Holothurien

Holothurien
Seegurken
Weißgefleckte Seegurke (Holothuria leucospilota) und Gefleckte Wurmseegurke (Synapta maculata)

Weißgefleckte Seegurke (Holothuria leucospilota) und Gefleckte Wurmseegurke (Synapta maculata)

Systematik
Abteilung: Gewebetiere (Eumetazoa)
Unterabteilung: Bilateria
Überstamm: Neumünder (Deuterostomia)
Stamm: Stachelhäuter (Echinodermata)
Unterstamm: Eleutherozoen (Eleutherozoa)
Klasse: Seegurken
Wissenschaftlicher Name
Holothuroidea
de Blainville, 1834
Holothuria tubulosa (a - Tentakel, b - Analöffnung, c - Saugfüße der Bauchseite, d - Papillen auf der Rückseite)
Typische Körperform sedimentfressender Flachwasser-Seegurken
Ananas-Seewalze (Thelenota ananas)

Die Seegurken (Holothuroidea), auch Seewalzen genannt, sind eine Klasse im Stamm der Stachelhäuter. Mit etwa 1.200 Arten sind sie die formenreichste Gruppe der Stachelhäuter, zu der auch die Seesterne gehören. In der Tiefsee besteht 90 % der bodennahen Biomasse aus Seegurken.[1]

Inhaltsverzeichnis

Bau

Seegurken sind Meeresbewohner mit einem 1 mm (Meiofauna) bis 2 m langen walzenförmigem Körper. Die für die übrigen Stachelhäuter typische fünfstrahlige Radiärsymmetrie ist äußerlich nur noch an den fünf Reihen der Ambulacralfüßchen zu erkennen. Durch Anpassungen an das Bodenleben findet sich häufig eine sekundäre Bilateralsymmetrie. Der muskulöse, längliche Körper weist am Vorderende eine Mundöffnung auf, welche häufig von Tentakeln umgeben ist.

Im Gegensatz zu anderen Echinodermata besitzen Seegurken nur noch Skelettrudimente in Form von kleinen Kalzitnadeln (Sklerite). Statt eines Skeletts besitzen sie einen Hautmuskelschlauch aus Längs- und Ringmuskulatur, sowie einer dicken Schicht mutabilen Gewebes.

Das Blutgefäßsystem ist relativ hoch entwickelt. Es besteht aus einem oralen Ringgefäß, von dem fünf blind endende Radiärgefäße abzweigen. Am Darm führen ein dorsales und ein ventrales Gefäß entlang, die durch pulsierende Verbindungen (Herzen) miteinander in Verbindung stehen. Auch die von einigen Arten ausgebildete Wasserlunge wird netzartig von Gefäßen umsponnen.

Man kann eine Kriechsohle (Trivium) von einem Rücken (Bivium) unterscheiden. Das Trivium besteht aus drei Radien sowie zwei Interradien und ist durch eine hohe Anzahl an Ambulacralfüßchen gekennzeichnet. Das Bivium hingegen besteht aus zwei Radien und drei Interradien. Die Füßchen sind um- oder rückgebildet. Die Fortbewegung der Seewalzen erfolgt mittels der auf der Bauchseite zu findenden Ambulacralfüßchen.

Als weitere Besonderheiten besitzen Seegurken Wasserlungen, bei denen es sich um Ausstülpungen des Enddarms handelt. Im Mittelmeer sitzt in den Wasserlungen der Königsseegurke (Stichopus regalis) relativ häufig der Eingeweidefisch (Carapus acus), z.T. lebt er auch in den Wasserlungen von Holothuria-Arten. Bei südostasiatischen Holothuria-Arten findet sich regelmäßig ein transparenter Fisch, der den Wirt über den Anus verlassen kann.

Die bei wenigen Arten zu findenden sogenannten Cuvierschen Schläuche dagegen dienen der Verteidigung der Tiere und werden bei Gefahr in Richtung Angreifer gespritzt. Sie bilden klebrige Schleimfäden, welche den Feind verwirren und unter Umständen sogar kampfunfähig machen können. Die Klebstoffe können auch Gifte enthalten (Holothurine). Des weiteren ist es den Seegurken möglich, einen Teil ihrer inneren Gedärme bei einem Angriff als Ablenkung des Gegners auszuwerfen. Diese werden später nachgebildet.

Nahrung

Bei den Seewalzen sind Sedimentfresser und Planktonfresser bekannt.

Bei den Sedimentfressern (darunter alle europäischen Arten) kriechen die adulten Tiere über den Boden des Meeres und nehmen dabei Sedimente mit organischen Bestandteilen wie Detritus, Algen und Sandlückenfauna auf. Die organischen Bestandteile werden verdaut und das unverdauliche mineralische Sediment wieder ausgeschieden. Man könnte diese Seewalzen als „Meeresstaubsauger“ oder Sedimentsortierer bezeichnen.

Die planktonfressenden Seewalzen haben einen stark vergrößerten Tentakelkranz, mit dem sie Plankton aus dem Wasser fangen.

Fortpflanzung

Die Seewalzen sind getrenntgeschlechtlich und geben ihre Geschlechtsprodukte direkt ins Meerwasser ab. Innerhalb einer Bucht läuft dies meist synchron ab. Sie richten sich dazu mit dem Vorderende senkrecht auf und entlassen an der Spitze eine weißliche (Spermien) bis gelbliche (Eizellen) Flüssigkeit. Ihre bilateral-symmetrischen Larven leben planktonisch und werden als Auricularia bezeichnet.

Systematik

Wurmseegurke (Synaptidae)
Die schwimmfähige Seegurke Enypniastes
Die Plankton fressende Seegurke Cucumaria miniata

Die Seewalzen werden in drei Unterklassen mit jeweils zwei Ordnungen eingeteilt [2].

  • Unterklasse Apodacea
    • Ordnung Apodida
      • Familie Chiridotidae Östergren, 1898
      • Familie Myriotrochidae
      • Familie Wurmseegurken (Synaptidae) Östergren, 1898
    • Ordnung Molpadiida
      • Familie Caudinidae Heding, 1931
      • Familie Gephyrothuriidae
      • Familie Molpadiidae Müller, 1850
  • Unterklasse Aspidochirotacea
    • Ordnung Aspidochirotida
      • Familie Holothuriidae
      • Familie Stichopodidae
      • Familie Synallactidae
    • Ordnung Elasipodida
      • Familie Deimatidae
      • Familie Elpidiidae
      • Familie Laetmogonidae
      • Familie Pelagothuriidae
      • Familie Psychropotidae
  • Unterklasse Dendrochirotacea Grube, 1840
    • Ordnung Dactylochirotida Pawson & Fell, 1965
      • Familie Rhopalodinidae
      • Familie Vaneyellidae
      • Familie Ypsilothuriidae
    • Ordnung Dendrochirotida Grube, 1840
      • Familie Cucumariidae Ludwig, 1894
      • Familie Paracucumidae
      • Familie Phyllophoridae Östergren, 1907
      • Familie Placothuriidae
      • Familie Psolidae Perrier, 1902
      • Familie Sclerodactylidae Panning, 1902

Nutzung

In Asien werden eingelegte Innereien von Seegurken gerne als Delikatesse verspeist. In Spanien gelten die Gonaden der Königsseegurke als Delikatesse und werden gekocht mit Nudeln gereicht. Die getrocknete und zwischendurch 2–3 mal gedämpfte und schließlich mehrere Monate geräucherte Seewalze wird „Trepang“ (malaiisch für Seegurke) genannt. Sie wird z. B. für die sogenannte Trepang-Suppe verwendet. Bunte Seegurken, wie die Seeäpfel (Pseudocolochirus), werden gelegentlich in Meerwasseraquarien gehalten.

Namen und Volkstümliches

Das „holothúrion“ (gr.) ist nach Aristoteles ein sagenhaftes, zwischen Tier und Pflanze stehendes Wesen. Auf dem optischen Eindruck bei der Abgabe der Geschlechtsprodukte beruht der italienische Trivialname cazzo di mare („Meer-Penis“).

Quellen

  1. Westheide, Rieger, Spezielle Zoologie S. 827 ISBN 3-437-20515-3
  2. Integrated Taxonomic Information System Holothuroidea de Blainville, 1834

Literatur

  • Baensch/Patzner: Mergus Meerwasser-Atlas Bände 3, 4 + 5, Mergus-Verlag, Melle
  • S. A. Fosså, & A. J. Nilsen: Korallenriff-Aquarium, Band 5, Birgit Schmettkamp Verlag, Bornheim, ISBN 3-86659-014-8

Weblinks


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