ISRB

ISRB

Das Special Operations Executive (SOE; deutsch etwa: „Durchführung besonderer Unternehmungen“) war eine aktive britische nachrichtendienstliche Spezialeinheit während des Zweiten Weltkriegs. Sie wurde von Winston Churchill und Hugh Dalton im Juli 1940 aufgestellt, um kriegerische Aktionen ohne direktes militärisches Engagement ausführen zu können.

Sie wurde häufig auch als The Baker Street Irregulars bezeichnet, in Anspielung auf die erfundene Gruppe von Spionen in Sherlock-Holmes-Romanen. Ursprünglich als Sektion D des MI6 bezeichnet, bestand die Aufgabe des SOE in der Unterstützung und Versorgung von Spionage und Sabotage hinter den feindlichen Linien sowie als Keimzelle für die Formierung einer Widerstandsbewegung in Großbritannien im Falle einer befürchteten deutschen Invasion der britischen Insel.

Bekannt als Churchills Geheimarmee und beauftragt, „Europa in Brand zu stecken“ (eine Mission, die auch Churchills andere Spezialeinheit, die Commandos, die britischen Kommandogruppen, erfüllen sollte), blieb die Existenz des SOE auch viele Jahre nach der Einstellung der Einrichtung der Öffentlichkeit verborgen (ähnlich wie die Aktion Ultra, die Unternehmungen der Codebreaker [Dechiffrierer] von Bletchley Park).

Inhaltsverzeichnis

Organisation

Kopf des SOE war ab September 1943 Colonel Colin Gubbins. Chef der französischen Sektion (Süd) des SOE war Maurice Buckmaster. Seine Assistentin Vera Atkins war so sehr „die Seele“ des SOE, dass einige meinten, sie würde die Organisation leiten.

Das Hauptquartier von SOE befand sich in der Baker Street 64 in London. Eine weitere wichtige Adresse in London befand sich in Aston House, wo Waffen- und taktische Forschung ausgeführt wurden.

Unter dem Decknamen Inter-Services Research Bureau (ISRB) errichtete SOE eine Einrichtung, in der Ausrüstung für den Schattenkrieg entwickelt werden konnte. Unter der Tarnbezeichnung Station IX lag ca. 30 Meilen nördlich von London ein ehemaliges Hotel mit dem Namen The Frythe außerhalb der Ortschaft Welwyn, wo das ISRB spezielle Waffen und Ausrüstungsgegenstände erprobte. Ende 1944 wurden die Hilfsmittel nach Australien an das Allied Intelligence Bureau (SRD; deutsch: Alliiertes Geheimdienstbüro) zur tropischen Erprobung geliefert.

SOE-Operationen in Frankreich wurden von zwei Londoner Sektionen befehligt. Die F-Sektion stand unter britischem Kommando und wurde nicht politisch geleitet, während die RF-Sektion dem Kommando von General Charles de Gaulles France libre-Kräften unterstand. Darüber hinaus gab es zwei kleinere Sektionen: Die EU/P-Sektion, in der die polnische Gemeinde Frankreichs zusammengefasst war und die DF-Sektion, die für die Fluchtrouten und die Koordinierung zuständig war. Ende 1942 wurde eine weitere Sektion unter der Bezeichnung AMF in Algier gegründet.

Das Haupttrainingszentrum des SOE befand sich in Wanborough Manor, Guildford. Dem SOE gehörten eine Reihe von Frauen an, allein die F-Sektion (Frankreich) schickte 39 weibliche Agenten ins Feld, von denen 13 nicht zurückkehrten. In Valençay im Département Indre in Frankreich ehrt seit dem 6. Mai 1991 das Valençay-SOE-Mahnmal unverschleiert den 50. Jahrestag der Entsendung der ersten Agenten der F-Sektion nach Frankreich. Die „Ehrenrolle“ des Mahnmals listet die Namen von 91 Männern und 13 Frauen auf, die als Mitglieder des SOE ihr Leben für Frankreichs und Europas Freiheit gaben.

Das SOE war in hohem Maße abhängig von der Sicherheit chiffrierter Funksendungen. Leo Marks, der SOE-Kryptograph, war für die Entwicklung von besseren Chiffrierverfahren als den unsicheren Gedicht-Kodes zuständig, die später ersetzt wurden.

Rekrutierung und Ausbildung

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Ausrüstung

Das SOE nutzte neben konventioneller Ausrüstung und Waffen eine Vielzahl eigens für den Sondereinsatz hergestellte Ausrüstungsgüter. So zum Beispiel Funkgeräte, Waffen, Explosivgeschosse und getarnte Fallen für Agenten und geheime Aufstandsgruppen. Unter den in Station IX produzierten Produkten fand sich das für Fallschirmjäger nutzbare, faltbare Miniaturmotorrad (das Welbike), eine leise Pistole (das Welrod) und mehrere Miniaturtauchfahrzeuge (der Welman und Sleeping Beauty). Eine amphibische Versuchseinheit wurde in West-Wales bei Goodwick in der Nähe von Fishguard als Station IXa aufgestellt, um diese Hilfsmittel zu erproben.

Einsätze

Das SOE war insbesondere in den folgenden Ländern aktiv: Frankreich, Norwegen, Italien, den Niederlanden, Jugoslawien, Algerien, Griechenland, Polen, Tschechoslowakei und sogar im Deutschen Reich selbst (Ostmark, das damals zu Deutschland gehörende Österreich). Durch die Zusammenarbeit von SOE und britischem Geheimdienst wurde eine Gruppe jüdischer Freiwilliger aus Palästina zwischen 1943 und 1945 auf Missionen in verschiedene, von Nazi-Deutschland besetzte Länder entsandt.

Unter dem Kommando von Kapitän Martin Linge wurde im März 1941 eine Gruppe organisiert, die in Norwegen als erste unabhängige norwegische Kompagnie 1 Überfallaktionen ausführen sollte. Ihr erstes Stoßtruppunternehmen war die Operation Archery 1941, ihre bekanntesten waren wahrscheinlich Sabotage-Aktionen auf die norwegische Fabrik für Schweres Wasser in Rjukan im Jahre 1943. Die Kommunikationslinien nach London wurden graduell verbessert, so dass 1945 insgesamt 64 Funker verteilt über Norwegen zur Verfügung standen. Eine Seeverbindung nach Norwegen bestand zwischen den Shetlands und der norwegischen Küste. Dort fuhren die Männer erst mit Fischerbooten, später mit US-amerikanischen U-Boot-Jägern mit Hilfe des Shetland Bus nach Norwegen, brachten Widerstandskämpfer und Material nach Norwegen und verhalfen Norwegern zur Flucht.

Am 5. Mai 1941 sprang mit Georges Bégué (* 1911; † 1993) der erste SOE-Agent in Frankreich ab, der dann die Funkverbindung aufnahm und den Absprung der nächsten Agenten begleitete. Zwischen Bégués erstem Absprung und August 1944, der Befreiung von Paris, wurden mehr als 400 Agenten der F-Sektion (u. a. Nancy Wake) in das von Nazi-Deutschland besetzte Frankreich entsandt. Sie waren in verschiedenen Funktionen, z.B. als Instrukteure für Waffen und Sabotage, Kuriere, Organisatoren, Verbindungsoffiziere und Funker, aktiv.

Weniger erfolgreich, eventuell aber auch gezielt um von der kommenden Landung in der Normandie abzulenken, verlief der Aufbau eines Agentennetzes der SOE in den Niederlanden, wo die deutsche Abwehr im Englandspiel den Funkverkehr zurückspielte.

Das SOE wurde offiziell 1946 aufgelöst, und viel seiner Einflußsphäre ging auf den Secret Intelligence Service (SIS), besser als MI6 bekannt, über. Das SOE wurde in der Öffentlichkeit unter seinem Decknamen, Inter-Services Research Bureau (ISRB) bekannt.

Mediale Rezeption

Romane

Der Autor Ian Fleming, der Maurice Buckmaster und Vera Atkins kannte, stand in dem Ruf, einige Eigenschaften in den Figuren M und Miss Moneypenny seiner James-Bond-Romane verwendet zu haben. In seinem ersten Bond-Roman sagt Fleming, dass die Figur der Vesper Lynd auf der schönen SOE-Agentin Christine Granville beruhe.

Das Buch (nach einer TV-Dokumentarserie) Spione – Agenten – Soldaten: Geheime Kommandos im Zweiten Weltkrieg von Janusz Piekalkiewicz hat ein Kapitel mit der Überschrift S.O.E. – London schult Saboteure. Im Untertitel heißt es: „Geschichte der Special Operations Executive, der in London gegründeten Organisation zur Unterstützung des Widerstandes in den besetzten Ländern.“

Auch die Romane Die Marionette von Larry Collins (1985) und Die Leopardin von Ken Follet (2001) behandeln das Thema SOE. Follet schreibt in der Widmung seines Romans:

„Fünfzig Frauen wurden im Zweiten Weltkrieg von der Special Operations Executive als Geheimagentinnen nach Frankreich geschickt. Sechsunddreißig von ihnen überlebten den Krieg, die anderen vierzehn gaben ihr Leben. - Ihnen allen ist dieses Buch gewidmet.“

Insofern ergibt sich hier eine Differenz zu den obigen Zahlen.

Filme

  • The Heroes of Telemark (dt. "Kennwort: Schweres Wasser") ist ein 1965 gedrehter Film mit Kirk Douglas, der auf einer SOE-Operation basiert, die die Fabrik für Schweres Wasser in Rjukan, Norwegen, 1943 sabotieren sollte.
  • Ein französisch-norwegischer Schwarz-Weiß-Dokumentarfilm von 1948, der den Titel "La Bataille de l'eau lourde"/"Kampen om tungtvannet" (deutsch "Die Schlacht um das Schwere Wasser") trägt, in der ein Teil der ‘Originalbesetzung’ auftritt. Joachim Rønneberg hatte mit seinem Buch "Die Schlacht um das Schwere Wasser" einen aufrichtigen Versuch gestartet, die wahre Geschichte dieser Aktion zu beschreiben. Der Film "Heroes of Telemark" hatte dagegen nur wenig mit der Realität zu tun.
  • "Nancy Wake Codename: The White Mouse" ist ein Dokudrama von 1987 über Nancy Wakes Arbeit für SOE, teilweise durch sie selbst erzählt.
  • Leo Marks: "Between Silk and Cyanide", 1998; Marks war Herr des Chiffrierwesens bei SOE und dieses Buch ist ein Beitrag seines Kampfes zur Einführung besserer Chiffriermethoden für den Gebrauch der Agenten.

Verweise

Literatur

  • Patrick Martin-Smith: "Widerstand vom Himmel - Österreicheinsätze des britischen Geheimdienstes SOE 1944." Martin Patrick-Smith / Peter Pirker Hg., (Wien: Cernin Verlag 2004), ISBN 3-7076-0182-X. - Dargestellt werden insbesondere SOE Aktionen, die aus der Carnia in Friaul (Italien) in Richtung Kärnten (Österreich)gerichtet waren.
  • Monika Siedentopf: "Absprung über Feindesland. Agentinnen im Zweiten Weltkrieg." (dtv 2006) , ISBN 3-423-24582-4
  • Professor William Mackenzie: "The Secret History of SOE - Special Operations Executive 1940-1945", (BPR Publications, 2000), ISBN 0953615189
  • David Stafford: "Secret Agent - The True Story of the Special Operations Executive", (BBC Worldwide Ltd, 2000), ISBN 0563537345
  • E. H. Cookridge: "Versteckspiel mit dem Tode - Geheimagenten gegen Hitler 1940/45." (Oldenburg; Hamburg: Stalling, 1967), nach dem englischsprachingen Original "Inside S.O.E."
  • R.J. Minney schrieb das Buch: "Carve her name with pride" von 1956, das die Geschichte von Violette Szabo erzählt. Ein Film gleichen Titels wurde 1958 mit Paul Schofield und Virginia McKenna gedreht.
  • William Stanley Moss schrieb das Buch: "Ill Met by Moonlight" von 1950, verarbeitet seine Kenntnisse aus erster Hand einer SOE-Operation von 1944, bei der Generalmajor Heinrich Kreipe, der deutsche Divisions-Kommandeur auf Kreta, entführt wurde. Der Film "Night Ambush", der auf diesem Buch basiert, wurde 1957 mit Dirk Bogarde und Marius Goring gedreht.
  • Jerrard Tickell schrieb das Buch: "Odette: The story of a British agent" von 1949, das die Geschichte von Odette Sansom-Hallowes erzählt. Der Film "Odette", der auf dem Buch basiert, wurde 1950 mit Anna Neagle and Trevor Howard gedreht.
  • Jean Overton Fuller schrieb das Buch "The Starr Affair", in dem die Geschichte von John Renshaw Starr erzählt wird.
  • Arthur Christie: "Mission Scapula SOE in the Far East", ISBN 0954701003 Eine wahre Geschichte über einen gewöhnlichen Soldaten, der zu MI5 entsandt wurde und von dort auf eine Mission nach Singapur, wo er fiel. Mit Freddy Spencer-Chapman.
  • Leo Marks: "Between Silk and Caynide", ISBN-10: 068486780X; ISBN-13: 978-0684867809; A young World War II cryptographer chronicles his career in the Special Operations Executive, discussing his replacement of outmoded codes with one-time silk-printed codes.

Weblinks


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