Korps erhielten als Reserve Panzerregimenter und eigene Luftlandekräfte. Ende 1971 unterstanden den Divisionen des Feldheeres 13 Panzer-, elf Panzergrenadier-, vier Jäger-, drei Fallschirmjäger- und zwei Gebirgsbrigaden. Das Heer stellte als weitere Reaktion 1975 die noch fehlenden dritten Brigaden der 7., 10. und 12. Panzerdivision auf. Damit wurde das Soll von 36. Brigaden erfüllt. Die neuen Brigaden wurde in Erprobung der Heeresstruktur IV zunächst als Modellbrigaden konzipiert.

Heeresstruktur IV 1980–1990

Leopard 1-Kampfpanzer und Gepard-Flakpanzer während der Übung Reforger '85

Von 1980 bis 1981 gliederte das Heer in die Heeresstruktur IV um. Ziel war erneute eine Untergliederung in kleinere, flexiblere Kampfverbände. Die Zahl der Kampftruppenbataillone pro Brigaden wurde von 3 auf 4 aufgestockt. Einige Bataillone wurden als gemischte Panzer- und Panzergrenadierbataillone aufgestellt. Die zwölf Divisionen waren weiter in drei deutschen Korps sowie im binationalen Korps LANDJUT zusammengefasst. Die 2. und 4. Jägerdivision wurden in Panzergrenadierdivisionen um- bzw. rückgegliedert. Aus der 1. und 7. Panzergrenadierdivision wurden Panzerdivisionen. Das Heer bestand in der Heeresstruktur IV aus 36 aktiven Brigaden (17 Panzer-, 15 Panzergrenadier-, drei Luftlande- und eine Gebirgsjägerbrigade) und zwölf Divisionen (10 Panzer- und Panzergrenadier-, die 1. Luftlande- sowie die 1. Gebirgsdivision). Die Divisionstruppen waren mit dem Waffensystem MLRS ebenso wie ab 1977 zunehmend auch die Artillerieeinheiten der Brigaden mit Feld- und Panzerhaubitzen 155 mm in der Lage nukleare Gefechtsköpfe zu verschießen. Die Flugabwehrkräfte wurden als Regimenter auf Divisionsebene gegliedert und erhielten Flugabwehrkanonenpanzer Gepard.

Das Territorialheer gliederte sich weiterhin in drei Territorialkommandos mit insgesamt fünf Wehrbereichskommandos. Dazu unterstützte das Unterstützungskommando (WHNS) ab 1982 die amerikanischen Streitkräfte in der Bundesrepublik. Die seit 1970 bestehenden teilaktiven Heimatschutzkommandos wurden zu teilaktive Heimatschutzbrigaden und umgegliedert. Das Territorialheer stellte sechs Heimatschutzbrigaden völlig neu auf, so dass das Territorialheer im Verteidigungsfall auf 450.000 Mann anwachsen konnte.

Heeresstruktur V 1990–1992

Am 4. Oktober 1990 übernimmt Generalleutnant Jörg Schönbohm, Befehlshaber Bundeswehrkommando Ost, das Wehrbereichskommando VII der Bundeswehr, vormals Wehrbezirk III der Nationalen Volksarmee, in das Heer

Mit der zunehmenden Entspannung zwischen Ost und West wurde bereits eine Verkleinerung der Bundeswehr um bis zu 95.000 Soldaten in Betracht gezogen. Spätestens mit der Wiedervereinigung 1990, Ende des Kalten Krieges und der atomaren Abrüstung beginnt eine bis heute anhaltende Phase der Verkleinerung des Heeres. 1990 wurde mit der Sowjetunion eine maximale Friedensstärke der Bundeswehr von 370.000 Mann bis 1994 vereinbart. Für das Heer, das nach Eingliederung der Nationalen Volksarmee Oktober 1990 eine Stärke von 360.000 Soldaten (davon ehemalige NVA: 58.000) hatte, bedeutete dies eine Verkleinerung um rund 105.000 Soldaten auf eine Friedensstärke von 255.000 Soldaten. Das Heer wurde dazu neu organisiert und neben dem Heeresamt wurden das Heeresführungskommando sowie das Heeresunterstützungskommando neu aufgestellt. Territorialheer und Feldheer wurden weitgehend organisatorisch zusammengefasst und dazu drei fusionierte Territorial- und Korpskommandos anstelle der bisherigen drei Korps- und drei Territorialkommandos und acht fusionierte Wehrbereichs- und Divisionskommandos sowie zwei taktisch/operative Divisionsstäbe geschaffen. Nach Eingliederung der Nationalen Volksarmee führte das Heer zunächst 14 Divisionen und 48 Kampfbrigaden, die auf 26 teils nur teilaktive Brigaden reduziert werden sollten.

Die NATO beschloss 1991 eine differenzierte neue Strategie, die Flexible Response ablöste. Die Beschlüsse der Nukleare Planungsgruppe der NATO 1991, führten u.a. zu einem Verzicht auf nuklearfähige Gefechtsfeldwaffen des Heeres. Das von der NVA übernommene Material wurde in den Folgejahren größtenteils abgegeben oder vernichtet.

Heeresstruktur V (N) 1993–1997

Schon bald erfolgte eine Nachsteuerung (N) der Heeresstruktur V. Die zunehmenden Auslandseinsätze im erweiterten Aufgabenspektrum des Heeres führten zu einem Verzicht auf die Territorialkommandos und ihrer Fusion mit den Korpskommandos. Die Korps wurden in multinationale Stäbe umgewidmet. Das I. Korps wurde 1995 aufgelöst und durch das 1. Deutsch-Niederländische Korps ersetzt. Das II. Korps wurde 1993 in das II. Deutsch-Amerikanische Korps umgewandelt. Die Brigaden wurden bis 1994 einheitlich gegliedert. Panzer- und Panzergrenadierbrigaden gliederten sich in je zwei Panzer- und zwei Panzergrenadierbataillone sowie ein Panzerartilleriebataillon. 1992 wurden als Vorläufer der heutigen Kräftekategorien Teile des Heeres zur Krisenreaktion bestimmt und entsprechend vorbereitet. Der Umfang der Krisenreaktionskräfte betrug 50.000 Soldaten.

Neues Heer für neue Aufgaben 1997–2001

Dingo 1 (Version ATF2): Der Dingo steht für eine ganze Klasse besonders gepanzerter leichter Fahrzeuge im Heer, die vor dem Hintergrund der Auslandseinsätze beschafft wurden.

Nach 1997 wurde die neue Heeresstruktur Neues Heer für neue Aufgaben eingenommen. In dieser Struktur wurde vor dem Hintergrund des erweiterten Aufgabenspektrums des Heeres die Kategorisierung in Hauptverteidigungskräfte (HVK) und Krisenreaktionskräfte (KRK) weiter vorangetrieben.

Die Krisenreaktionskräfte zählten 37.000 Mann und umfassten die deutschen Anteile an den Reaktionskräften der NATO, den Stab Kommando Luftbewegliche Kräfte, die Stäbe der 7. und 10. Panzerdivision, das Einsatzunterstützungskommando der Logistikbrigade 1, die Panzerbrigaden 12 und 21, die Luftmechanisierte Brigade 1, die Luftlandebrigade 31, die Jägerbrigade 37 und den deutschen Anteil an der Deutsch-Französischen Brigade. Zu den KRK-Kräften zählten zusätzlich das Kommando Spezialkräfte und weitere Unterstützungskräfte. Die HVK Kräfte bestanden aus insgesamt 20 aktiven, teilaktiven und im Frieden nicht aktiven Brigaden. Vier aktive HVK-Brigaden waren befähigt die Krisenreaktionskräfte abzulösen und waren wie diese gegliedert. Vier aktive, wie die KRK-Brigaden gegliederten HVK-Brigaden, waren befähigt kurzfristig weitere vier im Frieden nichtaktive Brigaden analog gegliedert aufzustellen. Acht weitere teilaktive HVK-Brigaden blieben ähnlich wie in der Heeresstruktur 5 (N) gegliedert.

Das Heer ist weiterhin am I. Deutsch-Niederländischen Korps und am 2. (Deutsch-Amerikanischen) Korps beteiligt. Zusätzlich wurden Heeressoldaten für das Eurokorps, das V. Amerikanisch-Deutsche Korps, das ACE Rapid Reaction Corps und das Multinationale Korps Nord-Ost abgestellt. Das IV. Korps blieb zunächst bestehen.

Für das Heer wurde der Zulauf der neuen Panzerhaubitzen 2000, des Dingo und der neuen Hubschraubertypen Tiger und NH90 für die Luftmechanisierte Brigade 1 beschlossen.

Transformation

Seit 2001 erfolgen beim Heer unter dem Stichwort Transformation umfangreiche und kontinuierliche Strukturreformen. Gleichwohl werden weiterhin Zwischenschritte definiert: Heer der Zukunft (2001–2006) und Neues Heer bzw. Heer 2010 (ab 2006). Ab etwa 2008 soll die Friedensstärke des Heeres 105.000 Soldaten betragen. Die Weiterentwicklung des Heeres beinhaltete die weitere Kategorisierung des Heeres in Eingreif-, Stabilisierungs- und Unterstützungskräfte. Außerdem erfolgte die Ausgliederung von Teilen des Heeres in die neu geschaffene streitkräftegemeinsame Streitkräftebasis. Dieser wurde auch die Masse der Aufgaben des Territorialheeres übertragen und dieses als Teilbereich innerhalb des Heeres neben dem Feldheer aufgelöst.

→ siehe auch: Geschichte der Bundeswehr und Geschichte der NATO

Einsätze

Heeressoldaten im SFOR-Einsatz mit Transportpanzer Fuchs

Seit 1990 und nach dem Ende des Kalten Krieges beteiligt sich das Heer an humanitären, friedenserzwingenden und friedenssichernden Maßnahmen auch außerhalb Deutschlands. Diese Einsätze wurden in Teilen der Öffentlichkeit und der Politik meist kontrovers diskutiert. Die ersten Einsätze hatten den Charakter humanitärer Hilfsaktionen, wobei das Heer hauptsächlich logistische oder sanitätsdienstliche Hilfe leistete. Bis 1994 wurden diese Einsätze des Heeres meist als UN-Missionen durchgeführt. Größte Blauhelm Mission des Heeres war zu dieser Zeit der Deutsche Unterstützungsverband in Somalia. Ab 1995 nahm das Heer auch an NATO- oder EU-Operationen auf dem Balkan teil. Dazu zählten IFOR und SFOR, später auch KFOR und EUFOR. Seit den Terroranschlägen am 11. September 2001 beteiligt sich das Heer auch an Einsätzen im Kampf gegen den Terror. Dazu wird vor allem die Operation Enduring Freedom gezählt. In diesem Zusammenhang ist auch der ISAF-Einsatz in Afghanistan zu sehen, der die bisher größte Mission des Heeres darstellt. 2006 wurden Heereseinheiten außerdem beim Bundeswehreinsatz im Kongo verwendet.

Neben den beschriebenen Auslandseinsätzen leistete das Heer immer wieder Unterstützung bei Naturkatastrophen im Inland, wie z. B. beim Elbehochwasser 2002.

→ siehe auch: Auslandseinsätze der Bundeswehr und Kritik

Das Ehrenmal des Heeres

Das Ehrenmal des Heeres auf der Festung Ehrenbreitstein

Das Ehrenmal des Heeres befindet sich auf der Festung Ehrenbreitstein in Koblenz. Das Ehrenmal des Deutschen Heeres wurde ursprünglich zur Erinnerung an die Gefallenen des Ersten und Zweiten Weltkriegs erbaut und am 29. Oktober 1972 feierlich in die Obhut des deutschen Heeres übergeben. Heute erinnert es auch an die in der Ausübung ihres Dienstes zu Tode gekommenen Soldaten der Bundeswehr.

Siehe auch: Ehrenmale der Bundeswehr

Verweise

Einzelnachweise

  1. Website Bundeswehr, Stand April 2009
  2. W. Wolf: Die neue Reserve der Bundeswehr. In: InfodienstReserve, 1/2007 (S. 3), PDF
  3. Alexander Szandar: Bundeswehr. Wie Feldmäuse.. Der SPIEGEL 13/2008.
  4. Stärke der Bundeswehr, HTML, Stand März 2009
  5. Frauen in der Bundeswehr
  6. Alexander Szandar: Bundeswehr. Wie Feldmäuse.. Der SPIEGEL 13/2008.

Literatur

  • Helmut R. Hammerich et. al.: Das Heer 1950–1970. Konzeption, Organisation, Aufstellung. In: Sicherheitspolitik und Streitkräfte der Bundesrepublik Deutschland. Band 3. Oldenbourg, München 2006, ISBN 3-486-57974-6.
  • Stockfisch, Dieter: Der Reibert, Heer, Luftwaffe, Marine. Verlag Mittler & Sohn, Hamburg 2004, ISBN 3-8132-0820-6
  • Gerhard Hubatschek (Hrsg.); Förderkreis Deutsches Heer (Hrsg.): 50 Jahre Heer: der Soldat und seine Ausrüstung. Report-Verlag, Bonn 2006, ISBN 3-932385-21-7

Weblinks


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