Hell-Dunkel-Kontrast

Hell-Dunkel-Kontrast

Die Sieben Farbkontraste sind eine Theorie von Johannes Itten (1888-1967) und behandeln die wichtigsten Aspekte der Wirkungen von Farben. Farben beeinflussen sich in hohem Maße gegenseitig und sind voneinander abhängig. Diese Effekte werden unter anderem durch die sieben Farbkontraste beschrieben:

Inhaltsverzeichnis

Hell-Dunkel-Kontrast

Beispiel Goya-Gemälde: Starker HDK erzeugt plastischen Eindruck

Der Hell-Dunkel-Kontrast (HDK) kommt sowohl bei den häufig als unbunt bezeichneten Farben Schwarz, Weiß und Grau als auch bei den Buntfarben vor. Man bezeichnet damit den Kontrast, der durch die unterschiedliche Farbhelligkeit zweier Farben entsteht.

Er findet in der Kunst vielfältige Anwendungsmöglichkeiten. Gleiche Helligkeiten (kein oder geringer HDK) machen Farben verwandt, während ein starker HDK Plastizität entstehen lässt, da helle Farben nach vorne streben und dunkle eher in den Hintergrund zurücktreten.

Die Fotografen verwenden den Hell-Dunkel-Kontrast um Schatten und Licht von einander zu trennen, damit die Konturen im Bild besser erkennbar werden.

Maler, bei denen der HDK eine besondere Rolle spielt sind z.B. Rembrandt, Velazquez, Goya und Georges de la Tour.

Beim HDK wird die Ausgewogenheit der visuellen Wahrnehmung angestrebt. Er ist unverzichtbar, weil der HDK den Augen erst klare Formen vermittelt und Körperlichkeit impliziert. Bei schwarz-weiß-Zeichnungen bildet er eine unverzichtbare Polarität, bewirkt Spannung. Der HDK spielt insbesondere eine wichtige Rolle bei Federzeichnungen bis zu modernen Formen der Zeichnung und auch Malerei.

Kalt-Warm-Kontrast

Beispiel Cézanne-Gemälde: Die „warmen“ Häuser wirken im Kontrast zum „kühlen“ Meer und Himmel besonders einladend

Der Kalt-Warm-Kontrast bezeichnet die unterschiedliche Empfindung von Menschen beim Anblick von Farben und die Verwendung dieses Kontrastes als Stilmittel.

Versuche haben gezeigt, dass beispielsweise blaue Wände als „kalt“ empfunden werden, bei gleicher Zimmertemperatur orange-rote Wände aber als angenehm „warm“. Die beiden Extremwerte des Kalt-Warm-Kontrastes sind Blau-Grün und Rot-Orange. Die Farben der linken Hälfte des Farbkreises nach Johannes Itten, also von Violett bis Gelbgrün, gelten allgemein als kalte Farben, die rechte Hälfte (Gelb bis Rotviolett) als warme Farben. Allerdings steht der Kalt-Warm-Kontrast immer in Beziehung zu den benachbarten Farben, weshalb die obige Einteilung fließend ist. Nur die beiden Extreme können eindeutig zugeordnet werden, alle anderen Farben sind je nach Situation relativ warm oder kalt.

Der Kalt-Warm-Kontrast findet beispielsweise in einer sinnvollen Innenraumgestaltung eine praktische Anwendung. In der Landschaftsmalerei unterstützt er den räumlichen Eindruck, da nach der „Farbperspektive“ sich weiter entfernte Farben Richtung Blau verschieben, also kälter werden. In der Werbung wird er als suggestives Mittel eingesetzt, um Temperatureindrücke zu erzeugen.

Farbe-an-sich-Kontrast

Beispiel Franz Marc-Gemälde: Reinbunte Farben prägen im Kontrast den Eindruck des Bildes.

Der Farbe-an-sich-Kontrast (FASK) ist der einfachste aller Farbkontraste.

Er entsteht quasi automatisch, sobald Farben ungetrübt in ihrer stärksten Leuchtkraft verwendet werden und bezeichnet den Kontrast von mindestens drei Farben zueinander. Dabei wirkt ein starker Farbe-an-sich-Kontrast meist bunt, laut, kraftvoll und entschieden. Durch Schwächung der Leuchtkraft und Abmischen mit anderen Farben wird der Farbe-an-sich-Kontrast schwächer. Am stärksten ist der FASK, wenn die reinbunten Farben Gelb, Rot, Blau im Dreiklang verwendet werden, wie beispielsweise bei Bildern von Mondrian.

Der Farbe-an-sich-Kontrast spielt in der Volkskunst eine große Rolle, da er leicht zu beherrschen ist. Er findet sich beispielsweise in der mittelalterlichen Buchmalerei, aber auch bei modernen Malern wie Matisse, Miró, Picasso oder Kandinsky.

Qualitätskontrast

Beispiel C. D. Friedrich-Gemälde: Durch starke Sättigungsunterschiede werden die düstere Nebelwirkung sowie der räumliche Eindruck gefördert.

Der Qualitätskontrast (QK), auch Intensitätskontrast, ist ein Kontrast, der zwischen gesättigten, leuchtenden Farben und stumpfen, trüben und gebrochenen Farben entsteht, also durch Unterschiede in der Farbqualität, nicht durch Unterschiede bezüglich der Flächenanteile, wie der Quantitätskontrast. In der Perspektive entspricht er der Luftperspektive.

Die Farbqualität kann praktisch durch zwei verschiedene Vorgehensweisen verändert werden:

  • Beimischen von Weiß: ergibt meist kältere, immer aber hellere Farben.
  • Mischen mit der Komplementärfarbe: bei passendem Mischverhältnis entsteht ein gebrochenes Grau, bei wenig Zugabe der Komplementärfarbe eine gedämpfte Version des ursprünglichen Tons.

Der Qualitätskontrast kann durch benachbarte Farben stark verändert werden, beispielsweise wirken sehr schwache Farbtöne neben reinem Grau immer noch leuchtend und intensiv. Er dient unter anderem zur Verstärkung von Scheinräumlichkeit, da leuchtende Farben nach vorne streben. Außerdem trägt er wesentlich zur Stimmung eines Bildes bei.

Quantitätskontrast

Beispiel: Van Gogh-Gemälde: Das kühle Nachtblau dominiert flächenmäßig, dennoch bildet das wenige Lichtgelb einen "gleichwertigen" Gegenpol, so dass das Bild nicht "düster" wirkt.

Der Quantitätskontrast, auch Mengenkontrast, beruht, im Unterschied zum Qualitätskontrast, auf der Gegenüberstellung verschieden großer Farbflächen. Wenn diese in bestimmten Verhältnissen vorliegen, ist die optische Wirkung der Farben gleich intensiv und wird daher als harmonisch empfunden. Beispielsweise entspricht ein Teil Orange zwei Teilen Blau und ein Teil Gelb etwa 3 Teilen Violett. Rot und Grün entsprechen sich in gleichen Anteilen.

In Bezug auf den Farbkontrast sind bewusst disharmonische Farbverteilungen eingesetzt. Dies ist ein typisches Stilmittel des Expressionismus.

Die ersten häufig zitierten Untersuchungen zum Quantitätskontrast stammen von Johann Wolfgang von Goethe, der seine Beobachtungen in der Farbenlehre festhielt.

Komplementärkontrast

Beispiel Gauguin-Gemälde: Starke Kontrastwirkung durch Beschränkung auf wenige und komplementäre Farben (Rot, Grün)

Der Komplementärkontrast (KK) ist der subjektive Kontrast, der zwischen zwei komplementären Farben entsteht.

Farben sind komplementär, wenn sie entweder in der von dem Chemiker Eugène Chevreul systematisierten Weise als Pigment räumlich aneinander grenzen (Simultankontrast) oder andererseits zeitlich aufeinander folgen (Sukzessivkontrast).

Die Maler des Pointillismus und des Expressionismus haben sich mit den Beobachtungen Chevreuls genauso auseinandergesetzt wie beispielsweise Itten, der den Farbkreis Chevreuls erneuerte. Wenn sich in diesem Farbkreis zwei Farben diagonal gegenüberstehen, sind es Komplementärfarben. Die Komplementärfarbe von Magenta beispielsweise ist Grün (siehe Farbkreis). Zwei Farben sind komplementär oder nicht. Sind zwei Farben komplementär, verstärken sie sich gegenseitig in ihrer Leuchtkraft. Miteinander gemischt ergeben sie schöne farbstichige Grautöne oder können zur Minderung der Leuchtkraft einer Buntfarbe eingesetzt werden. Durch das Komplementärgesetz wird ein vollkommenes Gleichgewicht im Auge hergestellt. Physiologisch ist erwiesen, dass unser Auge zu einer gegebenen Farbe die komplementäre Ergänzung fordert und sie selbstständig erzeugt, wenn sie nicht gegeben ist.

Simultankontrast

Simultankontrast ist eine von bestimmten primären Pigmentpaaren gleichzeitig (simultan) ausgelöste Kontraststeigerung der empfundenen Farbintensität. Die Farbwirkung nebeneinandergesetzter ungemischter Pigmente ist also stärker als die Farbe der einzeln dargebotenen oder gar gemischten Pigmente. Physikalisch identische Reizursachen können in Abhängigkeit vom Kontext unterschiedliche Wahrnehmungen auslösen.

Betrachtet man beispielsweise eine weiße Fläche, die von einer farbigen (zum Beispiel grünen) Fläche umgeben ist, so erscheint die innere Region nicht mehr weiß. Man nimmt hingegen einen schwachen Farbton wahr, der der Gegenfarbe entspricht. Eine solche (so genannte) induzierte Farbe wird durch einen Simultankontrast hervorgerufen. Dabei tritt (im gewählten Beispiel) eine Art Verschiebung des Gleichgewichtes im Rot-Grün System auf, so dass der Farbeindruck Rot resultiert.

Veränderungen eines wahrgenommenen Farbtones vor einem farbigen Hintergrund beruhen auf derselben Wirkung. Ein ursprünglich reines Rot beispielsweise wird eher als Orange wahrgenommen, wenn man es vor einem blauen Hintergrund betrachtet, da die blaue Fläche ihre Komplementärfarbe Gelb-Orange induziert, die sich dann schließlich in der Wahrnehmung mit dem Rot "mischt".

Der Simultankontrast

Die Abbildung rechts verdeutlicht den Effekt des Simultankontrastes. Das rechte graue Quadrat vor dem orangenen Hintergrund scheint etwas heller zu sein als das Quadrat links, obwohl beide denselben Grauton aufweisen.

Systematisch erforscht wurden die gegenfarbigen Kontraste durch den Chemiker Eugène Chevreul. Sie sind durch ihn zur technischen Grundlage der modernen Malerei geworden. Da der Effekt der gleichzeitigen Kontrastwirkung auch bei Schwarz und Weiß auftritt, wirken schwarze Buchstaben auf weißem Grund kontrastverstärkend und können besser gelesen werden.

Sukzessivkontraste (auch Nacheffekte oder Nachbilder) bei der Farbwahrnehmung entstehen durch die Anpassung des Auges gegenüber bestimmten Lichtreizen der Netzhautrezeptoren. Dabei verbrauchen sich die Pigmente für eine der drei Grundfarben, der das Auge für längere Zeit ausgesetzt ist, so dass die neuronale Reaktion immer schwächer wird. Durch diesen Umstand befindet sich das entsprechende Komplementärfarbensystem nicht mehr im Gleichgewicht, was zur Folge hat, dass die Gegenfarbe des ursprünglichen Reizes erscheint.

Betrachtet man beispielsweise eine Zeitlang einen roten Kreis und schaut anschließend auf eine weiße Fläche, so entsteht dort der Eindruck eines schwach grünen Kreises, der sich auf der Hintergrundfläche zu befinden scheint. Im Rot-Grün-System der betreffenden Netzhautregion dominiert dabei für eine gewisse Zeit die Farbe Grün und lässt auf diese Art und Weise einen grünen Kreis entstehen, der objektiv gar nicht existiert. Ein ähnlicher Effekt lässt sich beobachten, wenn man mit geschlossenen Lidern eine Weile in die stark scheinende Sonne schaut.

Literatur

  • Johannes Itten: Kunst der Farbe, Otto Maier Verlag Ravensburg, 1961 (Neuauflage: Urania Verlag, Freiburg, 2003, ISBN 3-3320-1470-6)
  • Günther Kebeck: Wahrnehmung - Theorien, Methoden, und Forschungsergebnisse der Wahrnehmungspsychologie, Juventa Verlag, Weinheim und München, 1994, ISBN 3-7799-0316-4
  • Faber Birren, Hrsg.: M.E. Chevreul: The Principles of Harmony and Contrast of Colors, 1967 ISBN 044221212-7
  • Egon von Vietinghoff : Handbuch zur Technik der Malerei, DuMont Verlag Köln 1983 und 1991, ISBN 3-7701-1519-8
  • Harald Küppers : Harmonielehre der Farben, DuMont Verlag, Köln.
  • Ernst A. Weber* Sehen, Gestalten und Fotografieren, Birkhäuser Verlag, 1979, ISBN 3-7643-2469-4

Weblinks


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