Hermann Max Pechstein

Hermann Max Pechstein
Max Pechstein in seinem Haus in Berlin-Zehlendorf, 1915

Hermann Max Pechstein (* 31. Dezember 1881 in Zwickau; † 29. Juni 1955 in Berlin) war ein deutscher Maler, Grafiker und zeitweise Mitglied der Künstlervereinigung „Brücke“. Pechstein war ein Vertreter des deutschen Expressionismus. Er schuf vor allem Figurenbilder, teilweise mit exotischen Motiven von den Palau-Inseln sowie Landschaften und Stillleben.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Die Jahresmappe der Brücke von 1912 nach einem Entwurf von Otto Mueller wurde wegen Pechsteins Ausschluss aus der Brücke nie veröffentlicht.

Pechstein studierte nach einer Lehre als Dekorationsmaler in Zwickau (1896–1900) an der Staatlichen Gewerbeschule und 1903–06 als Meisterschüler von Otto Gussmann an der Kunstakademie in Dresden. Schon damals entwarf er Glas- und Wandmalerei sowie Mosaiken für verschiedene Architekten. Nach der Begegnung mit Ernst Ludwig Kirchner und Erich Heckel trat er 1906 als einziger akademisch ausgebildeter Maler der Künstlervereinigung „Die Brücke“ bei und reiste nach Erhalt des Sächsischen Staatspreises 1907 nach Italien und 1907/08 nach Paris.

Seit 1908 war Pechstein in Berlin ansässig. Im Winter 1908/09 lernte er Lotte (Taufname Charlotte) Kaprolat (1893–1955) als Modell des Bildhauers Georg Kolbe (1877–1947) in dessen Berliner Atelier kennen. Ab 1909 bis 1920 ist sie Pechsteins beliebtestes Modell. Sie ist u.a. leicht daran zu erkennen, dass Pechstein sie als eine etwas füllige, negroide Erscheinung mit wulstigen Lippen und ausgeprägten Tränensäcken darstellte.

Nicht nur auf vielen Zeichnungen aus den Jahren 1909–1910 blieb Lotte unerkannt, sondern sogar auch auf dem „Doppelbildnis“ auf dem Pechstein Lotte als seine, ihm zugehörige Frau präsentiert. Sich selbst und Lotte in bürgerlicher Kleidung darstellend, demonstrierte Pechstein – heute wie damals verständlich – alleine durch die gleichgearteten Hüte, seine tiefe Verbundenheit mit Lotte. Pechsteins Blick und die helle Farbgebung des Bildes vermitteln dem Betrachter darüber hinaus eine heitere Ausgeglichenheit und den seelischen Einklang eines Liebespaares. Diese im Bild zur Schau getragene Zusammengehörigkeit besiegelten Lotte und Pechstein im Frühjahr 1911, indem sie die Ehe schlossen, aus der 1913 der Sohn Frank hervorging. [1]

1908 wurde Pechstein Mitglied der „Secession“ und war 1910 Mitbegründer der „Neuen Secession“. Die „Secessions“-Mitgliedschaft führte im Jahr 1912 zur Ausstoßung aus der „Brücke“.

Italienische Steinträger

Pechsteins Südseereise (1913/14) sowie seine Teilnahme am Ersten Weltkrieg fanden ihren Niederschlag in Reisebildern und -lithographien sowie in Radierungen („Somme-Schlacht“, 1916/17). Er war Mitbegründer der „Novembergruppe“ sowie des Arbeitsrats für Kunst.

1923 trennte sich Pechstein von Lotte und heiratete in zweiter Ehe Marta Möller. [2] Im gleichen Jahr ernannte ihn die Preußische Akademie der Künste zu ihrem Mitglied; gleichzeitig wurde ihm eine Professur übertragen. 1933 seines Lehramtes enthoben, erhielt er im selben Jahr als „entarteter“ Künstler Malverbot und wurde 1937 aus der Akademie ausgeschlossen. Im Juli desselben Jahres wurden 16 seiner Bilder in der NS-Ausstellung Entartete Kunst diffamiert und 326 seiner Werke wurden konfisziert.[3] 1944 verbrannte ein großer Teil seiner Werke durch Kriegseinwirkungen.

Pechstein entdeckte 1921 die Gegend um den Lebasee in Pommern mit der Lontzkedüne, 1922/23 dann den westlich gelegenen Garder See. Er machte diese Natur und die in ihr arbeitenden Menschen zu Gegenständen seiner Bilder. In Pommern erlebte er 1945 die Besetzung durch die Rote Armee und musste zeitweise für die Besatzungsmacht arbeiten, konnte aber noch im Jahre 1945 nach Berlin ausreisen.

Sitzender weiblicher Akt

Später schrieb er über seine Arbeit in Pommern: „… aber was ist das gegen meine Arbeitswut im geliebten Pommern, ich komme nicht darüber hinweg, das unverfälschte Leben in unverfälschter Natur fehlt mir. Ich zapple hin und wieder sehr, und sehne mich unentwegt danach, und hoffe doch es noch einmal zu erleben, einmal wieder hinauffahren zu können …“[4] Tatsächlich sollte Pechstein Hinterpommern nicht wieder sehen.

Grab Max Pechsteins auf dem Evangelischen Friedhof Schmargendorf in Berlin

1945 wurde Pechstein Professor an der Hochschule für Bildende Künste in Berlin. Im Jahr 1952 wurde ihm das Bundesverdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland verliehen.

Im Jahr 1955 wurde Max Pechstein, kurz vor seinem Tod noch zum Teilnehmer der documenta 1 in Kassel ausgewählt. Er war Ehrenbürger der Stadt Zwickau. Sein Grab befindet sich auf dem Evangelischen Friedhof Alt-Schmargendorf.

Würdigungen

Die Stadt Zwickau vergibt alle zwei Jahre den Max-Pechstein-Preis. In mehreren deutschen Städten gibt es nach ihm benannte Max-Pechstein-Straßen.

Werke (Auswahl)

  • 1910: Das grüne Sofa, Museum Ludwig Köln
  • 1910: Rotes Fischerhaus und blühender Baum
  • 1911: Sonnenaufgang (bei Nidden)
  • 1913: Fischerboot, Brücke-Museum, Berlin
  • 1913: Beerdigung der Revolutionsopfer II
  • 1917: Palau-Triptychon, linkes Seitenstück, Wilhelm-Hack-Museum, Ludiwigshafen
  • 1919: Drohendes Wetter, Städtisches Museum Abteiberg, Mönchengladbach
  • 1919: Die Italien- und Südseereise. 50 Original-Lithographien, Maecenas Sammlung Wien
  • 1920: Mutter mit Kind (Frau des Künstlers mit Sohn), Städtisches Museum Abteiberg, Mönchengladbach
  • 1927: Lupowmündung
  • 1929: Morgensonne (über dem Garder See)
  • 1933: Kutter zur Reparatur (in Leba)

Literatur

  • Siegfried Gliewe: Auf dem Garder See. Begegnung mit Max Pechstein. In: Pommern. Zeitschrift für Kultur und Geschichte. Jg. 45, Heft 4, 2007, ISSN 0032-4167, S. 24–30.
  • Horst Jähner: Künstlergruppe Brücke. Geschichte einer Gemeinschaft und das Lebenswerk ihrer Repräsentanten. 5., verb. und erg. Aufl. Henschel, Berlin 1996, ISBN 3-89487-254-3.
  • Wolfgang Maier-Preusker: Hermann Max Pechstein. 1881–1955. Lithographische Erinnerungen von 1919 an die Italien- und Südseereise aus dem Bestand der Maecenas-Sammlung. Eigenverlag, Wien 2004, ISBN 3-900208-17-4 (Begleitkatalog zur Ausstellung in der Hansestadt Wismar).
  • Wolfgang Maier-Preusker (Hrsg.): Buch- und Mappenwerke mit Grafik des Deutschen Expressionismus. Eigenverlag, Wien 2006, ISBN 3-900208-37-9 (Begleitkatalog zur Ausstellung in der Hansestadt Wismar 2006).
  • Magdalena M. Moeller (Hrsg.): Max Pechstein. Sein malerisches Werk. Hirmer, München 1996, ISBN 3-7774-7070-8.
  • Magdalena M. Moeller (Hrsg.): Die großen Expressionisten. DuMont, Köln 2000, ISBN 3-7701-5348-0.
  • Magdalena M. Moeller: Künstlergruppe Brücke. Prestel, München u.a. 2005, ISBN 3-7913-3306-2.
  • Bernard S. Myers: Malerei des Expressionismus. Eine Generation im Aufbruch. Aus dem Amerikanischen übers. von Elke Kaspar. DuMont Schauberg, Köln 1957.
  • Max Pechstein: Erinnerungen. Herausgegeben von L. Reidemeister. Limes, Wiesbaden 1960.
  • Gerd Presler: Die Brücke. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 2007, ISBN 3-499-50642-4.
  • Christian Saehrendt: „Die Brücke“ zwischen Staatskunst und Verfemung. Expressionistische Kunst als Politikum in der Weimarer Republik, im „Dritten Reich“ und im Kalten Krieg. Steiner, Stuttgart 2005, ISBN 3-515-08614-5 (Pallas Athene. Bd. 13).
  • Paul Vogt: Geschichte der deutschen Malerei im 20. Jahrhundert. 3., erw. Aufl. DuMont, Köln 1989, ISBN 3-7701-0892-2.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Bernd Fäthke: Die unterschlagene Frau. Lotte Pechstein, geb. Kaprolat. WELTKUNST, 4/2005, S. 70
  2. Leonie von Rüxleben: Lebensdaten 1881–1955. In: Max Pechstein: Sein malerisches Werk, Brücke-Museum, Berlin 1996, S. 22
  3. Ernst Klee: Das Kulturlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. S. Fischer, Frankfurt am Main 2007, S. 452.
  4. Pommern. Zeitschrift für Kultur und Geschichte. Heft 4/2007, S. 30.

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