- Inkrementelles Entscheidungsmodell
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Unter „Muddling-Through“ (Deutsch: „Sich-Durchwursteln") versteht man eine Steuerungskonzeption, die zur Gänze auf zentrale bzw. zentralistische Planung verzichtet, bei der sich die Systemsteuerung gleichsam als Ergebnis einer untereinander wechselseitig erfolgten Abstimmung aller beteiligten Akteure ergibt.
Inhaltsverzeichnis
Hauptvertreter
Die Steuerungskonzeption „Muddling-Through“ wurde das erste Mal 1959 von Charles E. Lindblom (Biografie von Charles E. Lindblom) in "The Science of Muddling-Through" erklärt. Weitere Vertreter dieser Ansichten waren H. E. Wrapp 1967, J. Quinn 1980, K. Ganser, W. Siebel und T. Sieverts.
Vorläufer/Einflüsse
Die Lehre des „Muddling-Through“ stammt ursprünglich aus dem Bereich der Gesellschaftstheorie und wurde erst später von der Organisationstheorie aufgegriffen. Dabei standen insbesondere Fragen des organisatorischen Wandels im Mittelpunkt. „Muddling-Through“ wurde in mehr oder minder direkter Auseinandersetzung mit Vertretern plandeterminierter Steuerungskonzepte entwickelt. Diese Art der Steuerungskonzeption zählt zur Kategorie der inkrementalistischen Steuerung (siehe Inkrementalismus), worunter man Ansätze subsumiert, die eine umfassende Totalplanung ablehnen und stattdessen eine Steuerung in kleinen, überschaubaren und dadurch leicht revidierbaren Schritten empfiehlt.
Elemente/Konzepte
Der Ausgangspunkt Lindbloms Überlegungen war die Begrenztheit jeglicher Ganzheitsbetrachtungen sozialer Systeme. Gesamtpläne führten deshalb bei direkter Umsetzung notwendigerweise zu unerwarteten und unerwünschten (Neben-)Folgen.
Das Konzept von Lindblom ist in unterschiedlicher Weise auf betriebswirtschaftliche Zusammenhänge angewandt worden und hat auch als allgemeines Konzept der Unternehmenssteuerung großen Anklang gefunden wie zum Beispiel bei H. E. Wrapp 1967 oder J. Quinn 1980. In Wortwahl und Argumentationsstruktur lehnen sich K. Ganser, W. Siebel und T. Sieverts ebenso an die Lehre vom „Muddling-Through" von Charles E. Lindblom (1975, S. 163) an, der zwischen einer "rational-umfassenden" Methode und einer solchen des "iterativen begrenzten Vergleichens" in Planungssituationen unterscheidet. Charles E. Lindblom meint jedoch zusammenfassend: "So ist die iterative (sich schrittweise annähernde) Methode begrenzter Vergleiche in der Tat auch eine Methode oder ein System; sie ist keineswegs das Scheitern aller Methoden, für das sich die Administration schuldig zu fühlen hätte. Dennoch sind die Mängel dieser Methode, (...), zahlreich. Sie verfügt zum Beispiel über keine Garantie dafür, dass alle betroffenen Werte berücksichtigt werden; so könnten hervorragende Planungsalternativen allein deshalb unbeachtet bleiben, weil sie bisher im Wechselspiel inkrementaler Veränderungen nicht aufgetaucht sind" (ders., 1975, S. 175).
Ein Vertreter für eine andere Variante des Inkrementalismus ist Karl Popper mit seinem Konzept des „piecemeal engineering“ (Stückwerk-Sozialtechnik), das nicht völlig auf Planung verzichte, doch müsse sie vom „Prinzip der dauernden Fehlerkorrektur“ geleitet sein.
Demgegenüber kritisiert M. Rainer Lepsius, dass der fortschreitenden Prozess der Institutionenbildung und Deinstitutionalisierung zwar von der verantwortlichen Politik auf ihre verfassungsrechtliche und wirtschaftlichen Konsequenzen hin diskutiert werde, aber nicht auf ihre gesellschaftlichen Folgewirkungen hin. An Stelle explizit soziologischer Wirkungsanalysen treten Bekenntnisse zu Wertvorstellungen.
Nachteile
- Das Steuerungskonzept „Muddling-Through“ berücksichtigt nicht hinreichend die Machtverhältnisse in den Aushandlungsprozessen.
- Außerdem endet diese Art der Steuerung häufig in einem richtungslosen Drift aufgrund der Ausrichtung an der jeweils näheren Zukunft.
- Ebenso ist es häufig notwendig weitreichende, nicht revidierbare (Richtungs-)Entscheidungen zu treffen, die sich nicht als Folge inkrementaler Schritte erreichen lassen.
- Des Weiteren wird an der Steuerungskonzeption „Muddling-Through“ kritisiert, dass es Kräfte, die den Status quo bewahren und Innovationen verhindern wollen, unterstützt.
Zu den Kritikern von Charles E. Lindblom gehören unter anderem Amitai Etzioni 1968 und G. Johnson 1988.
Literatur
- Etzioni, Amitai: The active society, London et al. 1968. ISBN 3-531-11151-5
- Ganser, K.; Siebel W.; Sieverts T.: Die Planungsstrategie der IBA Emscher Park - Eine Annäherung In: Zeitschrift RaumPlanung, Heft Nr. 61, Dortmund 1993.
- Johnson, Gerry: Rethinking Incrementalism In: SMJ, Jg. 9, 1988, S. 75-91.
- Lindblom, E. Charles: The Science of Muddling-Through In: Public Administration Review, Jg. 19., 1959, S. 79-88, ISBN 0-829-03504-4
- Popper, Karl: Das Elend des Historizismus Tübingen et al. 1965, ISBN 3-169-45291-6
- Quinn, James: Strategies of Change. "Logical Incrementalism" Homewood 1980, ISBN 0-256-02543-6
- M. Rainer Lepsius: Modernisierungspolitik als Institutionenbildung: Kriterien institutioneller Differenzierung, in: Interessen, Ideen und Institutionen. Opladen 1990, ISBN 3-531-11879-X
- Schreyögg, Georg; Von Werder, Alex : Handwörterbuch Unternehmensführung und Organisation 4. Aufl., Schäffer-Poeschel, Stuttgart 2004, S. 1369-1374, ISBN 3-7910-8050-4
- TU Dortmund: Theorien der Planung
- Wrapp, H. Edward: Good Managers Don't Make Policy Decisions In: HBR, Jg. 45, H. 5/1967, S. 91-99.
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