Ambrosius Theodosius Macrobius

Ambrosius Theodosius Macrobius

Ambrosius Theodosius Macrobius war ein spätantiker römischer Grammatiker und Philosoph, der während der Regierungszeiten der Kaiser Honorius (395–423) und Arcadius lebte. Macrobius war über die gesamte Spätantike und das Mittelalter hindurch bekannt und wurde rezipiert, was nur sehr wenigen Autoren vergönnt war.

Inhaltsverzeichnis

Herkunft

Macrobius selbst stellt fest, dass er kein in Italien geborener Römer sei.[1] Es ist aber nicht sicher, ob er griechischer oder nordafrikanischer Herkunft war. Er könnte identisch sei mit dem Macrobius, der im Codex Theodosianus als Prätorianerpräfekt in Spanien 399/400 erwähnt wird, Proconsul von Africa 410 und Kämmerer 422. Die hohen Ämter waren zu dieser Zeit weitgehend Christen vorbehalten, es gibt in seinen Schriften jedoch keinen Hinweis auf ein eventuell christliches Bekenntnis (worauf allerdings der Name hindeutet). Folglich ist diese Theorie eher zweifelhaft, es sei denn, dass eine mögliche Konversion zum Christentum erst nach der Niederschrift seiner Bücher erfolgte.[2] Es ist auch möglich, dass er der Theodosius war, dem Avianus seine Fabeln widmete.

Werke

Saturnalia

Das wichtigste seiner Werke sind die Saturnalia. Es enthält einen Bericht über die Gespräche, die im Haus des Vettius Agorius Praetextatus (um 320–384) während der Saturnalien geführt wurden. In den Dialogen tauchen neben Praetextatus mehrere einflussreiche Vertreter des stadtrömischen Heidentums auf, so etwa die Senatoren Quintus Aurelius Symmachus und Virius Nicomachus Flavianus oder der Vergilkommentator Servius. Deutlich ist eine Distanz zum Christentum, das kein einziges Mal erwähnt wird. Das Werk wurde von Macrobius zum Nutzen seines Sohnes Eustathius (oder Eustachius) geschrieben und enthält eine große Anzahl historischer, mythologischer, kritischer und grammatischer Diskussionen. Es gibt kaum Versuche, den Dialogen irgendeine Dramatik mitzugeben; in jedem der sieben Bücher (die Einteilung stammt aus dem Mittelalter) übernimmt eine der Personen die Führungsrolle, und die Bemerkungen der anderen dienen lediglich als Gelegenheiten, Gelehrsamkeit zu zeigen. Die ältesten Handschriften des Werks reichen ins 9. Jahrhundert zurück.

Der größte Wert der Arbeit liegt in den Fakten und Meinungen, die von früheren Autoren zitiert werden. Die Form der Saturnalia ist von Platons Symposion und GelliusNoctes atticae übernommen. Die hauptsächlich Zitierten (deren Namen nicht angegeben werden) sind Gellius, Seneca der Jüngere, Plutarch (Quaestiones conviviales), Athenaios und die Kommentare des Maurus Servius Honoratius und anderer zu Vergil.

  • Das erste Buch aus dem Werk Saturnalia ist der Frage nach der Herkunft der Saturnalien und den Festen des Janus gewidmet, die zu einer Geschichte und Diskussion des römischen Kalenders führt und dem Versuch, alle Formen der Verehrung von der Sonne abzuleiten.
  • Das zweite Buch beginnt mit einer Sammlung von Bonmots, zu der alle Anwesenden beitragen, und von denen viele Cicero und Augustus zugeschrieben werden; eine Diskussion der verschiedenen Freuden, besonders der der Sinne, scheint daran anzuschließen, aber davon ist fast alles verloren.
  • Die Bücher drei bis sechs sind dem bedeutenden Dichter Vergil gewidmet, wie der Dichter überhaupt im Mittelpunkt des Werks steht. Diskutiert werden seinen religiösen Themen, seinem rhetorischem Wissen, seiner Schuld gegenüber Homer (mit einem Vergleich der Kunst der beiden) und anderer griechischer Autoren sowie der Natur und dem Ausmaß der Anleihen bei früheren lateinischen Dichtern. Der letzte Teil des dritten Buchs beginnt mit einer Abhandlung über Luxus und den geplanten Gesetzen, diesem zu begegnen, und stellt vielleicht einen ausgegliederten Teil des zweiten Buchs dar.
  • Das siebte Buch besteht weitgehend aus der Diskussion verschiedener physiologischer Fragen.

Kommentar in zwei Bänden zu Ciceros Somnium Scipionis

Macrobius ist auch der Autor eines Kommentars in zwei Bänden zum Somnium Scipionis, das Cicero am Ende seiner De re publica erzählt. Die Abfassungszeit ist nicht bekannt und wurde stark diskutiert. Wahrscheinlich fällt sie in das Jahrzehnt zwischen 430 und 440 n. Chr.[3] Der Traum, in dem Scipio Africanus seinem adoptierten Enkel Scipio Aemilianus erscheint und das Leben der Guten nach dem Tod und die Beschaffenheit des Universums aus der stoischen Sicht beschreibt, gibt Macrobius Gelegenheit, in einer Reihe von Essays viele Fragen zur Physik und damit die astronomischen Begriffe der Zeit anzusprechen. Die moralischen Aspekte bei Cicero, die so erhalten geblieben sind, verschafften dem Werk im Mittelalter eine hohe Beliebtheit und ermöglichten das Überleben des Somnium Scipionis, während der größte Teil von Ciceros De re publica verloren ging.

Weitere Werke

Von einem dritten Werk, De differentiis et societatibus graeci latinique verbi, besitzen wir lediglich die Zusammenfassung eines gewissen Johannes, der mit Johannes Scotus Eriugena (9. Jahrhundert) gleichgesetzt wird.

Ausgaben

  • James Willis (Hrsg.): Ambrosii Theodosii Macrobii Saturnalia, Teubner, Stuttgart und Leipzig 1994. ISBN 3-8154-1527-6 (verbesserte Fassung der 2. Auflage von 1970)
  • James Willis (Hrsg.): Ambrosii Theodosii Macrobii commentarii in Somnium Scipionis, Teubner, Stuttgart 1970
  • Mireille Armisen-Marchetti: Macrobe: Commentaire au Songe de Scipion, 2 Bände, Les Belles Lettres, Paris 2001–2003. ISBN 2-251-01420-3 (formal falsche ISBN) und ISBN 2-251-01432-2 (kritische Edition des lateinischen Textes mit französischer Übersetzung und Kommentar)
  • Paolo de Paolis (Hrsg.): Macrobii Theodosii De verborum Graeci et Latini differentiis vel societatibus excerpta, Quattro Venti, Urbino 1990. ISBN 88-392-0181-5

Übersetzungen

  • Ambrosius Theodosius Macrobius: Tischgespräche am Saturnalienfest, übers. von Otto und Eva Schönberger, Königshausen & Neumann, Würzburg 2008. ISBN 978-3-8260-3785-6
  • Macrobius: Commentary on the Dream of Scipio, übers. von William Harris Stahl, Columbia University Press, New York 1952 (englische Übersetzung)

Literatur

zum Autor und zum Werk
  • Jacques Flamant: Macrobe et le néo-platonisme latin, à la fin du IVe siècle, Brill, Leiden 1977. ISBN 90-04-05406-5
  • Pedro Paolo Fuentes González: Artikel Macrobius, in: Richard Goulet (Hrsg.): Dictionnaire des philosophes antiques, Bd. 4, CNRS Editions, Paris 2005, S. 227-242
  • Ekkehart Syska: Studien zur Theologie im ersten Buch der Saturnalien des Ambrosius Theodosius Macrobius, Teubner, Stuttgart 1993. ISBN 3-519-07493-1
zur Rezeption
  • Brigitte Englisch: Die Artes liberales im frühen Mittelalter (5.-9. Jahrhundert). Das Quadrivium und der Komputus als Indikatoren für Kontinuität und Erneuerung der exakten Wissenschaften zwischen Antike und Mittelalter, Stuttgart 1994. ISBN 978-3-515-06431-6
  • Douglas Kelly: The Conspiracy of Allusion. Description, Rewriting, and Authorship from Macrobius to Medieval Romance, Brill, Leiden 1999. ISBN 90-04-11560-9

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Saturnalia 1, praefatio 11: nos sub alio ortos caelo („wir unter einem andern Himmel Geborenen“). Über seine Herkunft Armisen-Marchetti Mireille: Macrobe. Commentaire au Songe de Scipion. Band 1, Paris 2001, S. Xf.
  2. Zur Frage ausführlich und gegenüber der These eines christlichen Macrobius skeptisch: Armisen-Marchetti Mireille: Macrobe. Commentaire au Songe de Scipion. Band 1, Paris 2001, S. XVIIIf.
  3. Armisen-Marchetti Mireille: Macrobe. Commentaire au Songe de Scipion. Band 1, Paris 2001, S. XVII.

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