- Hyoscin
-
Strukturformel Allgemeines Freiname Scopolamin Andere Namen - L-(−)-Scopolamin
- L-(−)-Hyoscin
- L-6,7-Epoxytropyltropat
- 3-Hydroxy-2-phenyl-propionsäure-9-methyl- 3-oxa-9-aza-tricyclo[3.3.1.0*2,4*]non- 7yl-ester
Summenformel C17H21NO4 CAS-Nummer 51-34-3 PubChem 153311 ATC-Code DrugBank DB00747 Kurzbeschreibung farbloses, viskoses Öl bzw. farblose Kristalle (als Monohydrat) [1] Eigenschaften Molare Masse 303,36 g·mol−1l Aggregatzustand fest
Schmelzpunkt 59 °C (als Monohydrat) [2]
pKs-Wert 7,75 [3]
Löslichkeit Sicherheitshinweise Gefahrstoffkennzeichnung aus RL 67/548/EWG, Anh. I [4] Sehr giftig (T+) R- und S-Sätze R: 26/27/28 S: (1/2)-25-45 Bitte beachten Sie die eingeschränkte Gültigkeit der Gefahrstoffkennzeichnung bei Arzneimitteln LD50 WGK 3 – stark wassergefährdend [2] Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen. Scopolamin, auch Hyoscin, ist ein Alkaloid, das in Nachtschattengewächsen wie Stechapfel, Bilsenkraut oder Alraune, sowie insbesondere in den Engelstrompeten (Brugmansia) vorkommt und künstlich hergestellt werden kann. Die tödliche Dosis ist für den Menschen etwa so hoch wie die von Hyoscyamin und soll bei etwa 100 mg liegen. Die Injektion von 1 mg subkutan löst ebenso starke Wirkungen aus.
Scopolamin wirkt bei niedriger Dosierung leicht beruhigend und hemmend auf das Brechzentrum im Gehirn. Bei höherer Dosierung wirkt es dämpfend und sorgt für einen Zustand der Apathie. Da es in diesem Fall auch für einen Zustand der Willenlosigkeit sorgen kann, wurde es in den 1950er Jahren bis zum Aufkommen von Natrium-Pentothal als Wahrheitsserum eingesetzt.
Vor Jahrzehnten wurde Scopolamin gemeinsam mit morphinbasierten Präparaten zur Beruhigung von hocherregten geistig Kranken verwendet. Bei Parabelflügen wird Scopolamin (früher zusammen mit dem rezeptpflichtigen Arzneistoff Dexamphetamin, heute mit Koffein) verabreicht, um den Verdauungstrakt zu beruhigen.
Inhaltsverzeichnis
Wirkung
Die Wirkung von Scopolamin geht auf seine antagonistische Wirkung auf muscarinische Acetylcholinrezeptoren zurück. Genau wie Atropin wirkt es als kompetitiver Hemmstoff.
Scopolamin hat folgende Wirkungen (Dosis unter 5 Milligramm, nicht-subkutan):
- Mundtrockenheit
- Sehstörungen
- Halluzinationen
- Übelkeit
- Koordinationsstörungen
- Probleme bei der Entleerung der Blase (Miktionsstörungen)
- Juckreiz
- Deliröse Zustände
- Gedächtnisstörungen (Paramnesien)
Therapeutische Anwendung
- Scopolamin wird in der Augenheilkunde wie Atropin in Augentropfen (Boro-Scopol®) als Mydriatikum zur Pupillenerweiterung angewendet.
- Außerdem gibt es ein transdermales Pflaster (Scopoderm TTS®) gegen Reisekrankheiten, da es den Brechreiz unterdrückt.
- Scopolamin wird in der Palliativmedizin (subcutan oder als transdermales Pflaster) eingesetzt, um die rasselnde Atmung („Death Rattle“) in der Terminalphase des Lebens abzumildern. Die Wirkung beruht auf der Hemmung der Speichelproduktion (antisalivatorischer Effekt).[5]
- Quartäre Derivate des Scopolamins wie zum Beispiel das N-Butylscopolamin werden als Mittel gegen Krämpfe glatter Muskulatur, sogenannter Koliken eingesetzt. Aufgrund ihrer stetigen positiven Ladung am quartären Stickstoff sind sie, unabhängig von ihrer Umgebung, so polar, dass sie die Blut-Hirn-Schranke nicht überwinden können. Butylscopolamin ist daher im Gegensatz zu Scopolamin nicht zentral wirksam.
Vor einer missbräuchlichen Einnahme als Rauschdroge ist zu warnen. Da der Gehalt in einzelnen Pflanzen stark variieren kann und auf Grund der relativ geringen therapeutischen Breite, können sich schwere Nebenwirkungen einstellen. Die Scopolaminvergiftung äußert sich als Parasympatikusblockade wie Pupillenerweiterung bzw. Akkommodationsstörungen und Trockenheit der Schleimhäute. Schließlich kommt es zu einer tiefen Bewusstlosigkeit und Tod durch Atemlähmung. Die Therapie gleicht der bei einer Atropinvergiftung: Nichtmedikamentöse Temperatursenkung, künstliche Beatmung bei drohender Atemlähmung und Gabe des Antidots Physostigminsalicylat (Anticholium®).
Rauschwirkung
Nach Berichten wurde in Ländern Lateinamerikas Scopolamin – dort auch „Burundanga“ genannt – von Kriminellen benutzt, um Opfer in Trance zuversetzen und willenlos zu machen. Verabreicht wird das geruchs- und geschmacklose Mittel mit Speisen und Getränke oder es wird über präparierte Zigaretten inhaliert[6]. Ab 2009 fehlen glaubhafte Berichte, dass diese Droge in Nordamerika oder Europa von Kriminellen verwendet wird.
In Umlauf gesetzte Meldungen über die mögliche Drogeneinahme per Hautkontakt, wie etwa über getränkte Visitenkarten, sind falsch. Zu Jahreswechsel 2008/2009 stellten mehrere US-amerikanische Polizeistationen klar, dass die ursprüngliche Meldung nicht von ihnen stamme und Mitarbeiter selbst auf die Falschmeldung hereingefallen seien[7][8][9].
Quellen
- ↑ a b c Hermann Römpp, Jürgen Falbe und Manfred Regitz: Römpp Lexikon Chemie. 9. Auflage, Georg Thieme Verlag, Stuttgart, 1992.
- ↑ a b Eintrag zu Scopolamin in der GESTIS-Stoffdatenbank des BGIA, abgerufen am 30 Jan. 2008 (JavaScript erforderlich)
- ↑ a b Scopolamin bei ChemIDplus
- ↑ Eintrag zu CAS-Nr. 51-34-3 im European chemical Substances Information System ESIS
- ↑ Eberhard Aulbert, Friedemann Nauck, Lukas Radbruch (Hrsg.): Lehrbuch der Palliativmedizin. 2. Auflage. Schattauer, Stuttgart 2008, ISBN 978-3-7945-2361-0.
- ↑ Steve Hide: Latin America: Victims of drugging and mugging, telegraph.co.uk, 5. Februar 2001
- ↑ Burundanga - False, snopes.com, Uran Legends Reference Page, Version vom 2. März 2009
- ↑ Burundanga Business Card Drug Warning - Status: Unsubstantiated Urban Legend, hoax-slayer.com, Abgerufen: 24. März 2009
- ↑ David Emery: Burundanga Drug Warning, (Circulating since: May 2008, Status: Mostly false), urbanlegends.about.com, Stand: 18. September 2008
Weblinks
Bitte beachte den Hinweis zu Gesundheitsthemen!
Wikimedia Foundation.