America First

America First

Das America First Committee (AFC) war die größte Organisation der US-Isolationisten. Sie wandte sich gegen eine Beteiligung der USA am Zweiten Weltkrieg. Das Committee löste sich einige Tage nach dem Angriff auf Pearl Harbor im Dezember 1941 selbst auf.

Inhaltsverzeichnis

Mitglieder und Unterstützer

AFC wurde am 4. September 1940 von R. Douglas Stuart, Jr. (Yale University) und anderen Studenten, wie dem späteren Präsidenten Gerald Ford, Sargent Shriver und dem späteren Richter am Supreme Court, Potter Stewart, gegründet. Weitere Mitglieder und Unterstützer waren die Senatoren Burton K. Wheeler, Robert Rice Reynolds und Gerald P. Nye, die Abgeordneten Clare E. Hoffman und Hamilton Fish III, Henry Ford (Ford Motor Company), der Präsidentschaftskandidat und Vorsitzende der Sozialistischen Partei der USA, Norman Thomas, sowie ihr bekannter Sprecher, der Flieger Charles A. Lindbergh. Personen des öffentlichen Lebens, wie die Schriftsteller Sinclair Lewis, E. E. Cummings, Gore Vidal, die Tochter von Theodore Roosevelt, Alice Roosevelt Longworth, Filmproduzent Walt Disney und die Schauspielerin Lillian Gish unterstützten das Committee.

Auf seinem Höhepunkt hatte die Organisation 800.000 Mitglieder, wobei Illinois mit 135.000 am stärksten vertreten war. Die nationale Zentrale war in Chicago, ihr erster Präsident Robert E. Wood (Sears). Von den 370.000 $ eingesammelten Spendengeldern stammte die Hälfte von Millionären wie William H. Regnery und H. Smith Richardson (Vick Chemical Company), R.E.Wood, Joseph M. Patterson (New York Daily News) und seinem Cousin Robert R. McCormick (Chicago Tribune).

Aktivitäten

AFC lancierte eine Petition um die Umsetzung des „1939 Neutrality Act“ zu erzwingen und Franklin D. Roosevelt an sein Versprechen zu erinnern, Amerika aus dem Krieg herauszuhalten. Es misstraute Roosevelt, dem es vorwarf, das amerikanische Volk zu belügen. Einen Tag nachdem dieser am 18. Februar 1941 das Leih- und Pachtgesetz dem Congress vorlegte, welches trotz Neutralität die Versorgung der Alliierten und der Sowjetunion (11,3 Mrd) mit Kriegsmaterial im Wert von 50 Mrd. US$ vorsah, versprach das AFC mit „aller verfügbarer Kraft“ dagegen zu opponieren. Dasselbe tat sie gegenüber der Atlantik-Charta vom 14. August 1941; der bewaffneten Begleitung von Schiffen und der Erhöhung des ökonomischen Drucks auf Japan. Zwecks Verhinderung des Leih- und Pachtgesetzes und der Stärkung der Neutralität formulierte AFC vier Grundprinzipien:

  • Die USA müssen eine unüberwindliche Verteidigung aufbauen
  • Keine fremde Macht oder Gruppe kann das vorbereitete Amerika erfolgreich angreifen
  • Die amerikanische Demokratie kann nur erhalten werden, wenn sich das Land aus dem europäischen Krieg heraushält
  • „Unterstützung zur Kriegsverkürzung“ schwächt die nationale Verteidigung und beschleunigt die Verwicklung Amerikas in auswärtige Kriege

Trotz Kriegsbeginns in Europa wollte eine überwältigende Mehrheit der amerikanischen Bürger dem Krieg wenn möglich fernbleiben. AFC war in den 15 Monaten seines Bestehens Ausdruck dieser weitverbreiteten Anti-Kriegsgefühle.

Charles Lindbergh

Charles Lindbergh zog bereits vor Gründung des AFC die Motive der Regierung Roosevelt in Zweifel; seine Antikriegsposition bezog er schon vor der Luftschlacht um England und dem Leih- und Pachtgesetz. Für seine „Verdienste um das Deutsche Reich“ wurde er am 19. Oktober 1938 mit dem „Deutschen Adlerorden“, einer Stiftung Hitlers zur Ausländerehrung, ausgezeichnet.

Lindberghs erste Radiorede, noch vor AFC-Gründung, übertrugen am 15. September 1939 alle drei großen Radionetze der USA (MBS, NBC, CBS). Er forderte seine Hörer auf, hinter die Reden und die Propaganda, mit denen sie gefüttert werden, zu blicken. Sie sollten sich die Reden- und Berichteschreiber und die Zeitungsbesitzer ebenso wie jene, welche die Redner beeinflussten, ansehen.

In seinen ersten Reden für America First trat er hauptsächlich für eine Verteidigung der amerikanischen Hemisphäre ein. Er war überzeugt, dass potentielle Angreifer durch die Insellage des Landes auf die Küsten beschränkt blieben und folglich die Luft- und Küstenverteidigung zu stärken sei. Um den Frieden zu erhalten, genüge eine starke Verteidigung. Immer wieder wies er darauf hin, dass es den Amerikanern nicht möglich war über diese Fragen abzustimmen und sie statt dessen in Fragen involviert sind, die nicht ihre, sondern Sache Europas sei.

1940/41 war Lindbergh der von der Öffentlichkeit am meisten wahrgenommene Sprecher des AFC. Sein persönlicher Ruhm stärkte das Potential der Bewegung, Schatten seiner Vergangenheit und andere Punkte marginalisierten jedoch deren Nachricht. Unabhängig von der zunehmenden Kontroverse um die Ziele des AFC teilten die meisten Amerikaner die isolationistische These und respektierten Lindbergh. 1941 begann sich die öffentliche Meinung langsam gegen ihn zu wenden. „Jede Seite kämpfte um die Seele der Nation“, schrieb der Pulitzer-Preis-Träger und Lindbergh-Biograf A. Scott Berg, „die verbale Auseinandersetzung zwischen Roosevelt und Lindbergh währte elf Monate.“ Berg schreibt, dass Mitglieder der Regierung Roosevelt Lindbergh als einen ihrer anspruchsvollsten Rivalen betrachteten. Weitere erwuchsen dem Committee etwa im Council for Democracy von C.D.Jackson.

Rede in Los Angeles

Am 2. Juni 1940 sprach Lindbergh auf einem „Peace and Preparedness Mass Meeting“ in Los Angeles. Er kritisierte die Bewegungen, die in seiner Wahrnehmung Amerika in den Krieg führten. Er erklärte, dass die USA in einer Position seien, die sie nahezu unangreifbar machten und dass, wenn Interventionisten von der „Verteidigung Englands“ sprachen, sie in Wirklichkeit die „Niederlage Deutschlands“ meinten. Sein Auftritt im Hollywood Bowl war von der Präsenz einiger aggressiver Teilnehmer überschattet.

Rede in Iowa

Seine Rede in Des Moines, Iowa, am 11. September 1941 [1] ließ die Spannungen eskalieren. Er nannte als Kräfte, die Amerika in den Krieg führten, die Briten, die Regierung Roosevelt und die Juden. Während er Sympathie für die Lage der Juden in Deutschland äußerte, stellte er dar, dass Amerikas Kriegseintritt ihnen nicht helfen würde. Er sagte:

„Es ist nicht schwer zu verstehen, warum jüdische Menschen den Sturz Nazi-Deutschlands verlangen. Die Behandlung, die sie in Deutschland erleiden, würde ausreichen um jede Rasse zu bitteren Feinden zu machen. Keine Person mit Würde kann stillschweigend die Behandlung hinnehmen, die die jüdische Rasse in Deutschland erleidet. Aber auch keine Person mit Ehre und Weitblick kann ihre Pro-Kriegs-Politik betrachten ohne wahrzunehmen, welche Gefahr in einer solchen Politik liegt, für sie und für uns.

Anstatt für den Krieg zu agitieren, sollten die jüdischen Gruppen in diesem Land ihm auf jede nur mögliche Art entgegentreten, weil sie die Ersten sein werden, die die Konsequenzen spüren. Toleranz ist ein Wert, der von Frieden und Stärke abhängt. Die Geschichte zeigt, dass sie in Krieg und Verwüstung nicht überleben kann. Ein paar weitsichtige jüdische Menschen realisieren das und opponieren gegen die Intervention. Aber die Mehrheit tut es nicht. Die größte Gefahr für dieses Land liegt in deren Besitz und Einfluss auf die Filmindustrie, unsere Presse, unser Radio und unsere Regierung.“ [2]

Lindbergh, später genötigt sich zu verteidigen, erklärte, missverstanden worden und kein Antisemit zu sein.

Ergebnisse

Das grundlegendere Problem des AFC war, mit seiner Nachricht nicht über das Radio hinausgekommen zu sein. Es gab nur einige lokale Gruppen die in ihrer Nachbarschaft die öffentliche Meinung auf Graswurzel-Ebene zu beeinflussen suchten. Abgesehen von seiner ultimativen Ineffizienz hatte das America First Committee aber genug Potential um das Leih- und Pachtgesetz eine Zeit lang aufzuhalten und der Roosevelt-Regierung über zwei Jahre eine Opposition entgegenzusetzen.

Mit der formellen Kriegserklärung gegen Japan, die dem Angriff auf Pearl Harbor folgte, beschloss das Committee am 11. Dezember 1941 sich selbst aufzulösen. In der Erklärung hieß es:

Unsere Prinzipien waren richtig. Wären sie befolgt worden, hätte ein Krieg abgewendet werden können. Kein gutes Ziel kann heute vorgeschlagen werden, wenn man bedenkt, was hätte sein können, wären unsere Ziele erreicht worden...

Nachwirkungen

Der konservative Kommentator Pat Buchanan hat wiederholt America First hervorgehoben und den Namen als Slogan verwendet. [3] Aus diesem Grund wird die Bewegung heute in den USA einerseits als Ikone der sogenannten Paleokonservativen wahrgenommen, andererseits auch mit dem Wunsch verknüpft zu einer Nicht-interventionellen Außenpolitik zurückzukehren.

Das AFC wurde 1980 wiederbelebt. [4]

Die Novelle des jüdischen Autors Philip Roth, Verschwörung gegen Amerika (2004) basiert auf einer alternativen Geschichtsentwicklung, die von Roth entwickelt wurde. Fiktional setzt sich darin America First durch und mit Lindbergh als Präsident wächst der Antisemitismus in den USA.

Angeblich soll Laura Ingalls (Pilotin), die 1943 wegen des Vertretens fremder Interessen vor der US-Öffentlichkeit (Verstoß gegen den Foreign Agents Registration Act von 1938) vier Monate im Gefängnis saß, eine der Propagandistinnen des AFC gewesen sein. Das Gleiche gilt für den Autor und NS-Propagandisten George Sylvester Viereck, der von 1942 bis 1947 inhaftiert war.

Der „Scribner's Commentator“ und „Herald“ waren die wichtigsten Publikationen des America First Committee.

Literatur

  • Cole, Wayne S. Charles A. Lindbergh and the Battle against American Intervention in World War II. Harcourt Brace Jovanovich. San Diego. 1974
  • Cole, Wayne S. America First: The Battle against Intervention, 1940-41. Madison, University of Wisconsin Press. 1953
  • Doenecke, Justus D. The Battle Against Intervention, 1939-1941. Krieger Publishing Company. Melbourne, Florida. 1996
  • Doenecke, Justus D. Storm on the Horizon: The Challenge to American Intervention, 1939-1941. Rowman & Littlefield Publishers. Lanham, Maryland. 2000
  • Doenecke, Justus D. „American Isolationism, 1939-1941“ Journal of Libertarian Studies, Summer/Fall 1982, 6(3), pp. 201-216. Mises Institute. Auburn, Alabama. online Version
  • Doenecke, Justus D. „Explaining the Antiwar Movement, 1939-1941: The Next Assignment“ Journal of Libertarian Studies, Winter 1986, 8(1), pp. 139-162. Mises Institute. Auburn, Alabama. online version
  • Doenecke, Justus D. „Literature of Isolationism, 1972-1983: A Bibliographic Guide“ Journal of Libertarian Studies, Spring 1983, 7(1), pp. 157-184. Mises Institute. Auburn, Alabama. online version
  • Doenecke, Justus D. „Anti-Interventionism of Herbert Hoover“ Journal of Libertarian Studies, Summer 1987, 8(2), pp. 311-340. Mises Institute. Auburn, Alabama. online version
  • Jonas, Manfred. Isolationism in America, 1935-1941. Ithaca, N.Y., Cornell University Press. 1966
  • S. Everett Gleason and William L. Langer; The Undeclared War, 1940-1941. Harper & Brothers. New York. 1953 (pro Roosevelt)
  • Kauffman, Bill. America First! Its History, Culture, and Politics. Prometheus Books. NY. 1995. ISBN 0-87975-956-9
  • Herbert S. Parmet and Marie B. Hecht; Never Again: A President Runs for a Third Term. Macmillan. NY. 1968.
  • Schneider, James C. Should America Go to War? The Debate over Foreign Policy in Chicago, 1939-1941. University of North Carolina Press. Chapel Hill und London. 1989
  • Philip Roth. Verschwörung gegen Amerika. Roman. C.Hanser Verlag, München 2005. Rezension

Quellen

  1. http://www.charleslindbergh.com/americanfirst/speech.asp
  2. Cole, Wayne S.: America First: The Battle against Intervention, 1940-41 (1953)
  3. http://www.theamericancause.org/patamericafirst.htm
  4. http://www.americafirstcommittee.org/

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