Interkulturelle Gärten

Interkulturelle Gärten

Internationale Gärten, auch Interkulturelle Gärten, ist ein in Deutschland von dem Verein Internationale Gärten e. V. in Göttingen entwickeltes Konzept zur Völkerverständigung und Integration.

Inhaltsverzeichnis

Idee und Ziele

Gärtnern und Freizeitaktivitäten in Interkulturellen Gärten stellen den sozialen Kontakt zwischen Flüchtlingen, Migranten und Deutschen untereinander her und fördern dadurch die Verständigung zwischen Menschen aus unterschiedlichen Kulturen, die Integration von Flüchtlingen, Migranten und Zuwanderern und die Erhaltung und Nutzung der Kulturpflanzenvielfalt.

Ziele der Interkulturellen Gärten sind unter anderem, dass sich eine von Deutschen besonders mit Kriegs- und politischen Flüchtlingen theoretisch bekundete Solidarität durch Kontakte mit diesen und auch anderen Migranten im Alltag festigt und Migranten und Flüchtlinge auch von sich Integrationsprozesse anstoßen, sich an solchen beteiligen und darin unterstützt werden.

Die Gärten sind ideale Orte der Begegnung, weil dort die uns allen gemeinsame Natur hautnah erlebt wird und viele Migranten und Flüchtlinge aus kleinbäuerlichen Verhältnissen kommen, so dass sie ihr Wissen hier gut anwenden und einbringen können.

Interkulturelle Gärten bestehen aus einzelnen Parzellen, auf denen Gemüse und Kräuter (darunter in Deutschland wenig bekannte Arten und Sorten aus den Herkunftsländern) umweltfreundlich und für den Eigenbedarf angebaut werden. Es gibt außerdem gemeinschaftlich genutzte Flächen für Kinderspiel, Veranstaltungen und Treffen.

Die Gärten sind oft auch Anknüpfungspunkt für darüber hinaus gehende Aktivitäten und Lernangebote für berufliche Integration etwa durch Besichtigungen und Praktika bei Betrieben aus dem Bereich Gartenbau und Umwelt, Förderung der beruflichen Orientierung im gärtnerischen und Umweltbereich, sowie soziale Integration durch Nachbarschaftshilfe und Familienbetreuung, Erlernen der deutschen Sprache, Aufsuchen und Kontakt zu Bildungseinrichtungen, Dokumentation und Öffentlichkeitsarbeit.

Entwicklung zur Bewegung

Das Pilot-Projekt der Interkulturellen Gärten entstand 1996 auf Initiative von zugewanderten nichtdeutschen Familien in Göttingen. Der Verein „Internationale Gärten“ wurde 1998 gegründet. Begonnen hat es mit der Anlage von drei Gärten. Heute sind es fünf, in denen Familien aus fast 20 Ländern und unterschiedlichsten Religionen zusammen arbeiten.

Inzwischen sind nach dem Göttinger Vorbild weitere Gärten in Deutschland entstanden, so dass man fast von einer neuen sozialen Bewegung sprechen könnte. Über 80 interkulturelle Gartenprojekte in der gesamten Bundesrepublik existieren derzeit (Anfang 2009), weitere 60 befinden sich im Aufbau. Die Stiftung Interkultur in München, eine Gründung der gemeinnützigen Forschungsgesellschaft „anstiftung“ hat das „Netzwerk Interkulturelle Gärten“ aufgebaut. Sie koordiniert die mittlerweile über 100 Gartenprojekte bundesweit, berät in Fragen der Projektentwicklung, Öffentlichkeitsarbeit, Fundraising und gibt in Einzelfällen finanzielle Starthilfe. Die Stiftung Interkultur koordiniert auch ein Forschungsnetzwerk.

Auszeichnungen

Die Interkulturellen Gärten wurden bereits mehrfach ausgezeichnet. Einige Beispiele:

  • 2001: Förderpreis Aktive Bürgerschaft (Bundessieger)
  • 2002: Integrationspreis des Bundespräsidenten
  • 2005: 1. Preis der Niedersächsischen Umweltstiftung
  • 2006: Göttinger Friedenspreis der Stiftung Dr. Roland Röhl (zusammen mit der Stiftung Interkultur)

Räumung

Der Interkulturelle Garten Rosa Rose in 10247 Berlin (Bezirk: Friedrichshain-Kreuzberg) ist am 14. März 2008 geräumt worden. [1]

Hintergrund und Bedeutung

Die Entwicklung internationaler Gärten muss - ähnlich wie die Entwicklung von Arbeiter- oder Armengärten Ende des 19. Jahrhunderts - vor dem Hintergrund der zunehmenden Verstädterung im 20. Jahrhundert gesehen werden. Lange Zeit wurde wurde von Stadtsoziologen angenommen, dass der Prozess der Urbanisierung und das betreiben von Landwirtschaft einander ausschließen. Wie aber Christa Müller und andere Forscher nachweisen, entwickeln sich gegen Ende des 20. Jahrhunderts in mehreren großen Städten der Welt, wie etwa Buenos Aires, New York City und Toronto Gemeinschafts- bzw. Nachbarschaftsgärten als neue Form von urbaner Subsistenzwirtschaft. Verantwortlich dafür sind auf der einen Seite gesellschaftliche Prozesse wie die zunehmende Notwendigkeit verarmter Städter, auf diese Produktionsform zurückgreifen zu können, um in der Stadt überleben zu können, und auf der anderen Seite eine Krise großer Städte selbst, wenn etwa Bauerwartungsland über Jahre oder Jahrzehnte nicht genutzt wird oder aber wenn, verursacht durch die industriellen Wandel, die Nutzung von bestimmten Flächen entfällt und eine neue Nutzung noch nicht durchgesetzt oder finanzierbar ist.

Literatur

  • Christa Müller: Wurzeln schlagen in der Fremde. Die Internationalen Gärten und ihre Bedeutung für Integrationsprozesse (mit Praxisteil); 2002, München: ökom, ISBN 3-928-24482-5
  • Christa Müller: Interkulturelle Gärten – Urbane Orte der Subsistenzproduktion und der Vielfalt, veröffentlicht in: Deutsche Zeitschrift für Kommunalwissenschaften - Die "grüne" Stadt – urbane Qualitäten durch Freiraumentwicklung", 1/2007, S. 55-67, Berlin
  • Elisabeth Meyer-Renschhausen: Unter dem Müll der Acker. Community Gardens in New York City

176 Seiten ISBN 3-89741-156-3

Einzelnachweise

  1. http://www.rosarose-garten.net

Siehe auch

Weblinks


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