- Allzeit Mehrer des Reichs
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Der Ehrenname Augustus (lat.: „der Erhabene“) wurde 27 v. Chr. erstmals Octavian, dem Begründer des Prinzipats, verliehen und war – wie auch der Titel Caesar – im Römischen und frühen Byzantinischen Reich bis Anfang des 7. Jahrhunderts Bestandteil der Kaiser-Titulatur.
In der veränderten Bedeutung als Mehrer des Reichs trugen seit dem Mittelalter auch die Römisch-deutschen Kaiser den Titel Augustus.
Inhaltsverzeichnis
Antike
Ursprung
Augustus gehört zur Wortfamilie von lat. augere, was „mehren, vermehren, erhöhen“ bedeutet, und zwar sowohl im quantitativen wie auch im qualitativen Sinne. Augustus ist also der „Erhabene“, „Erhöhte“.
Eine andere Ableitung könnte sich aus dem Begriff Augur ergeben. Er bezeichnete einen Priester des römischen Staatskults, der u.a. das augurium vornahm. Diese Kulthandlung, die schon auf Romulus zurückgehen sollte, diente dazu, aus dem Flug der Vögel den Willen der Götter heraus zu lesen. Als Träger des Ehrennamens Augustus wurde Octavian, der Schöpfer einer neuen Staatsordnung, also begrifflich in die Nähe des legendären Stadtgründers gerückt und gleichzeitig mit der sakralen Aura des Priestertums umgeben.
Prinzipat
Augustus war ursprünglich das ehrende Prädikat, das dem ersten römischen Kaiser und Begründer des Prinzipats, Octavius bzw. Octavian, auf Antrag des Senators Lucius Munatius Plancus beigelegt wurde und unter dem er bis heute bekannt blieb. Die Verleihung fand am 16. Januar 27 v. Chr. statt. Dabei lehnte Augustus den ebenfalls im Senat vorgebrachten Vorschlag ab, er müsse als gleichsam zweiter Gründer Roms nach dessen Gründer Romulus benannt werden.[1]
Das Octavian beigelegte Prädikat wurde Teil seines Eigennamens. Tiberius, der zweite Kaiser, der Octavian 14 n. Chr. auf den Thron folgte, nahm den Titel eines Augustus weder als Erbe an, noch ließ er ihn sich durch den Senat zuerkennen. Trotzdem ließ er sich auf Münzen und Inschriften Augustus nennen. Seit Caligula, dem Nachfolger des Tiberius, trugen die Herrscher den Titel jedoch durchweg, in der Regel nach Verleihung durch den Senat. Auch bei Kaisern, die, vom Heere proklamiert, den Augustus-Titel gleich annahmen, erfolgte die Legitimierung später durch den Senat.
Bis zum Ende des 2. Jahrhunderts n. Chr. hatte immer nur der jeweils herrschende Kaiser den Titel Augustus inne; seit Galba wurde es daneben üblich, den designierten Nachfolger und Mitkaiser zum Caesar ausrufen zu lassen. Als Antoninus Pius im Jahr 161 starb, ging das Kaisertum auf seinen Adoptivsohn Mark Aurel über. Dieser ernannte sogleich Lucius Verus zum Augustus und damit zum (fast) gleichberechtigten Mitkaiser – so gab es zwei Augusti. In der Folge trugen bis zur Mitte des 3. Jahrhunderts oft gleich zwei oder mehr Kaiser den Titel Augustus: Septimius Severus, Caracalla und Geta, Gordian I. und II., Pupienus und Balbinus, Decius und Herennius Etruscus, Trebonianus Gallus und Hostilian bzw. Volusianus. Mit der Doppelherrschaft von Valerian und Gallienus wurde den regierenden Augusti erstmals je eine Reichshälfte als Zuständigkeitsbereich zugewiesen.
Spätantike
Der Beginn der Spätantike wird heute allgemein mit dem Herrschaftsantritt Kaiser Diokletians im Jahr 284 angesetzt, da dieser eine Reihe von grundlegenden Reformen durchführte, mit denen ihm die endgültige Überwindung der Reichskrise des 3. Jahrhunderts gelang. Unter anderem reformierte er das Herrschaftssystem grundlegend: Die neue Tetrarchie sah vier Kaiser vor – zwei Augusti und zwei Caesares. Oberster Kaiser war dabei der dienstälteste senior Augustus, gefolgt von einem iunior Augustus und den beiden Caesares. Jeder der beiden Augusti ernannte einen Caesar, der ihm nach seiner Abdankung bzw. seinem Tod als Augustus nachfolgen und dann einen neuen Caesar ernennen sollte. Nominell herrschten die Augusti jeweils über eine Reichshälfte, die sie sich allerdings mit ihrem jeweiligen Caesar teilten, wobei die Gebietsabgrenzung relativ elastisch war und zumindest der senior Augustus wohl auch in den Bereichen der übrigen Herrscher eingreifen konnte - so scheint etwa die letzte Christenverfolgung 303 von Diokletian beschlossen worden zu sein, der den anderen Kaisern dann befahl, seinen Willen in ihren Reichsteilen umzusetzen.
Die Tetrarchen regierten relativ autonom, sie hatten jeweils einen eigenen Verwaltungs- und Militärapparat, und auch für die Rechtsprechung war jeder Kaiser selbst zuständig. Die Gesetzgebung blieb allerdings in der Regel den Augusti vorbehalten.[2] Obwohl Konstantin der Große dann noch einmal die Alleinherrschaft erlangte, war nach seinem Tod (337) das Mehrkaisertum die Regel: Fast immer gab es im Römischen Reich nun mehr als einen Augustus; nach der Reichsteilung von 395 jeweils (mindestens) einen im Westen und einen im Osten. Dies änderte sich erst 480 mit dem Tod des Julius Nepos, des letzten von Ostrom anerkannten weströmischen Kaisers: Fortan trug nur noch der oströmische Kaiser in Konstantinopel den Titel Augustus, bis Herakleios ihn ablegte und sich seit etwa 629 in offiziellen Schreiben nur noch als Basileus bezeichnete. Damit ging das spätrömische endgültig in das byzantinische Kaisertum über, wenngleich der Titel Augustus (als AVG) durchaus noch eine Weile auf Münzen erscheinen sollte.
Mittelalter und Frühe Neuzeit
Die Krönung Karls des Großen durch Papst Leo III. im Jahr 800 betrachteten die Zeitgenossen als Erneuerung des westlichen Kaisertums. Karl stellte von da an seinem fränkischen und langobardischen Königstitel die Bezeichnung serenissimus augustus a Deo coronatus magnus pacificus imperator Romanum gubernans imperium voran (dt.: „allergnädigster, erhabener, von Gott gekrönter, großer, Friede stiftender Kaiser, der das Römische Reich regiert“). Seine unmittelbaren Nachfolger beließen es bei der Bezeichnung imperator augustus, um nicht mit den byzantinischen Herrschern in Konflikt zu geraten, die sich seit der Zeit Karls des Großen demonstrativ als „Kaiser der Römer“ titulieren ließen. Erst seit der Kaiserkrönung Ottos III. im Jahr 996 führten auch die Herrscher des Römisch-deutschen Reiches den Titel „Romanorum Imperator Augustus“.
Da der genaue Ursprung des lateinischen Begriffs damals nicht mehr bekannt war, wurde die Formel semper Augustus bei Übersetzungen ins Deutsche nur noch selten mit „allzeit Erhabener“, sondern in der Regel fehlerhaft mit „allzeit Mehrer des Reiches“ (von lat. augere „(ver)mehren“) wiedergegeben. In dieser Form blieb der Begriff Teil der Kaiser-Titulatur bis zum Ende des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation im Jahr 1806 unter Franz II. (I. von Österreich).
Literatur
- Gerhard Wirth, Herwig Wolfram: Augustus. In: Lexikon des Mittelalters. Band 1, Sp. 1231–1233.
- Dietmar Kienast: Römische Kaisertabelle. Grundzüge einer römischen Kaiserchronologie. 3. Auflage (unveränderter Nachdruck der 2., durchgesehenen und erw. Auflage 1996). Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2004, ISBN 3-534-18240-5, S. 25f.
- Karl Johannes Neumann: Augustus. In: Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft (RE). Band II,2, Stuttgart 1896, Sp. 2370–2372.
Weblink
- Artikel (englisch) in: A Dictionary of Greek and Roman Antiquities, London 1875 (veraltet, online bei LacusCurtius)
Anmerkungen
- ↑ Sueton, Augustus 7,2.
- ↑ Zum territorialen Herrschaftssystem und zur Kompetenzaufteilung in der Tetrarchie vgl. Alexander Demandt, Die Spätantike. Römische Geschichte von Diocletian bis Justinian 284–565 n. Chr., C. H. Beck, München 1989, S. 48f. Kienast, Römische Kaisertabelle, S. 26, geht dagegen davon aus, dass nur Diokletian als senior Augustus legislative Kompetenzen hatte.
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