Heuschreckeneffekt

Heuschreckeneffekt

Der atmosphärische Ferntransport (engl.: long range distance transport), ist die luftgetragene Beförderung von Schadstoffen über eine weite Strecke (in der Regel mehrere hundert oder tausend Kilometer).

Die Atmosphäre ist eines der Haupttransportmedien für Schadstoffe. Dabei können sowohl Umwandlungsprodukte als auch der eigentliche Schadstoff in quellfernen Regionen niedergeschlagen (deponiert) werden. Im Sinne der o.g. Definition ist allerdings nur die weiträumige Verteilung des eigentlichen Schadstoffes unter dem Begriff atmosphärischer Ferntransport zu fassen. Voraussetzung hierfür ist, dass der Schadstoff stabil (inert) gegenüber Umwelteinflüssen ist, d.h. während des Transportes keiner chemischen Umwandlung unterliegt. Die meisten Schadstoffe die entsprechend stabil sind, gehören zu der Gruppe der langlebigen organischen Schadstoffe (POPs) [von engl. Persistent organic pollutants].


Hintergrund

Die Theorie des Ferntransports von Schadstoffen in der Atmosphäre wurde entwickelt, um das Vorhandensein von Schadstoffen fernab ihrer Einsatzgebiete erklären zu können.

Eine der Weltweit am stärksten mit POPs belastete Bevölkerungsgruppe sind die Inuit, die diesem Effekt zum Opfer gefallen sind, obwohl sie selbst keine POPs emittieren.

Die Konzentrationen von Schadstoffen wie z.B. DDT, Lindan und anderen Pestiziden sind zuweilen in Gebieten, in denen sie kaum zur Anwendung kommen, höher als in tropischen Ländern, wo sie zur Schädlingsbekämpfung eingesetzt werden. Einige Gebiete können, in Abhängigkeit von der Jahreszeit, sowohl als Senken als auch als Quellen für langlebige organische Schadstoffe (POPs) fungieren. Da dieser Vorgang dem chemischen Prozess der Destillation gleicht (erst verdampfen, dann kondensieren), wird der Prozess des atmosphärischen Ferntransportes auch als globale Destillation oder als Grashüpfereffekt bezeichnet.

Mechanismus des atmosphärischen Ferntransportes

Die Theorie der globalen Destillation (auch Heuschreckeneffekt bzw. grasshopper effect genannt) besagt, dass Schadstoffe, in Abhängigkeit von ihren physikalisch-chemischen Eigenschaften (z.B. Löslichkeit, Dampfdruck, etc.) unterschiedlich weit in der Luft transportiert werden können, bevor sie durch trockene oder feuchte Deposition wieder auf die Erde zurückkehren. Dabei kann ein Schadstoff mehrmals deponiert und durch Verdampfung/Verdunstung wieder remobilisiert (in die Luft aufgenommen) werden, bevor er endgültig deponiert wird (grasshopper effect). Die endgültige Ablagerung eines dem atmosphärischen Ferntransportes unterliegenden Schadstoffes findet insbesondere in den Polarregionen statt, da hier aufgrund der geringen Temperaturen eine erneute Verdampfung/Verflüchtigung unwahrscheinlich ist.

Literatur

  • Gerhard Lammel, Semeena V.S., Francesca Guglielmo, Tatjana Ilyina, Adrian Leip: Bestimmung des Ferntransports von persistenten organischen Spurenstoffen und der Umweltexposition mittels Modelluntersuchungen. Umweltwissenschaften und Schadstoff-Forschung 18(4), S. 254 – 261 (2006), ISSN 0934-3504
  • Martin Schultz, Andreas Stohl, Bernhard Vogel: Transportprozesse in der Atmosphäre. Chemie in unserer Zeit 41(3), S. 266 – 274 (2007), ISSN 0009-2851

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