Idiopathische intrakranielle Hypertension

Idiopathische intrakranielle Hypertension
Klassifikation nach ICD-10
G93.2 Benigne intrakranielle Hypertension (Pseudotumor cerebri)
ICD-10 online (WHO-Version 2006)

Pseudotumor cerebri (PTC, wörtlich „scheinbare Schwellung des Gehirns“) ist die medizinische Bezeichnung für einen erhöhten Hirndruck ohne erklärende Ursache. Der Name resultiert (medizinhistorisch) daraus, dass auch ein Tumor (Schwellung) einen erhöhten Druck im Schädelinneren verursachen kann. Er wurde von dem deutschen Neurologen Max Nonne im Jahre 1904 unter der Vorstellung geprägt, dass trotz Hirndrucksteigerung kein Tumor nachweisbar ist. Da bei diesem Krankheitsbild also keine Zellwucherung gefunden werden kann, wird es auch Benigne intrakranielle Hypertension (BIH, wörtlich „gutartiger Überdruck im Schädel“) oder Idiopathische intrakranielle Hypertension (IIH, wörtlich „Überdruck im Schädel ohne bekannte Ursache“) genannt.

Inhaltsverzeichnis

Symptome

Als Leitsymptom tritt Kopfschmerz oder auch ein anhaltendes Druckgefühl im Kopf ohne wirkliches Schmerzempfinden auf. Ebenfalls können Verspannungen im Hals- und Brustwirbelbereich empfunden werden die besonders bei Drehung des Kopfes spürbar ansteigen. Ein weiters Merkmal können optische Wahrnehmungen wie lang anhaltendes „Blitzen“ in den Augen nach plötzlichen körperlichen Anstrengungen oder auch Missempfindungen geometrischer Flächen wie z. B. Fliesenböden auftreten (Boden erscheint gewölbt oder wellig). Dies wird durch den erhöhten Nervenwasserdruck auf den Sehnerv ausgelöst und kann ebenfalls zu Schwindelgefühl und Übelkeit führen. Außerdem kommt es im Verlauf durch den erhöhten Druck zur Sehnervenschädigung, seltener zur Augenmuskellähmung mit Doppelbildern bei Läsion des Nervus abducens. Vereinzelt können auch Ausfälle anderer Hirnnerven zu Schwindel oder Tinnitus führen. Hierbei kann ein Kribbeln auf der Haut und/oder Rauschen im Ohr mit Pochen im Takt des Herzfrequenz auftreten. Vor allem der Begriff benigne in der Krankheitsbezeichnung ist umstritten, da der Sehnerv dauerhaft absterben kann und in etwa 2 % kommt es zur – meist einseitigen – Erblindung.

Risikofaktoren

Das Krankheitsbild tritt häufig bei jungen Frauen auf. Übergewicht ist dabei der stärkste Risikofaktor. Weitere Risikofaktoren sind Hormonstörungen, Eisenmangel und eine chronisch obstruktive Lungenerkrankung. Daneben sind Medikamente wie Tetracycline, Hypervitaminose A, Cortison-Therapien und Retinoide als Risikofaktoren anzuführen. Um eine Hirndrucksteigerung zu verhindern, gilt es z. B. bei der Therapie der Akne vulgaris eine simultane Retinoid- und Tetracyclingabe zu vermeiden.

In sehr seltenen Fällen tritt auch bei Männern dieses Krankheitsbild auf. Hierfür gibt es von der klassischen Neurologie zur Zeit keine wirklich greifbare Erklärung.

Diagnostik

Die Diagnose wird durch Liquorentnahme mit Messung des Liquoröffnungsdrucks, Bildgebung (MRT) und Spiegelung des Augenhintergrundes (Nachweis einer Stauungspapille) erhärtet. Darüber hinaus ist eine Gesichtsfeldbestimmung (Perimetrie) erforderlich, da in vielen Fällen eine Vergrößerung des blinden Flecks und damit eine Sehstörung (Verschwommensehen) auftritt.

Therapie

Zur Therapie kommen Liquorentnahmen oder harntreibende Medikamente (Acetazolamid, Furosemid) und konsequente Gewichtsreduktion zur Anwendung. Dagegen sind Antibiotika, Cortison oder Vitamin A zu meiden, sie steigern den Hirndruck. In vereinzelten Fällen wird ein Shunt operativ zur Hindruckentlastung angelegt. Es gibt hier verschiedene Shuntsysteme (ventrikuloperitoneal, ventrikuloatrial, lumboperitoneal). Des Weiteren kann auch eine Fenestrierung der harten Hirnhaut (Dura mater) um dem Nervus opticus eine Druckentlastung bringen, da der Sehnerv ein Hirnanteil ist.

Bei einer Liquorentnahme kann es vorkommen, dass vorher empfundene Verspannungen, Schmerzen nahe eines Wirbelkörpers oder am Ischiasnerv direkt nach dem Eingriff stark abgeschwächt oder völlig abgeklungen sind. Diese Empfindungen können aber bei steigendem Liquordruck wiederkehren.

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