Indigorot

Indigorot
Strukturformel
Strukturformel von Indirubin
Allgemeines
Name Indirubin
Andere Namen
  • 3-(1,3-Dihydro- 3-oxo-2H-indol-2-yliden)- 1,3-dihydro-2H-indol-2-on
  • Indigorot
  • Indigopurpurin
  • C.I. 73200
Summenformel C16H10N2O2
CAS-Nummer 479-41-4
PubChem 5359405
Kurzbeschreibung rotvioletter Farbstoff
Eigenschaften
Molare Masse 262,26 g/mol
Aggregatzustand

fest

Sicherheitshinweise
Gefahrstoffkennzeichnung [1]
keine Einstufung verfügbar
R- und S-Sätze R: siehe oben
S: siehe oben
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.
Indoxyl Reaktionen.

Indirubin, auch Indigorot, ist ein rotviolette Farbstoff und ein Strukturisomeres des Indigo bzw. des braunroten Isoindigo.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Die Bezeichnung Indirubin tauchte erstmals 1855 auf. Isatan B, damals als Indican bezeichnet, wurde aus den Blättern des Färberwaids (Isatis tinctoria) isoliert und daraus Indirubin und Indigo gewonnen. Zitat: „Letztere Substanz ...“ (Indirubin) „... bildet sich stets bei der Zersetzung des Indicans durch Säuren, aber erst nach der Entstehung des Indigblaus und namentlich nach längerem Kochen der sauren Flüssigkeit, in welcher Indigblau aus Indican entstanden war“.[2]

Vorkommen

Unterschiedliche Spezies, zum Beispiel Isatis tinctoria (Färberwaid), Indigofera tinctoria oder einige Schneckenarten bilden natürliche Vorläufersubstanzen, aus denen die drei Isomeren oder deren Derivate entstehen. Die indigoiden Verbindungen selbst kommen in den lebenden Organismen nicht vor, sondern entstehen erst aus dem toten Material durch enzymatische oder saure Hydrolyse unter oxidativen Bedingungen. Neben Indigo entsteht Indirubin auch durch die Einwirkung bestimmter Bakterien auf das sogenannte metabolische Indikan oder Indoxylsulfat, das in Folge eines gestörten Tryptophan-Abbaus bei Blaue-Windeln-Syndrom (Indicanurie) in größeren Mengen im Urin dieser Patienten entstehen kann und zu einer Violett- oder Blaufärbung des Urins führt.

Einige Vorläufersubstanzen, die alle Derivate des Indoxyls darstellen, sind im Reaktionsschema gezeigt. Als Zwischenstufen bei der Entstehung der indigoiden Farbstoffe treten Indoxylderivate mit freier Hydroxygruppe sowie Isatin-Derivate auf.

Synthese

Indirubin entstand zunächst nur als Nebenprodukt bei Versuchen, Indigo zu synthetisieren. Adolf von Baeyer und Emmerling[3] erhielten Indirubin in veränderlichen Anteilen neben Indigo, indem sie Isatin, Phosphortrichlorid und Essigsäurechlorid im zugeschmolzenen Glasrohr zusammen mit Phosphor erhitzten und anschließend wässrig aufarbeiteten. So wurde auch aus der Reaktion von 2-Chlor-3H-indol-3-on mit Ammoniumsulfid oder weißem Phosphor und anschließender wässriger Aufarbeitung[4] oder mit Zinkstaub in Eisessig[5] Indirubin als Nebenprodukt erhalten.

Erstmals gezielt wurde Indirubin von Baeyer aus einer ethanolischen Indoxyllösung, Isatin und Natriumcarbonat im Jahre 1881 synthetisiert.[6]

Synthese von Indirubin aus Indoxyl und Isatin.

Verwendung

Im natürlichem Indigo bewirkt die Anwesenheit einer kleinen und veränderlichen Beimischung des roten Farbstoffs eine Variation in den Blautönen. Auch reines Indirubin wurde jedoch zum Färben von Textilien verwendet.[7] Die Anwendung in größerem Maßstab scheiterte aber an seiner geringen Farbechtheit.

Als wirksamer Bestandteil des natürlichen Indigo findet es auch seit Jahrhunderten Verwendung als Medikament, in der modernen Medizin wird es als Mittel gegen Krebs eingesetzt. Chronisch myeloische Leukämie (CML) wurde in China mit Danggui Longhui Wan behandelt, das aus zehn pflanzlichen Zutaten sowie Moschus besteht.[8] Die antileukämische Wirkung konnte auf eine einzige der pflanzlichen Zutaten, den Qingdai oder Indigo naturalis zurückgeführt werden. Im weiteren konnte die antileukämische Eigenschaft einem einzigen Inhaltsstoff, dem Indirubin, zugeschrieben werden[9][10], das im natürlichen Indigo in Mengen zwischen 0,05 und 0,3 % enthalten ist.[11][10] Auch in getrocknetem Pflanzenmaterial der Orchidaceae Calanthe discolor, mit dem in der traditionellen chinesischen Medizin Entzündungen und bakterielle Infektionen behandelt wurden, konnte Indirubin als Inhaltsstoff identifiziert werden.[12] Zwar zeigt es nur eine moderate Wirksamkeit, doch erregen seine im Vergleich zu anderen antileukämischen Mitteln sehr geringen Nebenwirkungen Interesse an seinem Wirkmechanismus, der ein anderer zu sein scheint als bei allen bis dato bekannten antileukämischen Wirkstoffen.

Befunde deuten darauf hin, dass der Antitumor-Wirkung von Indirubinderivaten ein komplexes Zusammenspiel mehrerer Teilmechanismen zugrunde liegt, unter Beteiligung von Interkalation und Redoxcycling, wobei der Hauptwirkmechanismus in der Hemmung von Enzymen besteht, die bei Ablauf des Zellteilungszyklus eine entscheidende Rolle spielen, sogenannte CDKs oder Cyclin-abhängige Kinasen. So sind Indirubin und einige seiner Derivate Inhibitoren des Enzymkomplexes CDK1/Cyclin B.[13][14]

Siehe auch

Quellen

  1. In Bezug auf ihre Gefährlichkeit wurde die Substanz von der EU noch nicht eingestuft, eine verlässliche und zitierfähige Quelle hierzu wurde noch nicht gefunden.
  2. Schunk E (1855): Indigo. In: Liebig, J. (Hrsg.), Knopp. H. (Hrsg.): Jahresbericht über die Fortschritte der reinen, pharmaceutischen und technischen Chemie, Physik, Mineralogie und Geologie. S. 659–665.
  3. A. Baeyer, A. Emmerling: Reduction des Isatins zu Indigblau., in: Chem. Ber. 1870, 3, 514–517.
  4. A. Baeyer: Synthese des Indigblaus., in: Chem. Ber. 1878, 11, 1296–1297.
  5. A. Baeyer: Über die Einwirkung des Fünffachchlorphosphors auf Isatin und auf verwandte Substanzen., in: Chem. Ber. 1879, 12, 456–461.
  6. A. Baeyer: Über die Verbindungen der Indigogruppe., in: Chem. Ber. 1881, 14, 1741–1750.
  7. Farbwerke vormals Meister Lucius & Brüning (1913): Verfahren zur Darstellung von Derivaten der Indirubine. Patentschrift: DRP 283726.
  8. Chinesische Pharmakopöe (1995) Vol. 1
  9. C. Li, Y. Go, Z. Mao, K. Koyano, Y. Kai, N. Kanehisa, Q. Zhu, Z. Zhou, S. Wu: The Synthesis, Antileukemic Activitiy, and Crystal Structures of Indirubin Derivatives., in: Bull. Chem. Soc. Jpn. 1996, 69, 1621–1627.
  10. a b Tang, W. & Eisenbrand, G.: Chinese Drugs of Plant Origin: Chemistry, Pharmacology, and Use in Traditional and Modern Medicine. Heidelberg: Springer 1992; ISBN 0-38719309-X
  11. R. Han: Highlight on the Studies of Anticancer Drugs Derived from Plants in China., in: Stem Cells 1994, 12, 53–63.
  12. M. Yoshikawa, T. Murakami, A. Kishi, T. Sakurama, H. Matsuda, M. Nomura, H. Matsuda, M. Kubo: Novel indole S,O-bisdesmoside, calanthoside, the precursor glycoside of tryptanthrin, indirubin, and isatin, with increasing skin blood flow promoting effects, from two Calanthe species (Orchidaceae)., in: Chemical and Pharmaceutical Bulletin 1998, 46, 886–888.
  13. Hössel, R. (1999): Synthese von Derivaten des Indirubins und Untersuchungen zur Mechanismusaufklärung ihrer antineoplastischen Wirkung. Dissertation, Universität Kaiserslautern.
  14. R. Hössel et al.: Indirubin, the active constituent of a Chinese antileukaemia medicine, inhibits cyclin-dependent kinases., in: Nat. Cell Biol. 1999, 1, 60–67; PMID 10559866

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