House of lords

House of lords

Das House of Lords ist das Oberhaus des Britischen Parlaments. Das Parlament umfasst daneben das Unterhaus, das House of Commons genannt wird, und den Monarchen. Das House of Lords hat 748 Mitglieder und ist ein Organ, das nicht aus allgemeinen Wahlen hervorgegangen ist. Es besteht aus zwei Erzbischöfen und 24 Bischöfen der Church of England, die als Geistliche Lords (Lords Spiritual) bezeichnet werden, sowie 722 Mitgliedern aus dem Adel, die Weltliche Lords (Lords Temporal) genannt werden. Die Geistlichen Lords sitzen so lange im House of Lords, wie sie ihre kirchlichen Posten besetzen. Die weltlichen Lords dagegen sitzen auf Lebenszeit im Oberhaus. Die Mitglieder des House of Lords sind als Lords des Parlaments bekannt.

Das House of Lords bildete sich im 14. Jahrhundert heraus und hat seitdem beinahe ununterbrochen bestanden. Der Name House of Lords wurde als Bezeichnung für dieses Organ nicht vor 1544 verwendet. Es wurde 1649 durch die Revolutionsregierung abgeschafft, die während des Englischen Bürgerkriegs an die Macht kam, wurde jedoch 1660 wieder eingerichtet. Das House of Lords war einst mächtiger als das gewählte House of Commons. Daher die Bezeichnung Oberhaus für das House of Lords und Unterhaus für das House of Commons. Seit dem 19. Jahrhundert haben die Befugnisse des House of Lords jedoch stetig abgenommen. Das Oberhaus ist nun mit weit weniger Befugnissen ausgestattet als das House of Commons. Nach den Parliament Acts von 1911 und 1949 kann das House of Lords viele Akte der Gesetzgebung für zwölf Monate verzögern, es kann sie jedoch nicht gänzlich scheitern lassen. Solch eine Befugnis wird in der Politikwissenschaft als aufschiebendes Veto bezeichnet. Keinen Einfluss hat das House of Lords auf alle Gesetze zur Regelung von Finanzfragen (money bills), darunter auch auf den Staatshaushalt. Weitere Reformen wurden im Zug des House of Lords Act 1999 durchgeführt, der das automatische Erbrecht am Sitz im Oberhaus beseitigte. Eine kleine Anzahl behält ihre Sitze, weil sie ein Amt eines der Großen Staatsbeamten (Great Officers of State) innehat. Weitere 92 werden als Repräsentative Peers gewählt. Es werden durch die gegenwärtige Labour-Regierung (2006) weitere Reformen erwogen. Am 7. März 2007 stimmte eine Mehrheit des Unterhauses für einen Antrag, der nur noch gewählte Mitglieder des House of Lords vorsieht. Der Antrag ist noch nicht als Gesetz verabschiedet worden, kann aber bei einer Parlamentsreform ohne Zustimmung des Oberhauses umgesetzt werden.

Das House of Lords verfügt über rechtsprechende Befugnisse. Es war lange Zeit die höchste Revisionsinstanz für die allermeisten Gerichtsverfahren im Vereinigten Königreich. Die rechtsprechenden Funktionen des House of Lords wurden nicht von der gesamten Kammer entschieden, sondern von einer recht kleinen Gruppe von Mitgliedern mit Rechtserfahrung. Diese werden Lordrichter (Law Lords) genannt. Das House of Lords war nicht die einzige Gnadeninstanz (court of last resort) im Vereinigten Königreich. In einigen Angelegenheiten fällt diese Rolle dem Geheimen Rat (Privy Council) zu. Die Verfassungsreformakte von 2005 übertrug die rechtsprechenden Funktionen der Lords auf ein neu zu schaffendes Verfassungsgericht (Supreme Court of the United Kingdom), das im Herbst 2009[1] erstmals zusammentreten soll.

Der volle Titel des House of Lords ist: „Die Sehr Ehrenwerten Geistlichen und Weltlichen Lords des Vereinigten Königreichs von Großbritannien und Nordirland, im Parlament versammelt“ (The Right Honourable The Lords Spiritual and Temporal of the United Kingdom of Great Britain and Northern Ireland in Parliament assembled). Das House of Lords tritt wie das House of Commons im Palace of Westminster zusammen.

Das House of Lords befindet sich links unter dem Victoria-Tower

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Mittelalter und frühe Neuzeit

Das Parlament entwickelte sich im Mittelalter aus dem Rat, der den König beriet. Dieser Kronrat bestand aus Klerikern, Adligen und Vertretern der Grafschaften (Counties). Später kamen auch die Vertreter der Städte und Landstädte (Boroughs) hinzu. Als erstes Parlament wird häufig das Modellparlament angesehen, das 1295 zusammentrat. Es umfasste Erzbischöfe, Bischöfe, Äbte, Grafen, Barone und Vertreter der Grafschaften und Boroughs. Die Macht des Parlaments nahm langsam zu und änderte sich in Zeiten, in denen die Macht der Krone erstarkte oder abnahm. Zum Beispiel war während der Herrschaft von König Eduard II. 1307 bis 1327 der Adel die mächtigste Instanz im Reich, die Krone war schwach und die Vertreter der Grafschaften und Städte gänzlich machtlos. Im Jahr 1322 wurde die Autorität des Parlaments zum ersten Mal nicht durch Gewohnheit oder eine königliche Charta anerkannt, sondern durch ein vom Parlament selbst verabschiedetes Statut, das Rechtsgültigkeit beanspruchte. Weitere Entwicklungen ergaben sich während der Herrschaft Eduards III., des Nachfolgers von Eduard II. Zu dieser Zeit teilte sich das Parlament zum ersten Mal klar in zwei Kammern auf: das House of Commons, in dem die Vertreter der Grafschaften und Städte saßen, und das House of Lords mit den obersten Klerikern und Adligen. Die Autorität des Parlaments wuchs weiter, und zu Beginn des 15. Jahrhunderts übten beide Kammern eine nie zu vor gekannte Macht aus. Die Lords waren weit mächtiger als das Unterhaus, was von dem großen Einfluss der Aristokraten und Prälaten im Königreich herrührte.

Die Macht des Adels erfuhr einen gravierenden Einschnitt während der Erbfolgekriege des späten 15. Jahrhunderts, die als Rosenkriege in die Geschichte eingingen. Der größte Teil des Adels kam entweder auf den Schlachtfeldern ums Leben oder wurde wegen seiner Beteiligung am Thronfolgekrieg hingerichtet. Viele adlige Besitztümer fielen an die Krone. Auch ging die Zeit des Feudalismus zu Ende, und die lehnherrlichen Armeen, die von den Baronen kontrolliert wurden, verloren an Bedeutung. Deshalb konnte die Krone leicht die absolute Vorherrschaft im Königreich zurückgewinnen. Die Vormachtstellung der Monarchen wuchs während der Herrschaftszeiten der Tudor-Monarchen im 16. Jahrhundert noch weiter. Die größte Machtfülle erreichte die Krone während der Herrschaft von Heinrich VIII. (1509 – 1547).

Das House of Lords blieb mächtiger als das House of Commons, doch das Unterhaus konnte seinen Einfluss steigern. Es erreichte im Verhältnis zum House of Lords den Zenit seiner Macht in der Mitte des 17. Jahrhundert. Die Konflikte zwischen dem König und dem Parlament, und hier vor allem mit dem House of Commons, führten schließlich zum Englischen Bürgerkrieg während der 1640er Jahre. Im Jahr 1649 wurde nach der Niederlage und Hinrichtung von König Karl I. eine Republik ausgerufen, der Commonwealth of England. Doch in Wirklichkeit stand die Nation unter einer Diktatur von Oliver Cromwell. Das House of Lords verkam zu einem weitgehend machtlosen Organ. Die Regierung wurde von Cromwell und seinen Unterstützern im House of Commons kontrolliert. Am 19. März 1649 wurde das House of Lords durch eine Parlamentsakte abgeschafft, in der unter anderem stand: „Das [House of] Commons von England [befindet] aufgrund zu langer Erfahrung, dass das House of Lords nutzlos und gefährlich für das Volk von England ist.“ Daraufhin trat das House of Lords bis zum Konventionsparlament 1660 nicht mehr zusammen, bei dem die Monarchie wieder eingeführt wurde. Es erhielt seine frühere Position als die mächtigere Kammer des Parlaments zurück. Diese Stellung behielt es bis zum 19. Jahrhundert.

Das 19. Jahrhundert brachte mehrere Veränderungen für das House of Lords. Die Zahl der Mitglieder des Oberhauses, das einst ein Organ mit lediglich 50 Mitgliedern gewesen war, war durch die Großzügigkeit Georgs III. und seiner Nachfolger bei der Einrichtung von Adelstiteln stark angewachsen. Der individuelle Einfluss eines Parlamentslords war dementsprechend verringert worden. Darüber hinaus war die Macht des Oberhauses im Vergleich zum Unterhaus geschwunden. Besonders beachtenswert bei der Herausbildung der führenden Stellung des House of Commons war die Reformgesetzkrise von 1832. Das Wahlsystem für das House of Commons war zu dieser Zeit noch nicht vollkommen demokratisch: nur ein Teil der Bevölkerung verfügte wegen gewisser Eigentumsvoraussetzungen über das Wahlrecht, und die Wahlbezirksgrenzen waren seit Jahrhunderten nicht mehr der tatsächlichen Bevölkerungsverteilung angepasst worden. Ganze Großstädte wie Manchester hatten nicht einen einzigen Vertreter im House of Commons, während die 11 Bewohner von Old Sarum sogar zwei Vertreter wählen durften. Vertreter kleiner Boroughs waren empfänglich für Bestechung und befanden sich häufig unter der Kontrolle eines örtlichen Patrons, dessen Kandidat garantiert immer die Wahl gewann. Einige Aristokraten waren auf diese Weise sogar die Patrone zahlreicher „Westentaschen-Boroughs“ (pocket boroughs). Auf diese Weise kontrollierten sie eine beträchtliche Zahl an Abgeordneten im House of Commons.

Reformakte von 1832

Hauptartikel: Reform Act 1832

Das House of Commons versuchte, diesen Anomalien im Jahr 1831 durch ein Reformgesetz abzuhelfen. Zunächst zeigte sich das House of Lords nicht willens, das Gesetz zu verabschieden. Es wurde jedoch gezwungen nachzugeben, als Premierminister Charles Grey, 2. Earl Grey dem König Wilhelm IV. riet, eine Vielzahl von neuen Mitgliedern in das Oberhaus zu berufen, die dem Gesetz positiv gegenüberstanden. Zunächst scheute der König vor dem Vorschlag, ging dann aber darauf ein. Bevor der König jedoch zur Tat schreiten konnte, verabschiedeten die Lords das Gesetz 1832. Die Lords, die der Reformakte ablehnend gegenüberstanden, gestanden ihre Niederlage ein und enthielten sich der Stimme, so dass das Gesetz verabschiedet werden konnte. Das Reformgesetz von 1832 entzog den in Bedeutungslosigkeit verfallenen Städten (rotten boroughs) das Wahlrecht, schuf gleichartige Wahlbedingungen in allen Städten, und verlieh Städten mit vielen Einwohnern eine angemessene Vertretung. Es bewahrte jedoch viele der Westentaschen-Boroughs. In den folgenden Jahren beanspruchte das House of Commons zunehmend Entscheidungsbefugnisse, während der Einfluss des House of Lords durch die Krise im Zuge des Reformgesetzes gelitten hatte. Auch hatte die Macht der Patrone in den Westentaschen-Boroughs abgenommen. Die Lords zögerten nun immer häufiger, Gesetze zu verwerfen, die im House of Commons mit großen Mehrheiten verabschiedet worden waren. Auch wurde es zu einer allgemein akzeptierten politischen Praxis, dass allein die Unterstützung des Unterhauses für ein Verbleiben des Premierministers im Amt genügte.

Parliament Act von 1911

Der Status des House of Lords geriet nach der Wahl einer liberalen Regierung im Jahr 1906 erneut in den Fokus. Unter der Führung von Herbert Henry Asquith führte sie 1908 eine Reihe von Programmen zur sozialen Wohlfahrt ein. Zusammen mit dem kostspieligen Wettrüsten mit Deutschland war die Regierung deshalb gezwungen, über Steuererhöhungen ihre Einnahmen zu erhöhen. Deshalb legte der Chancellor of the Exchequer (Finanzminister) David Lloyd George 1909 ein sogenanntes „Volksbudget“ vor, das höhere Steuern für vermögende Landbesitzer vorsah. Diese unpopuläre Maßnahme wurde jedoch im vorwiegend konservativen House of Lords abgelehnt.

Im Wahlkampf für die Wahlen von 1910 machten die Liberalen die Befugnisse des House of Lords zu ihrem wichtigsten Wahlkampfthema und erreichten damit ihre Wiederwahl. Asquith schlug daraufhin vor, dass die Befugnisse des House of Lords sehr eingeschränkt werden sollten. Das Gesetzgebungsverfahren wurde kurzzeitig durch den Tod von König Eduard VII. unterbrochen, wurde jedoch bald darauf unter Georg V. wieder aufgenommen. Nach weiteren Wahlen im Dezember 1910 konnte die Regierung Asquith das Gesetz durchbringen, dass eine Beschneidung der Befugnisse des House of Lords vorsah. Der Premierminister schlug mit Zustimmung des Monarchen vor, dass das House of Lords mit der Schaffung von 500 liberalen Peers überflutet werden könnte, sofern es die Verabschiedung des Gesetzes verweigerte. Dies war das gleiche politische Vehikel, das bereits die Verabschiedung der Reformakte von 1832 befördert hatte. Der Parliament Act von 1911 trat bald darauf in Kraft und beseitigte die legislative Gleichrangigkeit der zwei Kammern des Parlaments. Dem House of Lords war es jetzt nur noch gestattet, die meisten Gesetzgebungsakte für höchstens drei Parlamentssitzungen zu vertagen, oder für maximal 2 Jahre. Gesetze zur Regelung von Finanzfragen durfte es nur noch höchstens einen Monat lang verzögern. Die Parlamentsakte von 1911 war nicht als dauerhafte Lösung gedacht. Stattdessen sollten weitergehende Maßnahmen getroffen werden. Keine der Parteien verfolgte diese Angelegenheit jedoch mit Eifer, und so blieb die Mitgliedschaft im House of Lords weitgehend erblich. Mit der Parlamentsakte von 1949 wurde die aufschiebende Befugnis auf entweder 2 Parlamentssitzungen oder maximal ein Jahr weiter eingeschränkt. Mit der Verabschiedung dieser Gesetze ist das House of Commons der vorherrschende Zweig des Parlaments geworden, sowohl in der Theorie als auch in der Praxis.

Life Peerages Act von 1958

Im Jahr 1958 wurde der vorwiegend erbliche Charakter des House of Lords durch den Life Peerages Act (Gesetz über den Adel auf Lebenszeit) abgeändert. Dieser gestattete die Schaffung von nichtvererbbaren Freiherrschaften (Baronies) auf Lebenszeit, ohne zahlenmäßige Obergrenzen. Unter der Labour-Regierung von Harold Wilson wurde im Jahr 1968 eine Reform versucht, wonach es den erblichen Peers weiterhin gestattet sein sollte, im House of Lords zu verbleiben und an den Debatten teilnehmen zu dürfen, jedoch kein Stimmrecht mehr zu haben. Diese Reform scheiterte aber im House of Commons an einer Kombination aus traditionalistischen Konservativen wie Enoch Powell und Labour-Abgeordneten, die sich für eine vollständige Abschaffung des House of Lords einsetzten. Als Michael Foot die Führung der Labour Party übernahm, wurde die Abschaffung des Oberhauses zu einem Teil des Parteiprogramms. Unter der Führung von Neil Kinnock wurde stattdessen dann eine Reform des Oberhauses vorgeschlagen. In der Zwischenzeit ist die Schaffung von erblichen Adelstiteln zunächst einmal weitgehend zum Halten gekommen. Ausnahmen sind die Verleihung von Adelstiteln an die Angehörigen der königlichen Familie sowie drei Adelstiteln während der Regierungszeit der konservativen Margaret Thatcher in den 1980er Jahren.

House of Lords Act von 1999

Die Rückkehr von Labour in die Regierung im Jahr 1997 unter Tony Blair läutete eine neue Runde der Reformen für das House of Lords ein. Die Blair-Regierung stellte Gesetzesvorschläge vor, nach denen alle erblichen Lords aus dem Oberhaus ausscheiden sollten. Dies sollte ein erster Reformschritt sein. Als Teil eines Kompromisses stimmte die Regierung jedoch zu, dass 92 erbliche Peers bis zum Abschluss der Reformen im Oberhaus verbleiben durften. Die übrigen erblichen Peers schieden mit dem Inkrafttreten des House of Lords Act von 1999 aus.

Seitdem ist das Reformvorhaben allerdings ins Stocken geraten. Die Wakeham-Kommission schlug vor, dass 20% der Lords aus Wahlen hervorgehen sollten. Dieser Plan wurde jedoch von vielen kritisiert. Es wurde 2001 ein gemeinsamer Parlamentsausschuss (Joint Committee) eingerichtet, um die Angelegenheit zu regeln, der jedoch zu keinem eindeutigen Ergebnis kam. Stattdessen stellte der Ausschuss dem Parlament sieben Optionen zur Auswahl vor. Nach diesen sollte das House of Lords gänzlich ernannt oder zu je 20%, 40%, 50%, 60%, 80% oder sogar gänzlich gewählt werden. Nach einer verwirrenden Serie von Abstimmungen im Februar 2003 scheiterten alle diese Vorschläge, obwohl zur Annahme des Vorschlags einer Wahl zu 80% nur drei Stimmen fehlten. Diejenigen Abgeordneten, die für eine vollständige Abschaffung waren, stimmten gegen alle Vorschläge. Ein anderer Vorschlag wurde von einer Gruppe Abgeordneter vorgeschlagen, die ein zu 70 % gewähltes Oberhaus befürworteten, während die verbleibenden Sitze von einer Kommission nach ihren persönlichen Fähigkeiten, Wissen und Erfahrungen ernannt werden sollten. Auch dieser Vorschlag konnte sich nicht durchsetzen. Damit werden neue Peers nur durch Ernennung ins Haus geschaffen.

Die Labour Party beabsichtigt nun, eine Reform zu Beginn der nächsten Legislaturperiode einzubringen. Allerdings müssen sie noch genau benennen, was ihr Vorschlag ist. Es wird jedoch erwartet, dass sie einem Vorschlag von Billy Bragg folgen werden, der eine Sitzvergabe nach dem Prinzip der Verhältniswahl vorsieht. Die Konservative Partei bevorzugt ein zu 80% gewähltes Organ, während sich die Liberalen für einen vollständig gewählten Senat einsetzen.

Zusammensetzung

Geistliche Lords

Diejenigen Mitglieder des House of Lords, die ihren Sitz aufgrund ihres geistlichen Amts einnehmen, werden Geistliche Lords (Lords Spiritual) genannt. In früheren Zeiten verfügten die Lords Spiritual über die Mehrzahl der Sitze im House of Lords. Unter ihnen befanden sich die Erzbischöfe, Diözesanbischöfe, Äbte und Priore der Church of England. Nach der Auflösung der Klöster im Jahr 1539 verblieben von ihnen nur noch die Erzbischöfe und Bischöfe im House of Lords. Im Jahr 1642 wurden während des Englischen Bürgerkriegs die Geistlichen Lords ganz aus dem Oberhaus ausgeschlossen. Sie kehrten jedoch aufgrund der Klerikerakte von 1661 wieder ins House of Lords zurück. Die Zahl der Geistlichen Lords wurde später durch die Akte über die Diözese von Manchester von 1847 und weitere Akte weiter verringert. Heutzutage ist die Höchstzahl der Geistlichen Lords auf 26 beschränkt. Darunter sind immer die fünf bedeutendsten Prälaten der Kirche, namentlich der Erzbischof von Canterbury, der Erzbischof von York, der Bischof von London, der Bischof von Durham und der Bischof von Winchester. Die Mitgliedschaft im House of Lords erstreckt sich weiter auch auf die 21 dienstältesten anderen Bischöfe der Church of England.

Die Church of Scotland wird durch keinen Geistlichen Lord vertreten. Als presbyterianische Institution verfügt sie nicht über Erzbischöfe oder Bischöfe. Die anglikanische Scottish Episcopal Church hat Bischöfe, war aber nie Staatskirche und ist daher auch nicht im Parlament vertreten. Die anglikanische Church of Ireland erhielt eine Vertretung im House of Lords nach der Union von Irland und Großbritannien im Jahr 1801; die in Irland wesentlich mitgliederstärkere römisch-katholische Kirche war dagegen nicht im Parlament vertreten. Von den Klerikern der Church of Ireland saßen je vier im House of Lords. Die Mitglieder wechselten sich nach dem Ende einer Sitzungsperiode, die gewöhnlich ein Jahr dauerte, ab. Die Church of Ireland verlor aber 1871 ihren Rang als Staatskirche und wurde infolgedessen auch nicht mehr durch Geistliche Lords vertreten. Das Gleiche geschah mit der Church in Wales, die 1920 ihren Rang als Staatskirche verlor. Die gegenwärtigen Geistlichen Lords vertreten deshalb auch nur die Church of England, die bis heute Staatskirche ist.

Weltliche Lords

Seit der Auflösung der Klöster stellen die Weltlichen Lords (Lords Temporal) die zahlenmäßig größte Gruppe im House of Lords. Anders als die Geistlichen Lords dürfen sie öffentlich einer Partei angehören. Die öffentlich unparteiischen Lords werden Crossbenchers (Wechselbänkler) genannt. Ursprünglich saßen mehrere Lords Temporal aufgrund der Vererblichkeit ihrer Sitze im House of Lords. Ihre Titel waren entsprechend jeweils Herzog (Duke), Markgraf (Marquess), Graf (Earl), Vicomte (Viscount), Baron oder Parlamentslord (Lord of Parliament). Solch erbliche Würden werden von der britischen Krone verliehen. In der Gegenwart geschieht dies auf Vorschlag des jeweils amtierenden Premierministers. Die Reform, die 1999 in Kraft trat, führte dazu, dass mehrere Hundert erbliche Peers ihre Sitze im House of Lords verloren. Dieser House of Lords Act von 1999 bewirkt, dass lediglich 92 Personen weiterhin aufgrund ihres erblichen Titel im Oberhaus verbleiben. Zwei erbliche Peers bleiben im House of Lords, weil sie erbliche Ämter mit Bezug zum Parlament ausüben: der Earl Marshal und der Lord Great Chamberlain. Von den übrigen 90 erblichen Peers im House of Lords werden 15 vom ganzen Oberhaus gewählt. 75 erbliche Peers werden von den übrigen erblichen Peers entsprechend ihrer Parteizugehörigkeit gewählt. Die Zahl der Peers, die von einer Partei ausgewählt wird, entspricht dem Verhältnis der erblichen Peers, die zu dieser Partei gehört. Sobald ein gewählter erblicher Peer stirbt, wird eine Nachwahl abgehalten. Die Wahl findet nach dem Instant-Runoff-Voting-Verfahren statt. Sofern der verstorbene Peer vom ganzen Oberhaus hinzugewählt wurde, so findet dies Verfahren auch bei seinem Nachfolger Anwendung. Ein erblicher Peer, der von einer bestimmten Partei bestimmt wurde, wird wieder bestimmt durch eine Wahl der dieser Partei angehörigen gewählten erblichen Peers.

Die Weltlichen Lords schließen auch die Lordrichter des obersten Berufungsgerichts in Zivilsachen (Lords of Appeal in Ordinary) ein. Dies ist eine Gruppe von Personen, die ins House of Lords ernannt werden, so dass sie dessen rechtsprechende Befugnisse ausüben können. Diese auch Law Lords genannten Richter wurden zuerst nach dem einer Akte von 1876 ernannt. Sie werden durch den Premierminister ausgewählt und daraufhin durch den Monarchen formell ernannt. Ein Lordrichter muss im Alter von 70 Jahren in den Ruhestand gehen. Auf Wunsch der Regierung kann das Pensionalter auf 75 Jahre ausgedehnt werden. Mit Erreichen dieses Alters darf der Lordrichter nicht mehr an Verfahren teilnehmen. Die Zahl der aktiven Lordrichter ist auf zwölf beschränkt, kann jedoch durch ein Statut geändert werden. Die Lordrichter beteiligen sich traditionsgemäß nicht an den politischen Debatten, um die Unparteilichkeit ihres Richteramtes zu wahren und die Gewaltenteilung zu wahren. Die Lordrichter behalten ihre Oberhaussitze auf Lebenszeit, auch nachdem sie in den Ruhestand getreten sind. Frühere Lordrichter und Amtsinhaber anderer hoher Justizämter können ebenfalls als Lordrichter nach der Appelationsrechtsprechungsakte von 1876 an Verfahren teilnehmen. In der Praxis wird dieses Recht jedoch nur selten wahrgenommen. Nach dem Inkrafttreten der Verfassungsreformakte von 2005 werden die Lordrichter zu Richtern am Obersten Gericht des Vereinigten Königreichs. Dann werden sie bis zu ihrer Pensionierung nicht mehr im House of Lords sitzen oder an Abstimmungen teilnehmen dürfen.

Die größte Gruppe der Weltlichen Lords und des gesamten Oberhauses bilden die Life Peers. Dies sind ernannte Adlige auf Lebenszeit, deren Titel nicht vererblich ist. Diese Life Peers stehen im Rang mit Baronen und Baroninnen auf einer Stufe und werden entsprechend dem Life Peerages Act von 1958 ernannt. Wie alle anderen Peers werden sie durch den Monarchen ernannt, der auf Vorschlag des Premierministers tätig wird. Nach der Sitte erlaubt es der Premierminister den Führern der Opposition, ebenfalls einige Kandidaten vorzuschlagen, um das politische Kräfteverhältnis im House of Lords zu wahren. Weiterhin werden einige parteilich nicht gebundene Peers, deren Zahl der Premierminister bestimmt, auf Vorschlag eines unabhängigen Ernennungsausschusses des House of Lords ernannt. Sofern ein erblicher Peer auch eine Life Peerage erhält, bleibt er oder sie ein Mitglied des Oberhauses, ohne zuvor einer Wahl zu bedürfen.

Es gibt viele Beispiele in der Geschichte, in denen es einigen Peers verwehrt wurde, im Oberhaus zu sitzen. Als sich Schottland mit England 1707 zu Großbritannien zusammenschloss, wurde festgelegt, dass die schottischen erblichen Peers nur 16 Repräsentative Peers in das Oberhaus entsenden durften. Die Amtszeit eines solchen Repräsentativen Peers dauerte bis zu den nächsten Wahlen. Eine ähnliche Vorkehrung trat im Hinblick auf Irland in Kraft, als dieses Königreich 1801 in Großbritannien eingegliedert wurde. Die irischen Peers durften 28 Vertreter wählen, deren Amtszeit lebenslang dauerte. Die Wahlen für die irischen Vertreter endeten 1922, als der größte Teil Irlands die Unabhängigkeit erlangte. Die Wahlen der schottischen Vertreter endeten mit der Verabschiedung der Ständeakte (Peerage Act) von 1963, nach der alle schottischen Peers Sitze im Oberhaus bekamen.

Persönliche Voraussetzungen

Ein Mitglied des Oberhauses muss das 21. Lebensjahr vollendet haben und ein Bürger des Vereinigten Königreichs, eines britischen Überseegebiets, der Republik Irland oder eines anderen Commonwealth-Staates sein. Diese Einschränkungen wurden durch die Britische Nationalitätsakte (British Nationality Act) festgeschrieben. Vorher galten noch engere Voraussetzungen: Nach dem Act of Settlement von 1701 durften nur diejenigen im Oberhaus sitzen, die bereits mit ihrer Geburt britische Staatsbürger geworden waren. Peers werden aus dem House of Lords ausgeschlossen, wenn sie Einschränkungen aus persönlichem Bankrott (Bankruptcy Restrictions Order) unterliegen. Dies trifft für Mitglieder aus England und Wales zu. Nordirische Peers werden ausgeschlossen, wenn sie für zahlungsunfähig erklärt wurden, und schottische, sofern ihr Vermögen der Zwangsvollstreckung unterliegt. Peers, die des Hochverrats für schuldig befunden worden sind, dürfen bis zur vollen Verbüßung der Strafe nicht im House of Lords sitzen, oder bis sie von der Krone voll begnadigt worden sind. Es ist zu beachten, dass diejenigen, die eine Haftstrafe für ein anderes Vergehen oder Verbrechen als Hochverrat verbüßen, nicht automatisch aus dem House of Lords ausscheiden müssen.

Schließlich gelten weitere Voraussetzungen für die Lordrichter. Niemand darf zum Lordrichter ernannt werden, wenn er nicht zuvor mindestens zwei Jahre ein anderes hohes Richteramt bekleidet hat oder für fünfzehn Jahre als Anwalt praktiziert hat. Der Begriff hohes Richteramt umfasst die Tätigkeit entweder am Court of Appeal (Berufungsgericht) von England und Wales, dem Inner House of the Court of Session in Schottland oder dem Court of Appeal in Nordirland.

Frauen war es früher verwehrt, im House of Lords zu sitzen, selbst wenn sie ihren Adelstitel als Peer aus eigenem Recht hielten. Erst 1958 wurden Frauen im House of Lords zugelassen. Der in jenem Jahr verabschiedete Life Peerages Act gestattete den weiblichen Adeligen auf Lebenszeit, ihre Sitze im Oberhaus einzunehmen. Erbliche Peeresses bleiben bis zur Verabschiedung des Peerage Act von 1963 ausgeschlossen. Seit der Verabschiedung des House of Lords Act von 1999 sind erbliche Peeresses weiterhin wählbar für das Oberhaus. Alle Frauen im House of Lords sind Zeitliche Lords. Die Kirche von England erlaubt derzeit noch nicht die Weihe von weiblichen Bischöfen, obwohl diese Möglichkeit diskutiert wird.

Ämter

Anders als im House of Commons wählte das House of Lords seinen Parlamentssprecher nicht selbst. Stattdessen war von Amts wegen der Lordkanzler der Vorsitzende. Dies war bis zum Jahr 2006 Lord Falconer of Thoroton. Der Lordkanzler war nicht nur der Sprecher des House of Lords, sondern auch ein Mitglied des Kabinetts. Sein Ressort nannte sich Abteilung für Verfassungsangelegenheiten. Zusätzlich war der Lordkanzler das Oberhaupt der Justiz von England und Wales und der Präsident des Obersten Gerichtshofs von England und Wales. Damit war der Lordkanzler ein Teil aller drei staatlichen Gewalten: der Legislative, der Exekutive sowie der Judikative.

Der Lordkanzler konnte als Vorsitzender von einem seiner Gehilfen vertreten werden. Der Vorsitzende der Ausschüsse, der Erste Stellvertretende Vorsitzende der Ausschüsse und mehrere Stellvertretende Ausschussvorsitzende werden jeweils vom House of Lords gewählt. Der Gewohnheit nach ernannte die Krone jeden dieser Stellvertreter zusätzlich zu Stellvertretenden Sprechern des House of Lords. Es gab keine rechtliche Verpflichtung, dass der Lordkanzler oder seine Stellvertreter Mitglieder im House of Lords sein müssten, doch war dies bereits seit langem die Sitte.

Im Juni 2003 erklärte die Regierung Blair ihre Absicht, das Amt des Lordkanzlers abzuschaffen, da in dessen Amt die verschiedenen Gewalten vermischt werden. Die Abschaffung wurde jedoch im House of Lords abgelehnt. Die im Jahr 2005 verabschiedete Verfassungsreformakte erhält das Amt des Lordkanzlers, wenn auch mit abgeänderten Aufgaben. Die Akte garantiert dem Amtsinhaber nicht länger, dass er der Vorsitzende des House of Lords ist. Stattdessen dürfen die Lords ihren eigenen Parlamentssprecher wählen. Hélène Hayman, Baroness Hayman wurde am 4. Juli 2006 in das Amt des Lord Speakers gewählt.

Wenn der Lordkanzler bzw. nun der Lord Speaker dem House of Lords vorsitzt, trägt er eine zeremonielle schwarz-goldene Robe. Er oder sein Stellvertreter sitzt dabei auf dem Woolsack. Dies ist ein großer roter Sack, der mit Wolle ausgestopft ist und sich am Kopfende der Kammer der Lords befindet. Der Vorsitzende des House of Lords hat im Gegensatz zum Unterhaussprecher nur wenig Befugnisse. Er tritt als Verkündigungsorgan des Willens des House of Lords auf. So gibt er zum Beispiel die Ergebnisse von Abstimmungen bekannt. Er darf aber nicht bestimmen, welche Lords das Rederecht bekommen oder einzelne Mitglieder zur Ordnung rufen, wenn diese gegen die Regeln des Oberhauses verstoßen. Diese Maßnahmen können nur vom House of Lords selbst ergriffen werden. Anders als die politisch zur Neutralität verpflichteten Unterhaussprecher ist es dem Lordkanzler und seinen Stellvertretern erlaubt, für ihre jeweiligen Parteien das Wort zu ergreifen.

Ein anderer Beamter des Organs des Oberhauses ist der Führer des House of Lords. Dies ist ein Peer, der vom Premierminister ausgewählt wurde. Der Führer des Oberhauses ist verantwortlich, die Regierungsgesetze durch das House of Lords zu steuern. Er ist ebenfalls ein Mitglied des Kabinetts. Der Führer berät auch das Oberhaus bei Verfahrensfragen, sofern dies erforderlich ist. Dieser Rat ist jedoch nicht bindend. Ein stellvertretender Oberhausführer wird ebenfalls vom Premierminister ernannt und übernimmt im Bedarfsfall die zuvor erwähnten Aufgaben.

Der Sekretär (Clerk) des Parlaments ist der Chefsekretär und ein Beamter des House of Lords. Er ist aber selbst kein Oberhausmitglied. Der Sekretär wird von der Krone berufen und berät den Vorsitzenden bei Verfahrensfragen, unterschreibt Anweisungen und offizielle Verlautbarungen, zeichnet Gesetze gegen und ist der Protokollführer für beide Kammern des Parlaments. Darüber hinaus ist der Sekretär des Parlaments für die Organisation von Nachwahlen der erblichen Peers verantwortlich, sofern dies notwendig wird. Die stellvertretenden Parlamentssekretäre werden vom Lordkanzler ausgewählt und nach Zustimmung des Oberhauses ernannt.

Der Gentleman Usher of the Black Rod ist ebenfalls ein Beamter des Oberhauses. Die Amtsbezeichnung rührt vom Symbol seines Amtes her, einem schwarzen Stab. Er ist verantwortlich für zeremonielle Handlungen und ist für die Hausmeister des Parlaments verantwortlich. Auch kann er auf Aufforderung des House of Lords Störungen und Unruhe in der Kammer beseitigen. Er hält auch das Amt des Serjeant-at-Arms des Oberhauses und steht in dieser Funktion dem Lordkanzler zur Seite. Die Aufgaben des Gentleman Usher of the Black Rod können auch an den Yeoman Usher of the Black Rod oder den unterstützenden Serjeant-at-Arms delegiert werden.

Ausschüsse

Das Parlament des Vereinigten Königreichs setzt zu verschiedenen Zwecken Ausschüsse ein. Ein gebräuchlicher Zweck ist die Überprüfung von Gesetzen. Ausschüsse aus beiden Parlamentskammern beschauen sich die Gesetze im Detail und können Änderungsvorschläge machen. Im House of Lords findet eine Überprüfung von Gesetzen häufig im Ausschuss des Gesamten Hauses (Committee of the Whole House) statt, dem alle Angehörigen des Oberhauses angehören. Dieser Ausschuss tritt in der Kammer der Lords zusammen und wird nicht vom Lordkanzler geleitet, sondern vom Vorsitzenden der Ausschüsse oder einem Stellvertretenden Vorsitzenden. In diesem Ausschuss gelten andere Verfahrensregeln als in normalen Oberhaussitzungen. So können die Lords zu jedem Antrag mehr als einmal das Wort ergreifen. Ähnlich dem Ausschuss des Gesamten Hauses sind die Großen Ausschüsse (Grand Committees). An diesen Ausschüssen kann jedes Mitglied teilnehmen. Ein solcher Großer Ausschuss tritt nicht in der Kammer der Lords zusammen, sondern in bestimmten Ausschussräumen. Es wird kein Hammelsprung (division) zur Stimmauszählung durchgeführt. Jeglicher Änderungsvorschlag an einem Gesetz muss in diesem Organ einstimmig verabschiedet werden. Deshalb werden in den Großen Ausschuss nur unstrittige Gesetze eingebracht.

Gesetze können auch in einen Ausschuss eines Öffentlichen Gesetzes (Public Bill Committee) eingebracht werden, der zwischen zwölf und sechzehn Mitglieder hat. Ein Ausschuss eines Öffentlichen Gesetzes wird speziell für ein bestimmtes Gesetz gebildet. Ein Gesetz kann auch an einen Besonderen Ausschuss eines Öffentlichen Gesetzes (Special Public Bill Committee) verwiesen werden. Dieser darf im Gegensatz zu ersterem Ausschuss auch Anhörungen durchführen und Beweise sammeln. Diese Art Ausschüsse werden noch seltener einberufen als der Ausschuss des Gesamten Hauses oder die Großen Ausschüsse.

Das House of Lords verfügt auch über mehrere Aufsichtsausschüsse (Select Committees). Die Mitglieder dieser Ausschüsse werden vom Oberhaus zu Beginn jeder Sitzungsperiode ernannt und dienen bis zum Anfang der nächsten. Das House of Lords kann auch einen Ausschussvorsitzenden ernennen. Wenn es diese Befugnis nicht wahrnimmt, kann der Vorsitzende der Ausschüsse oder einer seiner Stellvertreter die Sitzung leiten. Die meisten Aufsichtsausschüsse sind dauerhaft. Das House of Lords kann aber auch von Fall zu Fall Aufsichtsausschüsse einrichten. Diese beenden ihre Tätigkeit bei Erfüllung ihrer Aufgabe, zum Beispiel der Ausschuss für die Untersuchung der Reform des Oberhauses. Die vorrangige Funktion der Aufsichtsausschüsse ist es, die Tätigkeit der Regierung unter die Lupe zu nehmen und zu überwachen. Zur Erfüllung dieser Aufgabe dürfen sie Anhörungen durchführen und Beweise sammeln. Auch Gesetze können an die Aufsichtsausschüsse verwiesen werden, üblicherweise werden sie jedoch dem Ausschuss des Gesamten Hauses oder den Großen Ausschüssen vorgelegt.

Das Ausschusssystem des House of Lords schließt auch mehrere Ausschüsse für Oberhausangelegenheiten (Domestic Committees) ein, die die Verfahrensabläufe und die Verwaltung des Oberhauses beaufsichtigen. Ein solcher Ausschuss ist der Auswahlausschuss, der dafür zuständig ist, einzelne Mitglieder in die vielen anderen Oberhausausschüsse zu ernennen.

Funktionen

Als Teil der Legislative

2002 und 2003 wurde per Gesetz die Zusammensetzung des House of Lords geändert. Hierdurch wurden ihm wesentliche Rechte, insbesondere in Gesetzgebungsverfahren, entzogen. Eine weitere Reform, mit der unter anderem das Amt des Lord Chancellors abgeschafft werden soll, wird zur Zeit im Parlament debattiert. In den nächsten Jahren werden laut dem Gesetz auch die wenigen noch bestehenden Erb-Peers abgeschafft und ebenfalls durch auf Lebenszeit ernannte Peers ersetzt.

Ziel der 1998 von der Labour-Regierung begonnenen Reformen ist langfristig die Abschaffung des House of Lords in seiner traditionellen Form. An seine Stelle soll eine demokratischere zweite Kammer des Parlaments treten. Hierfür liegen verschiedene Modelle vor. Das erste Modell ähnelt dem der USA mit Senat und Repräsentantenhaus. Ein zweites Modell orientiert sich am deutschen System mit Bundestag und Bundesrat. Diese weitreichenden Pläne finden jedoch sowohl in der Öffentlichkeit als auch in der eigenen Partei nicht nur Zustimmung. Eine baldige Umsetzung dieses letzten Schrittes der Reform ist daher aktuell noch nicht in Sicht.

Als Gericht

Das House of Lords war traditionell nicht nur Teil der Legislative, sondern auch oberstes Berufungsgericht in Zivilsachen für das gesamte Vereinigte Königreich, in Strafsachen für England, Wales und Nordirland (Schottland hat ein eigenes oberstes Strafgericht). Jedoch war die Zusammensetzung hier eine andere: Nur die so genannten Law Lords (Lordrichter), das heißt die obersten Richter, waren Teil des House of Lords als Gericht. Zugleich waren sie auch Mitglieder des Oberhauses in seiner Legislativfunktion.

Im Zuge der verschiedenen Verfassungsreformen unter New Labour wurde mit dem Constitutional Reform Act 2005 auch das Ende der Stellung des House of Lords als Gericht eingeleitet. Stattdessen wird ein gesonderter Oberster Gerichtshof des Vereinigten Königreichs (Supreme Court of the United Kingdom) geschaffen, der die Rechtsprechungsfunktion des Oberhauses übernimmt. Er soll im Herbst 2009 erstmals zusammentreten. Damit verlieren auch die Law Lords ihre Sitze im Oberhaus. Sie werden Mitglieder des neuen Supreme Court, der vom Obersten Lordrichter (Lord Chief Justice) geleitet wird. Der neue Gerichtshof wird auch oberstes Berufungsgericht für diejenigen Staaten des Commonwealths, die dies nicht durch die Schaffung eigener Oberster Gerichte ausgeschlossen haben, und tritt damit an die Stelle des Rechtsprechungssausschusses des Geheimen Staatsrates (Judicial Committee of the Privy Council).

Siehe auch

Literatur

  • Severin Strauch: House of Lords: Geschichte und Stellung des höchsten Gerichts im Vereinigten Königreich, Münster 2003, ISBN 3-8258-7151-7
  • Frank Pakenham, 7. Earl of Longford: A history of the House of Lords, Stroud 1999, ISBN 0-7509-2191-9
  • Clyve Jones (Hrsg.). A Pillar of the constitution : the House of Lords in British politics, 1640-1784, London 1989, ISBN 1-85285-007-8
  • Arthur Stanley Turberville: The House of Lords in the XVIIIth century, Oxford [u.a.] 1927

Einzelnachweise

  1. Rede des britischen Botschafters, Sir Michael Arthur, bei der Mitteldeutschen Gesellschaft der Jurisprudenz e.V. an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Nachrichtenarchiv der Britischen Botschaft Berlin. 24. April 2008.

Weblinks


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  • House of Lords — [ lɔ:dz] das; <aus engl. House of Lords, eigtl. »Haus der Lords«> das engl. Oberhaus …   Das große Fremdwörterbuch

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