- Henri Matisse, Scherenschnitt
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Henri Matisse (* 31. Dezember 1869 in Le Cateau-Cambrésis, Aisne, Frankreich; † 3. November 1954 in Cimiez, heute ein Vorort von Nizza), vollständig Henri Émile Benoît Matisse, war ein französischer Maler, Grafiker, Zeichner und Bildhauer. Er zählt mit Pablo Picasso zu den bedeutendsten Künstlern der Moderne und gilt neben André Derain als Wegbereiter und Hauptvertreter des Fauvismus, der die Loslösung vom Impressionismus propagierte und eine künstlerische Revolution des 20. Jahrhunderts darstellt.[1] Matisse fand seinen eigenen künstlerischen Stil durch die Anwendung der reinen Farbe für die räumliche Wirkung. In seinen Gemälden sind die Farbgebung, der spielerische Bildaufbau und die Leichtigkeit seiner Bildthemen sowie die Einfachheit der Komposition das Ergebnis langer Studien.[2] Mit seinen in den 1940-er Jahren entstandenen papiers découpés, ein Beispiel ist das Künstlerbuch Jazz, schuf Matisse ein Spätwerk, das seine Reduktionsbestrebungen zum Abschluss bringt. Die von ihm geplante und ausgestattete Rosenkranzkapelle in Vence, eingeweiht im Jahr 1951, hielt der Künstler selbst für sein Meisterwerk.[3] Seine stilistischen Neuerungen beeinflussten die Moderne Kunst. So geht unter anderem die Entstehung des abstrakten Expressionismus in den USA mit auf seinen Einfluss zurück.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Kindheit und Ausbildung
Henri Matisse, Sohn des Émile Matisse und dessen Ehefrau Héloïse, geborene Gérard, wurde auf dem Hof der Großeltern in Le Cateau-Cambrésis geboren. Seine Eltern betrieben in Bohain-en-Vermandois eine Drogerie und einen Samenhandel; hier wuchs Matisse auf. 1872 wurde sein Bruder Émile Auguste geboren. Der Vater wünschte, dass sein ältester Sohn das elterliche Geschäft übernehmen möge. Dieser entschied sich jedoch, nachdem er von 1882 bis 1887 das humanistische Henri-Martin-Gymnasiums in Saint-Quentin besucht hatte, für das Studium der Rechtswissenschaft in Paris, das er zwei Jahre lang absolvierte.
Während einer kurzen Tätigkeit als Anwaltsgehilfe 1889 in Saint-Quentin belegte Matisse in den Morgenstunden Zeichenkurse an der École Quentin de la Cour. Im Jahr 1890 begann er nach einer Blinddarmoperation, deren Folgen ihn ein Jahr lang ans Bett fesselten, mit der Malerei. Er gab 1891 seine juristische Karriere auf, kehrte nach Paris zurück und trat in die Académie Julian ein – an der unter anderem der Salonmaler William Adolphe Bouguereau unterrichtete – um sich auf die Aufnahmeprüfung an der École des Beaux-Arts vorzubereiten. Dabei scheiterte er im ersten Anlauf.[4]
Matisse besuchte ebenfalls die École des Arts décoratifs (Kunstgewerbeschule), an der er Albert Marquet kennenlernte, mit dem ihn eine lange Freundschaft verband. Im Jahr 1895 wurden beide nach bestandener Aufnahmeprüfung der École des Beaux Arts Schüler des symbolistischen Malers Gustave Moreau, in dessen Klasse sie bereits 1893 als Gastschüler aufgenommen worden waren. Matisse wurde 1894 Vater einer Tochter, Marguerite († 1982), die Mutter war Camille (Caroline) Joblaud, eine Frau, die er als Modell beschäftigte und die seine Geliebte war.
Während eines Aufenthalts in der Bretagne im Jahr 1896 lernte Matisse durch den Maler Émile Wéry, seinen Nachbarn vom Quai Saint-Michel 19, der ihn auf der Reise begleitete, die impressionistische Farbpalette kennen. In dieser Zeit begann er, klassische Werke im Louvre zu kopieren und stellte erstmals fünf Gemälde im Salon der Société Nationale des Beaux Arts aus.[5] In den Jahren 1897 und 1898 besuchte er den Maler John Peter Russell auf Belle-Île, einer Insel vor der Küste der Bretagne. Russell führte ihn in die impressionistische Malweise ein und machte ihn mit dem Werk von Vincent van Gogh bekannt. Matisse’ Malstil veränderte sich grundlegend, und später führte er aus: „Russell war mein Lehrer, und Russell erklärte mir die Farbtheorie“.[6]
1898 heiratete Matisse Amélie Noellie Parayre. Auf den Rat Camille Pissarros reiste er nach London, um dort die Arbeiten Turners zu studieren und die Flitterwochen zu verbringen; anschließend besuchte er Korsika und Toulouse. Aus der Ehe gingen zwei Söhne, Jean (*1899) und Pierre (*1900) hervor.[7] Marguerite wurde in die Familie aufgenommen; Matisse liebte seine Tochter sehr und schuf von ihr viele Porträts. Sie heiratete den Kunstkritiker und Philosophen Georges Duthuit; im Jahr 1983 gab sie mit ihrem Sohn Claude Duthuit das Werkverzeichnis der Druckgrafik ihres Vaters heraus.[8]
Als sein Lehrer Gustave Moreau starb, verließ Matisse 1899 die École des Beaux Arts, da es Differenzen mit Moreaus Nachfolger Fernand Cormon gab. Nach einem erneuten kurzen Studium an der Académie Julian belegte er Kurse bei Eugéne Carrière, der ein Freund des Bildhauers Auguste Rodin war. Matisse lernte hier seine späteren Weggefährten André Derain und dessen Freund Maurice de Vlaminck kennen. Er malte mit Albert Marquet im Jardin du Luxembourg und besuchte in den Abendstunden Kurse für Skulptur.[9] Noch im selben Jahr kaufte er bei Vollard das Gemälde Drei Badende von Paul Cézanne. Trotz schwerer finanzieller Sorgen behielt er das Werk, das einen weitreichenden Einfluss auf sein Denken und Schaffen ausübte, bis zum Jahr 1936. In diesem Jahr übergab er das Gemälde als Geschenk an das Museum der schönen Künste im Petit Palais in Paris.[10]
Krisenjahre
An der Académie Rodin besuchte Matisse im Jahr 1900 Abendkurse und arbeitete unter der Leitung des Bildhauers Antoine Bourdelle mit anfangs geringem Erfolg.[11] Aufgrund mangelnder Einnahmen – das Modistengeschäft seiner Frau warf zum Lebensunterhalt nicht genug Einnahmen ab, und die Kinder mussten oft den Großeltern überlassen werden – geriet er in eine schwere finanzielle Krise und nahm Arbeit als Dekorationsmaler an. Gemeinsam mit Albert Marquet malte Matisse Girlanden und Rahmenschmuck für die Ausstattung der Weltausstellung 1900, die im Pariser Grand Palais stattfand. Die Arbeit war anstrengend, deshalb kehrte er erschöpft nach Bohain zurück, um sich zu erholen. In jenen Tagen war Matisse derart entmutigt, dass er daran dachte, die Malerei aufzugeben. Nachdem er seine Krise überwunden hatte, bemühte er sich um Kunstsammler und Austellungsmöglichkeiten. Eine erste Einzelausstellung seiner Arbeiten fand 1904 bei dem französischen Kunsthändler Ambroise Vollard statt. Im Sommer desselben Jahres reiste Matisse auf Veranlassung von Paul Signac nach Saint-Tropez und begann, Bilder im Stil des Neoimpressionismus zu malen.[12]
Entstehung des Fauvismus
Den Sommer des Jahres 1905 verbrachte Matisse mit André Derain und zeitweise mit Maurice de Vlaminck in Collioure, einem Fischerdorf am Mittelmeer. Dieser Aufenthalt wurde zu einem bedeutsamen Wendepunkt in seinem Schaffen. So kristallisierte sich in dieser Zeit in Zusammenarbeit mit Derain ein Stil heraus, der unter dem Namen Fauvismus in die Kunstgeschichte einging. Die Bewegung erhielt ihren Namen, als die kleine Gruppe gleichgesinnter Maler, bestehend aus Matisse, André Derain und Maurice de Vlaminck, zum ersten Mal in einer Ausstellung des Salon d’Automne in Paris im Herbst 1905 ihre Bilder zeigten und Empörung bei Publikum und Kunstkritikern ernteten.[13]
Der Kritiker Louis Vauxcelles bezeichnete die Künstler als „Fauves“ („Die wilden Tiere“). Sein Kommentar „Donatello au milieu des fauves!“ wurde am 17. Oktober 1905 in der Zeitung Gil Blas veröffentlicht und erlangte Eingang in den allgemeinen Sprachgebrauch.[14] Im Mittelpunkt der Kritik stand das starkfarbige Gemälde Femme au chapeau (Frau mit Hut) von Matisse. Michael Stein, ein Bruder von Gertrude Stein, kaufte das Bild. Dieser „Skandalerfolg“ trieb Matisse’ Marktwert in die Höhe. Die Steins gehörten ebenfalls in der Zukunft zu seinen Förderern.[15] Die Gruppe der Fauvisten löste sich bereits 1907 wieder auf.
Bekanntschaft mit Picasso
Am 20. März 1906 zeigte Matisse im Salon des Indépendants sein neues Werk Bonheur de vivre (Lebensfreude). Kritiker und akademische Maler reagierten gereizt, und sogar Paul Signac, Vizepräsident der Indépendants, reihte sich ein und nahm Matisse die durch das Gemälde deutlich gewordene Absage an den Nachimpressionismus übel. Leo Stein empfand es jedoch „als das wichtigste Bild unserer Zeit“ und erwarb es für den gemeinsam mit seiner Schwester Gertrude geführten Salon. Im selben Jahr lernte Matisse Pablo Picasso kennen; ihr erstes Zusammentreffen fand im Salon der Steins statt, in dem Matisse seit einem Jahr regelmäßig verkehrte. Mit Picasso verband ihn seit dieser Zeit eine rivalisierende Freundschaft, die von gegenseitigem Respekt getragen wurde.[16] Getrude Steins amerikanische Freunde aus Baltimore, Clarabel und Etta Cone, wurden ebenfalls Förderer von Matisse and Picasso. In der Gegenwart ist die Cone Collection im Baltimore Museum of Art ausgestellt.[17]
Reise nach Algerien
Im Mai 1906 reiste Matisse nach Algerien und besuchte die Oase Biskra. Während der Reise malte er nicht; erst nach der Rückkehr entstand das Gemälde Blauer Akt (Erinnerung an Biskra) und vor Vollendung des Gemäldes eine Skulptur Liegender Akt, die eine identische Körperhaltung aufweist. Von der zweiwöchigen Reise brachte er Gebrauchsgegenstände wie Keramiken und Stoffe mit, die er häufig als Motive für seine Bilder verwendete. Matisse entnahm der orientalischen Keramik die reine, flächig aufgetragene Farbe, die Reduktion der Zeichnung auf eine arabeskenhafte Linie sowie die flächige Anordnung des Bildraums. Orientalische Teppiche erschienen auf seinen Gemälden wie bei keinem anderen Maler der Moderne. Ein Beispiel ist das Stillleben Orientalische Teppiche, das er nach der Rückkehr malte.[18]
Die Académie Matisse
Auf Betreiben und mit Unterstützung seiner Bewunderer, Michael, Sarah, Gertrude und Leo Stein sowie Hans Purrmann, Marg und Oskar Moll und anderer gründete er eine private Malschule, die seinen Namen erhielt: Die „Académie Matisse“. Dort unterrichtete er von Januar 1908 bis 1911 und hatte schließlich 100 Schüler aus dem In- und Ausland. Purrmann war für Organisation und Verwaltung zuständig.[19]
Der Unterricht fand zunächst in den Räumen des Couvent des Oiseaux an der Rue de Sèvres statt. In diesem leerstehenden Kloster hatte Matisse bereits seit 1905 neben seinem ursprünglichen Atelier am Quai St.-Michel einen weiteren Atelierraum angemietet. Nachdem die Gründung der Privatakademie feststand, mietete Stein im Couvent einen weiteren Raum für den Unterricht an. Allerdings musste der Klosterkomplex schon nach wenigen Wochen geräumt werden. Die Schule zog deshalb in den Couvent de Sacré-Cœur auf dem Boulevard des Invalides an der Ecke der Rue de Babylon um.
Durch ihren nicht-kommerziellen Charakter hob sich die Académie Matisse von vergleichbaren Meisterateliers ab. Matisse legte viel Wert auf eine klassische Grundausbildung der jungen Künstler. Einmal in der Woche stand ein gemeinsamer Museumsbesuch auf dem Lehrplan. Das Arbeiten nach einem Modell kam erst nach der Mühe des Kopierens. Für die damalige Zeit war der Frauenanteil innerhalb der Schülerschaft überraschend hoch. Unter den insgesamt 18 deutschen Schülern, beispielsweise Friedrich Ahlers-Hestermann und Franz Nölken, waren acht Künstlerinnen, unter anderem Mathilde Vollmoeller.
Mit Purrmann unternahm Matisse 1908 seine erste Reise nach Deutschland. Dort lernte er die Werke deutscher Expressionisten kennen. Im selben Jahr fand seine erste amerikanische Ausstellung in Alfred Stieglitz’ Galerie 291 statt. Seine kunsttheoretische Schrift Notes d’un Peintre (Notizen eines Malers) erschien am 25. Dezember 1908 in der Grande Revue.[20]
Umzug nach Issy-les-Moulineaux und Kriegsjahre
Der russische Mäzen Sergej Schtschukin begann, die Werke von Matisse zu sammeln und erteilte ihm den Auftrag zu zwei großen Wandbildern, Der Tanz und Die Musik. Die Krisenjahre waren überwunden, und die von nun an finanziell gefestigte Position ermöglichte es Matisse, 1909 den Wohnsitz am Quai Saint-Michel in Paris zu verlassen und nach Issy-les-Moulineaux zu ziehen, wo er ein Haus kaufte und auf dem Grundstück sein Atelier errichten ließ. Für lange Zeit standen ihm die Familienmitglieder kostenlos Modell und kamen seinen Wünschen verständnisvoll entgegen. Sie richteten sich nach den Bedürfnissen des Künstlers, beispielsweise mussten die Kinder beim Essen schweigen, um die Konzentration des Vaters nicht zu stören.[21]
Nach der Teilnahme an der von Roger Fry im Jahr 1910 zusammengestellten Ausstellung Manet and the Postimpressionists in London wurden seine Skulpturen 1912 in Alfred Stieglitz’ Galerie 291 in New York ausgestellt. Ein Jahr später, 1913, nahmen einige seiner Gemälde an der bedeutenden Ausstellung Armory Show, New York, teil, die das konservative amerikanische Publikum jedoch mit ätzender Kritik bedachte.
Neben seinen Aufenthalten in Sevilla (1910/1911) und Tanger (1911/1912 und 1912/1913) weilte er im Sommer 1914 in Berlin. Während Matisse sich im August 1914 in Paris aufhielt, kam es zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs. Matisse meldete sich zum Militärdienst, sein Gesuch wurde abgelehnt. Das Gehöft der Familie wurde bei einem deutschen Angriff zerstört; Matisse erhielt keine Nachricht mehr von seiner Mutter und von seinem Bruder, der wie die anderen Männer des Dorfes von deutschem Militär als Kriegsgefangener mitgenommen wurde. Kurz vor der Marne-Schlacht verließ Matisse Paris und fuhr mit Marquet nach Collioure. Die Schrecken jener Zeit führte Fauvisten und Kubisten, die bisher durch künstlerische Konflikte zerstritten waren, wieder näher zusammen, so wohnte Juan Gris bei dem Lehrer der Kinder von Matisse. Dessen kubistischer Einfluss verstärkte Matisse’ Neigung zu geometrischer Vereinfachung. Die Söhne Jean und Pierre mussten ab dem Sommer 1917 Militärdienst leisten.[22]
In Nizza
Matisse hielt sich 1916 auf ärztliches Anraten in Menton an der Côte d’Azur auf, da er unter Bronchitis litt und mietete 1916/1917 in Nizza im Hôtel Beau-Rivage ein Zimmer. Diese Stadt sollte für die weiteren Jahre zu seinem Domizil werden. Nachdem er zwischenzeitlich im Hôtel Méditerranée wohnte, bezog er in den zwanziger Jahren eine zweistöckige Wohnung am Place Charles-Félix in Nizza. In den Monaten Mai bis September kehrte er regelmäßig nach Issy-le-Moulineaux zurück und arbeitete dort in seinem Atelier.[23]
1918 fand in der Galerie Guillaume die Ausstellung Matisse – Picasso statt, die in gewissem Maße ein Beweis für die führende Rolle dieser Maler in der zeitgenössischen Kunst war. [24] Er zeigte einige seiner Bilder Renoir, den er in dieser Zeit oft besuchte; ebenso verkehrte er mit Bonnard in Antibes.
Im Jahr 1920 wurde Djagilews Ballett Le Chant du Rossignol in Paris uraufgeführt, für das Matisse die Kostüme und das Bühnenbild entworfen hatte. Er widmete sich erneut der Arbeit an Skulpturen, die er in den vorhergehenden Jahren vernachlässigt hatte. 1927 organisierte sein Sohn Pierre Matisse, der Galerist geworden war, eine Ausstellung für ihn in seiner New Yorker Galerie; im selben Jahr erhielt er den Preis für Malerei der Carnegie International Exhibition in Pittsburgh.
Zur Entspannung unternahm Matisse viele Reisen, so 1921 nach Étretat, 1925 nach Italien und 1930 über New York und San Francisco nach Tahiti.[25] Auf der Rückreise im September 1930 besuchte er seinen wichtigen Sammler Albert C. Barnes in Merion (USA), der ihn um eine Dekoration unter dem Thema Tanz für sein Privatmuseum bat. Werke von Georges Seurat, Cézanne, Auguste Renoir füllten hier bereits die Wände. Matisse nahm die Herausforderung an und konnte sie 1932 fertigstellen. Im Jahr 1933 wurde sein Enkel Paul Matisse in New York geboren.
In den folgenden Jahren entstanden Projekte für Tapisserien und Buchillustrationen. Er radierte Szenen aus der Odyssee als Illustrationen zum Ulysses von James Joyce. Im November 1931 gab das Museum of Modern Art Matisse die Gelegenheit zu seiner ersten großen amerikanischen Einzelausstellung in New York. Vorausgegangen war eine bedeutende Ausstellung in der Berliner Galerie Thannhauser im Spätsommer 1930. So brachten die Jahre 1930 bis 1931 viele von Matisse’ persönlichen Plänen zur Reife und festigten seinen bereits wachsenden internationalen Ruf. Im Oktober erschien das erste von Matisse illustrierte Buch, die Skira-Ausgabe der Poésie de Stéphane Mallarmé.
1937 wurde Matisse von Léonide Massine gebeten, Dekorationen und Kostüme für Rouge et noir zu entwerfen, ein Ballett mit der Musik von Schostakowitsch und der Choreographie von Massine. 1938 übersiedelte er nach Cimiez ins frühere Hotel Régina, mit Blick auf Nizza, wo er bis zu seinem Tod wohnte.
Für die gewaltige Aufgabe von Barnes’ Wandgemälde hatte Matisse die 22-jährige russische Emigrantin Lidia Delektorskaya als Assistentin angestellt, die ihm außerdem Modell saß. Daraufhin wurde er von seiner Frau Amélie vor die Alternative gestellt wurde: „Ich oder sie.“ Lidia Delektorskaya wurde entlassen, trotzdem forderte Amélie die Scheidung und verließ ihn nach 31 Jahren Ehe. Matisse wurde sehr krank und stellte Delektorskaya wieder ein. Nach einem Parisaufenthalt bei Ausbruch des Zweiten Weltkriegs kehrte er nach Nizza zurück.[26]
Schwere Krankheit – Arbeit an Jazz
1941 musste sich Matisse in Lyon einer schweren Darmoperation unterziehen. Fast drei Monate blieb er in der Klinik, danach zwei Monate mit Grippe im Hotel. Er litt an einem Zwölffingerdarmkrebs und zwei nachfolgenden Lungenembolien.
Im Mai kehrte er wieder nach Cimiez zurück. Die Operation und die darauffolgende Krankheit setzten ihm ernstlich zu, sodass er sich nur noch beschränkte Zeit aufrechthalten konnte. Während seiner Rekonvaleszenz begann er von neuem zu arbeiten, er malte und zeichnete im Bett, so unter anderem an den Illustrationen für die Fabiani-Ausgabe von Henry de Montherlants Pasiphaé und die Skira-Ausgabe der Florilége des amours de Ronsard.
In seinem nach einem Luftangriff auf Cimiez im Jahr 1943 bezogenen Atelier zu Füßen des Montagne du Baou in der Villa Le Rêve, zwei Kilometer vom Hauptplatz des provenzalischen Dorfes Vence entfernt, begann Matisse an seinen Schnitt- und Klebekompositionen für sein Buch Jazz zu arbeiten, obwohl es um seine Gesundheit immer noch nicht gut bestellt war. 1944 wurde seine geschiedene Frau verhaftet und Tochter Marguerite wegen Beteiligung an der Résistance deportiert und zu einer sechsmonatigen Haft verurteilt.[27] Le Rêve blieb bis 1948 sein Wohnsitz, dann kehrte er nach Nizza in das Hotel Régina zurück.
Im Frühsommer 1945 reiste Matisse nach Paris, wo 37 Werke im Salon d’Automne in einer Retrospektive gezeigt wurden. Im selben Jahr stellte er mit Picasso zusammen im Victoria und Albert Museum in London aus. 1946 erhielt Matisse erstmals Besuch von Picasso und dessen Lebensgefährtin Françoise Gilot in Vence; bis 1954 trafen die beiden Künstler sich noch mehrmals.[28]
Letzte Jahre – Die Kapelle in Vence
Im Jahr 1947 wurde Matisse in den Rang eines Kommandeurs der Ehrenlegion erhoben. Im selben Jahr begann er mit seinen Entwürfen für eine Kapelle der Dominikanerinnen, die Rosenkranzkapelle in Vence, die ihn während der nächsten Jahre fast ausschließlich beschäftigen sollten. Das Projekt war das Ergebnis einer engen Freundschaft zwischen Matisse und Schwester Jacques-Marie. Er hatte Monique Bourgeois 1941 als Pflegerin und Modell angestellt; 1946 trat sie in ein Dominikanerkloster in Vence ein und erhielt den Namen Jacques-Marie. Als sie sich dort wiedersahen, bat sie ihn um Rat für die Errichtung einer Kapelle für das Kloster. Im Dezember 1949 wurde der Grundstein für die Kapelle gelegt, und am 25. Juni 1951 erfolgte die Einweihung durch den Bischof von Nizza. Ebenfalls im Jahr 1951 erhielt Matisse den ersten Preis für Malerei auf der Biennale in Venedig.
Im Zusammenhang mit seinen 1951 in den USA ausgestellten Werken gab der amerikanische Kunsthistoriker Alfred H. Barr Matisse: his Art and his Public heraus, das bis in die heutige Zeit ein bedeutendes Buch über den Künstler darstellt. Im Jahr 1952 eröffnete das Musée Henri Matisse in seiner Heimatstadt Le Cateau-Cambrésis seine Pforten. Ein Jahr später folgten Ausstellungen der papiers découpés in Paris und seiner Skulpturen in London.
Matisse arbeitete in den letzten Tagen seines Lebens an der Rockefeller Rose, die sein letztes Werk werden sollte, ein Glasfenster für die Union Church of Pocantico Hills, das er im Auftrag der Familie Nelson Rockefeller zur Erinnerung an Abby Aldrich Rockefeller gestaltete. Die Kirche enthält neben Matisse’ Werk auch Fenster von Marc Chagall.[29]
Matisse starb am 3. November 1954 in Nizza an einem Herzanfall. Sein Grab – der Gedenkstein ist zusätzlich versehen mit der Inschrift seiner früheren Ehefrau – liegt auf dem höchsten Punkt des Friedhofs von Cimiez; es ist ein Geschenk der Stadt Nizza.
Am 5. Januar 1963 wurde ein weiteres Museum, das Musée Matisse, in Nizza gegründet. Der Künstler selbst schenkte bereits vor der Gründung am 21. Oktober 1953 das Gemälde Stillleben mit Granatapfel (1947), vier Zeichnungen aus den Jahren 1941/42, den Scherenschnitt Die kreolische Tänzerin (1950) sowie die zwei Seidendrucke, Ozeanien – Das Meer und Ozeanien – Der Himmel, beide aus dem Jahr 1947. Weitere Schenkungen der Erben folgten zwischen den Jahren 1960 und 1978.[30]
Das malerische Werk
„Die Lehrer an der Beaux-Arts pflegten zu sagen: ‚Haltet Euch stur an die Natur!‘. Während meiner ganzen Laufbahn habe ich mich gegen diese Einstellung aufgelehnt, der ich mich nicht unterwerfen konnte. Diese Auseinandersetzung hatte verschiedene Wendungen in meinem Wege zur Folge, der ein ständiges Suchen nach Ausdrucksmöglichkeit jenseits des naturgetreuen Abklatsches war; solche Wendungen waren zum Beispiel der Divisionismus und der Fauvismus.“
– Henri Matisse, 1951[31]
Das Frühwerk bis 1900
Matisse entschied sich ziemlich spät für eine künstlerische Laufbahn. Als 20-jähriger Anwaltsgehilfe in St.-Quentin begann er, Kunstunterricht zu nehmen. Seine ersten Bilder entsprachen dem bürgerlichen Naturalismus, den die französische Schule von den Niederländern übernommen hatte. Ein bekanntes Bild aus dieser Zeit ist Die Lesende aus dem Jahr 1894, das sich heute im Musée National d’Art Moderne in Paris befindet. Das Stillleben mit Selbstbildnis in ähnlichen braun-grünen Farben folgte ein Jahr später. Es weist in seiner Ästhetik eine Ähnlichkeit zu Cézannes zwanzig Jahre älteren Stillleben auf, ohne deren Raffinesse zu haben. Bekannte Gemälde aus dem Jahr 1897 sind Der gedeckte Tisch und das Seestück, Belle Île; in letzterem finden sich Annäherungen an Claude Monets Sturm in Belle Île aus dem Jahr 1896, das die impressionistischen Einflüsse durch Monet und John Peter Russell in der Bretagne widerspiegelt.[32]
Das Hauptwerk von Matisse lässt sich in die folgenden fünf Perioden einteilen:[33]:
Fauve-Periode (1900−1908)
- Hauptartikel: Fauvismus
Im Jahr 1900 begann Matisse in einer Art zu malen, die als „Proto-Fauve“ bezeichnet wurde. Er wollte seine Formen nicht in Licht aufgelöst sehen, sondern als ein vollständiges Ganzes auffassen, und so entfernte er sich vom „orthodoxen“ Impressionismus. Es waren nun neben den Arbeiten Paul Cézannes die divisionistischen Arbeiten Seurats, denen er seine Aufmerksamkeit widmete. Georges Seurat und die Neoimpressionisten schufen ihre Werke nach der theoretischen Lehre, die auf der Farbtheorie Eugène Chevreuls basierte. Neben Seurat waren es auch Vincent van Gogh und Paul Gauguin, die Matisse’ Farbempfinden steigerten; die Imitation der Natur war nicht länger gefragt.[34] Matisse’ Figurenkomposition Luxus, Stille und Begierde (1904/05) entstand beispielsweise nach divisionistischen Regeln. Wenig später erkannte er, dass die divisionistische Bildauffassung nicht dazu geeignet war, den Bildwerken Festigkeit zu verleihen und die farblichen Empfindungen des Malers wiederzugeben, daher verließ er, wie es Cézanne schon Jahre vor ihm getan hatte, die impressionistische Richtung.[35]
Das Ergebnis seiner Arbeit während seiner fauvistischen Phase stellte nun eine Lösung bezogen auf die flächige Farbbehandlung dar, die dem „Zerfließen“ impressionistischer Bilder entgegensteht. Seine neue Farbpalette wies die Hauptfarben Rot und Grün auf, während die Impressionisten Gelb, Violett, Orange und Blau bevorzugten, um die Illusion von Licht und Schatten und die Vorstellung von Atmosphäre und Raum zu erzielen. Rot und Grün dagegen löscht die Tiefe und betont die bemalte Fläche. Beispiele sind Offenes Fenster in Colliure und Frau mit Hut, beide aus dem Jahr 1905, die auf der Ausstellung im Salon Empörung hervorriefen und damit zum Begriff Fauvismus führten. In seinem Gemälde Der grüne Streifen. Bildnis Madame Matisse, ebenfalls aus dem Jahr 1905, bildet das Grün eine feste Größe. Der auf den ersten Blick unnatürlich wirkende Streifen über dem Gesicht ist nicht willkürlich gesetzt, sondern dient als Grenze zwischen Licht- und Schattenzone.[36][37] Matisse zeigte auf, dass durch die Autonomie der Farbe in Verbindung mit ihrem flächenhaften Auftrag, die „Objekte“ untereinander zu „linearisieren“ sind, ihre räumlichen Zusammenhänge somit in den Hintergrund treten müssen. Die Werke der Folgejahre stellen in erster Linie Variationen dieser grundlegenden Erkenntnis dar.
Nach Matisse’ Aussage begann sein Lebenswerk mit dem Gemälde Die Lebensfreude, das er 1906 im Salon des Indépendants ausstellte, wo es heftige Kritik hervorrief. Nach der Algerienreise 1906 entstand Blauer Akt (Erinnerung an Biskra), die Palmen im Hintergrund reflektieren die Reise. Der weibliche Akt lastet schwer auf dem Boden und wirft einen Schatten. Die dominante Figur und die flächige Umgebung gibt Matisse’ Auffassung wieder: „Gerade die Figur und nicht das Stillleben oder die Landschaft interessiert mich am meisten. An ihr kann ich am besten, man könnte sagen, das mir stets eigene religiöse Gefühl dem Leben gegenüber zum Ausdruck bringen.“[38]
Experimentelle Periode (1908–1917)
„Die Bilder der Impressionisten sind voll widersprechender Eindrücke. Wir wollen etwas anderes, wir wollen innere Ausgeglichenheit durch Vereinfachung der Ideen und gestaltenden Formen erreichen.“
– Henri Matisse, 1909[39]
Matisse’ experimentelle Periode, in der er sehr produktiv war, wird in zwei Phasen unterteilt: In der ersten Phase von 1908 bis 1910 herrschen organisch-flüssige und arabeske Formen vor, während die zweite Phase von 1911 bis 1917, geprägt von Matisse’ Auseinandersetzung mit dem Kubismus, von geometrischen Formen dominiert wird. Matisse hat seine Malerei niemals einer einheitlichen Stilistik untergeordnet, sondern er vollzog häufig Positionswechsel, von dekorativen zu realistischen Phasen.[40]
Im Jahr 1909 gab der russische Kunstmäzen Schtschukin zwei große Werke in Auftrag, La Danse (Der Tanz) und La Musique (Die Musik), die zum Schmuck des Treppenhauses seines Moskauer Domizils dienen sollten. Vom Tanz entstanden zwei Fassungen in unterschiedlichen Farbtönungen. Inspiriert wurde Matisse vom provenzalischen Rundtanz Farandole. Die jeweils aus fünf Körpern vor einem starkfarbigen Hintergrund bestehenden Bilder vermitteln Lebensfreude, der dekorative Stil verbindet sich mit der menschlichen Figur. Ihre Monumentalität folgt aus der Vereinfachung der malerischen Mittel: wenige Farben sind in großen homogenen Flächen aufgetragen, die Zeichnung wird zur reinen Linie, die die Formen bildet. Der Tanz gehört zu Matisse’ bekanntesten Werken. Bestimmt durch die Vereinfachung der Formen wird auch das Gemälde Blumenstrauß und Keramikteller aus dem Jahr 1911. Bedingt durch den Ausbruch des Ersten Weltkriegs wird seine Farbskala dunkler, die Reduktion auf geometrische Formen in Anlehnung an den Kubismus erreichte 1914 mit dem Bild Ansicht von Notre Dame ihren Höhepunkt und setzte sich bis 1918 fort. Das Schwarz spielt in den Kriegsjahren eine große Rolle, ein Beispiel ist das Türfenster in Colliure, 1914.[41]
Nizza-Periode (1917−1929)
Matisse widmete sich unter anderem dem Malen von Odalisken in verschiedenen Positionen. Auch Porträts, lichtdurchflutete Interieurs, Stillleben, Landschaften standen im Zentrum seines Darstellungsinteresses. Seine Werke wiesen mehr naturalistische Züge auf als jemals zuvor. Indem Matisse seine fantasievolle Vorstellung real gestaltete, bewies er damit seinen Glauben an die Malerei als „Quelle ungetrübter Freude“.[42] Die Liebe zur Farbe und zum Detail wird durch den oft außergewöhnlichen „ornamentalen Hintergrund“ deutlich. Das Gemälde Dekorative Figur vor ornamentalem Hintergrund (1925/26) weist besonders die emblematischen Attribute seiner Malerei auf: eine Frau, Blumen und bunte Stoffe im Hintergrund. Es zählt zu den bedeutendste Werken der „Nizza-Periode“. Sein Modell war zu dieser Zeit Henriette Darricarrère. In Nizza dekorierte er sein Atelier mit Stoffbahnen, Teppichen und Vorhängen. Der mit Blumen übersäte Stoff erscheint noch bei weiteren Werken, beispielsweise in Zwei Odalisken (1927/28) und Odaliske mit Lehnstuhl (1928).[43]
Periode erneuter Einfachheit (1929−1940)
Der Nizza-Periode folgte eine Periode erneuter Einfachheit. Sein künstlerisches Streben konzentrierte sich auf die Harmonie zwischen der maximalen Entfaltungsmöglichkeit der Farbe und einer fortschreitenden Abstraktion der gegenständlichen Form. Im Jahr 1929 reiste er in die USA und war dort Jurymitglied der 29. Carnegie International. Ein Jahr später reiste er nach Tahiti, New York und Baltimore, Maryland sowie nach Merion in Pennsylvania. Albert C. Barnes aus Merion, ein bedeutender Kunstsammler moderner Kunst, der bereits die größte Matisse-Sammlung Amerikas besaß, beauftragte den Künstler, ein großes Wandbild für die Kunstgalerie seines Wohnhauses anzufertigen. Matisse wählte ein Tanzthema, das ihn bereits seit seiner fauvistischen Phase eingenommen hatte. Das Wandbild existiert in zwei Versionen aufgrund eines Irrtums in den Maßangaben; es wurde im Mai 1933 installiert und wird gegenwärtig bei der Barnes Foundation ausgestellt. Die Komposition zeigt in ihrer Einfachheit tanzende Frauen in überaus starker Bewegung vor einem abstrakten, fast geometrischen Hintergrund. Bei den Vorarbeiten zum Wandbild wandte Matisse ein neues Verfahren an, indem er die Komposition aus ausgeschnittenen Teilen kolorierten Papiers zusammenfügte. Ab 1940 wurden die Scherenschnitte zu Matisse’ bevorzugtem Ausdrucksmittel, eine Technik, die er bis zum Lebensende beibehielt.[44]
Periode der Beschränkung auf das Wesentliche (1940−1954)
Die Reduktion der Form bis hin zur Abstraktion führte Matisse zur Betonung des dynamischen Elements. Um 1943 wurde aus gesundheitlichen Gründen der Papierschnitt zu einem Hauptausdrucksmittel in der Arbeit des erkrankten Künstlers; um 1948 schloss Matisse ganz mit der Malerei ab. Er ließ von Assistenten Papierbögen mit monochromer Gouachefarbe bemalen, aus denen er seine Figuren und freien Formen ausschneiden konnte. Matisse nannte diese Technik „mit der Schere zeichnen“. 1947 wurde eine Folge von Papierschnitten aus den Jahren 1943 bis 1944 als Künstlerbuch unter dem Titel Jazz veröffentlicht, die im Schablonendruck vervielfältigt worden waren. Der Titel spielt auf die Spontanität und Improvisation des Musikstils Jazz an. Hinzu kamen Entwürfe für Wandteppiche wie Polynesien – Der Himmel und Polynesien – Das Meer, 1946. Die Ausgestaltung einer Kapelle, der Rosenkranzkapelle, (auch Chapelle Matisse genannt), in Vence, eingeweiht 1951, deren Glasfenster ebenfalls in Papierschnitten vorbereitet wurden, zeigt die erste Glasmalerei des Künstlers. Ein weiteres Beispiel für Matisse’ Scherenschnitte, die papiers découpés, ist der Blaue Akt, eine Serie aus dem Jahr 1952; sie ist ausschließlich in Blau und Weiß gehalten und hat in seiner Abstraktion eine skulpturale Wirkung.
Das grafische Werk – Buchillustrationen
Matisse’ schuf Zeichnungen, Studien zu seinen Werken, in großer Anzahl. Sein Interesse an grafischen Arbeiten begann um 1900, als er probeweise anfing zu radieren. Das von seiner Tochter Marguerite Duthuit und seinem Enkel Claude Duthuit herausgegebene Werkverzeichnis der Druckgrafik beschreibt etwa 800 Arbeiten, wobei die zwischen 1908 und 1948 entstandenen rund 300 Radierungen und 300 Lithografien aus den Jahren 1906 bis 1952 den Schwerpunkt bilden. Außerdem schuf er 62 Werke in Aquatinta, 68 Monotypien, 70 Linolschnitte und aus der Frühzeit 1906/07 vier Holzschnitte. Im Gegensatz zu Picasso verzichtete Matisse auf die Erprobung neuer Materialien und Techniken.[45]
Nach Ausbruch des Zweiten Weltkriegs nahm Matisse’ grafische Arbeit einen größeren Raum ein, so entwarf er Illustrationen zu Henry de Montherlants Pasiphaé (1944), Pierre Reverdys Visages (1946), Mariana Alcaforados Lettres portugaises (1946), Charles Baudelaires Les Fleurs du Mal (1947), Pierre de Ronsards Florilège des Amours (1948) und Charles d’Orléans’ Poèmes (1950). Diese Bücher waren meistens mit schwarz-weißen Illustrationen ausgestattet; im Unterschied hierzu versah er sein bekanntes Künstlerbuch Jazz aus dem Jahr 1947, in dem er seine Reflexionen über die Kunst und das Leben niederschrieb, mit farbigen Illustrationen.[46]
Das plastische Werk
Mehr als die Hälfte von Matisse’ Skulpturen entstanden in den Jahren zwischen 1900 bis 1910. Er arbeitete oft in Serien, wobei er die Form über Jahre hinweg vereinfachte. Die erste dreidimensionale Arbeit von insgesamt 82 Skulpturen, die Matisse schuf, entstand während Matisse’ bildhauerischen Studien ab dem Jahr 1899. Sie weist nicht nur auf den Einfluss von Auguste Rodin hin, sondern ebenfalls auf Antoine-Louis Barye, einen bekannten französischen Bildhauer, der für seine Tierskulpturen bekannt war. Matisse modellierte nach dessen Tiger-Bronze die Skulptur Jaguar, einen Hasen verschlingend, an der er von 1899 bis 1901 arbeitete. Die Skulptur Der Knecht entstand wie das gleichnamige Gemälde im Jahr 1900 und wurde 1903 beendet. Als Modell diente ihm der Italiener Bevilaqua, der schon für Rodin in dessen Werk Johannes der Täufer (1878) und Gehender Mann (1900) Modell gestanden hatte.[47] Matisse setzte oft Motive seiner Plastiken in Gemälde um oder umgekehrt. Die Größe seiner Skulpturen entsprachen nicht wie bei traditionellen Bildhauern der Lebensgröße, sondern wurden in kleinerem Format angelegt.
Im Jahr 1907 begann seine Arbeit am Liegenden Akt, den er aus dem Gemälde Luxus, Stille und Begierde (1904–05) weiter entwickelt hatte. Das Sujet sollte ihn 30 Jahre lang beschäftigen. Die Skulptur Zwei Negerinnen aus dem Jahr 1908 findet sich wieder auf seinem Stillleben von 1910, Bronze mit Früchten. Cézannes Gemälde, Die drei Badenden, 1899 erworben, diente Matisse zum Vorbild in Werken, die den Körper monumental abbilden, so wie beispielsweise in der Reliefserie der Rückenakte, die Matisse in den Jahren 1909 bis 1929 schuf. Die Inspiration zu der Serie Jeannette I – V von 1910 bis 1913 war ein früheres impressionistisches Gemälde, der Kopf der Jeanette wurde in den Fassungen mehr und mehr verfremdet. Jeanette V bildet eine Vorstufe zur körperlichen Abstraktion, die sich später, ab den 1930-er Jahren, in der Kunst ausbreitete. Die Anregungen durch die primitive Kunst schlugen sich nicht wie bei Picasso in seinen Gemälden nieder, sondern seine Transformationen blieben in dieser Hinsicht auf das plastische Werk beschränkt.[48]
Fast alle seine Skulpturen bestanden aus einer Edition von zehn Exemplaren, mit einer Ausnahme: Der Kleine dünne Torso aus dem Jahr 1929 existiert nur in drei Exemplaren. Matisse benutzte als Gusstechnik das Sand- und das Wachsausschmelzverfahren. Die meisten seiner plastischen Werke wurden in späteren Jahren gegossen, als eine größere Zahl von Sammlern sich dafür interessierte. Die Rückenakte I – IV, die zu den wichtigsten Matisse-Skulpturen gehören, wurden erst nach Matisse’ Tod auf Veranlassung seiner Erben gegossen. In den 1990-er Jahren ließen die Erben die meisten Originalformen vernichten, um weitere Editionen zu verhindern.[49]
Kunsttheoretische Schriften
Unter den vier größten französischen Malern der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts – Matisse, Picasso, Derain und Braque – war Matisse der erste Theoretiker. Seine Schrift aus dem Jahr 1908, Notes d’un peintre (Notizen eines Malers), ging den publizierten Aussagen von Braque und Picasso mit zeitlichem Abstand voraus. Obwohl Braques frühestes Interview (1908) im Jahr 1910 veröffentlicht wurde,[50] erfolgte die Veröffentlichung seiner Texte erst im Jahr 1917.[51] Picassos erste theoretische Aussage, Picasso speaks,[52] kam im Mai 1923 heraus.
In den Notizen eines Malers verdeutlichte Matisse die Hauptanliegen seiner Kunst: „Expression“ („Ausdruck und Aussage“), geistige Verarbeitung von Naturformen, Klarheit und Farbe. Ferner bekennt er in diesem Artikel seinen Glauben an die Kunst als Ausdruck der Persönlichkeit. Sie ist für ihn weder Darstellung einer „Imagination“ noch Mittler literarischer Vorstellungen, sondern er begründet sie auf der intuitiven Synthese von Natureindrücken. In dieser Schrift lautet eine zentrale, oft zitierte Passage:
- „Ich träume von einer Kunst des Gleichgewichts, der Reinheit, der Ruhe, ohne beunruhigende und sich aufdrängende Gegenstände, von einer Kunst, die für jeden Geistesarbeiter, für den Geschäftsmann so gut wie für den Literaten, ein Beruhigungsmittel ist, eine Erholung für das Gehirn, so etwas wie ein guter Lehnstuhl, in dem man sich von physischen Anstrengungen erholen kann.“[53]
Der zweite theoretische Text Notes d’un peintre sur son dessin (Notizen eines Malers über das Zeichnen) erschien im Jahr 1939 in Le Point. In den Jahren nach 1930 entstanden viele Strichzeichnungen, die mit Bleistift oder Feder ausgeführt wurden; die Federzeichnungen entstanden, wie Matisse definierte, „erst nach Hunderten von Zeichnungen, nach Versuchen, Erkenntnissen, und Formdefinitionen; dann zeichnete ich sie mit geschlossenen Augen.“[54]
Rezeption
Zeugnisse von Zeitgenossen
Der um sechs Jahre ältere Malerkollege Paul Signac kaufte im Jahr 1905 das von Matisse im Salon des Indépendants ausgestellte Bild Luxus, Stille und Wollust. Ein Jahr später mokierte sich der Neoimpressionist über Matisse’ im Salon ausgestelltes Werk Die Lebensfreude:
- „Matisse, dessen Versuche ich bisher schätzte, scheint mir auf einen völlig falschen Weg geraten zu sein. Auf einem zweieinhalb Meter langen Bild hat er sonderbare Gestalten mit einer daumenstarken Linie umrissen. Dann hat er das Ganze mit glanzlosen, deutlich umgrenzten Farbtönen bedeckt, die, so rein sie sind, widerlich aussehen. Ah, diese hellrosa Töne. Das erinnert […] an den abscheulichsten ‚Cloisonismus‘ des seligen Anquetin und an die bunten Ladenschilder der Eisen- und Kurzwarenhändler.“[55]
Gertrude Stein, Matisse’ Förderin, beschrieb sein Gemälde aus dem Jahr 1906 Blauer Akt (Erinnerungen an Biskra) und seine Intention folgendermaßen:
- „In diesem Bild führt Matisse zum erstenmal seine Absicht bewußt durch, die Linien des menschlichen Körpers zu verzeichnen, um dadurch den malerischen Wert der ungemischten Farben zu harmonisieren und zu vereinfachen, die er nur in Verbindung mit Weiß verwendete. Er benutzt diese systematisch verdrehte Zeichnung genau so, wie man in der Musik Dissonanzen, in der Küche Essig oder Zitrone benutzt […].“[56]
Matisse’ Schüler und Freund, der deutsche Maler Hans Purrmann, organisierte im Jahr 1908 eine Ausstellung in Berlin in der Galerie von Paul Cassirer. Die Ausstellung stieß auf Kritik. Bei einem gemeinsamen Treffen mit Max Liebermann in der Galerie fürchtete dieser beim Anblick der Bilder „der Jugend Verderben“ und beschäftigte sich lieber mit seinem Dackel. „Pfefferkuchen-Malerei“ und „Tapete“ lauteten die Schlagworte jener Zeit über Matisse’ Malerei.[57] Wenige Jahre vor Matisse’ Tod äußerte sich Purrmann über dessen späte Lebensumstände:
- „ […] In geruhsamer, fast tragisch-mönchischer Einsamkeit verläuft sein Leben. Selbst über Mangel an Freunden hörte ich ihn klagen. Ihm fehlt die Unruhe, die anderen Menschen anhaftet, und doch ist er innerlich beständig im Kampf mit sich selbst. Einmal fand ich ihn beim Abschreiben von Gedichten in Zierschrift. Ich nahm an, er wolle die Gedichte illustrieren – nein. Er tat es, wie sein Geistlicher sein Brevier liest.“[58]
Matisse und seine Modelle
Über Leben und Arbeit von Matisse gibt es zahlreiche Vorurteile – zum Beispiel, dass er mit seinen weiblichen Modellen Affären gehabt haben soll. Hilary Spurling, die britische Matisse-Biografin, hat diese Vermutung ins Reich der Legende verwiesen. Sie schreibt, dass sich aus Briefen, Tagebucheinträgen und Berichten seiner Weggefährten ein anderes Bild ergäbe: „Sie alle beschrieben ein System mönchischer Strenge und Disziplin, und alle waren von Matisse’ unmenschlicher Norm der Selbstkasteiung bis an die Grenzen des Erträglichen getrieben worden“. Spurling hat mit allen noch lebenden Modellen ausführliche Gespräche geführt.[59]
Beziehung zu Picasso
Matisse war der einzige zeitgenössische Künstler, den Picasso als ebenbürtig ansah. Die respektvolle, gleichfalls auch von Rivalität geprägte Künstlerfreundschaft zwischen diesen beiden Maßstäbe setzenden Künstlern des 20. Jahrhunderts wird von Françoise Gilot in ihrem Buch Matisse und Picasso – Eine Künstlerfreundschaft ausführlich gewürdigt.
Matisse und Picasso – die Antipoden – gingen in hochachtungsvoller Anerkennung um einander herum. „Im Grunde gibt es nichts als Matisse“, sagte Picasso. „Nur Picasso kann sich alles erlauben. Er kann alles verwirren. Entstellen, verstümmeln, zerstückeln. Er ist immer, er bleibt immer im Recht“, sagte Matisse. „Deshalb allein zum Beispiel ist Matisse Matisse: weil er die Sonne im Leib hat“, sagte Picasso.[60] Ihre Gegensätze treten scharf in den folgenden Zitaten hervor: „Die Malerei ist nicht dazu da, Wohnungen zu schmücken. Sie ist eine Angriffs- und Verteidigungswaffe“, sagte Picasso 1945 in einem Interview in „Lettres Françaises“. „Ein Gemälde an der Wand sollte wie ein Blumenstrauß im Zimmer sein“, äußerte Matisse sich ein paar Monate später in derselben Zeitschrift. [61]
Vergleicht man in diesem Zusammenhang die der Gestaltung zugrundeliegenden Vorgehensweisen zwischen beiden Künstlern, so tritt ein fundamentaler Unterschied zutage. Picasso unterwarf das „Motiv“ seinem Gestaltungswillen, seiner gestalterischen Idee, dies drückt sich im Kubismus aus. Bei Matisse hingegen entsprang das Gestaltungskonzept der „Naturbeobachtung“, welche die „Gemütsbewegung“ auslöst, was sich im Fauvismus widerspiegelt. Andererseits wiederum stellt das Werk Cézannes das beide verbindende Element dar. Picasso hatte dessen Gemälde studiert und äußerte später gegenüber dem Fotografen Brassaï: „Cézanne! Er war unser aller Vater!“[62] Matisse hat in diesem Zusammenhang mit Cézanne, dessen Briefe er studierte, den Forscherinstinkt gemein, der danach strebt, ein voll und ganz „realisiertes“ Bild hervorzubringen. Dieses Suchen und Forschen, das die Schriften von Matisse wie ein roter Faden durchzieht, findet sich ganz ausgeprägt bei Cézanne.[63]
Einfluss auf den Abstrakten Expressionismus in den USA
Nachdem Mark Rothko, ein Vertreter des Abstrakten Expressionismus, Ende der 1940-er Jahre im New Yorker Museum of Modern Art Matisse’ Red Studio (Das rote Atelier, 1911) gesehen hatte, war er vom Schaffen des französischen Künstlers sehr beeindruckt, und es beeinflusste wesentlich sein eigenes Werk. Wie Rothko einmal erzählte, habe er „Stunden um Stunden“ vor dem Gemälde sitzend verbracht. Im Todesjahr von Matisse, 1954, malte Rothko Homage à Matisse; dieses Werk erzielte im November 2005 bei einer Auktion über 22 Millionen Dollar.[64]
Filme über Matisse
Der Schriftsteller Louis Aragon hatte Henri Matisse im Winter 1941 kennengelernt, als er mit Elsa Triolet aus dem besetzten Teil Frankreichs nach Nizza geflohen war, um dort die gemeinsame Arbeit in der Résistance fortzusetzen. Es entstand eine tiefe Freundschaft, aus der heraus Aragons Buch über Matisse, Henri Matisse, roman entstand, das jedoch erst kurz nach Elsas Tod im Jahr 1971 vollendet werden konnte. Aragons Werk bildete mit der Mischung aus Autobiografie und Kunstkritik sowie Aufsätzen und Gedichten die Vorlage für den Filmemacher Richard Dindo, der bereits Dokumentarfilme, unter anderem über Max Frisch und Arthur Rimbaud, gedreht hatte. Dindo schildert in dem 52-minütigen Farbfilm Aragon, le roman de Matisse die Rückkehr an die Orte, wo Matisse gewohnt hatte. Eine gelungene Montage verdichtet Bilder und Töne zu einer filmischen Lektüre von Gemälden, Buch und authentischen Schauplätzen. Produktion: Lea Produktion, Zürich 2003, Regie Richard Dindo.[65]
Ferner wurden Filme gedreht, die als Videofilme erhältlich sind und von verschiedenen Fernsehsendern ausgestrahlt wurden: Gero von Boehm drehte Henri Matisse – die Jahre in Nizza, Fernsehmitschnitt: ARD, 4. Oktober 1988. Matisse – Picasso, eine unwahrscheinliche Freundschaft von Philippe Kohly aus dem Jahr 2002 ist ein französischer Filmbericht, Fernsehmitschnitt: 3sat, 20. Juli 2003. Henri Matisse – eine filmische Reise (Henri Matisse – un voyage en peinture), ein Filmporträt, wurde von von Heinz Peter Schwerfel bearbeitet, Deutschland/Frankreich 2005, Fernsehmitschnitt: Arte, 10. Dezember 2005.
Der anderthalbstündige Fernsehfilm Matisse & Picasso: A Gentle Rivalry entstand im Jahr 2000; er befasst sich mit den Porträts der zwei „Giganten“ in der Kunst des 20. Jahhrhunderts. Er zeigt unter anderem selten veröffentlichte Fotografien ihrer Gemälde und Skulpturen sowie Fotos und Filme der beiden Künstler aus Archiven, die sie bei der Arbeit zeigen. Geneviève Bujold ist die Stimme von Françoise Gilot, Robert Clary ist Matisse und Miguel Ferrer Picasso. Die mit einem nationalen Emmy ausgestattete Produktion stammt von KERA-Dallas/Fort Worth/Denton in Zusammenarbeit mit dem Kimbell Art Museum, Fort Worth, Texas.[66]
Matisse auf dem Kunstmarkt
Matisse’ Werke erzielen oft Spitzenpreise bei Auktionen. Beispiele aus den letzten Jahren sind das Gemälde Geranium (1910), das 2007 bei Sotheby’s in New York für 9, 5 Millionen Dollar versteigert wurde[67] sowie das Gemälde aus dem Jahr 1911, Les coucous, tapis bleu et rose, das im Februar 2009 auf der Versteigerung der Kunstsammlung des Modeschöpfers Yves Saint Laurent durch Christie’s in Paris den Rekordpreis für ein Matisse-Gemälde erzielte. Der Hammer fiel bei 35.905.000 Euro.[68] Unter den aktuell zwölf teuersten Gemälden der Welt sind seine Werke im Gegensatz zu Picasso jedoch nicht zu finden.
Matisse in Alltag und Wissenschaft
Die Werke des Künstlers sind in der Gegenwart so beliebt, dass sowohl viele Poster mit Abbildungen seiner Werke angeboten werden als auch Puzzles, beispielsweise das 1000-teilige Puzzle mit dem Werk Der Tanz. Der Autohersteller Citroën stellt nicht nur ein Auto mit dem Namen seine Freundes und Antipoden Picasso her, sondern seit dem Jahr 2006 auch den C Matisse. Matisse hat auch in der Musikszene Eingang gefunden: Im Jahr 1999 nannte sich eine alternative griechische Rockband in Athen Matisse, und in Troisdorf gibt es eine Musikkneipe gleichen Namens.
Auf dem Planeten Merkur werden Krater nach verstorbenen bekannten Persönlichkeiten benannt, beispielsweise nach Künstlern, Malern, Schriftstellern und Musikern. Der Matisse-Krater ist nach Henri Matisse benannt; er hat einen Durchmesser von rund 210 Kilometern und liegt auf der Südhalbkugel des Merkur.[69]
Ausstellungen, Museen (Auswahl)
- Werke von Henri Matisse wurden in der Galerie 291 (1908, 1910, 1912), der Armory Show (1913), auf der documenta 1 (1955), der documenta II (1959) und der documenta III (1964) in Kassel gezeigt.
- 1904: Erste Einzelaustellung bei Ambroise Vollard, Paris
- 1905: Gemeinschaftsausstellung im Salon d’Automne, der Begriff Fauvismus wurde hier geprägt
- 1910: Erste Ausstellung bei Bernheim-Jeune, Paris
- 1919/1920: Ausstellungen bei Bernheim-Jeune, Paris
- 1931–1933: Retrospektiven in Berlin, Paris, Basel, New York
- 1934/35: Mehrere Ausstellungen in der New Yorker Galerie seines Sohnes Pierre Matisse
- 1945: Retrospektive im Salon d’Automne; gemeinsame Ausstellung mit Picasso in London
- 1949: Ausstellung von Scherenschnitten und anderen neuen Werken im Musée National d’Art Moderne, Paris
- 1952: Eröffnung des Musée Matisse in seiner Heimatstadt Le Cateau-Cambrésis
- 1953: Ausstellung der Scherenschnitte in der Galerie Berggruen, Paris und der Skulpturen in London
- 1963: Eröffnung des Musée Matisse in Nizza
- 2002: Matisse − Picasso. Tate Modern, London; Les Galeries Nationales du Grand Palais, Paris; Museum of Modern Art, New York
- 2008/2009: Matisse − Menschen Masken Modelle: Ausstellung in der Staatsgalerie Stuttgart und im Bucerius Kunst Forum, Hamburg
- 2009/2010: Matisse – Rodin, une rencontre entre deux maîtres de l’art moderne. 12. Juni − 23. September 2009 im Musée Matisse, Nizza; 15. Oktober 2009 − 15. Februar 2010 im Musée Rodin, Paris
Werke (Auswahl)
Gemälde und Papierschnitte, grafisches Werk
- 1894: Die Lesende, Öl auf Leinwand, 61,5 × 47,9 cm, Musée National d’Art Moderne, Paris Abb.
- 1897: Der gedeckte Tisch, Öl auf Leinwand, 100 × 131 cm, Sammlung Stavros Niarchos Abb.
- 1900: Der Knecht, Öl auf Leinwand, 99,3 × 72,7 cm, Museum of Modern Art, New York Abb.
- 1904/05: Luxus, Stille und Begierde, Öl auf Leinwand, 94 × 117 cm, Privatbesitz Abb.
- 1905: Lebensfreude, Barnes Foundation, Merion Abb.
- 1905: Frau mit Hut, Öl auf Leinwand, 81 × 65 cm, Privatbesitz Abb.
- 1905: Offenes Fenster in Colliure, Öl auf Leinwand, 52,7 × 46 cm, Privatbesitz Abb.
- 1905: Der grüne Streifen. Bildnis Madame Matisse, Öl auf Leinwand, 40 × 32,5 cm, Statens Museum for Kunst, Kopenhagen Abb.
- 1906: Blauer Akt (Erinnerung an Biskra), Öl auf Leinwand, 92 × 140 cm, Baltimore Museum of Art, Baltimore Abb.
- 1906: Orientalische Teppiche, Öl auf Leinwand, 89 × 116,5 cm, Musée de Peinture et de Sculpture, Grenoble Abb.
- 1907: Luxus I, Öl auf Leinwand, 210 × 138 cm, Musée National d’Art Moderne, Paris Abb.
- 1908: Rote Harmonie, Öl auf Leinwand, 180 × 200 cm, Eremitage, Sankt Petersburg Abb.
- 1909: Spanierin mit Tamburin, Puschkin-Museum, Moskau
- 1909/10: Der Tanz (I und II), Museum of Modern Art, New York und Eremitage, Sankt Petersburg
- 1910: Bronze mit Früchten, Öl auf Leinwand, 90 × 115 cm, Puschkin-Museum, Moskau Abb.
- 1911: Familienbildnis, Öl auf Leinwand, 143 × 194 cm, Eremitage, Sankt Petersburg Abb.
- 1911: Das rote Atelier, Öl auf Leinwand, 181 × 219 cm, Museum of Modern Art, New York Abb.
- 1911: Blumenstrauß und Keramikteller, Öl auf Leinwand, 93,3 × 82,5 cm, Städelsches Kunstinstitut, Frankfurt a.M. Abb.
- 1914: Ansicht von Notre Dame, Öl auf Leinwand, 147,3 × 94,2 cm, Museum of Modern Art, New York Abb.
- 1917: Kopf Laurettes mit Kaffeetasse, Öl auf Leinwand, 92 × 73 cm, Kunstmuseum Solothurn, Dübi-Müller-Stiftung Abb.
- 1919: Die Teestunde, Öl auf Leinwand, 140 × 211,1 cm, Los Angeles County Museum of Art, Los Angeles
- 1928: Odaliske mit Lehnstuhl, Öl auf Leinwand, 60 × 73 cm, Musée Nationale d’Art Moderne, Paris Abb.
- 1932: Der Tanz, Öl auf Leinwand, 356,8 × 1432,5 cm, Wanddekoration für die Barnes Foundation in Merion Abb.
- 1937: Dame in Blau, Öl auf Leinwand, 93 × 73,6 cm, Philadelphia Museum of Art, Philadelphia
- 1940: Der Traum, Öl auf Leinwand, 80,9 × 64,7, Privatbesitz
- 1946: Polynesien – Das Meer, Scherenschnitt, 200 × 314 cm, Musée National d’Art Moderne, Paris Abb.
- 1950: Zulma, Scherenschnitt, 238,1 × 133 cm, Statens Museum for Kunst, Kopenhagen
- 1953: Die Schnecke, Scherenschnitt, 286,3 × 287 cm, Tate Gallery, London
- 1952: Blauer Akt, Serie, Papierschnitt
- 1952: Der Papagei und die Sirene, Scherenschnitt, 337 × 773 cm, Stedelijk Museum, Amsterdam
- 1953: Die Schnecke, Papierschnitt, 286,3 × 287 cm, Tate Gallery, London Abb.
- Das zeichnerische und grafische Werk in einer Auswahl als PDF: Galerie Boisserée
Das bildhauerische Werk
- 1899–1901: Jaguar, einen Hasen verschlingend, Bronze, 22,8 × 57,1 cm, Privatbesitz
- 1900–1903: Der Knecht, Bronze, Höhe 92,3 cm, Sockel 33 × 30,5 cm, Baltimore Museum of Art, Cone Collection Abb.
- 1906: Stehender Akt, Bronze, Höhe 48,2 cm, Privatbesitz
- um 1909, 1914, 1916, 1930: Rückenakt I–IV, Bronze, alle im Museum of Modern Art, New York Abb.
- 1910–1913; Jeanette I – V. Jeanette V: Bronze, Höhe 58,4 cm, Art Gallery of Ontario, Toronto Abb.
Buchillustrationen
- 1932: Stéphane Mallarmé: Poésies Albert Skira, Lausanne
- 1935: James Joyce: Ulysses. Macy, New York
- 1944: Henry de Montherlant: Pasiphaé. Chant de Minos. Fabiani, Paris
- 1946: Tristan Tzara: Le signe de vie. Bordas, Paris
- 1947: Charles Baudelaire: Les Fleurs du Mal. Bibliothèque française, Paris
- 1947: Henri Matisse: Jazz. Tériade, Paris. Deutsche Ausgabe: Hrsg. Katrin Wiethege; Neuausgabe von Prestel, München 2009, ISBN 978-3-791-34278-8
- 1948: Pierre de Ronsard: Florilège des amours. Albert Skira, Genf
- 1950: Charles d’Orléans: Poèmes. Verve, Paris
Literatur
Primärliteratur
- Henri Matisse: Farbe und Gleichnis. Gesammelte Schriften, Hrsg. Peter Schifferli, Fischer, Frankfurt a. M. 1960
- Henri Matisse: Über Kunst, Hrsg. Jack D. Flam, detebe 21457, Diogenes, Zürich 2005, ISBN 978-3-257-21457-4
- engl. Ausg.: Matisse on Art, Hrsg. Jack D. Flam (1995), ISBN 0-520-20032-2.
- Henri Matisse: Scherenschnitte, Text von Gilles Néret, Taschen, Köln 1994, ISBN 3-8228-8412-X
- Henri Matisse: Scherenschnitte, Text von Ralf Schiebler, Schirmer/Mosel, München 1994, ISBN 3-88814-359-4
- Henri Matisse: Matisse Portfolio, 2003, ISBN 3-8228-2982-X
- Henri Matisse. Jazz. Hrsg. von Katrin Wiethege. Prestel, München 2005, ISBN 978-3-7913-3508-7
Sekundärliteratur
- Biografische Gesamtdarstellungen
- Volkmar Essers: Matisse. Taschen, Köln 2006, ISBN 978-3-822-86365-7
- Lawrence Gowing: Matisse, Lichtenberg, München 1997, ISBN 3-7852-8406-3
- Gabriele Grepaldi: Henri Matisse, DuMont, Köln 1998, ISBN 3-7701-4541-0
- Gilles Néret: Henri Matisse, Taschen, Köln 1997, ISBN 3-8228-8217-8
- John Russell: Matisse, Father & Son. Harry N. Abrams, New York 1999, ISBN 0-810-94378-6
- Pierre Schneider: Matisse. Rizzoli, New York 1984, ISBN 0-847-80546-8
- Hilary Spurling: Matisse. Leben und Werk. DuMont:
- einbändige Ausgabe: 700 S., 150 s/w. Abb., 300 farb. Abb. Köln 2006 ISBN 978-3-8321-7704-1
- zweibändige Ausgabe: im Schuber, zus. 1096 S., 320 s/w. Abb., 60 farb. Abb. Köln 2007, ISBN 978-3-8321-7774-4
- Lebensabschnitte
- 1916–1930: Jack Cowart/Dominique Fourcade: Henri Matisse. The Early Years in Nice 1916–1930, Ausstellungskatalog (2. November 1986–29. März 1987) der National Gallery of Art (Washington), Harry N. Abrams, New York 1986, ISBN 0-894-68097-8
- 1943–1948: Marie-France Boyer/Hélène Adant: Matisse in der Villa Le Rêve. (1943–1948). Benteli, Bern 2005, ISBN 3-7165-1390-3
- 1943–1954: Francoise Gilot: Matisse und Picasso. Eine Künstlerfreundschaft, Kindler, München 1990, ISBN 3-463-40139-8
- Augenzeugenberichte
- Hans Purrmann: Über Henri Matisse. In: Henri Matisse Farbe und Gleichnis. Gesammelte Schriften, Hrsg. Peter Schifferli, Fischer Bücherei Nr.324, Fischer Bücherei KG, Frankfurt a. M. 1960, o. ISBN, S. 121–154
- Einzelaspekte des Werkes
- Oliver Berggruen/Max Hollein (Hrsg.): Henri Matisse. Mit der Schere zeichnen. Meisterwerke der letzten Jahre, Ausstellungskatalog, Prestel, München 2002 ISBN 3-7913-2798-4
- Xavier Girard/Sandor Kuthy: Henri Matisse 1869–1954 – Skulpturen und Druckgraphik – Sculptures et gravures, Ausstellungskatalog (30. November 1990 – 10. Februar 1991), Kunstmuseum Bern/Musée des beaux-arts de Berne, Bern 1990, ISBN 3-7165-0768-7
- Ernst-Gerhard Güse (Hrsg.): Henri Matisse. Zeichnungen und Skulpturen, Ausstellungskatalog zur Ausstellung im Saarland Museum Saarbrücken (12. Mai – 7. Juli 1991), Prestel, München 1991, ISBN 3-7913-1124-7
- Gotthard Jedlicka: Die Matisse Kapelle in Vence − Rosenkranzkapelle der Dominikanerinnen. Suhrkamp, Frankfurt a. M. 1955
- Beatrice Lavarini: Henri Matisse: JAZZ (1943–1947). Ein Malerbuch als Selbstbekenntnis, scaneg 2000 ISBN 3-89235-079-5.
- Thomas Levy und Carl-Jürgen Tohmfor: Das Café du Dôme und die Académie Matisse. Schimper, Schwetzingen 1988, ISBN 978-3-877-42033-1
- Annette Ludwig: Zauberfest des Lichts. Matisse in Marokko: Gemälde und Zeichnungen. Insel Verlag, Frankfurt a. M. 2007 ISBN 978-3-458-19226-8
- Markus Müller (Hrsg.): Matisse − Picasso. Ihr künstlerischer Dialog im buchillustrativen Schaffen, Ausstellungskatalog zur Ausstellung im Graphikmuseum Pablo Picasso Münster (18. Februar – 25. Mai 2005), Münster 2005
- Pia Müller-Tamm (Hrsg.): Henri Matisse. Figur/Farbe/Raum, Ausstellungskatalog zur Ausstellung der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen (29. Oktober 2005 – 19. Februar 2006), Hatje Cantz, Ostfildern-Ruit 2005, ISBN 3-7757-1600-9
- Henri Matisse/Nina Hollein/Max Hollein: Schnipp, Schnapp, Matisse. Prestel 2002, ISBN 3-7913-2753-4.
- Otfried Schütz: Henri Matisse. Die blauen Akte. Insel, Frankfurt a. M. 1996, ISBN 3-458-33495-5
- DaniaThomas: Henri Matisse. ‚Der Tanz‘ und ‚Die Musik‘. VDM-Verlag, Saarbrücken 2008, ISBN 978-3-8364-9561-5
- Ortrude Westheider: Matisse: Menschen Masken Modelle, Hirmer, 2008 ISBN 978-3-7774-4385-0
- Wirkung und Rezeption
- Alfred H. Barr: Matisse. His Art and his Public. Erstausgabe 1951. Little, Brown & Co, Boston 1974, ISBN 0-870-70469-9
- Die große Inspiration. Deutsche Künstler in der Académie Matisse, Teil III, Ausstellungskatalog, Kunst-Museum Ahlen 2004/05
- Werkverzeichnis
- Claude Duthuit/Marguerite Duthuit-Matisse (Hrsg.): Henri Matisse. Catalogue Raisonné de l’Œuvre Gravé. Zwei Bände. Paris, 1983
- Claude Duthuit (Hrsg.): Henri Matisse. Catalogue Raisonné des Ouvrages illustrées. Paris, 1988
- Claude Duthuit (Hrsg.): Henri Matisse. Catalogue Raisonné de l’Œuvre Sculpté. Duthuit, Paris 1997, ISBN 2-904-85204-2
- Pierre Schneider/Massimo Carrà: Tout l’Œuvre peint de Matisse 1904–1928, Paris 1982
Weblinks
- Literatur von und über Henri Matisse im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Henri Matisse bei artfacts.net
- Informationen zu Henri Matisse im BAM-Portal
- henri-matisse.net: Umfassende Webseite mit Biografie, Werk und Fotografien (englisch)
- Museen und Biografie artcyclopädia (englisch)
- Matisse im Webmuseum Paris
- Ausstellungen
- Musée Matisse, Nizza
- Film Matisse & Picasso, 2000
Einzelnachweise
- ↑ Bucerius Kunst Forum: Matisse. Menschen, Masken, Modelle, Ausstellung in Hamburg, 2009
- ↑ Lawrence Gowing: Matisse, Umschlagrückseite
- ↑ Henri Matisse: Farbe und Gleichnis, S. 110
- ↑ Volkmar Essers: Matisse, S. 7, 92
- ↑ Henri and Pierre Matisse, Cosmopolis, No 2, January 1999
- ↑ Jill Kitson: Über Hilary Spurlings The Unknown Matisse. abc.net. Abgerufen am 3. April 2009.
- ↑ Volkmar Essers: Matisse, S. 92
- ↑ Obituaries: Marguerite Duthuit. New York Times, 3. April 1982. Abgerufen am 23. März 2009.
- ↑ Volkmar Essers: Matisse, S. 92
- ↑ Paris 1900. Kulturportal Paris. Abgerufen am 20. März 2009.
- ↑ Lawrence Gowing: Matisse, S. 63
- ↑ Volkmar Essers: Matisse, S. 11 ff
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Personendaten | |
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NAME | Matisse, Henri |
ALTERNATIVNAMEN | Matisse, Henri Émile Benoît (vollständiger Name) |
KURZBESCHREIBUNG | französischer Maler und Bildhauer |
GEBURTSDATUM | 31. Dezember 1869 |
GEBURTSORT | Le Cateau, Frankreich |
STERBEDATUM | 3. November 1954 |
STERBEORT | Nizza, Frankreich |
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