- Hippies
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Als Hippies (abgeleitet von englisch hip „angesagt“)[1] bezeichnet man Personen der gegenkulturellen Jugendbewegung, die in den 1960er Jahren entstand und sich an den Lebensstil der Hipster der 1950er Jahre anlehnte. Die ursprünglichen Hippies trugen ihre Kultur 1967 symbolisch zu Grabe[2], als die Hippiekultur mit dem Summer of Love von der Nischenkultur zur Massenkultur wurde und eine dominante Jugendkultur blieb, bis sie in den späten 1970er Jahren vom Punk und Metal abgelöst wurde. Der Autor Barry Miles sieht den Kern der Hippiezeit in den Jahren von 1965 bis 1971.
Inhaltsverzeichnis
Philosophie
Die von San Francisco ausgehende Hippiebewegung [3] stellte die ihrer Meinung nach sinnentleerten Wohlstandsideale der Mittelschicht in Frage und propagierte eine von Zwängen und bürgerlichen Tabus befreite Lebensvorstellung. Im Vergleich zur 68er-Bewegung und den Gammlern dominierten dabei stärker gemeinschaftliche (Selbstverwirklichung) als gesellschaftspolitische Konzepte, teilweise überschnitten sich die Ideale der Bewegungen. „Denn anders als die Gammler wollten sie nicht nur dem Leistungsdruck der Gesellschaft entfliehen, sondern zugleich neue, menschlichere Lebensweisen und Umgangsformen finden“ [4] . Die Idee von einem humaneren und friedlicheren Leben wurde mit dem – oft synonym zur Hippiebewegung verwendeten – Schlagwort Flower-Power (englisch für „Blumenmacht“) belegt, das 1965 vom US-amerikanischen Dichter Allen Ginsberg geprägt wurde[5]. Diese Ideale wurden versuchsweise in neuartigen, oft ländlichen Kommunen umgesetzt.
Die an Henry David Thoreau geschulte Naturverbundenheit und die Konsumkritik der Hippies führte zur Herausbildung einer eigenen Gegenkultur, die sich den bestehenden gesellschaftlichen und politischen Normen und Werten verweigerte und entsprechende Ansätze der Beat Generation (seit den 1940er Jahren), William S. Burroughs, Neal Cassady, Jack Kerouac, Allen Ginsberg u.a. weiterführte. „...im Nonkonformismus der Beat Generation der 1940er Jahre, werden die wesentlichen Aspekte der Hippie-Bewegung thematisiert: die Friedensbewegung, freie Liebe, Drogenkonsum, fernöstliche Religionen (...). “[6] .
Gerade in der Spätphase sind die Grenzen zum New Age fließend. Insoweit handelt es sich bei Teilen der Hippiebewegung um ein Übergangsphänomen von den rationalistischen Fortschrittserzählungen der Moderne (z. B. 68er-Bewegung, (Sozialismus) hin zur Neomystik der Postmoderne (z. B. New Age, Neuheidentum).
Die Hippiebewegung fand ihren gesellschafts-politischen Höhepunkt in der Friedensbewegung gegen den Vietnamkrieg und prägte um 1967 das Motto Make love, not war. „Seit ihrem Auftauchen sind die klassischen jugendlichen Subkulturen im Guten wie im Schlechten stets Vorboten sozialer und gesellschaftlicher Umbrüche gewesen“ [7]
Hippies wurden von konservativen Kreisen und dem Mainstream als Arbeitsscheue, Gammler, Chaoten und Langhaarige diffamiert[8] . Sie wurden als Aussteiger betrachtet, die sich dem Leistungsprinzip und den bürgerlichen Konventionen und Moralvorstellungen nicht unterwarfen, sondern entzogen, z. B. in Kommunen auf Ibiza, in Indien (Goa), Marokko oder auf den griechischen Inseln. Ihnen wurden häufig, im abwertenden Sinne, pauschal politische Bestrebungen wie Sozialismus, Anarchismus oder Kommunismus unterstellt, obwohl es durchaus anarchistische Tendenzen innerhalb der Hippiebewegung und der Gegenkultur gab, jedoch keine Staatskommunistischen oder -sozialistischen Interessen und Ideologien.
Ein wesentlicher Einfluss auf die Bewegung wird von vielen Beobachtern den halluzinogenen Drogen zugeschrieben, insbesondere LSD. Erfahrungen aus LSD-Trips gingen in die Kultur, Philosophie und Politik der Bewegung ein. Nachdem die Substanzen verboten wurden, verlagerte sich die Produktion in Untergrundlabors. In zahlreichen Musikstücken und Filmen wurden LSD-Erfahrungen verarbeitet, auch in der breiten Öffentlichkeit und in der Wissenschaft waren sie ein Thema. Auch später wurde LSD-Konsum immer wieder in der populären Kultur thematisiert.
Oftmals stellten Hippies eine Bohème dar, wie im Viertel Greenwich Village in New York, wo Hippies als Subkultur Orte des Undergrounds schufen. Künstler wie Robert Crumb, Musiker wie Janis Joplin und Jim Morrison, Aktivisten wie Ken Kesey, Allen Ginsberg, Bands wie Grateful Dead, Beatles, Santana oder Schauspieler wie Peter Fonda zeigen unterschiedliche Facetten der pluralen, heterogenen Hippie-Bewegung.
Kultur
In dieser Kultur etablierte sich ein eigener Musik- und Kleidungsstil. Im grafischen Bereich nahm sie Einfluss auf die Plakatkunst und die Gestaltung von Schallplattenhüllen. Manche Männer und Frauen trugen wallende Batikgewänder mit bunten Farben und zumeist die so genannten Jesuslatschen an den Füßen. Beliebt waren auch Gegenstände wie Räucherstäbchen, Geruchskerzen etc., die auch heute noch in der Goaszene beliebt sind. Hippies schmückten sich zum Zeichen für Frieden und Liebe mit Blumen, einem Attribut, das die Modeindustrie bald verwertete und damit gesellschaftsfähig machte. Sie wurden daher von der Massenpresse „Blumenkinder“ genannt. Männer trugen oftmals ebenso wie Frauen lange Haare und Schmuck. „Freie Liebe“ und freier Drogengenuss setzten sich durch. Die psychedelische Musik, neben Folk der dominante Musikstil während des Höhepunktes der Hippiebewegung in den späten 1960ern, war durch den Drogengenuss bei vielen Musikern geprägt.
Ein bekanntes Lied, das direkt auf den Ursprung dieser Kultur und die Blumen Bezug nahm, war der Hit „San Francisco (Be Sure to Wear Flowers in Your Hair)“ von Scott McKenzie, der 1967 in Deutschland zwei Monate lang auf Nummer eins der Charts war. Vorgänger war der Song „All You Need Is Love“ von den Beatles, der ebenfalls für die Zeit bezeichnend war und sechs Wochen die Hitparade anführte.
Ein berühmt gewordener musikalischer Höhepunkt, der zugleich auch den Beginn der Endphase der nicht kommerzialisierten Hippiebewegung einleitete, war das Woodstock-Festival. Geradezu stellvertretend für die Hippie-Ära steht das Musical Hair, das das Zeitalter des Wassermanns ankündigte (Esoterik). Gerade „Hair“ wurde und wird von dem allergrößten Teil der Hippies allerdings als zu klischeehaft und zu kitschig betrachtet.
Und auch heute wird die Hippiebewegung noch gelebt. Seit 1969 existiert Europas größtes Hippiefestival, das Burg-Herzberg-Festival. Auch auf weiteren, aber meist kleineren und damit regionaleren Festivals wie dem Flower Power Festival in Freiberg oder dem FreakWeekNoEnd im oberpfälzischen Oberviechtach findet sich eine reiche Auswahl an Musik verschiedenster Richtung aber im Einklang mit der Alternativen Kultur.
Die Hippieszene ist musikalisch vielfältig. Die Musikrichtungen reichen von diversen Spielarten der Rockmusik wie Space Rock, Folk Rock, Jazz Rock, Bluesrock und anderen progressiven Richtungen (z. B. Progressive Rock) über Naturmusik bis hin zu Psychedelic Trance und Progressive Trance, Folk, Weltmusik und Reggaeeinflüssen. Generell wird auf eine harmonische, friedliche Stimmung geachtet.
Das musikalische und melodiös eingängigste Beispiel, das die Emotionen dieser Ära einfängt, ist wohl das 1967 aufgenomme Album Sgt. Pepper's Lonely Hearts Club Band der Beatles. Das Album war ein Gesamtkunstwerk, das Lebensfreude und neuen Zeitgeist ankündigte: „...a splendid time is guaranteed for all.“ Mit ihrer Kommerzialisierung kam es zum Niedergang der Hippiebewegung. Neue soziale Bewegungen bildeten daran anschließend ein gewisses Auffangbecken für Teile der ehemaligen Hippiebewegung seit den 1970er Jahren.Die Hippiebewegung starb in den Folgejahren zwar als Massenkult, überlebte allerdings bis heute als Nischenkultur. Das älteste Hippiefestival, das Burg Herzberg Festival, existiert nun schon seit 40 Jahren und vereint neu dazu gekommene und alte Hippies. Auch die Rainbowgathering Bewegung ist ein lebendiges Beispiel für Hippiekultur in der Moderne.
Die neu entstehende Jugendkultur des Punk grenzte sich seit ca. 1977 sehr stark vom Innerlichkeitsdenken, der Sanftheit und der Naturliebe der Hippies ab, die sie als verlogen empfand. Viele jugendliche Hippies „konvertierten“ zu der neuen, dominant werdenden Jugendkultur. Trotzdem lebten viele Hippies neben der neuen Subkultur und verschwanden nicht. Auch heute leben Menschen alternativ-experimentell im Geiste der Hippiebewegung. Die heutigen Hippies sind wie ihre Vorgänger Anhänger einer Geisteshaltung, die das freiheitliche, pazifistisch-soziale, tolerante Gemeinschaftsleben postuliert. Innerhalb dieser Lebensphilosophie sind anarchische Denkweisen ebenso gängig wie naturreligiös-spirituelle. Vegetarismus, bis hin zum Veganismus, ist stark verbreitet. Dies wird zum Beispiel in der ökologischen Lebensweise vieler Hippies und in dem Essensangebot von Veranstaltungen der Hippieszene deutlich. Die Weltanschauung und der Kleidungsstil wie auch die Lebensweise sind dem Einzelnen selbst überlassen. Heutzutage gibt es in vielen, besonders größeren Städten der westlichen Welt Hippies, auch abgeschieden auf dem Land und in südlichen Ländern. Auch in Goa in Indien sollen bis heute Hippies leben, von dort aus entstand die Musikrichtung Goatrance. „Wir waren früher arm. Die Hippies brachten uns Geld. Da haben wir sie akzeptiert, erzählt Calestino de Souza. Der 68-jährige hat vor 40 Jahren die ersten Zimmer seiner Villa Bomfim in Baga an die Blumenkinder vermietet.“ [9]
Hippies in den Medien
Zu den Filmen, die sich mit dem Lebensstil der Hippies auseinandersetzen, gehören u. a. Easy Rider, Cheech und Chong, Alice's Restaurant, oder die Verfilmung der Musicals Hair (Film) und Jesus Christ Superstar (Film), sowie der Dokumentarfilm über das Woodstock-Festival. In der Literatur stellten Bücher wie Die Pforten der Wahrnehmung oder die Werke Carlos Castanedas Inspirationsquellen der Hippiebewegung dar. Weiterhin wird die Hippie-Bewegung durch den US-amerikanischen Schriftsteller T.C. Boyle in seinem 2003 erschienenen Roman „Drop City“ verarbeitet.
Der Hippiezug nach Asien
→ Hauptartikel: Hippie trail
Kennzeichnend für diese Bewegung war ebenfalls der große Aufbruch in den Osten, Richtung Indien und seiner orientalischen Mystik. Niedrige Drogenpreise sowie ein damals äußerst kostengünstiges Leben trugen ebenfalls dazu bei, die Attraktivität dieses Ziels zu erhöhen. Auf dem Weg dorthin wurde Kabul als Durchgangsstation bekannt sowie das Kathmandutal als Endziel der Hippies auf der Suche nach individueller Freiheit.
Der Aufbruch nach Osten umfasste mehrere Seiten: die kulturelle Seite – das war die Suche nach sich selbst. Die Lebensweise der Hippies mit ihrem Traum von Freiheit, Frieden und Liebe konnte ihrer Meinung nach hauptsächlich in anderen Kulturen umgesetzt werden. Kleidung, Denkweise und Haarlänge waren keinen Normen oder Standardwerten unterlegen. „Mit ihrem ruhigen, friedlichen Hedonismus fügten die Hippies niemanden Schaden zu, sie hatten auch kein Sendungsbewusstsein, sie wollten all die Leute, mit denen sie gebrochen hatten, um ihr alternatives Leben zu führen, weder überzeugen noch für sich gewinnen; sie wollten von ihnen in Ruhe gelassen werden, hingegeben an ihren anspruchslosen Egoismus und ihren psychedelischen Traum“ [10] . Die nomadenhafte Seite – das war die Suche nach neuen Horizonten. Der Film Easy Rider avancierte u. a. auch deswegen zum Kultfilm, weil er eine Sehnsucht symbolisierte. Nicht zuletzt die Sehnsucht von tausenden Jugendlichen nach Freiheit, in Amerika und Europa, unter anderem in Indien. Ein Land der dritten Welt, in dem die sozialen Unterschiede derart enorm waren, dass sie sich dem Verständnis der meisten Europäer entzogen (Kastensystem). Wachgerüttelt durch die sozialen und politischen Bewegungen Ende der 1960er Jahre sollten neue Wege erschlossen werden. Mystik, Drogen und/oder Religion wurden als Inspirationsquelle zu Hilfe gezogen. Anfang der 1970er Jahre waren die Jugendlichen sich bewusst geworden, dass sie alle nur Suchende sind. Auf der Suche nach einer Mystik, die mit Drogen den Zugang zu „Den Pforten der Wahrnehmung“ Aldous Huxley öffnen sollte. Jedoch war dabei hauptsächlich nur die weiße Mittelschicht der westlichen Welt betroffen.
Einer der Novizen des Indienzugs war Hermann Hesses „Siddharta“. Hesse war 1911 selbst mehrere Monate in Indien gewesen. Viele Leser fühlten sich davon angesprochen. Doch trotz der weithin bekannten „counter-culture“ wurde Amerika dennoch kein Hippieziel der Europäer, sondern blieb u. a. auch wegen des Vietnamkrieges eher ein abschreckendes Beispiel.
In Abneigung vor der Vereinnahmung durch das autoritäre System, entwickelte sich in den Guesthouses des India-overland-trails eine Subkultur, die eigene Normen und Richtlinien suchten. Soziologisch gesehen bestanden die Hippies im wesentlichen aus mitteleuropäischen und nordamerikanischen Mittelstandskindern, überwiegend unter 30 Jahren, aus Auswanderern und Aussteigern, Lebenskünstlern und Bohémiens, Gammlern, Studenten, Drogenkonsumenten und Drogendealern.
Gemeinsam war ihnen nur, dass sie alle eine Abkehr vom autoritären Lebensstil der 1960er wollten. Auf der Suche nach neuen Erfahrungen brachen sie nach Osten auf. Eine Gegenkultur setzte sich in Goa, Kabul und Kathmandu fest.
Literatur
- Barry Miles: Hippies. Collection Rolf Heyne, München 2005, ISBN 3-89910-257-6
- Michael G. Symolka: Hippie-Lexikon (Das ABC der Flower-Power-Ära) Lexikon Imprint Verlag, ISBN 3-89602-204-0
- Rauhut, Michael & Thomas Kochan (Hg.): Bye bye, Lübben City. Bluesfreaks, Tramps und Hippies in der DDR. Schwarzkopf & Schwarzkopf, 2004, ISBN 3-89602-602-X
- Gerd Stein (Hg.): Bohemien – Tramp – Sponti. Boheme und Alternativkultur. Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main 1982 (Reihe: FTB 5035) ISBN 3-596-25035-8
- J.Gehret (Hrsg.), Gegenkultur heute. Die Alternativbewegung von Woodstock bis Tunix. Azid Presse, 2.Auflage, Amsterdam 1979. ISBN 90-70215-03-9
Hippie-Zeitschriften
- Love, Berlin (5 Ausgaben, 1970 - 1971)
- Holy Flipp, Herten, (1973/1974)
Vgl. hierzu: U.Pasterny/J.Gehret (Hrsg.), Deutschsprachige Bibliographie der Gegenkultur, Seite 107 und 109. Azid Presse, Amsterdam 1982. ISBN 90-70215-10-1
Siehe auch
Weblinks
- Die Karawane der Blumenkinder von Maren Niemeyer. Südwestrundfunk (SWR)
- Über die Dokumentation Die Karawane der Blumenkinder in „Der Tagesspiegel“
Einzelnachweise
- ↑ Über die Begriffsbezeichnung Hippie. Von Michael Fallon; englisch. Abgerufen am 17. Februar 2009
- ↑ Vgl. hierzu die Bemerkung von Dieter Wunderlich. Abgerufen am 17. Februar 2009
- ↑ Zeittafel der Hippie-Kultur; englisch. Abgerufen am 17. Februar 2009
- ↑ Zitat nach Klaus Farin, „Jugendkultur in Deutschland 1950 - 1989“. Teil 2, Verlag: Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn 2006. Im Bestand der Deutschen Nationalbibliothek
- ↑ D. Wunderlich schreibt das die Bezeichnung Flower Power von A. Ginsberg stammt. Abgerufen am 18. Februar 2009
- ↑ Zitat nach „history-themenseiten“. Abgerufen am 18. Februar 2009
- ↑ Zitat nach Reinhard Jellen, in Marxistische Blätter, Nr. 1 - 2006; 44. Jahrgang
- ↑ Vgl. hierzu: „Der Spiegel“ vom 30. Januar 2009; „Blumenkinder des Bösen“. „Als die Hippie-Kultur zum Gewaltrausch wurde“. Von Constantin Alexander. Abgerufen am 18. Februar 2009
- ↑ Zitat aus der „Süddeutschen Zeitung“ vom 8. Februar 2009; „An den Stränden der Blumenkinder“. Abgerufen am 18. Februar 2009
- ↑ Zitat nach Dieter Wunderlich. Abgerufen am 28. Februar 2009
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