Jakob Hemmer

Jakob Hemmer

Johann Jakob Hemmer (* 13. Juni 1733 in Horbach (Pfalz); † 3. Mai 1790 in Mannheim) war ein deutscher Meteorologe, Physiker und Sprachforscher. Er veröffentlichte auch unter dem Pseudonym Jakob Domitor (= lat. "der Erzwinger").

Inhaltsverzeichnis

Leben

Johann Jakob Hemmer studiert zunächst Philosophie und Mathematik und dann Katholische Theologie in Köln. Das Theologiestudium absolviert er am Kölner Jesuitenkolleg, ohne jedoch das Ordensgelübde abzulegen. Nach dem Studium wird Hemmer Hauslehrer bei dem kurpfälzischen Kammerherren Franz Georg Freiherr von Sturmfeder, durch den Hemmer eine Stelle als Hofkaplan am Hof des Kurfürsten Karl Theodor in Mannheim erlangt. 1767 wird Hemmer Mitglied der von Karl Theodor ins Leben gerufenen Akademie der Wissenschaften, deren Physikalisches Kabinett Hemmer ab 1776 als Direktor leitet. Ab 1768 ist Hemmer auch Kanonikus am St. Gangolf-Stift in Heinsberg. Ab 1780 ist Hemmer Sekretär der Pfälzischen Meteorologischen Gesellschaft (Societas Meteorologica Palatina) in der Akademie der Wissenschaften. Besonders Hemmers meteorologisches Wirken bringt ihm europaweite Bekanntheit ein und er wird nicht nur zum Geistlichen Geheimrat am Mannheimer Hof, sondern auch zum Hofrat bei Herzog Ernst August in Zweibrücken und bei König Stanislaus II. von Polen. Darüber hinaus ist Hemmer Mitglied in der Landwirtschaftlichen Gesellschaft Kaiserslautern und in gelehrten Gesellschaften in Bologna, Dijon und Stockholm.

Meteorologisches Werk

Als Sekretär der Societas Meteorologica Palatina (1780-1795), auch Pfälzische Meteorologische Gesellschaft genannt, baut Hemmer ab 1780 ein Netzwerk von 39 Wetterstationen auf, das sich von Neuengland über Grönland und 14 Stationen in Deutschland bis zum Ural erstreckt. Hemmer will von allen Wetterstationen gleichförmige Daten erlangen, um die Daten von verschiedenen Orten und verschieden Jahren vergleichen zu können. Diese Vergleichbarkeit über lange Zeit ist die Grundlage für die Beobachtung von Wetterveränderungen und Klimaveränderungen. Deshalb organisiert Hemmer das Beobachtungsnetz nach vier Gesichtspunkten, die den Grundlagen moderner Wetterbeobachtung entsprechen: Erstens werden in allen Stationen die gleichen Messinstrumente benutzt, die vom Kurfürsten bezahlt und nach Hemmers Vorstellungen angefertigt werden. Zweitens erstellt Hemmer eine einheitliche Beobachteranleitung und legt drittens einheitliche Beobachtungstermine, die Mannheimer Stunden, fest. Viertens sorgt Hemmer für eine rasche Veröffentlichung der Daten, die zu ihm nach Mannheim gesandt werden. Nach Hemmers Tod verfällt das Beobachtungsnetz schrittweise. 1795 wird beim Beschuss Mannheims im Koalitionskrieg zwischen Frankreich, Preußen und Österreich das Physikalische Kabinett des Kurfürsten zerstört und deshalb anschließend die Meteorologische Gesellschaft aufgelöst. Damit endet auch die Arbeit des Mannheimer meteorologischen Weltnetzes, dessen Prinzipien und Beobachtungszeiten aber auch heute noch in der Meteorologie Anwendung finden.

Physikalisches Werk

Als Physiker interessiert sich Hemmer für Elektrizität und führt deshalb Experimente in diesem Bereich durch. Als Direktor des Physikalischen Kabinetts des Kurfürsten führt Hemmer diese Experiment auch in der Öffentlichkeit vor, des Weiteren Versuche zum Schmelzen von Metallen mit Brennlinsen. Bedeutung erlangt Hemmer auch als Physiker in Verbindung zum Wetter: Sein Interesse für atmosphärische Elektrizität führt ihn zum Studium von Blitzableitern (zeitgenössisch "Wetterleiter"), die er auf Anordnung des Kurfürsten Karl Theodor im Jahre 1769 auf allen Pulvertürmen und Schlössern in der Kurpfalz anbringt. Hemmer entwickelt eine Variante des Blitzableiters mit fünf Spitzen ("Hemmerscher Fünfspitz") und ist zusammen mit Johann Albert Heinrich Reimarus ein Wegbereiter für die flächendeckende Einführung von Blitzschutz.

Sprachwissenschaftliches Werk

Hemmer veröffentlicht mehrere Werke zu Orthographie, und in seiner Grammatik und Gestaltung der deutschen Standardsprache, dazu einige Rezensionen zu Werken anderer Sprachwissenschaftler. Seine Veröffentlichungen lösen lebhafte Reaktionen aus, die sowohl Zustimmung als auch Kritik (u.a. von Johann Christoph Adelung) und sogar anonyme Schmähschriften beinhalten. Hemmer baut dabei teilweise auf die grammatischen Konzeptionen von Johann Christoph Gottsched auf und nimmt einige Positionen des Dichters Friedrich Gottlieb Klopstock zur Orthographie vorweg.

Grammatik und Standardsprache

Hemmers Entwürfe zur Grammatik gehen von einer Kritik des Zustandes der deutschen Sprache aus, die er in einer mangelhaften Verfassung sieht. Diese Kritik entwickelt er hauptsächlich anhand des gesprochenen Standarddeutschen der Kurpfalz. Hemmer beschreibt Dialekt und Latein als ungeeignet für die Entwicklung und Verbreitung von Wissenschaft und Kunst. Er kritisiert einen übermäßigen Fremdwortgebrauch und macht Vorschläge zur "Verdeutschung" von Begriffen. Hemmer vertritt einen gemäßigten Purismus, da er nicht alle Fremdwörter ablehnt. In seiner Deutschen Sprachlehre von 1775 legt Hemmer den Sprachgebrauch der Gelehrten als Vorbild für die Gestaltung des Deutschen zu Grunde. Die Aufgabe der Grammatik beschreibt Hemmer als Ableitung logischer Regeln aus der Sprache, was seine Beeinflussung durch die philosophische Grammatik, besonders der Grammatik von Port Royal widerspiegelt. Viele Konzepte Hemmers sind aus Werken andere Grammatiker wie Gottsched, Carl Friedrich Aichinger oder Heinrich Braun zusammengetragen. Hemmers erste Schrift (Deutsche Sprachlehre, zum Gebrauch der kuhrpfälzischen Lande 1769) wird von einem anonymen Autor, der sich als "Liebhaber der Weisheit" bezeichnet, in einer polemischen Schrift kritisiert, was Hemmer 1771 in einer Verteidigungsschrift beantwortet.

Orthographie

Die orthographischen Vorschläge Hemmers unterstützen zunächst eine möglichst genaue Wiedergabe des Wortklanges durch die Schrift (Orthopoetik). Ziel der Orthographie soll die "Eineindeutigkeit" sein, also die Zuordnung von nur einer Wortform für jeden Begriff und nur einem Begriff für jede Wortform. In späteren Werken befürwortet Hemmer auch die Orientierung am üblichen Sprachgebrauch und der Vernunft. Letzteres verweist wieder auf den Einfluss rationalistischer Grammatiktheorien der Schule von Port Royal. Etymologie und Analogie als Prinzip der Orthographie bleiben bei Hemmer untergeordnet. In seinem Spätwerk unterstützt Hemmer das Prinzip der Kleinschreibung.

Werke

  • Abhandlung über die deutsche Sprache zum Nutzen der Pfalz (Mannheim 1769)
  • Vertheidigung seiner Abhandlung über die deutsche Sprache, wider die Anmerkungen eines sogenannten Liebhabers der Wahrheit (Mannheim 1771)
  • Deutsche Sprachlehre, zum Gebrauche der kuhrpfälzischen Lande (Mannheim 1775)
  • Als Jakob Domitor: Grundris einer dauerhaften Rechtschreibung, Deütschland zur Prüfung vorgelegt (Mannheim 1776)
  • Kern der deütschen Sprachkunst und Rechtschreibung (Mannheim 1780)
  • Ephemerides Societas Meteorologica Palatinae (Mannheim 1781-88)
  • Begriff und Nutzen der Wetterleiter (Mannheim 1783)
  • Anleitung, Wetterleiter an allen gattungen von gebäuden auf di sicherste art anzulegen (Mannheim 1786)
  • Verhaltungsregeln, wenn man sich zur gewitterzeit in keinem bewafneten gebäüde befindet (Mannheim 1789)

Literatur

  • Academia Domitor - Studienforum Johann Jakob Hemmer e.V. (Hrsg.): Johann Jakob Hemmer (1733-1790) - Geistlicher, Sprachforscher, erfolgreicher Physiker, Meteorologe und Vollender des Blitzableiters, Shaker Verlag: Aachen, 2008.
  • Hemmer, Johann Jakob, in: Bio-bibliographisches Handbuch zur Sprachwissenschaft des 18. Jahrhunderts. Hgg. von Herbert E. Brekle, Edeltraud Dobnig-Jülch, Hans Jürgen Höller und Helmut Weiß, Bd. 4, Tübingen 1995, S. 195-205. (Dort umfangreiche Bibliographie)
  • Hans-Erhard Lessing: Mannheimer Pioniere. Wellhöfer-Verlag, Mannheim 2007

Weblinks


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