2. Marine-Brigade

2. Marine-Brigade
Marine-Brigade Ehrhardt während des Kapp-Putsches 1920 in Berlin

Am 17. Februar 1919 wurde das Freikorps Marine-Brigade Ehrhardt als 2. Marine-Brigade in Wilhelmshaven von Korvettenkapitän Ehrhardt aus Marineangehörigen - überwiegend Offizieren, Deckoffizieren und Berufssoldaten - aufgestellt. Den Kern der Brigade bildete eine Sturmkompanie aus jungen Seeoffizieren und Seeoffizieranwärtern, die sich durch straffe Disziplin, elitären Charakter und unbedingte Ergebenheit zu ihrem Anführer auszeichnete.

Inhaltsverzeichnis

Einsätze der Brigade

Der erste Einsatz führte die Brigade am 17. April 1919 nach Braunschweig, wo sie zusammen mit anderen Einheiten des Freikorps Maercker den Versuch der Errichtung einer Räterepublik vereitelte (s. hier). Von dort wurde die Brigade nach Ohrdruf in Thüringen verlegt, wo sie für den Kampf gegen die Münchner Räterepublik bereitgehalten wurde. Der eigenmächtige und voreilige Vorstoß der Brigade nach München führte zu erbitterten Straßenkämpfen, in denen der kommunistische Aufstand schließlich niedergeschlagen wurde. In diesen Kämpfen ließen mehr als 1.000 Kommunisten ihr Leben; außerdem wurden rund 800 Männer und Frauen arretiert und hingerichtet. Das brutale Vorgehen des Freikorps in den Straßenkämpfen, einschließlich der Misshandlung und Erschießung von Verhafteten sowie von Plünderungen, verdeutlicht die zunehmende Verselbständigung der Freikorps-Bewegung im Kampf gegen die Revolutionäre. Seit Sommer 1919 dachte man daher in der Marineführung über die Auflösung der Brigade nach.

Im August 1919 wurde die Brigade in Oberschlesien stationiert, bevor sie im November 1919 dann in das Lager Döberitz in der Nähe Berlins verlegt wurde. Im März 1920 erging der Befehl, die Brigade Ehrhardt aufzulösen. Ihre Führer, entschlossen sich der Auflösung zu widersetzen, appellierten an Reichswehr-General Walther von Lüttwitz in Berlin. Lüttwitz, einer der Organisatoren der Freikorps in den Jahren 1918 und 1919 und ein glühender Monarchist, wandte sich an Reichspräsident Friedrich Ebert und Verteidigungsminister Gustav Noske um die Auflösung zu stoppen. Als Ebert dies ablehnte befahlt Lüttwitz der Brigade nach Berlin zu marschieren. In der Nacht vom 12. März auf den 13. März 1920 marschierte die Brigade nach Berlin und besetzte während des Kapp-Putsches 1920 die Stadt. Der Widerstand gegen die Besetzung, vor allem durch die Arbeiterschaft, wurde mit gewohnter Härte beantwortet. Nach dem Zusammenbruch des Putsches wurde die Brigade von der Reichswehrführung als Ordnungsmacht in Berlin belassen.

Am 20. April 1920 wurde die Brigade Ehrhardt auf dem Truppenübungsplatz Munster offiziell aufgelöst. Ein Großteil wurde als „zuverlässige Kader“ in die Reichsmarine übernommen, der Rest ging in den Untergrund und lebte unter verschiedenen Deckmänteln weiter, darunter dem „Bund ehemaliger Ehrhardt-Offiziere“, der „Organisation Consul“, dem Bund Wiking und dem „Sportverein Olympia“, bis sie endgültig von der Bildfläche verschwand.

Kampflied

Nachhaltig in die Geschichte eingegangen ist das sogenannte Kampflied der Brigade Erhardt, besonders die dritte und letzte Strophe, das spätestens bei der Zerschlagung der Münchner Räterepublik bereits vollständig ausgebildet gewesen sein soll. Das Kampflied soll während der tatsächlichen Kampfhandlungen wie auch beim Einmarsch in die eroberte Stadt München gesungen worden sein, später auch während des Kapp-Lüttwitz-Putsches.

Kamerad, reich' mir die Hände,
Fest wollen zusammen wir stehn.
Man mag uns auch bekämpfen,
Der Geist soll niemals verwehn.[1]

Hakenkreuz am Stahlhelm,
Schwarz-weiß-rotes Band,
Die Brigade Erhardt
Werden wir genannt.
Arbeiter, Arbeiter,
Wie mag es dir ergehn,
Wenn die Brigade Erhardt
Wird einst in Waffen stehn.[1]

Hakenkreuz am Stahlhelm,
Schwarz-weiß-rotes Band,
Die Brigade Ehrhardt
Werden wir genannt.
Die Brigade Ehrhardt
Schlägt alles kurz und klein,
Wehe Dir, wehe Dir,
Du Arbeiterschwein.[2]

Brigade Erhardt: Kampflied der Brigade Erhardt, ca. 1919

Die Melodie des Kampfliedes stammte von einem US-amerikanischen Vorkriegsschlager von 1904 namens Blue bell des Komponisten Theodore F. Morse.[3] Bereits vor dem Krieg war das Lied als Au tourlourou nach Frankreich gelangt.[3] 1914 erschienen anlässlich des Kriegsausbruchs beiderseits des Ärmelkanals martialische Umdichtungen, in Frankreich mit dem neuen Titel Aux vrais poilus ("Den wahren Landsern").[3]

Unmittelbar nach Unterzeichnung des Waffenstillstands vom November 1918 im Westen warben die westlichen Ententemächte die allerersten Freikorps seit dem Deutsch-Französischen Krieg von 1871 aus Resten der kaiserlichen Armee an, die sie als Teil sog. internationaler Weißer Truppen gegen die neu gegründete rote Armee ins Baltikum schickten.[3] Die erste deutsche Fassung von Blue bell bzw. Aux vrais poilus, die zu dieser Zeit bei den Freikorps im Baltikum kursierte, wurde von Ernst von Salomon noch als Störtebekers Seeräuberlied bezeichnet, das textlich allerdings nur die erste Strophe mit dem späteren Kampflied gemein hatte.[3] Aus den Baltikumkämpfen nahmen die deutschen Freikorps das Lied mit, als sie von der demokratischen Reichsregierung unter Friedrich Ebert heimgerufen und gegen den Spartakusbund und andere kommunistische Aufstände geschickt wurden (wo sie von der rechten Presse unter Alfred Hugenberg z. T. noch immer als Weiße Truppen bezeichnet wurden), bis das Lied schließlich von der Brigade Erhardt übernommen und in seine bekannteste Form umgedichtet wurde.[3]

Nach der offiziellen Auflösung der Brigade Erhardt übernahm die SA der noch jungen NSDAP das Kampflied, nun mit den Zeilen Hakenkreuz am Stahlhelm/Blutig-rot das Band/Sturmabteilung Hitler werden wir genannt, bis es schließlich durch das Horst-Wessel-Lied ersetzt wurde.[3]

Bekannte Mitglieder

(Vergleiche auch Marine-Brigade von Loewenfeld)

Bekannte Mitglieder der Brigade und ihre späteren Dienstgrade bzw. Positionen waren u. a.:

  • Friedrich Bonte, Kommodore
  • Günther Brandt, Korvettenkapitän der Reserve
  • Joachim Breithaupt, Generalmajor (Luftwaffe)
  • Karl-Friedrich Brill, Fregattenkapitän der Reserve
  • Hans Bütow, Konteradmiral
  • Hans-Armin Czech, Generalleutnant (Luftwaffe)
  • Johann-Wilhelm (Johannes) Doering-Manteuffel, Generalmajor (Luftwaffe)
  • Werner von Fichte, SA-Obergruppenführer
  • Hermann Fischer
  • Thomas Girgesohn, SA-Gruppenführer
  • Eberhard Godt, Konteradmiral
  • Curt von Gottberg, SS-Obergruppenführer und General der Waffen-SS und Polizei
  • Erik Hansen, General der Kavallerie
  • Julius Heimberg, Konteradmiral (Ing.)
  • Ludolf von Hohnhurst, Konteradmiral
  • Günther Horstmann, Konteradmiral
  • Dietrich von Jagow, SA-Obergruppenführer
  • Karl Kaufmann, Reichstagsabgeordneter, Gauleiter von Hamburg
  • Werner Kempf, General der Panzertruppe
  • Erwin Kern
  • Manfred von Killinger, SA-Obergruppenführer
  • Gustav Kleikamp, Vizeadmiral
  • Otto Klüber, Konteradmiral
  • Ernst-Felix Krüder, Kapitän zur See
  • Friedrich-Wilhelm Krüger, SS-Obergruppenführer und General der Waffen-SS
  • Eugen Lindau, Admiral z.V.
  • Ernst Lucht, Konteradmiral
  • Hans-Otto Philipp, Fregattenkapitän der Reserve
  • Hartmut Plaas
  • Karl-Jesco von Puttkamer, Konteradmiral
  • Wilhelm Rhein, Konteradmiral z.V.
  • Ernst von Salomon, Schriftsteller
  • Bruno Sattler, SS-Sturmbahnführer, Referatsleiter im RSHA und Gestapo-Chef von Belgrad
  • Otto Schniewind, Generaladmiral
  • Julius Schreck, SS-Ehrenführer
  • Otto Schulz, Generalleutnant
  • Martin Seidel, Reichstagsabgeordneter
  • Hermann Souchon, Leutnant zur See, Mörder Rosa Luxemburgs
  • Theodor Spieß, Generalleutnant (Luftwaffe)
  • Hans Hubertus von Stosch, Vizeadmiral
  • Joachim Szyskowitz, Kapitän zur See
  • Wolf von Trotha, Vizeadmiral z.V.
  • Karl Weniger, Kapitän zur See
  • Wolfgang von Wild, Generalmajor (Luftwaffe)
  • Hans-Heinrich Wurmbach, Admiral

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b Hubert Goenner (2005): Quellenverzeichnis und Anmerkungen zu "Einstein in Berlin 1914-1933", S. 52 (PDF)
  2. Gerhard E. Gründler, Arnim von Manikowsky (1970): Deutsche Admirale putschen nicht?, stern, 12/70
  3. a b c d e f g ...bis an die Memel - Von eigentlich ungewollten Reisen

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