Hohenloher Freilandmuseum

Hohenloher Freilandmuseum
Das Freilandmuseum von Südwesten

Das Hohenloher Freilandmuseum Wackershofen im zu Schwäbisch Hall gehörenden Weiler Wackershofen ist eines von sieben regionalen Freilichtmuseen in Baden-Württemberg. Es wurde 1983 eröffnet und präsentiert hierher versetzte alte Gebäude aus dem Nordosten Baden-Württembergs, vornehmlich aus den Landkreisen Hohenlohe und Schwäbisch Hall, aber auch aus dem Main-Tauber-Kreis, dem Landkreis Heilbronn, dem Rems-Murr- und Ostalbkreis sowie den Landkreisen Heidenheim und Ludwigsburg.

In mehr als 60 umgesetzten, teilweise rekonstruierten Gebäuden aus der Region zwischen Neckar und Main, Schwäbischer Alb und Frankenhöhe, aus Gegenden wie der Hohenloher Ebene, dem Schwäbisch-Fränkischen Wald und dem Taubergrund ist in Wackershofen die Geschichte der Landbevölkerung und ihre Lebensweise vom Spätmittelalter bis ins 20. Jahrhundert hinein dokumentiert.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Waldberge, Forsthaus

Ein Vorläufer des Freilandmuseums, das Bauernmuseum Schönenberg im Untermünkheimer Ortsteil Schönenberg, war 1972 eröffnet worden. Es zeigte in einem alten Wohn-Stall-Haus häusliche Einrichtungsgegenstände und landwirtschaftliche Gerätschaften. Als Ende der 1970er-Jahre die Errichtung von Freilichtmuseen in Baden-Württemberg im Gespräch war, schlug die Schönenberger Initiative den Raum Schwäbisch Hall als Standort für ein neues Freilichtmuseum vor, das den fränkischen Teil Württembergs repräsentieren sollte. Die Landesregierung sagte ihre Unterstützung zu, und die Stadt Schwäbisch Hall stellte das etwa 35 ha große Museumsgelände zwischen der Hohenlohebahn im Norden, dem Waldrand im Westen und im direkten Anschluss an den Weiler Wackershofen im Süden zur Verfügung. Mitte 1979 wurde der Trägerverein Verein Hohenloher Freilandmuseum gegründet, ein Museumsleiter wurde eingestellt und ein Museumsbautrupp eingerichtet, die noch im selben Jahr das erste zu versetzende Gebäude (das Steigengasthaus oberhalb von Michelfeld) abbauten. Bei der Eröffnung im Juni 1983 konnten schon 13 Gebäude der Öffentlichkeit präsentiert werden, neun davon ins Museum versetzt; vier (der Weidnerhof mit Nebengebäuden) waren an Ort und Stelle am Wackershofener Dorfrand verblieben. Bis 1991 wurden schon vierzig Gebäude gezeigt. Seitdem hat sich der Ausbau unter anderem aus finanziellen Gründen verlangsamt, schreitet aber weiter fort; 2007 waren es über sechzig Gebäude. Neben der direkt an den Weiler Wackershofen anschließenden Baugruppe Hohenloher Dorf, die in der Form eines Haufendorfs Gebäude aus Hohenlohe und Haller Umland zeigt, gibt es noch die Baugruppe Weinlandschaft mit Häusern aus den Weingegenden um Heilbronn und an der Tauber sowie die etwas entfernter liegende Baugruppe Waldberge, die Gebäude aus den Waldlandschaften der vom Museum betreuten Region präsentiert. Ein Mühlental mit (Stand 2008) zwei Mühlen verbindet die Baugruppen Waldberge und Hohenloher Dorf. Der Bachlauf des Mühlentals speist sich bislang nur aus dem Überlaufwasser eines mit Regenwasser gefüllten, oberhalb gelegenen Teichs und liegt daher oft trocken. Es soll nun aber nach Wasser gebohrt werden, um im Jahr 2009 eine einsatzfähige Mühle präsentieren zu können.[1]

Der Museumsbahnhof

Direkt an der am Museumsgelände vorbeiführenden Bahnlinie wurde eine Technik-Sonderbaugruppe mit dem alten Kupferzeller Bahnhof und seinem Lagerhaus errichtet. Die darin befindliche historische Dienstwohnung steht mit Illustrationen zur Geschichte des Gebäudes und seiner Bahnanlage dem Besucher offen. Seit dem Jahr 2000 gibt es einen eigenen im Zweistundentakt bedienten Bahnhaltepunkt am Freilandmuseum. Das Museum diente in jüngerer Zeit mehrfach als Drehort für Fernsehfilm-Produktionen wie Das unzähmbare Herz (ARD 2004), Schiller (ARD 2005) und Margarete Steiff (ARD 2005).

Gebäude

Hohenloher Dorf
Hohenloher Dorf, Armenhaus
Wohn-Stall-Haus aus Elzhausen

Die Gebäude sind wie in den meisten Freilichtmuseen die wesentlichen Exponate. Das Hohenloher Freilandmuseum hat sich ganz besonders mit dem Thema Translozierung befasst und war und ist bemüht, die Häuser und Gebäude nicht nur als Hüllen für Ausstellungen zu sehen, sondern sie selbst als Originalstücke mit eigenem Charakter zu behandeln.

Neben einer intensiven volkskundlichen Haus- und Bauforschung, die in der Region um Kocher und Jagst in der Vergangenheit so nicht bekannt war, ist das Museum bestrebt, mittels innovativer Translozierungstechniken möglichst viel Originalsubstanz der Gebäude vom ursprünglichen Standort ins Museumsgelände zu verbringen. Schon Anfang der 1980er-Jahre erfolgten erste Versuche mit der Versetzung ganzer Fachwerkwände von Scheunen und Fachwerkgiebeln. Ziel dabei war und ist, die Gebäudesubstanz wie ein klassisches Museumsexponat zu betrachten, die Gebrauchsspuren zu belassen, die baulichen Veränderungen damit zu dokumentieren und nicht einen realitätsfernen, phantasievollen „Ursprungszustand“ im Museum aufzubauen. Die verwendete Technik wird vom Museumsteam in Zusammenarbeit mit der Schwäbisch Haller Spedition Kübler entwickelt, die sich auf Sondertransporte spezialisiert hat und hier oft neue Techniken ausprobiert.

Das führte dazu, 1988 erstmals einen ganzen Gebäudeteil, den Dachstuhl des Armenhauses aus Hößlinsülz, ins Freilandmuseum zu transportieren. Der Erfolg dieser Maßnahme mit den erhalten gebliebenen Innen- und Außenwänden einschließlich der Ausfachung zwischen den Balken, dem erhalten gebliebenen originalen Dielenboden und den historischen Dachlatten und vor allem der erhalten gebliebenen originalen Putz- und Malschichten war so überzeugend, dass von diesem Zeitpunkt im Hohenloher Freilandmuseum nur noch diese Translozierungstechnik der Großteilversetzung angewandt wurde. Kurz darauf erfolgte der erfolgreiche Transport unzerlegter, massiv gemauerter Wände, so wie bei der Kapelle aus Stöcken, deren Außenwände mit allen Oberflächen und Spuren früherer Nutzung ins Museum gelangten. Selbst der Transport eines Gewölbes, unzerlegt und insgesamt knapp 100 Tonnen schwer, gelang und kündet heute im Freilandmuseum vom Geschick früherer Maurer. Das 100 Jahre alte Bahnhofsgebäude aus Kupferzell mit Wartehalle und Lagerschuppen erreichte Wackershofen in vier großen Raumeinheiten (Erdgeschoss, Obergeschoss, Wartehalle und Lagerraum) auf Tiefladern. Erst hier vor Ort war es möglich, die originalen Wandfassungen zu untersuchen und daraus ein Wiederherstellungskonzept zu entwickeln. Bei der klassischen Methode der Zerlegung wären hier und bei den anderen Häusern viele kulturgeschichtliche Erkenntnisse unwiederbringlich zerstört worden.

Präsentation volkskundlicher Forschung

Schmiede
Bauernstube
Wagenremise
Offene Kochstelle

Stehen auch die Gebäude als zentrale Exponate selbst im Mittelpunkt, geht es dem Museum auch darum, biographisch mit Text und Ausstattungsstücken von den früheren Bewohnern zu erzählen und ihr Leben in einen allgemeinen geschichtlichen Hintergrund zu stellen. Eingerichtete Häuser sind dabei ein unverzichtbarer Bestandteil, aber auch Sonderausstellungen, Vorführungen, Aktionen und Informationen sollen den Besuchern ein lebendiges Bild der weiteren und näheren Vergangenheit vermitteln. Dazu gehören die Haltung von alten Haustierrassen wie Schwäbisch-Hällischen Landschweinen und Limpurger Rindern, von Ziegen, Schafen und Geflügel genauso sowie der Anbau historischer Getreidesorten. In vier Baugruppen werden auf dem großen Gelände so unterschiedliche Themen gezeigt wie Weinbau, Schweinezucht, Dorfhandwerker, Frauengeschichte, Landtechnik, Drittes Reich, Schulwesen, Fünfziger Jahre und vieles andere.

Ein kleines Haus aus dem späten 15. Jahrhundert erzählt beispielsweise von den bescheidenen Wohnverhältnissen vor 500 Jahren, ein prächtiges Fachwerkhaus von 1794 macht dagegen deutlich, wie auch in früheren Zeiten Wohlstand auf dem Lande zu erreichen war. Ein Handwerkerhaus des 19. Jahrhunderts dokumentiert die frühere enge Verflechtung zwischen Bauern und Handwerkern auf dem Lande. Vom villenähnlichen Großbauerngehöft zu Armen- und Taglöhnerhaus geht die soziale Bandbreite. Scheunen und Werkstätten ergänzen die Hofanlagen. Das prächtige historische Dorfgasthaus Roter Ochse wird heute im Freilandmuseum wieder bewirtschaftet. In vier Wohnhäusern erfährt der Besucher über Leben und Arbeit früherer Bewohnerinnen. In einem großen Gehöft wird dem historisch Interessierten die authentische Geschichte einer verfolgten jüdischen Familie berichtet, die auf einem Hohenloher Bauernhof 1944/45 bis zur Befreiung durch die Amerikaner Unterschlupf gefunden hatte. Ergänzt wird dieses breite Spektrum durch ein historisches Bahnhofsgebäude, an dem heute wieder Züge halten, Schafscheunen, die wie früher wieder als Schafställe dienen, ein großes Lagerhaus für das Aufbewahren der Getreideernte mit voll funktionsfähigem Innenleben, ein stattliches Schulgebäude mit original eingerichtetem Klassenraum und eine am Wochenende betriebene Besenwirtschaft zum Weinausschank, ein spezieller schwäbischer Bewirtungstyp.

Museumspädagogik und Ehrenamtliche

Kompetente Führerinnen und Führer stehen für Gruppen zur Verfügung. Ehrenamtliche betreuen als „Hausdienste“ die Gebäude und stehen den Besuchern für Fragen zur Verfügung. Ohne die Ehrenamtlichen könnten die vielen Aktionstagen und Vorführungen, Feste und Veranstaltungen nicht stattfinden.

Es werden, soweit das Personal ausreicht, eine Anzahl Projekte für Schülergruppen angeboten, die so gut angenommen werden, dass sie häufig sofort ausgebucht sind. Der knapp bemessene hauptamtliche Stellenplan reicht nicht dazu aus, die technik- und sozialgeschichtliche Breitenarbeit für den Nachwuchs noch mehr auszuweiten.

Veranstaltungen

Jedes Jahr Mitte Mai findet der Süddeutsche Käsemarkt im Museumsdorf statt. Aus ganz Deutschland, aber auch aus anderen Ländern wie Schweiz, Holland oder Italien kommen traditionelle Käsereien, die als Slow-Food-Erzeuger ihre eigenen Käsesorten anbieten. Dazu gesellen sich anspruchsvolle Lebensmittel wie spezielle Pflanzenöle, Schnäpse, Kaffee, Kuchen, „Essbare Landschaften“ etc.

Regelmäßig werden Handwerkertage veranstaltet, ab denen Handwerker - z. B. Drechsler, Schmiede, Schuhmacher, Weißnäherin usw. - aus Hohenloher Landen ihre Kunstfertigkeit vorführen und Interessenten die Grundlagen ihres Handwerks vermitteln.

Anfang August 2007 veranstaltete der Museumsverein erstmals eine Modenschau mit historischer Bekleidung und aus Vereinsmitgliedern und Museumsbesuchern spontan rekrutierten Mannequins, die viel Anklang fand und wiederholt werden soll.

Das Backofenfest ist das große Jahresfest im Hohenloher Freilandmuseum mit Markt, frischem Blooz (Brotkuchen) aus den Backöfen, Tanzgruppen, Viehprämierung, Gauklern und Musik; es findet jedes Jahr am letzten Wochenende im September statt.

Im Herbst nach der Ernte wird das große Dreschen mit bis zu 100 Jahre alten Originalmaschinen und Riemenantrieb vom Ackerschlepper an mehreren Bauernhöfen im Museumsgelände veranstaltet.

Am Saisonende wird ein Schlachtfest mit Hausschlachtung und Verkauf von frischen Metzgerprodukten aus der museumseigenen Schweinezucht geboten.

Darüber hinaus gibt es zahlreiche, oft ganztägig angelegte Aktions-Sonntage zu jahreszeitbezogen Sonderthemen (Imkerei, historischer Kartoffelanbau, Vorweihnacht).

Literatur

  • Albrecht Bedal: Ländliche Bauten. Wegweiser durch das Hohenloher Freilandmuseum. 2. überarbeitete Auflage. Verein Hohenloher Freilandmuseum e.V., Schwäbisch Hall 2001, ISBN 3-9806793-5-7
  • Albrecht Bedal: Bei uns daheim. Ein Wegweiser durch das Hohenloher Freilandmuseum. Neue, völlig überarbeitete Auflage des Museumsführers mit 248 Seiten und mehr als 400 Abbildungen. Verein Hohenloher Freilandmuseum e. V., Schwäbisch Hall 2008, ISBN 978-3-9806793-8-1

Einzelnachweise

  1. Christa Glück: Jetzt fehlt der Mühle nur noch das Wasser. In: Hohenloher Tagblatt vom 2. August 2007

Weblinks

49.13569.697987Koordinaten: 49° 8′ 8″ N, 9° 41′ 53″ O


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