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Hausnamen sind Wohnstättennamen und zugleich Ortsnamen, im eigentlichen Sinne des Wortes. Sie kennzeichnen den Ort der kleinsten Siedlungseinheit, den Wohnplatz, das Anwesen (Haus und Hof), das Wohnhaus. Viele ursprüngliche Wohnplatznamen sind im Laufe der Siedlungsentwicklung zu heutigen Ortsnamen und Familiennamen geworden.
„Hausnamen“ und „Häusernamen“ sind nicht dasselbe:[1] Der Hausname bezeichnet die Siedlungsstätte[2] (vgl. „Haus und Hof verlieren“), der Häusername bezeichnet die (städtische) Adresse:[3] „Herr xy wohnte im Haus zum goldenen Adler“. Hausnamen entstanden insbesondere im ländlichen und dörflichen Raum. Sie waren vor Einführung der Hausnummern die einzige eindeutige Kennzeichnung eines Anwesens/Wohnhauses.
In Deutschland sind in nahezu allen ländlichen Regionen die traditionellen Hausnamen noch heute in Gebrauch, besonders in den älteren Ortsteilen. Die Bewohner eines Anwesens/Hauses werden dort umgangssprachlich nicht mit ihrem Familiennamen bezeichnet sondern mit ihrem Hausnamen, der dem Vornamen jeweils vorangestellt wird. In Österreich wird das in amtlicher Form als Vulgoname (Abk. vlg.) bezeichnet.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Die Identität von Besitz und Besitzer gehört zum typischen Siedlungsbild der Landnahme, und findet sich in vielen Kulturen. Im deutschspracheigen belegen das die zahlreichen Ortsnamen mit den Endungen Vorname + -ing(en) aus der germanischen Besiedlung der Völkerwanderungszeit, und die späteren -heim, -hausen, -rod und -weiler nach der Fränkische Landnahme in Mitteldeutschland (z. B. Rheinland, Saarland, Pfalz, Westfalen, Hessen und Thüringen).
Im Bereich des mittelalterlichen Adels, später auch in bäuerlich geprägten Siedlungen bezog und bezieht sich der Name nicht nur konkret auf die Wohnstätte, sondern als Hausnamen oder Hofnamen auf das gesamte Anwesen („Hof und Scholle“) und wurde so als zusätzlicher oder auch ausschließlicher Familienname für die bewirtschaftende Familie gebraucht.
Adelsgeschlechter sind seit frühesten Zeiten nach ihrem Stammsitz benannt, und dessen Name ist der Name des ganzen „Hauses“, etwa das Haus Hohenzollern nach der Burg Hohenzollern bei Hechingen, schwäbische Alb, das österreichische Haus Habsburg nach der Habsburg in der Schweiz.
Der Hausname ist eine der wichtigsten Wurzeln, aus denen sich die im ausgehenden Mittelalter umgreifende Zweinamigkeit bedient, sowohl in Städten wie am Land. Sie finden sich ab etwa der Mitte des 11. Jahrhundert in den Großstädten Mitteldeutschlands (Köln, Mainz, Frankfurt am Main), in Wien ab 1300. Um 1332 sind in Mainz etwa 50 % aller Familiennamen Häusernamen. Freiburg verordnet 1565, dass auf jedem Haus ein Name angebracht werden muss.[4] Daraus entwickelt sich das spätere Hausschild.
Durch die starke Migration der Nachkriegsjahre und die daraus resultierende Aufspaltung von eventuellem Familiengrundbesitz bzw. Wohnort geraten sie in Vergessenheit. Telekommunikation, Medien und nicht zuletzt die Zweckentfremdung (Orientierung für Analphabeten) tragen zum derzeit stattfindenden Aussterben der Haus- und Hofnamen bei. Lediglich in Urlaubsgebieten ist es noch bzw. wieder üblich, Pensionen Namen zu geben. Darüber hinaus überleben die Hofnamen oft als postalische Anschrift.
In weiten Teilen des westlichen Nordamerika (Wilder Westen) oder in Folge der Kolonisation sind in Afrika, Australien und andernorts Häusernamen nach europäischem Muster typisch.
Entstehung der Hausnamen
Hausnamen entstanden aus der Notwendigkeit ein Anwesen, Haus, Hof einschl.Ländereien lagemäßig eindeutig zu definieren (den Ort zu kennzeichnen) in einer Zeit, als es noch keine Grundbücher und Hausnummern gab. Das war wichtig um Besitz, Lehnsrechte, Dienstleute und Hörige eindeutig zuordnen zu können, sowie für den Einzug von Steuern/Abgaben und bei der Aufforderung Leistungen für den Grundherren/Landesherren zu erbringen.
Wurden Güter geteilt oder errichteten Kinder des Stammhauses eigene Häuser/Anwesen in der gleichen Ortschaft, so mussten sie einen eigenen Namen erhalten. Dazu wählte man den Stammnamen (z. B. „Ennersch“) und fügte ein Attribut hinzu wie oben- („Oben-Ennersch“), unten-, hinten-, vorne, neu- oder machte einen Doppelnamen daraus, indem man den Vornamen des neuen Besitzers (z. B. „Ennersch-Karls“) bzw. seinen Beruf („Ennersch-Schreiners“) anhängte. Das Stammhaus erhielt dann meist den Zusatz „alt“ (z. B. „Ahle → Alte-Ennersch“).
Die Hausnamen wurden fast nur mündlich tradiert und deshalb im Laufe der Generationen verballhornt und verschliffen. Namen gehen auf Häuser über, und wieder zurück auf die Bewohner.
Namensgebend waren meist die Vornamen der Bauherren oder deren Kurzform. Hausnamen entstanden aus:
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- Vornamen früherer Besitzer, z. B. Peter-Josef heißt im rheinischen Dialekt Pitter-Jupp daraus wird → „Pittejupps (siehe obiges Bild) (im Odenwälder Dialekt) Ballse-Anna eine Anna mit einem männlichen Vorfahren namens Balthasar, Hannesgens zusammengesetzt aus Johannes und Gerhard entstanden vor 1850 (im Westerwäller Platt)
- oder über die Kurzform der Vornamen wie z. B. in Mittelhessen [5] [6] : Johannes → Gehann → Gehanns, Johann-Georg → Hannjer → Gehannjersch, Adam → Orm → Orms, Juliane → Jule → Jules u. Ä.
- Nachnamen langjähriger oder prominenter früherer Besitzerfamilien
- Spitznamen früherer Besitzer
- Berufsnamen: Berufsbezeichnungen und Werkstätten, z. B. Müller, Wagner → Waar → Waarches usw.
- Standort des Anwesens, z. B. Torschmied, Flurnamen
- Die Bilder der Hauszeichen, etwa Pflanzen, Tiere, Geräte
Vielfach finden sich Ergänzungen durch gegensätzliche Attribute, die eine Besitzteilung oder Neubau andeuten:
- Alt-/Neu-
- Ober-/Unter-
- Groß-/Klein-
- Vorder-/Hinter- (ganzer Alpenraum, aber z. B. auch im Westerwäller Platt) Hönnendinner
- Inner-/Außer- (in ganz Südtirol typisch, bezieht sich auf den Taleingang)
Wurde z. B. ein neues Anwesen/Haus in einem Dorf in Mittelhessen errichtet, so nahm in aller Regel die Frau den Hausnamen ihres Elternhauses mit, falls sie aus dem gleichen Ort stammte. Der wurde dann versehen mit Zusätzen wie „neu, alt, …“, je nach Lage des neuen Anwesens zum alten. Anderenfalls wurde das neue Anwesen mit dem Hausnamen des Mannes belegt und mit einem Zusatz versehen, der sich aus der Lage oder vielfach dem Beruf des Mannes ableitete.
Der Haus-, Hof- und Vulgoname
Insbesondere im ländlichen ist der Name des Hofes der, unter dem eine Person und ihre Familie bekannt waren.
- Beispiel: Franz Huber ist bekannt als der „Gruber(bauer) Franz“, der Bauer auf dem „Gruberhof“, oder schlicht einfach als „der Gruber(bauer)“, weil es nur einen gab. In alten Aufzeichenung findet sich auch Erwähnungen der Art „Franz Huber zu Grub“. Die Ableitung der Familienzugehörigkeit folgt dem Muster „dem Gruberbauer sein Sepp“ für den Sohn Sepp Huber. In diesen Formen findet sich noch die alte Entstehung von Familiennamen nach der Hauszugehörigkeit.
In ganz Mitteldeutschland und in den Gebieten um die bayrisch/österreichische Grenze, ganz Österreich und im deutschsprachigen Südtirol waren und sind solche Namen gebräuchlich. Der Unterschied zwischen Familien- und Hofnamen zeigt sich hier auch in der Ausdrucksweise: Der oben genannte „Franz Huber zu Grub“ heißt Gruber, aber er „schreibt sich“ Huber.
Die Verwendung der Haus- und Hofnamen als Primärname reicht im bayrisch/österreichischen Raum bis nach 1945. In Österreich wird der Vulgoname – auf Wunsch – in Telefonbüchern und (auch amtlichen) Verzeichnissen wie Grundbüchern usw. geführt. Die auftretende Abkürzung lautet vlg.
Hausnamen – Häusernamen – in Städten
Im Mittelalter war es üblich, auch in den Städten Häuser mit Hausnamen zu versehen. Die Häuser hatten oft auffällige Hauszeichen (Hausmarke, Handgemal), die häufig mit dem Namen des Hauses zusammenhingen. Hausnamen und -marken erleichterten die Orientierung in einer Zeit, in der die meisten Menschen Analphabeten waren. In Städten besitzen markante Häuser heute noch individuelle Namen, die sich oft von dem Namen prominenter Besitzer (analog Hausnamen in Dörfern) oder markanten Details am Haus ableiten. Beispiele:
- Vierlinghaus, nach Besitzerfamilie Vierlinger (Weiden i. d. Opf)
- Goliathhaus in Regensburg nach der Verwendung als Herberge der Goliarden[7] und nicht wie oft vermutet nach dem riesigen Goliath-Fresko an der Fassade
- Chilehaus in Hamburg
- Haus zur steinernen Glocke in Prag nach der Glocke aus Stein an der Fassade
- Walfischhaus in Amberg nach den Wal(fisch)-Figuren als Teil der dargestellten Jonas-Geschichte aus der Bibel
Aus Wien sind u. a. die Hausnamen „Zum güldenen Drachen”, „Zur Großen Presse” und „Zur Kleinen Presse” (siehe Berghof) bekannt.
Allgemein erhalten haben sich diese Hausnamen bei den Namen und Schildern von Wirtshäusern („Zum tänzelnden Pony“) oder Apotheken („Apotheke zum weißen Engel“).
Auch in der Architektur gibt es Beispiele für diese Praxis, wenn es sich auch manchmal nur um Spitznamen handelt.
- Das Flatiron Building (= [Bügeleisen]), ursprünglich Fuller Building, in New York
- Das Pentagon (= Fünfeck) eines in Washington D.C.
- Gherkin (= Gurke) für 30 St Mary Axe von Foster + Partners in London
- Lipstick Building (= Lippenstift-Gebäude) von Philip Johnson in Manhattan
- Tančící dům (= Tanzendes Haus) von Frank Gehry und Vlado Milunić in Prag
Literatur
- Adolf Bach: Deutsche Namenkunde. Heidelberg 1952–56.
- Werner König: dtv-Atlas zur deutschen Sprache. Tafeln und Texte. (dtv-Atlas Nr. 3025). 10. Auflage. München 1994, ISBN 3-423-03025-9.
- Konrad Kunze: dtv-Atlas Namenkunde. (dtv-Atlas Nr. 2490). 2. Auflage. München Juni 1999, ISBN 3-423-03234-0.
- Ernst Schmidt: Rodheim an der Bieber. Seiten 377–394, Die alten Dorfnamen (Hausnamen) in Rodheim an der Bieber, 35452 Heuchelheim, 2006.
Weblinks
- Diplomarbeit über Haus- und Hofnamen in Österreich
- Hausarbeit über Hausnamen an der Universität Gießen
- Hausnamen-Projekt einer ortshistorischen Forschergruppe auf dem Tangrintel in der Oberpfalz
Einzelnachweise
- ↑ Konrad Kunze: dtv-Atlas Namenkunde. S. 105
- ↑ Konrad Kunze: dtv-Atlas Namenkunde. S. 177
- ↑ Konrad Kunze: dtv-Atlas Namenkunde. S. 105
- ↑ König, dtv-Atlas. S. 105
- ↑ Die Gladenbacher Hausnamen (alle 17 Ortsteile), Zeitschrift des Heimat- und Museumsvereins "Amt Blankenstein", Nr. 14, Gladenbach, 2001
- ↑ Wommelshausen, Ein Dorfbuch, Hrsg. Horst W. Müller, S. 247 -253, Marburg 1995
- ↑ Karl Bauer: Regensburg: Kunst-, Kultur- und Alltagsgeschichte , 1997, ISBN 3-931904-19-9
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