Hermann Jonasson

Hermann Jonasson

Hermann Jónasson (* 25. Dezember 1896; † 22. Januar 1976) war ein isländischer Politiker der Fortschrittspartei (Framsóknarflokkurinn) sowie zweimaliger Premierminister von Island.

Inhaltsverzeichnis

Biografie

Berufliche Laufbahn und Premierminister von 1934 bis 1942

Hermann Jónasson erwarb seine Hochschulzugangsberechtigung (Stúdentspróf) 1920 am Menntaskólinn í Reykjavík, dem ältesten Gymnasium Islands. Anschließend absolvierte er ein Studium der Rechtswissenschaften, das er 1924 abschloss. Anschließend war er als Rechtsanwalt tätig und war als solcher zuletzt auch am Obersten Gericht (Hæstiréttur) zugelassen. Zwischenzeitlich war er auch 1924 bis 1928 stellvertretender Vogt von Reykjavík sowie von 1929 bis 1934 Polizeipräsident (Lögreglustjóri) der Hauptstadt. Als solcher begründete er das moderne Polizeisystem der Hauptstadt.[1][2]

Seine politische Laufbahn begann 1934 als Kandidat der Fortschrittspartei (Framsóknarflokkurinn) mit der Wahl zum Angeordneten des Althing, dem er bis 1967 angehörte. Als Abgeordneter war er zwischen dem 7. August und dem 18. November 1950 sowie vom 26. Mai 1952 bis zum 24. April 1967 Vertreter Islands in der Parlamentarischen Versammlung des Europarates.[3]

Noch im gleichen Jahr wurde er am 28. Juli 1934 als Nachfolger von Ásgeir Ásgeirsson erstmals Premierminister von Island und übernahm in seinem bis zum 16. Mai 1942 amtierenden Kabinett auch das Amt des Justizministers (Dómsmálaráðherra) sowie vom 18. November 1941 bis zum 16. Mai 1942 auch das des Landwirtschaftsministers (Landbúnaðarráðherra).[4][5] Diese Amtszeit umfasste auch eine der Zeiten in der Geschichte Islands. In den Jahren vor Beginn des Zweiten Weltkrieges sah er sich dem permanenten Druck Deutschlands und des Vereinigten Königreiches wegen der diplomatischen Haltung Islands ausgesetzt.

Karte der britischen Invasion Islands 1940

Nach dem Beginn des Zweiten Weltkriegs führte die Besetzung Dänemarks Anfang April 1940 durch die deutsche Wehrmacht zu einer Belastung der Beziehungen zwischen den Island und dem Deutschen Reich mit der Folge, dass Island fortan die auswärtigen Interessen, die bisher von Dänemark vertreten wurden, selbst geltend machen musste.[6] Wenige Wochen nach der Besetzung Dänemarks kam es am 10. Mai 1940 zu einer Besetzung Islands durch die Streitkräfte des Vereinigten Königreichs.[7][8][9][10][11] Zwei Jahre später folgte ihm am 16. Mai 1942 Ólafur Thors von der Unabhängigkeitspartei im Amt des Premierministers.

In den nächsten Jahren war er einer der führenden Politiker der Fortschrittspartei, die allerdings die nächsten Jahre überwiegend in der Opposition verbrachte. 1944 wurde er auch zum Vorsitzenden der Fortschrittspartei gewählt. Erst am 14. Mai 1950 übernahm er als Landwirtschaftsminister wieder ein Regierungsamt in der Koalitionsregierung seines Parteifreundes Steingrímur Steinþórsson und übte dieses Amt bis zur Regierungsübernahme durch Ólafur Thors am 11. September 1953 aus.[12]

Premierminister von 1956 bis 1958

Am 24. Juli 1956 folgte er dann Thors als Premierminister Islands und bildete eine bis zum 23. Dezember 1958 amtierende Koalitionsregierung aus Fortschrittspartei, Volksallianz (Alþýðubandalag) und Sozialdemokratische Partei (Alþýðuflokkurinn), die im Althing über eine breite Mehrheit von 32 der 52 Mandate verfügte. Die Koalition zwischen Fortschrittspartei und Sozialdemokratischer Partei bestand bereits vor der Parlamentswahl im Rahmen eines als Angst-Allianz (Hræðslubandalagið) bezeichneten Wahlbündnisses.[13] In seinem Kabinett übernahm er auch die Ämter des Justiz- und Landwirtschaftsministers.[14] Bei seinem Kabinett handelte es sich um die erste Links-Regierung Islands, die allerdings von Anfang an auf Schwierigkeiten stieß. Als Premierminister bezeichnete er den Verbleib seines Landes in der NATO als nötig.[15] Er forderte jedoch den baldigen Abzug der auf Island stationierten US-Streitkräfte,[16] was zu Misstrauen auf Seiten der USA und der anderen Mitgliedstaaten der NATO führte. Gleichwohl bemühte er sich um einen Ausgleich mit der NATO.[17][18][19]Aus diesen Gründen scheiterte seine Regierung nach knapp zweieinhalbjähriger Amtszeit, so dass am 23. Dezember 1958 mit dem Minderheitskabinett von Emil Jónsson[20] und der darauf folgenden fünften Regierung Thors die langjährige, als „Regierung des Wiederaufbaus“ bezeichnete Koalition aus Unabhängigkeitspartei und Sozialdemokratischer Partei begann. 1962 trat er schließlich als Vorsitzender der Fortschrittspartei zurück und übergab dieses Amt an Eysteinn Jónsson.

Sein Sohn Steingrímur Hermannsson, der 1967 sein Nachfolger als Abgeordneter des Althing wurde, war später ebenfalls Premierminister von Island.

Mehr als 30 Jahre nach seinem Tod wurde 2007 nach mehrjährigen Gerichtsverfahren aufgrund einer positiven DNA-Analyse festgestellt, dass es sich bei dem Rechtsanwalt Lúðvík Gizurarson um einen unehelichen Sohn Hermann Jónassons handelt.

Quelle

Einzelnachweise

  1. „From the Time of the Watchman“
  2. „The Icelandic Police and Justice System. A Short Introduction“
  3. Homepage der Parlamentarischen Versammlung des Europarates
  4. 1. Kabinett Jónasson
  5. 2. Kabinett Jónasson
  6. „Nobody's Baby“, TIME-MAGAZINE 22. April 1940
  7. Geschichte Islands
  8. Surveillance and Registration in Iceland during the Cold War
  9. „Iceland 50 Years On, Enduring Between Europe and America“, INTERNATIONAL HERALD TRIBUNE 8. Juli 1994
  10. „Invasion of Iceland. 10 May 1940 - 19 May 1940“, in: WORLD WAR II DATABASE
  11. „Mr. Roosevelt's War“, TIME-MAGAZINE 14. Juli 1941
  12. Kabinett Steinþórsson
  13. Ismayr, Wolfgang: „Die politischen Systeme Westeuropas“, 2009, S. 202, ISBN 3-531-16464-3
  14. 3. Kabinett Jónasson
  15. „Island bleibt in der NATO“, DIE ZEIT 26. Juli 1956
  16. CHRONIKNET 21. Juli 1956
  17. Heinemann, Winfried: „Halvard Lange, Deutschland und die NATO“
  18. Geschichte Islands
  19. Surveillance and Registration in Iceland during the Cold War
  20. CHRONIKNET 23. Dezember 1958

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