- Heissriss
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Ein Heißriss ist eine Beschädigung des Werkstückes während eines Schweißvorganges. Der Riss entsteht während der Erstarrung (im Gegensatz zu Kaltrissen) bei Temperaturen, die zwischen der Solidus- und der Liquidustemperatur liegen und ist damit ein typischer Fehler bei der Schweißnahterstarrung.
Allgemein wird davon ausgegangen, dass sich bei Legierungen eine eutektische oder nicht-metallische Phase vor oder auf den erstarrenden Dendriten bildet. Diese kann dann von den beim Schweißen entstehenden Spannungen auseinandergerissen werden. Die Heißrisse können auch in der Wärmeeinflusszone (WEZ) entstehen, also in dem Bereich des Werkstoffes, der von der Schweißwärme metallografisch beeinflusst wird. Im Gegensatz dazu entstehen Kaltrisse aufgrund von großen Härteunterschieden, Schrumpf- oder Eigenspannungen sowie Wasserstoffversprödung.
Inhaltsverzeichnis
Definition
Unter der Bezeichnung „Heißriss" werden nach Merkblatt DVS 1004-1 Risserscheinungen verstanden, die in Anwesenheit von niedrigschmelzenden sowie spröden Substanzen auf den Korngrenzen bei hohen Temperaturen im Verlauf und nach Beendigung des Schweißprozesses entstehen können. Basierend auf ihrem Bruchverhalten bei Heißzugversuchen werden Heißrisse in der Fachliteratur auch als „spröde", d. h. verformungslose Werkstofftrennungen im Schweißgut und in der Wärmeeinflusszone des Grundwerkstoffs definiert, die im Erstarrungsintervall (Bereich der Solidustemperatur) im Verlauf und nach Beendigung des Schweißprozesses entstehen können
Allgemein
Als Heißrisse werden interkristallin oder interdendritisch verlaufende Werkstofftrennungen bezeichnet, die in einem Erstarrungsintervall zwischen Solidus- und Liquidustemperatur entstehen. Nach ihrer Entstehungsursache wird zwischen den Erstarrungs- und den Aufschmelzungsrissen unterschieden. Normalerweise sind Heißrisse klein und erstrecken sich nur selten über mehrere Millimeter oder gar Zentimeter. Sie sind meist schwer aufzufinden. Das gilt insbesondere für Wiederaufschmelzrisse und Risse infolge Verformbarkeits- oder Zähigkeitsabfall (engl.: Ductility Dip Cracking "DDC"), die hauptsächlich als Mikrorisse vorkommen und oft nicht bis an die Oberfläche heranreichen, sondern im Innern der Schweißnaht liegen. Ihre Auffindbarkeit mit zerstörungsfreien Prüfverfahren ist daher nur bedingt möglich. Im Allgemeinen gilt, dass Werkstoffe mit einem großen Erstarrungsintervall zwischen Liquidus- und Solidustemperatur sowie hohen Phosphor - und Schwefelgehalten oder geringer Zähigkeit bei hohen Temperaturen zu Heißrissen neigen
Heißrissbildung
Voraussetzungen für die Heißrissbildung
Die Bildung von Heißrissen ist an drei Grundbedingungen gebunden. Zu diesen zählen:
- Niedrigschmelzende Phasen im Korngrenzenbereich
- beeinflussbar über chemische Zusammensetzung
- Auftreten von Zugspannungen während der Erstarrung und Abkühlung
- beeinflussbar über die Schweißwärmeführung
- beeinflussbar über die konstruktive Gestaltung
- beeinflussbar über die Werkstoffauswahl
- Auftreten einer grobkörnigen bzw. grobdendritischen Gefügestruktur
- lässt lange potentielle Rissbahnen zu
Mechanismus der Heißrissbildung
Die Heißrissbildung setzt ein, wenn während der Kristallisation, der anschließenden Abkühlung des Metalls im Bereich hoher Temperaturen und eventueller Wiedererwärmung, z.B. bei Mehrlagenschweißungen oder Wärmebehandlungen, die spannungsinduzierte Verformung des Metalls dessen Deformationsvermögen überschreitet. Die Entstehung von Heißrissen (früher auch als „Warmrisse" bezeichnet) ist an das Vorhandensein von flüssigen, halbflüssigen, niedrigschmelzenden oder auch spröden Phasen auf den Korngrenzen gebunden, die infolge von Erstarrungs- und Umwandlungsvorgängen im Temperaturbereich der Solidustemperatur entstehen können oder bereits vorhanden sind. Die Breite des Erstarrungsintervalls und somit die Verweildauer dieser Phasen ist von deren Seigerungszustand abhängig. Seigerungszustand bedeutet die Verunreinigung bzw. Anreicherung mit heißrissfördernden Elementen. Je größer die Verunreinigungen desto länger bleiben diese Phasen existent. Aufgrund ihres aufgeschmolzenen oder spröden Zustands sind diese nicht in der Lage, auftretende Schrumpfbeanspruchungen zu übertragen. Als Folge dessen kommt es an den entsprechenden Stellen zu einer submikroskopisch Gefügeaufweitung, dem Heißriss. Ein Heißriss hat nichts mit Risserscheinungen bei niedrigen Temperaturen zu tun.
Heißrissarten
Erstarrungsrisse
Erstarrungsrisse entstehen bei der Kristallisation des Werkstoffs aus der flüssigen Phase und reichen im Normalfall bis zur Oberfläche des Schweißgutes. Sie lassen sich meist mit der Lupe oder teilweise auch mit bloßem Auge erkennen (Nahtmittenrisse, Endkraterrisse). Oberflächenrissprüfverfahren lassen sich anwenden. Während der Erstarrung des Schweißgutes wird vor der Kristallisationsfront eine Restschmelze her geschoben, die sich mit Begleitelementen stark angereichert hat und eine niedrigere Erstarrungstemperatur als die Dendriten aufweist. Gegen Ende des Erstarrungsvorganges können Risse auftreten, weil die zwischen den Dendriten eingeschlossene Restschmelze die auch bei diesen Temperaturen schon auftretenden Schrumpfkräfte der Dendritenstruktur nicht aufnehmen kann.
Erstarrungsrisse lassen sich vorzugsweise anhand eines metallographischen Schliffes identifizieren. Hierbei kann die Erstarrungsrichtung schon meist deutlich erkannt werden. Eine bessere Abgrenzung von Erstarrungsrissen zu Kaltrissen und Lunkern bietet eine Untersuchung mit dem Rasterelektronenmikroskop. Die Bruchfläche eines Erstarrungsrisses in einem austenitischen Schweißgut ist an den unterschiedlich orientierten Dendritenpaketen zu erkennen.
Bei höherer Vergrößerung zeigt sich an den abgerundeten Dendritenspitzen, dass die Oberfläche nach dem Aufreißen in den meisten Fällen im schmelzflüssigen Zustand frei erstarrt ist. Die Heißriss verursachenden Phasen auf der Bruchfläche können mit der Elektronenstrahlmikroanalyse bestimmt werden. Erstarrungsrisse lassen sich am ehesten durch metallurgische Maßnahmen bei Werkstoffherstellung vermeiden, z.B. durch Verringerung des Kohlenstoff-, Schwefel- und Phosphorgehaltes. Beim Schweißen wirken sich eine Vorwärmung der Bauteile und kleine, flache Schweißbäder bei Anwendung der Mehrlagenschweißtechnik günstig aus. Dabei werden zum einen geringere Eigenspannungen aufgebaut, und zum anderen wird eine ausgeprägte dendritische Erstarrung des Schmelzbades vermieden. Typische Charakteristika von Erstarrungsrissen sind also:
- ihr Auftreten im Schweißgut,
- ihr interkristalliner bzw. interdendritischer Verlauf
- ihre mikroskopischen und/oder makroskopischen Dimensionen
Aufschmelzungsrisse bzw. Wiederaufschmelzrisse
Während Erstarrungsrisse meist genau in Nahtmitte oder zwischen Dendriten liegen und oft bis zur Nahtoberfläche reichen, können Aufschmelzungsrisse sowohl im Grundwerkstoff als auch in den unteren Lagen von mehrlagig geschweißten Verbindungen im Bereich der Schmelzlinie auftreten. Die Aufschmelzrisse, auch Wiederaufschmelzrisse genannt, entstehen beim Schweißen in der an das Schmelzbad angrenzenden Wärmeeinflusszone (WEZ) des Grundwerkstoffs oder in der darunter- oder danebenliegenden Wärmeeinflusszone von Schweißraupen (beim Mehrlagenschweißen) während der Abkühlphase. Sie sind fast immer mit der Schmelzlinie verbunden und haben auch teilweise über die Schmelzlinie hinausgehende Ausläufer in das Schweißgut. Ihre Entstehung ist immer mit dem Auftreten flüssiger Phasen auf den Korngrenzen verbunden. Wiederaufschmelzrisse zeichnen sich vor allem dadurch aus, dass sie:
- In der Wärmeeinflusszone oder im wiedererwärmten Schweißgut auftreten,
- Interkristallin verlaufen sowie
- Mikroskopische Dimensionen aufweisen.
Während der Aufheizphase beim Schweißen wird nahe der Schmelzlinie zum Grundwerkstoff eine Temperatur erreicht, bei der auf den Korngrenzen liegende Ausscheidungen aufschmelzen und durch thermische Ausdehnung und Kornwachstum die Kornflächen benetzen. Unter der Einwirkung von Zugeigenspannungen in der Abkühlphase des Schweißgutes reißt der Werkstoff entlang des entstandenen flüssigen Korngrenzenfilmes auf.
Aufschmelzungsrisse lassen sich nur bedingt durch eine Verbesserung der Gefüge- und Ausscheidungsstruktur der Grundwerkstoffe vermeiden. Dies kann z. B. durch eine schweißgerechte Wärmebehandlung geschehen, die eine homogenere Verteilung solcher Ausscheidungsprodukte bewirkt und örtliche Seigerungen auf den Korngrenzen reduziert. Die Heißrissgefahr lässt sich beim Schweißen aber auch durch die Verringerung der Wärmeeinbringung unter Anwendung der Strichraupen- und Mehrlagen-Technik vermindern.
Risse durch Verformbarkeitsabfall
Risse durch Verformbarkeitsabfall des Werkstoffs, die in der Wärmeeinflusszone infolge des Schweißens entstehen, liegen in einiger Entfernung von der Schmelzlinie. Sie sind interkristalline Trennungen, die im festen Zustand entstehen. Korngrenzen werden dabei nicht angeschmolzen. Sie sind unmittelbar nach dem Schweißen vorhanden. Der Sachverhalt, dass diese Art von Heißrissen erst in einigem Abstand von der Schmelzlinie auftritt, spiegelt sich auch im Verlauf der Verformbarkeits-Temperatur-Kurve beim Heißzugversuch wider. Ihre englische Bezeichnung Ductility Dip, d. h. Verformbarkeitsabfall, ist auf den deutlich erkennbaren Abfall der Probendehnung bei Prüfung im Abkühlmodus zurückzuführen.
Charakteristische Merkmale solcher Heißrisserscheinungen sind:
- Auftreten in der Wärmeeinflusszone oder im wiedererwärmten Schweißgut,
- interkristalliner Verlauf,
- mikroskopische Dimensionen.
Erkennung von Heißrissen
Heißrisse entstehen wie schon erwähnt während der Erstarrung des Schweißgutes zwischen der Liquidus- und Soliduslinie. Deshalb sind sie unmittelbar nach dem Schweißvorgang vorhanden. So kann man eine Abgrenzung zu den anderen Rissarten machen. Das untere Bild zeigt die Entstehungszeit bzw. die Entstehungstemperaturen der Heißrisse und anderer Rissarten im Schweißgut.
Erstarrungsrisse lassen sich am besten anhand eines metallographischen Schliffes erkennen.
Eine bessere Abgrenzung von Erstarrungsrissen zu Kaltrissen und Lunkern bietet eine Untersuchung mit dem Rasterelektronenmikroskop. Bei höherer Vergrößerung zeigt sich an den abgerundeten Dendritenspitzen, dass die Oberfläche nach dem Aufreißen im schmelzflüssigen Zustand frei erstarrt ist.
Metallurgische Maßnahmen zur Vermeidung von Heißrissen
Heißrissbildung ist in erster Linie ein metallurgisches Problem und kann dementsprechend durch Maßnahmen bei der Werkstoffherstellung bzw. durch die richtige Werkstoffauswahl vermieden werden. Beispielsweise kann man durch Verringerung des Kohlenstoff-, Phosphor- und Schwefelgehaltes die Heißrissneigung verringern. Die Heißrissanfälligkeit kann aber auch durch technologische Maßnahmen beim Schweißen verringert werden, z.B. durch eine günstige Schweißnahtgeometrie.
Einfluss der Legierungselemente auf die Heißrissanfälligkeit
Wie schon erwähnt beeinflusst die chemische Zusammensetzung des Schweißgutes, dessen Neigung zur Heißrissbildung. Bei unlegierten und niedriglegierten Stählen fördern Kohlenstoff, Silizium, Nickel, Schwefel und Sauerstoff die Rissbildung. Legierungselemente, die niedrigschmelzenden Eutektika bilden, erhöhen die Gefahr der Heißrissbildung durch Bildung einer Korngrenzenschicht. Dazu gehören Sauerstoff, Phosphor, Schwefel und Silizium. Phosphor bildet niedriegschmelzende Eutektika bzw. neidrigschmelzende Phosphide aus Niob Chrom und Mangan mit Schmelztemperaturen um Ts~1100°C. Mangan-Phosphor-Eutektikum hat sogar einen Schmelzpunkt von ca. 960°C. Silizium bildet niedrigschmelzende Silikatfilme, die sich an den Korngrenzen anlagern und fördert außerdem eine dendritische Erstarrungsstruktur. Zum Beispiel bildet Schwefel mit Eisen ein an den Korngrenzen angelagertes niedrigschmelzendes Eutektikum (988°C). Es wird in seiner Wirkung durch Mangan eliminiert, weil sich Schwefel und Mangan gemeinsam als Mangansulfid (Mn-S) binden.
Der Schwefelgehalt sollte laut Fachliteratur auf etwa 0,05 % begrenzt werden und bei sehr hohen Festigkeitsanforderungen sogar auf 0,001 %. Nickel im Stahl hat bis zu einem Gehalt von 2,5 % keinen Einfluss auf die Heißrissanfälligkeit. Bei einer höheren Konzentration und gleichzeitiger Heraufsetzung des Schwefel- und Kohlenstoffgehaltes verstärkt sich die Rissgefahr. Sauerstoff verursacht bei Konzentrationen von über 0,06 % im Stahl Heißrisse. Einphasige Legierungen, wie stabilaustenitische Stähle neigen Sehr stark zur Heißrissbildung. Stabilaustenitische Stähle, Sonderedelstähle, Kupfer-Nickel und Nickel-Basislegierungen sind beim Schweißen Grundsätzlich rissgefährdet.
Einfluss von δ-Ferrit auf die Heißrissanfälligkeit
Hochlegierte austenitische Stähle neigen häufig bei primär austenitischer Erstarrung zu Heißrissen. Eine Primärausscheidung von δ-Ferrit zwischen 5 % bis 10% verhindert die Heißrissneigung dieser Stähle . Der Grund dafür liegt zum einen daran, dass der weiche δ-Ferrit entstehende Eigenspannungen durch seine plastische Verformungsfähigkeit absorbieren kann und somit verhindert, dass diese Eigenspannungen Heißrisse bilden. Zum anderen fördert der δ-Ferrit als Kristallisationskeim eine feinkörnige Erstarrung des Schweißgutes. Ein feinkörniges Gefüge vermindert die Heißrissbildung, da sich die Heißrissverursachende niedrigschmelzende Restschmelze auf einer größeren Korngrenzenfläche verteilt und somit einen dünneren Schmelzenfilm auf den Korngrenzen bildet als bei einer grobkörnigen Erstarrung. Außerdem besitzt das Kubisch raumzentrierte Kristallgitter des δ-Ferrits eine größere Löslichkeit für Legierungs- und Verunreinigungselementen als der Austenit und kann somit die Ausscheidung von Verunreinigungen auf den Korngrenzen verhindern.
Technologische und konstruktive Maßnahmen
Durch eine günstige geometrische Ausbildung der Schweißnaht kann die Gefahr des Erstarrungsrisses verringert werden. Bei schmalen, tiefen Schweißnähten erfolgt die Kristallisation von allen Seiten der Raupe. Somit wird die Restschmelze in der Nahtmitte eingeschlossen. Eine flache, breite Ausbildung der Raupe begünstigt die Erstarrung der Restschmelze an der Oberfläche der Schweißnaht. Ein Einschluss der heißrissfördernden niedrigschmelzenden Restschmelze wird somit verhindert. Empfohlen wird ein Breiten-Tiefenverhältnis (b/t) größer als 1.
- Niedrigschmelzende Phasen im Korngrenzenbereich
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