Hissene Habre

Hissene Habre

Hissène Habré (* 1942 im Tschad) war der Präsident des Tschad von 1982 bis zu seiner Absetzung 1990. Zuvor bekämpfte er als Rebellenführer das Regime seines Vorgängers Tombalbaye. Das Einparteiensystem Habrés war durch schwere Menschenrechtsverletzungen und Gewaltkampagnen gegen verschiedene ethnische Gruppierungen im Tschad gekennzeichnet. Eine nach seiner Amtszeit eingesetzte Untersuchungskommission beschuldigt ihn, für ungefähr 40.000 politisch motivierte Morde verantwortlich gewesen zu sein.

Inhaltsverzeichnis

Politisches Wirken

Habré entstammt dem Volk der Gorane, das im Norden des Tschads ansässig ist. Nach der Grundschule arbeitete er zunächst in der französischen Kolonialverwaltung des Landes. Mit einem französischen Stipendium ausgestattet studierte er anschließend Politikwissenschaft in Paris. Nach seinem 1971 abgelegten Examen kehrte er in den Tschad zurück.

Habré wurde Mitglied der heute nicht mehr bestehenden Rebellenarmee Forces Armées Nationales du Tchad (FAN), die Anfang der siebziger Jahre gegen die Willkürherrschaft des seit 1972 von Libyen unterstützten Präsidenten des Tschad, François Tombalbaye, kämpfte. Mediale Bekanntheit erlangte Habré in dieser Zeit durch die Entführung dreier Europäer am 21. April 1974 in Bardai im Tibesti-Gebiet, um Geld und Waffen zu erpressen. Betroffen waren der deutsche Arzt Christophe Staewen (dessen Frau bei der Entführung ermordet wurde), der französische Entwicklungshelfer Marc Combe und die französische Ethnologin Françoise Claustre. Marc Combe konnte 1975 entkommen. Die anderen beiden Entführten wurden trotz Interventionen der französischen Regierung erst am 1. Februar 1977 von den Rebellen freigelassen.

Am 29. August 1978 wurde Habré vom seit 1975 regierenden Präsidenten Félix Malloum, der ehemalige Rebellen in die Regierung einband, zum Premierminister ernannt. Allerdings endete seine Amtszeit schon ein Jahr später, zusammen mit Malloums Regierung, als Goukouni Oueddei an die Macht kam.

Putsch gegen Oueddei

Habré putschte am 7. Juni 1982 gegen Oueddei und ernannte sich selbst zum Präsidenten; das Amt des Premierministers schaffte er ab. Zur Sicherung seiner Macht rief er Polizeistreitkräfte mit politischem Auftrag, die Direction de la Documentation et de la Sécurité (DDS), ins Leben. Gegner des Regimes waren fortan Folter und Hinrichtungen ausgesetzt.

Kriege gegen Libyen

Schon im Juli 1975 besetzte das mit dem Regime Tombalbayes befreundete Libyen das Land, um gegen die Truppen des Rebellenführers Habré vorzugehen, und annektierte den im Norden gelegenen Aouzou-Streifen. Frankreich und die USA unterstützten jedoch den Tschad, weil sie eine regionale Machtstellung Libyens unter dem „Revolutionsführer“ Muammar al-Gaddafi verhindern wollten.

Am 15. Dezember 1980 besetzte Libyen erneut den gesamten nördlichen Teil des Tschads, aber mit französischer Hilfe konnten die libyschen Truppen geschlagen und im November 1981 aus dem Land vertrieben werden. 1983 okkupierten Gaddafis Truppen das gesamte Gebiet nördlich von Koro Toro (einschließlich Faya Largeau), Frankreich im Gegenzug die Landesteile südlich des 17. Breitengrades. Die Vereinigten Staaten nutzen eine Geheimbasis im Tschad, um gefangengenommene libysche Soldaten auszubilden, die eine Streitmacht gegen Gaddafi bilden sollten. Die USA stellten außerdem militärische Hilfen bereit und unterstützten die DDS.

Der Sieg gegen Gaddafi und der Fall Habrés

Mit der Unterstützung der USA und Frankreichs konnte Habré sich gegen Gaddafi behaupten, die libysche Besetzung des Nordens endete 1987. Der Krieg wurde 1988 offiziell für beendet erklärt. Trotz des Sieges wurde der Unmut über das brutale Regime immer größer, und am 1. Dezember 1990 wurde Habré von den (damals) prolibyschen Rebellen des Idriss Déby gestürzt. Er fand Asyl in Senegal.

In den 1990ern scheiterten bewaffnete Versuche der Habré-Anhänger, von Kamerun aus über den Tschadsee vorzustoßen und die tschadische Hauptstadt zurückzuerobern.

Anklage wegen Menschenrechtsverstößen

Habré ordnete während seiner Amtszeit die massenhafte Tötung von Angehörigen der ethnischen Gruppen der Sara (1984), der Hadjerai (1987) und der Zaghawa (1989) an. Nach Schätzungen einer nach seiner Entmachtung vom neuen tschadischen Justizminister einberufenen Untersuchungskommission autorisierte er 40.000 politische Morde und ließ systematisch foltern, was ihm den Beinamen „Afrikas Pinochet“ eintrug. [1] Im Herbst 2005 stellte die belgische Justiz wegen Menschenrechtsverletzungen während seiner Amtszeit einen internationalen Haftbefehl gegen ihn aus und beantragte seine Auslieferung. Seit dem 15. November 2005 wurde der Auslieferungsantrag vor einem Gericht in Dakar verhandelt. Zehn Tage später erklärte sich das Gericht für nicht zuständig. Am folgenden Tag wurde er wieder inhaftiert. Der Innenminister Senegals erklärte, man werde dem Präsidenten der Afrikanischen Union, dem nigerianischen Präsidenten Olusegun Obasanjo, die Entscheidung über das weitere Vorgehen überlassen.

Nachdem im Mai 2006 die UNO dem Senegal ein Ultimatum zur Auslieferung Habrés an Belgien setzte, entschieden die Staatschefs der AU, dass Habré im Senegal vor Gericht gestellt werden soll.[2]

Am 15. August 2008 wurde Habré vom Strafgerichtshof in N’Djamena in Abwesenheit zum Tode verurteilt.

Literatur

  • Jacques Le Cornec: Les mille et un Tchad. 1. Aufl., L'Harmattan, Paris u. a. 2002, ISBN 2-7475-3723-4. (franz.; Inhalt: u. a. Geschichte des Tschad von 1800–2000, Politik, Staatsoberhäupter – u. a. auch: Habré)

Einzelnachweis

  1. vgl. Olaf Bruns: Der Fall von Afrikas Pinochet (Artikel im Europolitan vom 23. Januar 2006)
  2. Senegal legalises Habré trial. In: afrol News, 9. April 2008

Weblinks

Chad ex-leader sentenced to death ", http://news.bbc.co.uk/2/hi/africa/7563881.stm, BBC, August 15, 2008


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