Heinrich von Portugal

Heinrich von Portugal
Heinrich der Seefahrer

Heinrich der Seefahrer (* 4. März 1394 in Porto; † 13. November 1460 in Sagres) war ein bedeutender Auftraggeber von Entdeckungsreisen im 15. Jahrhundert. Die von ihm initiierten Entdeckungsfahrten entlang der westafrikanischen Küste begründeten die portugiesische See- und Kolonialmacht und stellen den Beginn der europäischen Expansion dar.

Inhaltsverzeichnis

Biografie

Die Windrose im Kastell von Sagres

Heinrich war der vierte Sohn des portugiesischen Königs Johann I. und seiner Frau Philippa of Lancaster, Bruder von Ferdinand dem Heiligen und des portugiesischen Königs Eduard I.. 1415 eroberte eine Flotte unter seiner Führung die nordafrikanische Stadt und Festung Ceuta. Dafür wurde er zum Herzog von Viseu ernannt. Ab 1420 war er (weltlicher) Administrator des Christusordens. Königliche Abstammung und seine Ämter verhalfen ihm zu beträchtlichen finanziellen Mitteln, die er zur Förderung der Seefahrt verwendete. 1437 kommandierte er noch einmal einen Kriegszug, um den Mauren Tanger zu entreißen, diesmal allerdings erfolglos. Bei der von ihm gegründeten Seefahrtsakademie (escola náutica) handelt es sich um eine Erfindung späterer Jahrhunderte, die portugiesische Historiker seit längerem nicht mehr vertreten.

In der Fortaleza de Sagres befindet sich heute noch die berühmte Rosa dos Ventos (deutsch: Windrose), ein Steinkreis mit 43 Metern Durchmesser, die aus der Zeit von Heinrich dem Seefahrer (15. Jahrhundert) stammen könnte, aber erst seit dem 19. Jahrhundert belegt ist. Der Kreis ist dabei in 42 einzelne Segmente unterteilt. Es ist nicht klar, wozu die Windrose ursprünglich gedient hat, möglich ist eine Funktion als Sonnenuhr. In der Portolane (Seekartensystem) wurden Windrosen als Winkelmesspunkte zur Navigation auf See benutzt. Recht schnell beherrschten die portugiesischen Seefahrer das Breitensegeln. Als Beispiel sei hier nur auf die Rückkehr von der westafrikanischen Küste nach Portugal über die Azoren, das heißt über die offene See, verwiesen – von den Portugiesen „volta pelo largo“ genannt.

In den Jahren 1427 bis 1432 wurden von den Schiffen Heinrichs die Azoren entdeckt und besiedelt. Danach machte sich Heinrich daran, die Kanarischen Inseln in portugiesischen Besitz zu bringen. Dazu ging er zunächst den diplomatischen Weg, indem er an Kastilien die Forderung stellte, Portugal das Recht zur Besetzung dieser Inselgruppe einzuräumen. Als dies nicht fruchtete – Kastilien beharrte auf seine Oberhoheit über die Inseln – wandte er sich 1433 direkt an den Papst und dieser entsprach, offensichtlich in Unkenntnis der kastilischen Ansprüche, Heinrichs Ersuchen. Darauf erhielt er von seinem Bruder Duarte, der als Nachfolger des im August verstorbenen Johann I. den Thron bestiegen hatte, weitgehende Verfügungsrechte über die Kanarischen Inseln.

  • 1419 werden Madeira und
  • 1427 die Azoren (wieder) entdeckt und von Portugal kolonialisiert.
  • 1438: König Eduard (Duarte) stirbt an der Pest, für seinen minderjährigen Sohn führt Peter von Coimbra die Regentschaft.
  • 1445: In Arguim in Afrika wird ein portugiesischer Handelsposten eröffnet, Portugal steigt in den Handel mit afrikanischen Sklaven ein.

Heinrich selbst unternahm keine Entdeckungsreisen. Seinen Beinamen verdankt er seinem Einsatz als Förderer der Seefahrt. Er war sehr belesen und kannte die Berichte früher Entdeckungsreisender nach Asien wie Marco Polo, Wilhelm von Rubruk oder des arabischen Weltreisenden Ibn Battuta.

Die Entdeckungsfahrten

Portugiesische Karavelle des 16. Jahrhundert.

Als Gouverneur der Algarve initiierte Heinrich ab 1418 ein ehrgeiziges Programm zur Erschließung eines Seewegs nach Indien.

Der Prinz veranlasste zahlreiche Entdeckungsfahrten entlang der afrikanischen Küste mit einem eigens dafür entwickelten Segelschiff, der Karavelle. Die dabei gewonnenen Kenntnisse in Navigation, Kartografie und Schiffbau waren grundlegend für alle folgenden portugiesischen Entdeckungsfahrten. Von Anfang an waren die portugiesischen Piloten und Kapitäne verpflichtet, alle auf ihren Reisen gesammelten und für die Navigation bedeutsamen Erfahrungen und Erkenntnisse in geheimen Logbüchern, den Roteiros, festzuhalten. In der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts verwendeten die Portugiesen auch bereits den Quadranten, um die geografische Breite durch Bestimmung der Höhe des Polarsterns zu bestimmen und zu berechnen. Bis zum Tode des Infanten wurden mehr als 2000 Seemeilen afrikanischer Küstengewässer befahren.

Die Beweggründe Heinrichs des Seefahrers waren vielfältiger Natur. Zum einen erhoffte man sich, die Araber im Handel mit Pfeffer, Gold, Elfenbein und Sklaven auszuschalten, zum anderen ging es dem Prinzen um die Förderung und Ausbreitung des christlichen Glaubens. Dabei suchte man nach dem sagenhaften christlichen Priesterkönig Johannes, der einmal in Asien, einmal in Afrika vermutet wurde, und mit dessen Hilfe man den Islam zurückdrängen wollte. Diese Vorstellungen wichen aber schon zu seinen Lebzeiten kommerziellen Gesichtspunkten. 38 Jahre nach Heinrichs Tod führten seine Vorleistungen zur Entdeckung des Seewegs nach Indien durch Vasco da Gama, zur Erschließung der Gewürzroute nach Hinterindien und damit zur Weltmachtstellung Portugals.

Casa da Índia

Die Casa da Índia war sowohl die Zentralbehörde für die Verwaltung aller Territorien in Übersee des portugiesischen Königreiches als auch der zentrale Warenumschlagplatz bzw. die Verrechnungstelle für alle Bereiche des Überseehandels. Als Wirtschaftseinrichtung funktionierte sie dabei wie eine Faktorei bzw. eine Handelsniederlassung.

Die Vorläufer der Casa da Índia entstanden im Gefolge der portugiesischen Entdeckungsfahrten entlang der afrikanischen Küsten und den damit verbundenen Handelsmöglichkeiten. Bereits 1434 wurde die Casa de Ceuta in Lissabon gegründet. Sie war jedoch wenig erfolgreich, da die Muslime nach der portugiesischen Eroberung von Ceuta im Jahre 1415 die mit der Stadt verbundenen Handelswege und Warenströme in andere Orte verlegten. Um 1445 folgten in Lagos an der Algarve die Gründungen der Casa de Arguim beziehungsweise de Guiné, die beide, auch als Companhia de Lagos bezeichnet, der Entwicklung des portugiesischen Handels mit Westafrika dienten. Nach dem Tode Heinrich des Seefahrers wurde in den sechziger Jahren des 15. Jahrhunderts beide Häuser nach Lissabon verlegt und später in der Casa da Guiné e da Mina zusammengeführt.

Wichtige Entdeckerleistungen unter Heinrich dem Seefahrer

Bei ihren Entdeckungsreisen waren die Kapitäne verpflichtet, einen so genannten Padrão (eine steinerne Säule mit dem Wappen des portugiesischen Königs und Inschriften) aufzustellen, um die Landnahme zu dokumentieren, die an Bord ihrer Schiffe mitgeführt wurde. An markanten neuentdeckten Punkten wie Kaps oder Flussmündungen mussten die Kapitäne unter das Christuskreuz und das Wappen von Portugal noch Namen und Datum in den Stein meißeln.

  • 1418 Wiederentdeckung der zu Madeira gehörenden Insel Porto Santo durch João Gonçalves Zarco, Bartolomeu Perestrelo und Tristão Vaz Teixeira .
  • 1420 Die Portugiesen landen auf der eigentlichen Hauptinsel Madeira und beschließen ca. 1425, die Inselgruppe zu besiedeln.
  • 1422 Portugiesische Seefahrer stoßen über Cabo Nao, dem Grenzbereich der arabischen Seefahrt im Atlantik, nach Süden vor.
  • 1427 Die Wiederentdeckung der Azoren wird Diogo de Silves zugeschrieben, der wahrscheinlich auf der Rückreise von einer Erkundungsfahrt in den Atlantik auf der Insel Santa Maria an Land geht.
  • 1431 beginnt die Besiedlung und Kolonisierung der Azoren unter Gonçalo Velho Cabral.
  • 1434 Kapitän Gil Eanes umsegelt das für unpassierbar gehaltene Kap Bojador.
  • 1435 Die Kapitäne Gil Eanes und Afonso Gonçalves Baldaia entdecken Angra dos Ruivos und erreichen die Goldküste.
  • 1441 In Lagos wird auf Heinrichs Anweisung die erste Karavelle gebaut.
  • 1441 Erreichen des Kap Blanc (port.: Cabo Branco) durch Nuno Tristão und Antão Gonçalves.
  • 1444 Befahren des Senegal-Flusses durch Nuno Tristão; im gleichen Jahr passiert Dinis Dias den westlichsten Punkt Kontinentalafrikas, das im heutigen Senegal gelegene Cabo Verde, und entdeckt die Terra dos Guineus, Gebiete des heutigen Guinea und Senegal.
  • 1444/45 Gründung der Companhia de Lagos, die das Handelsmonopol mit Afrika erhält.
  • 1446 Entdeckung des Gambia-Flusses
  • 1446 Eine Karte von André Bianco lässt eine portugiesische Erkundungsfahrt in den westlichen Atlantik als möglich erscheinen.
  • 1455/1456 Vorstoß zur Guinea-Küste und Entdeckung zweier der Kapverdischen Inseln durch den im Dienste Heinrichs stehenden Venezianer Alvise Cadamosto.
  • 1460 Durch die Genuesen Antonio da Noli und seinen Bruder Bartolomeo erfolgt die Erkundung und Besiedlung der Kapverden.
  • 1460 Beim Tode des Infanten haben die Portugiesen die afrikanische Küste bis etwa dem heutigen Sierra Leone (ca. 8° N) sowie den Atlantik bis zur Sargassosee (ca. 40° W) befahren.

Denkmal

Seine Statue ist im Padrão dos Descobrimentos bei Lissabon zu sehen; dieser wurde 500 Jahre nach seinem Tode gebaut.

Siehe auch

Literatur

  • Duarte Leite: O infante D. Henrique. In: Duarte Leite: História dos Descobrimentos. Bd. 1, Lissabon 1959, S. 67–265.
  • W. G. L. Randles, : The Alleged Nautical School Founded in the Fifteenth Century at Sagres by Prince Henry of Portugal, Called the `Navigator`. In: Imago Mundi. 45, 1993, S. 20–28.
  • Alfredo Pinheiro Marques: Portugal e o descobrimento do Atlântico. Lissabon 1990.
  • Luís de Albuquerque: Os 'Sábios' Henriquinos e a 'Escola de Sagres'. In: Luís de Albuquerque: Dúvidas e Certezas na História dos Descobrimentos Portugueses. Bd. 1, Vega, Lissabon 1990, S. 15–28.
  • José António Madeira: Estudo Histórico-Científico, sob o Aspecto Gnómico, da Figura Radiada de Pedra Tosca Suposta Coeva do Infante D.Henrique Existente em Sagres. In: Actas do Congresso Internacional de História dos Descobrimentos. Bd. 2, Lissabon 1961, S. 451–474.

Weblinks


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