Hilfsmittelverzeichnis

Hilfsmittelverzeichnis

Das Hilfsmittelverzeichnis der Gesetzlichen Krankenversicherung in Deutschland enthält eine Auflistung derjenigen Hilfsmittel, deren Kosten von der deutschen Gesetzlichen Krankenversicherung übernommen werden müssen.

Inhaltsverzeichnis

Grundlage

Es soll eine umfassende Produkttransparenz für Versicherte, Leistungserbringer, Vertragsärzte und Krankenkassen schaffen. Es umfasst alle Hilfsmittel (Technische Hilfen), die aufgrund ihrer Funktionstauglichkeit und ihres medizinischen Nutzens verordnungsfähig sind, einschließlich ihrer Qualitätsstandards, Beschreibungen und Indikationen, bei den sie, im Sinne der GKV, eingesetzt werden können.

Das Hilfsmittelverzeichnis enthält neben den Hilfsmitteln (Rehabilitation) auch eine Auflistung der Pflegehilfsmittel gemäß der gesetzlichen Pflegeversicherung.

Das Verzeichnis wird gemeinsam von den Spitzenverbänden der Krankenkassen erstellt und kontinuierlich dem medizinisch-technischen Fortschritt angepasst.

Neue Produkte werden aufgenommen, nachdem der Medizinische Dienst der Spitzenverbände der Krankenkassen die Voraussetzungen geprüft hat.

Grundlage des Hilfsmittelverzeichnisses ist der § 139 des SGB V, der mit der Erstellung des Verzeichnisses umgesetzt wird.

SGB V § 139 Hilfsmittelverzeichnis, Qualitätssicherung bei Hilfsmitteln
(Wortlaut aus dem SGB V zuletzt geändert durch Artikel 6 des Gesetzes vom 28. Mai 2008 (BGBl. I S. 874):

(1) Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen erstellt ein systematisch strukturiertes Hilfsmittelverzeichnis. In dem Verzeichnis sind von der Leistungspflicht umfasste Hilfsmittel aufzuführen. Das Hilfsmittelverzeichnis ist im Bundesanzeiger bekannt zu machen.
(2) Soweit dies zur Gewährleistung einer ausreichenden, zweckmäßigen und wirtschaftlichen Versorgung erforderlich ist, können im Hilfsmittelverzeichnis indikations- oder einsatzbezogen besondere Qualitätsanforderungen für Hilfsmittel festgelegt werden. Besondere Qualitätsanforderungen nach Satz 1 können auch festgelegt werden, um eine ausreichend lange Nutzungsdauer oder in geeigneten Fällen den Wiedereinsatz von Hilfsmitteln bei anderen Versicherten zu ermöglichen. Im Hilfsmittelverzeichnis können auch die Anforderungen an die zusätzlich zur Bereitstellung des Hilfsmittels zu erbringenden Leistungen geregelt werden.
(3) Die Aufnahme eines Hilfsmittels in das Hilfsmittelverzeichnis erfolgt auf Antrag des Herstellers. Über die Aufnahme entscheidet der Spitzenverband Bund der Krankenkassen; er kann vom Medizinischen Dienst prüfen lassen, ob die Voraussetzungen nach Absatz 4 erfüllt sind.
(4) Das Hilfsmittel ist aufzunehmen, wenn der Hersteller die Funktionstauglichkeit und Sicherheit, die Erfüllung der Qualitätsanforderungen nach Absatz 2 und, soweit erforderlich, den medizinischen Nutzen nachgewiesen hat und es mit den für eine ordnungsgemäße und sichere Handhabung erforderlichen Informationen in deutscher Sprache versehen ist.
(5) Für Medizinprodukte im Sinne des § 3 Nr. 1 des Medizinproduktegesetzes gilt der Nachweis der Funktionstauglichkeit und der Sicherheit durch die CE-Kennzeichnung grundsätzlich als erbracht. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen vergewissert sich von der formalen Rechtmäßigkeit der CE-Kennzeichnung anhand der Konformitätserklärung und, soweit zutreffend, der Zertifikate der an der Konformitätsbewertung beteiligten Benannten Stelle. Aus begründetem Anlass können zusätzliche Prüfungen vorgenommen und hierfür erforderliche Nachweise verlangt werden. Prüfungen nach Satz 3 können nach erfolgter Aufnahme des Produkts auch auf der Grundlage von Stichproben vorgenommen werden. Ergeben sich bei den Prüfungen nach Satz 2 bis 4 Hinweise darauf, dass Vorschriften des Medizinprodukterechts nicht beachtet sind, sind unbeschadet sonstiger Konsequenzen die danach zuständigen Behörden hierüber zu informieren.
(6) Legt der Hersteller unvollständige Antragsunterlagen vor, ist ihm eine angemessene Frist, die insgesamt sechs Monate nicht übersteigen darf, zur Nachreichung fehlender Unterlagen einzuräumen. Wenn nach Ablauf der Frist die für die Entscheidung über den Antrag erforderlichen Unterlagen nicht vollständig vorliegen, ist der Antrag abzulehnen. Ansonsten entscheidet der Spitzenverband Bund der Krankenkassen innerhalb von drei Monaten nach Vorlage der vollständigen Unterlagen. Über die Entscheidung ist ein Bescheid zu erteilen. Die Aufnahme ist zu widerrufen, wenn die Anforderungen nach Absatz 4 nicht mehr erfüllt sind.
(7) Das Verfahren zur Aufnahme von Hilfsmitteln in das Hilfsmittelverzeichnis regelt der Spitzenverband Bund der Krankenkassen nach Maßgabe der Absätze 3 bis 6. Er kann dabei vorsehen, dass von der Erfüllung bestimmter Anforderungen ausgegangen wird, sofern Prüfzertifikate geeigneter Institutionen vorgelegt werden oder die Einhaltung einschlägiger Normen oder Standards in geeigneter Weise nachgewiesen wird.
(8) Das Hilfsmittelverzeichnis ist regelmäßig fortzuschreiben. Die Fortschreibung umfasst die Weiterentwicklung und Änderungen der Systematik und der Anforderungen nach Absatz 2, die Aufnahme neuer Hilfsmittel sowie die Streichung von Produkten, deren Aufnahme zurückgenommen oder nach Absatz 6 Satz 5 widerrufen wurde. Vor einer Weiterentwicklung und Änderungen der Systematik und der Anforderungen nach Absatz 2 ist den Spitzenorganisationen der betroffenen Hersteller und Leistungserbringer unter Übermittlung der hierfür erforderlichen Informationen innerhalb einer angemessenen Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

Rechtscharakter und Bindungswirkung

Mit der Erstellung des Hilfsmittelverzeichnisses war von Seiten der gesetzlichen Krankenkassen beabsichtigt, eine exklusive „Positivliste“ derjenigen Hilfsmittel zu erstellen, für die eine Leistungspflicht der Krankenkassen bestehe. Nicht gelistete Produkte sollten dabei von der Leistungspflicht ausgenommen sein, unabhängig davon ob sie den Qualitätskriterien des Verzeichnisses entsprächen.

Dieser Rechtsauffassung und der Praxis der Krankenkassen, die Kostenübernahme für ein Hilfsmittel nur dann zu bewilligen, wenn es im Hilfsmittelverzeichnis aufgeführt ist, hat das Bundessozialgericht (BSG) widersprochen.

Die Spitzenverbände der Krankenkassen, die das Hilfsmittelverzeichnis erstellt und darüber entschieden, was dort aufgenommen wird, haben keine gesetzliche Ermächtigung erhalten, eine Leistungspflicht gegenüber den Versicherten im Sinne einer "Positivliste" festzulegen. Das BSG geht vielmehr davon aus, daß es nicht Aufgabe des Hilfsmittelverzeichnisses sei, abschließend darüber zu befinden, welche Produkte der Versicherte im Rahmen der Krankenbehandlung beanspruchen könne. Es stelle vielmehr nur eine unverbindliche Auslegungshilfe dar. Deswegen kann eine Kostenübernahme mit der fehlenden Nennung im Hilfsmittelverzeichnis nicht begründet werden. [1] [2]

Erfülle ein Hilfsmittel die Kriterien, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen, sowie notwendig, ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich zu sein, so könne es gewährt werden, auch wenn es nicht im Hilfsmittelverzeichnis aufgeführt sei. Eine normative Wirkung komme dem Hilfsmittelverzeichnis als einer bloßen Verwaltungsvorschrift zu einer gesetzlichen Anspruchsnorm nicht zu. Das Hilfsmittelverzeichnis solle folglich relevante Informationen zu Hilfsmitteln listenmäßig zusammenfassen und einen für Vergleichszwecke geeigneten Überblick geben. [3]

Weitere Rechtsvorschriften

im Zusammenhang mit der Erstellung des Hilfsmittelverzeichnis im SGB V sind

  • § 33 Hilfsmittel
  • § 34 ausgeschlossene Arznei-, Heil- und Hilfsmittel
  • § 126 Versorgung durch Vertragspartner
  • § 127 Verträge
  • § 213 Beschlussfassung durch die Spitzenverbände der Krankenkassen und
  • § 302 Abrechnung der sonstigen Leistungserbringer.

Leistungs-Übersicht

Im Hilfsmittelverzeichnis der GKV werden folgende (Produkt-)Gruppen von Hilfsmitteln gelistet:

01 Absauggeräte
02 Adaptionshilfen
03 Applikationshilfen
04 Badehilfen
05 Bandagen
06 Bestrahlungsgeräte
07 Blindenhilfsmittel
08 Einlagen
09 Elektrostimulationsgeräte
10 Gehhilfen
11 Hilfsmittel gegen Dekubitus
12 Hilfsmittel bei Tracheostoma
13 Hörhilfen
14 Inhalations- und Atemtherapiegeräte
15 Inkontinenzhilfen
16 Kommunikationshilfen
17 Hilfsmittel zur Kompressionstherapie
18 Krankenfahrzeuge
19 Krankenpflegeartikel
20 Lagerungshilfen
21 Messgeräte für Körperzustände/-funktionen
22 Mobilitätshilfen
23 Orthesen / Schienen
24 Prothesen
25 Sehhilfen
26 Sitzhilfen
27 Sprechhilfen
28 Stehhilfen
29 Stomaartikel
31 Schuhe
32 Therapeutische Bewegungsgeräte
33 Toilettenhilfen
50 Pflegehilfsmittel zur Erleichterung der Pflege
51 Pflegehilfsmittel zur Körperpflege/Hygiene
52 Pflegehilfsmittel zur selbständigeren Lebensführung/Mobilität
53 Pflegehilfsmittel zur Linderung von Beschwerden
54 Zum Verbrauch bestimmte Pflegehilfsmittel
98 Sonstige Pflegehilfsmittel
99 Verschiedenes

Aufnahmeverfahren

Grundsätzlich können nur Produkte aufgenommen werden, die die Qualitätsanforderungen der entsprechenden Produktgruppen erfüllen. Voraussetzung für die Aufnahme neuer Hilfsmittel in das Hilfsmittelverzeichnis ist, dass der Hersteller die Funktionstauglichkeit, Sicherheit, die indikationsbezogenen Anforderungen und den medizinischen Nutzen des Hilfsmittels nachweist.

Anlaufadresse

Gemäß § 139 SGB V ist der GKV-Spitzenverband (GKV-SV) der Krankenkassen für die Erstellung und Fortschreibung des Hilfsmittelverzeichnisses zuständig. Wünscht ein Hersteller oder Vertreiber die Aufnahme eines Produktes in das Hilfsmittelverzeichnis, ist beim GKV-SV ein schriftlicher Antrag einzureichen. Hierzu stehen entsprechende, produktgruppenspezifische Antragsformulare zur Verfügung. Der GKV-SV leitet die Anträge zwecks medizinischer und technischer Bewertung an den Medizinischen Dienst des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen e.V. (MDS)weiter.

Einzelnachweise

  1. Bundessozialgericht, Urteil vom 3. August 2006 (Az.: B 3 KR 25/05 R)
  2. VNR – Verlag für die Deutsche Wirtschaft
  3. Informationen zum Hilfsmittelverzeichnis

Weblinks


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