Hemidactylus turcicus

Hemidactylus turcicus
Europäischer Halbfinger
Europäischer Halbfinger (Hemidactylus turcicus) an Mauer

Europäischer Halbfinger (Hemidactylus turcicus) an Mauer

Systematik
Unterordnung: Echsen (Lacertilia)
Teilordnung: Geckoartige (Gekkota)
Familie: Geckos (Gekkonidae)
Unterfamilie: Eigentliche Geckos (Gekkoninae)
Gattung: Halbfinger-Geckos (Hemidactylus)
Art: Europäischer Halbfinger
Wissenschaftlicher Name
Hemidactylus turcicus
Linnaeus, 1758

Der Europäische Halbfinger, auch Türkischer Halbfingergecko (Hemidactylus turcicus), oft auch als „Hausgecko“ bezeichnet, ist einer der am häufigsten vorkommenden Geckos. Er lebt versteckt in Häusern und ernährt sich von Insekten. Erwachsene Halbfingergeckos können eine Kopf-Rumpf-Länge von acht und eine Gesamtlänge von 15 cm erreichen. Als versteckt lebender, dämmerungs- und nachtaktiver Jäger hat der Türkische Halbfingergecko große lidlose Augen. Die Haut wirkt je nach Untergrund und Lichteinfall sandfarben gelblich, rötlich bis dunkelbraun, hat dunkle, fast schwarze Flecken und helle Tuberkelschuppen, die die Form des Geckos gegenüber dem Untergrund auflösen und eine fast perfekte Tarnung auf Holz und Stein bieten. Wie alle Halbfingergeckos hat auch der türkische Halbfingergecko neben Haftzehen auch Krallen und kann sowohl auf glattem als auch auf rauhem Untergrund laufen.

Inhaltsverzeichnis

Verbreitung

Als Kulturfolger und Neozoon ist der Europäische Halbfinger hochgradig invasiv. Die erste große Verbreitungswelle wurde in der Antike durch griechische und phönizische Seefahrer ausgelöst und dehnte das Verbreitungsgebiet auf den gesamten Mittelmeerraum aus. Ein zweiter Verbreitungsschub mit Beginn der Neuzeit führte zur Besiedelung der spanischen und portugiesischen Kolonien. Durch Flug- und Schiffsverkehr ist das Tier seit dem zweiten Weltkrieg auf jedem Kontinent und auf fast jeder Insel in tropischen oder mediterranen Klimaten zu finden. Weibchen können Sperma für ein Jahr auf Vorrat speichern und somit ca. 6 Gelege mit je 2 Eiern produzieren. In Deutschland existiert am Neckar seit den 1970er Jahren eine stabile Population und es ist zu erwarten, dass durch den modernen Flugtourismus und internationalen Warenverkehr in Innenräumen nördlich der Alpen weitere Populationen entstehen.

Artenschutz

Der Europäische Halbfinger wird durch die Bundesartenschutzverordnung geschützt. Die Haltung von in Gefangenschaft gezüchteten Tieren ist zulässig, erfordert aber eine Anmeldung bei den zuständigen Landesbehörden.

Auf Grund der weiten Verbreitung ist Hemidactylus turcicus in den meisten Ländern nicht geschützt. Dies führt dazu, dass Wildfänge z. B. als Hemidactylus brookii oder unter Fantasienamen importiert und im Zoohandel als „Futtergeckos“ angeboten werden.

Verhalten

Der Europäische Halbfinger lebt in Kolonien, in denen die Männchen ihre Reviere gegen andere Männchen und artfremde Futterkonkurrenten, z. B. andere Geckos, aber auch gegen Spinnen verteidigen. Zumeist nutzt die gesamte Kolonie ein Gemeinschaftsklo, wo es genauso wie an den Sonnenplätzen selten zu Streit kommt.

In der Literatur wird der Halbfingergecko als nachtaktiv bezeichnet. Doch man kann das Verhalten auch als scheu und versteckt lebend beschreiben. Steigt die Populationsdichte durch den Mangel an Raubtieren, wie Hunden oder Katzen, an, können die Jagdgewohnheiten in einer Wohnung dreister werden. Z. B. wird dann auch in Lampen oder in der Nähe von Kerzen gejagt. Im Terrarium bleiben die Geckos meist scheuer als in Wohnungen.

Der Fußboden oder von oben offene Flächen werden zumeist gemieden. Eher finden sich die Geckos unter Tischen, Regalen unter den Blättern von Zimmerpflanzen oder anderen Verstecken. Die Sonnenplätze sind meist nur vom Winkel der Sonne einsehbar, häufig ist jedoch das Gemeinschaftsklo in einer versteckten Ecke am Boden oder in Bodennähe.

Zum Schlafen braucht der Europäische Halbfinger eine Spalte, die sowohl Bauch- als auch Rückenkontakt bietet. Tagsüber wird mehrmals der Platz zur passiven Themoregulation gewechselt. Nachts bleibt der Gecko bis ca. 15 °C Raumtemperatur aktiv. Die Tage nach der Fütterung kann ein indirektes (z. B. unter einen Blatt) oder direktes Sonnen bei 25 bis 30 °C beobachtet werden, das zum Erreichen der Verdauungstemperatur nötig ist. Bei zu hohen Tagestemperaturen ziehen sich die Geckos in tiefere, feuchtere oder schattigere Ecken zurück. Bei der Jagd oder anderen Erregungszuständen ist ein hektisches Luftpumpen mit der Kehle zu beobachten.

Krankheiten und Lebenserwartung

Bei Krankheiten ist ein reptilienkundiger Tierarzt zu konsultieren.

Eimeria turcicus ist eine für Hemidactylus turcicus normale Coccidienart. Dieser Einzeller sollte nicht behandelt werden, sondern im Gegenteil sollte Jungtieren die Möglichkeit gegeben werden, das Klo der Elterntiere zu besuchen, um eine normale Darmflora zu bekommen. Bei anderen Reptilien kann Eimeria turcicus jedoch die Galle befallen. Eine solche Infektion kann zum Tode führen, weswegen Europäische Halbfinger nicht mit anderen Reptilien vergesellschaftet oder gar als Futtergeckos verfüttert werden sollten. Eimeria ist durch eine Trivialuntersuchung einer Kotprobe festzustellen, die genaue Artbestimmung der Eimeria ist jedoch nur im Labor möglich.

Die normale Lebenserwartung bei guter Pflege im Terrarium beträgt ca. 10 Jahre. Zu diesem Zeitpunkt setzt häufig eine Erblindung ein, die das selbständige Jagen verhindert. Futterzahme Tiere können doppelt so alt werden.

Literatur

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Weblinks


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