Holunderküchel

Holunderküchel
Schwarzer Holunder
Schwarzer Holunder (Sambucus nigra)

Schwarzer Holunder (Sambucus nigra)

Systematik
Klasse: Dreifurchenpollen-
Zweikeimblättrige
(Rosopsida)
Unterklasse: Asternähnliche (Asteridae)
Ordnung: Kardenartige (Dipsacales)
Familie: Moschuskrautgewächse (Adoxaceae)
Gattung: Holunder (Sambucus)
Art: Schwarzer Holunder
Wissenschaftlicher Name
Sambucus nigra
L.

Der Schwarze Holunder (Sambucus nigra), auch bekannt als Holderbusch oder Holler, ist ein Strauch aus der Gattung Holunder (Sambucus).

Der Schwarze Holunder ist eine der in Mitteleuropa häufigsten Straucharten. Seine Blüten und Früchte finden vielfach Verwendung als Heilmittel, Lebensmittel und Farbstoff.

Inhaltsverzeichnis

Beschreibung

Schwarzer Holunder (Sambucus nigra)

Der Schwarze Holunder ist ein bis 11 Meter hoher Strauch oder kleiner Baum mit starker Verzweigung. Die Zweige des Holunders sind oftmals bogenartig ausladend. Die Rinde ist von graubrauner Farbe und übersät mit Lentizellen, die als hellere Erhebungen ins Auge fallen. Diese Erhebungen sind ausgefüllt mit weißem, fast schaumstoffartigem Mark. Die dickeren Äste sowie der Stamm haben eine längsgefurchte graubraune, korkartige Borke. Der Holunder ist ein Flachwurzler mit weitreichendem Wurzelwerk.

Die gegenständigen Laubblätter sind unpaarig gefiedert. Die einzelnen Blattfiedern sind etwa 30 Zentimeter lang und bestehen aus meist fünf oder sieben Einzelblättern, die elliptisch und am Rand gesägt sind. Die Einzelblätter sind jeweils bis etwa 12 Zentimeter lang. Das Blattwerk entwickelt sich etwa im März bis April.

Ab Mai bis in den Juli erscheinen am jungen Holz bis zu 30 cm große, flache Schirmrispen aus vielen Einzelblüten. Ihr frischer, fruchtiger Duft ist unverwechselbar und typisch für den Holunder. Die weißen oder leicht gelblichen Blüten sind in der Regel fünfzählig. Sie besitzen entsprechend jeweils fünf Kelchblätter, fünf miteinander verwachsene Kronblätter, fünf freie Staubblätter mit gelben Staubbeuteln und drei miteinander verwachsene Fruchtblätter, die später in der Frucht drei Kerne bilden. Ein kleinerer Teil der Blüten ist jedoch auch vierzählig. (Übrigens: Zerreibt man ein Blatt zwischen den Fingern, riecht es auch leicht nach den Blüten; so kann Holunder auch einfach erkannt werden, wenn er keine Blüten oder Früchte trägt.) Die Blüten werden von Fliegen und Hautflüglern besucht.[1]

Im August und September beginnen die anfangs roten, später schwarzen Vitamin-C- und Kalium-reichen, ungefähr sechs Millimeter großen „Beeren“ (eigentlich Steinfrüchte) (die auch als „Fliederbeeren“ bezeichnet werden) zu reifen, mit jeweils drei Samen und burgunderrotem Saft, der aus Textilien kaum auswaschbar ist. Während diese Früchte reifen, färben sich auch die Stiele, an denen sie sitzen, rötlich. Die Beeren sind nach dem Abkochen oder Vergären essbar. Die Früchte werden hauptsächlich durch Vögel (z. B. Amseln, Drosseln, Stare und Mönchsgrasmücken) verbreitet, doch auch Säugetiere und Menschen tragen zur Verbreitung bei.[1]

Die Pflanze kann etwa 20 Jahre alt werden.

Vorkommen

Holunderkultur in der Oststeiermark, Mitte August
Holunderkultur in der Oststeiermark, Ende März

Der Schwarze Holunder ist eine der in Mitteleuropa häufigsten Straucharten. Ebenfalls anzutreffen ist er in Westsibirien, dem Kaukasus, Kleinasien und sogar Nordafrika. Von Vorteil dafür ist sicher seine Robustheit und Anspruchslosigkeit. Holunder ist ausgesprochen frosthart und gedeiht gut im Halbschatten auf Unkraut- und Ruderalfluren, Waldlichtungen oder an Wegrändern, schätzt jedoch insbesondere mittelschwere bis sandige, stickstoffreiche und frische, schwach saure Lehmböden. Als Stickstoffzeiger findet man ihn konzentriert an übermäßig N-reichen Standorten. In den Alpen ist er bis in die mittlere Gebirgslage von etwa 1500 Metern NN anzutreffen.

Neben wilden Vorkommen findet sich der Holunder auch in Kultur, seit Mitte der 1980er Jahre in wieder zunehmender Zahl. Ein Anbaugebiet für Holunder ist die Oststeiermark. Es existieren einige Sorten, die zu unterschiedlichen Zwecken selektiert wurden.

Giftigkeit

Sowohl in den Blättern, der Rinde, unreifen Beeren und in den Samen reifer Beeren ist der Stoff Sambunigrin enthalten. Über die Giftigkeit beim Menschen gibt es unterschiedliche Angaben. Sie reichen von ungiftig[2] bis „zu vermeiden“.[3] Bei Kindern und sensiblen Personen führt der Verzehr zu Symptomen von Erbrechen bis hin zu starkem Durchfall oder Magenbeschwerden. Bei Schweinen, Hunden, Hasen, Kaninchen, Meerschweinchen und Hamstern kommt es zu Erbrechen, Durchfall und Atembeschwerden. Vögel zeigen bei Aufnahme unreifer Beeren und anderen Pflanzenteilen Verdauungsstörungen und Erbrechen, bei ihnen kann die Aufnahme großer Mengen sogar zum Tod führen.[4]

Durch Erhitzen zerfällt Sambunigrin und die Beeren verlieren ihre Giftigkeit.

Etymologie

Seine Früchte bezeichnet man auch als Fliederbeeren, was auf seinen lange in Deutschland gebräuchlichen Namen „Flieder“ zurückzuführen ist, der erst spät auf den heutigen Flieder (Syringa) überging. Der Name Holunder leitet sich möglicherweise aus der nordischen Mythologie ab, wo der Strauch mit der Unterweltgöttin Frau Holle (vgl. Hel) in Verbindung gebracht wurde. Alternative Vorschläge verweisen auf „hohl“, da sich das Mark leicht entfernen lässt.

Verwendung

Holunderfrüchte

Holunder findet vielfach Verwendung, in der Pflanzenheilkunde wie in der Küche.

Holunder als Heilmittel

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Holundersaft und die Holunderbeeren, aber auch Tees aus Rinde und Blütenständen gelten als probate Hausmittel gegen Erkältung, Nieren- und Blasenleiden und finden bis heute Anwendung. Als Faktoren dieser Wirkung gelten die in den Früchten enthaltenen Vitamine C und B, Fruchtsäuren, ätherische Öle, die auch in den Blüten enthalten sind, Flavonoide und vor allem das farbgebende Anthocyan. Dieses Antioxidans schützt die Zellmembranen vor Veränderungen durch freie Radikale und verlangsamt so den Alterungsprozess der Pflanzenzellen wie auch der Zellen des menschlichen Konsumenten.

Die ätherischen Öle mit ihren Aromakomplexen wirken leicht schweißtreibend und schleimlösend. Auch bei Magenbeschwerden wird Holundertee in der Hausmedizin erfolgreich angewandt.

Die getrockneten Blüten werden als „Flores sambuci“ in Apotheken angeboten.

Holunder als Farbstoff

Holunderblütenstand

Die Beeren des Schwarzen Holunders enthalten den violetten Farbstoff Sambucyanin. Dieses zu den sekundären Pflanzenstoffen gehörende Flavonoid befindet sich überwiegend in den Schalen der Beeren (bis zu 60 %) und soll als Radikalfänger auch das Risiko von Herz-Kreislauferkrankungen und Krebs senken.

Der Farbstoff wurde früher zum Färben von Haaren, Leder oder aber auch Rotwein eingesetzt.

Nachdem die Lebensmittelindustrie immer höhere Ansprüche an Färbemittel stellt, gewinnt dieser natürliche Farbstoff heute wieder an Wert. Er wird für Süßigkeiten oder Molkereiprodukte in der Lebensmittelindustrie, sowie auch in der Textilindustrie verwendet.

Holunder als Lebensmittel

Sowohl die Blütenstände als auch die daran gereiften Früchte lassen sich als Lebensmittel verwenden.

Die bekannteste Zubereitungsform für die Blüten sind ausgebackene Holunderblüten, die im deutschen Sprachraum als Hollerküchel, Holunderpfannekuchen, Holunderküchle oder Hollerschöberl bezeichnet werden. Dabei werden die Schirmrispen in einen dünnflüssigen Teig aus Mehl, Eiern und weiteren Zutaten getaucht und anschließend gebraten oder frittiert. Darüber hinaus werden die Blüten als Geschmack gebende Komponente für Getränke verwandt. Besonders weit verbreitet ist Holunder-Sirup und Holundersekt. In beiden Fällen werden die Blüten in eine Zuckerlösung gelegt und nach einigen Tagen abfiltriert. In dieser Zeit hat die Zuckerlösung den Holundergeschmack angenommen.

Da die Beeren des Holunders schwach giftig sind, können sie nicht roh verzehrt werden – erst nach Erhitzen können sie bedenkenlos verwendet werden. Die verbreiteteste Form dazu ist Gelee oder Mus. In Norddeutschland kocht man aus den Beeren eine Fliederbeersuppe, sie finden zum Backen Verwendung und kommen als Zutat in Rote Grütze vor. Ebenfalls in Norddeutschland ist die Verwendung des eingedickten Saftes aus den Früchten in Grog üblich (d. h. mit heißem Wasser und Rum gemischt). Die Beeren lassen sich problemlos einfrieren. Der Saft der Beeren ist zwar genießbar, aber sehr herb. Daher wird er oft mit Apfelsaft oder anderen süßen Fruchtsäften gemischt.

Schädlinge

  • Wühlmäuse verursachen an den Sträuchern des Schwarzen Holunders die größten Schäden, in großen Anlagen können sie bis zu 40 Meter lange Gänge anlegen, bei denen sie die Wurzeln der Sträucher schwer beschädigen.
  • Vögel, wie zum Beispiel Finken und Grauschnäpper, schätzen Holunderbeeren. Zwar sind sie im strengen Sinne keine Schädlinge, insbesondere bei Solitärpflanzen kann es aber durch den Vogelfraß zu deutlichen Ernteverlusten kommen.
  • Die Schwarze Holunderblattlaus (Aphis sambuci) befällt zumeist nur einzelne Pflanzen, schwächt sie aber durch das Saugen des Pflanzensaftes.
  • Gallmilben, insbesondere Spinnmilben, können Triebe verkrüppeln und so größere Schäden verursachen.
  • Die Holunderdoldenwelke, eine Pilzerkrankung, lässt die Blütenstände verwelken, so dass es zu starken Ernteeinbußen kommen kann. Diese äußert sich in einem Welken der Haupt- bzw. Seitenachsen der Blütenstände.
  • Blütenbotrytis kann gelegentlich zum Verrieseln der Blüten führen.
  • Der Pilz Judasohr besiedelt gerne den absterbenden Busch.

Unterarten

Neben dem Typ existiert die Unterart S. n. ssp. palmensis, die endemisch in den Lorbeerwäldern der Kanarischen Inseln vorkommt und vom Aussterben bedroht ist.

Volksglaube

Dem Holunderstrauch wurden sowohl unheilvolle als auch positive Eigenschaften nachgesagt. Das Verdorren eines Strauches zeigte den Tod eines Familienmitglieds an. Andererseits galt er als Abwehrmittel gegen schwarze Magie und Hexen, schützte vor Feuer und Blitzeinschlag und man sollte unter ihm vor Schlangenbissen und Mückenstichen sicher sein. Auch beherbergte er wohlgesinnte Hausgeister, was den Strauch in vielen Hausgärten heimisch werden ließ und zu dem Spruch führte, dass man vor einem Hollerbusch den Hut ziehen müsse.

Der unangenehme Geruch des Laubes soll daher kommen, dass sich Judas an einem Holunderbaum erhängt haben soll.

Literatur

  • Gesa Bartig: Heilsamer Holunder. Köller, Schacht-Audorf 1997, ISBN 3-92814-328-X
  • Rita Pilaske: Natürliche Hausapotheke - Holunder. Fraund, Mainz 2002, ISBN 3-92115660-2
  • Kristiane Müller-Urban: Kochen und Backen Holunder. Weltbild, Augsburg 2002, ISBN 3-89604-358-7
  • Hanspeter Hemgesberg: Natürlich gesund mit Holunder. Midena, Augsburg 1998, ISBN 3-310-00414-7
  • Uschi Ostermeier-Sitkowski: Die Heilkraft des Holunder. Heyne, München 1998, ISBN 3-453-14786-3
  • René Prümmel: Holunder. Südwest, München 1999, ISBN 3-517-08067-5
  • Axel und Linda Waniorek: Holunder. Alte Kräfte neu entdeckt. mvg, Landsberg am Lech 1998, ISBN 3-478-08605-1
  • Bayerischer Forstverein (Hrsg.):Sträucher in Wald und Flur. ecomed, Landsberg 1998, ISBN 3-609-69880-2, S. 197–201
  • Heinrich Lehmann: Beiträge zur Geschichte von Sambucus nigra, Juniperus communis und Juniperus sabina. Basel 1935 (Dissertation)

Einzelnachweise

  1. a b Ulrich Hecker: Bäume und Sträucher. BLV Verlagsgesellschaft, München u. a., 2., durchgesehene Auflage 1998, S. 455, ISBN 3-405-14738-7.
  2. Lutz Roth, Max Daunderer, Kurt Kormann: Giftpflanzen – Pflanzengifte: Vorkommen, Wirkung, Therapie; allergische und phototoxische Reaktionen. Ecomed, Landsberg, 4., überarbeitete und wesentlich erweiterte Auflage 1994, S. 633, ISBN 3-609-64810-4.
  3. Dietrich Frohne, Hans Jürgen Pfänder: Giftpflanzen: Ein Handbuch für Ärzte, Apotheker, Toxikologen und Biologen. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart, 4., neu bearbeitete und erweiterte Auflage 1997, S. 127 f., ISBN 3-8047-1466-8.
  4. http://www.botanikus.de/Gift/holunder.html

Weblinks


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