Jakob M. Mierscheid

Jakob M. Mierscheid

Jakob Maria Mierscheid (* 1. März 1933 in Morbach, Rheinland-Pfalz) ist ein fiktiver deutscher Politiker (SPD) und seit 1979 Mitglied des Deutschen Bundestages.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Die Figur Mierscheid ist der Archetyp des Hinterbänklers. Er findet sich in zahlreichen Personenverzeichnissen, aber auch in manchen offiziellen Veröffentlichungen des Deutschen Bundestages wieder. Dem Bundestag gehört er seit dem 11. Dezember 1979 an. Das Bild, das Mierscheid zeigt, ist identisch mit dem Karl Ranseiers – modernisiert mit einer Brille.

So bietet der Webserver des Bundestages eine Selbstbeschreibung Mierscheids zum Herunterladen an, in der es heißt:[1]

„Ich bin weder eine Erfindung, noch ein Patent, ich bin die Lösung. […] Wie der Verfassungsjurist Friedrich Nagelmann und der Berufsdiplomat Edmund F. Dräcker, meine Kollegen bei der Judikative und bei der Exekutive, mit denen ich gern zusammenarbeite, gehöre ich zu den Säulen unseres Staatswesens.“

Auch Nagelmann und Dräcker sind fiktive Personen. Kollege des Herrn Mierscheid ist ferner Karl Laupach (Bremische Bürgerschaft).

Mierscheids Geburt wird auf den 1. März 1933 in Morbach/Hunsrück datiert. Er ist katholisch, verwitwet, Mitglied der SPD, Mitglied der Gewerkschaft Landwirtschaft und Forsten und des Kleintierzüchtervereins Morbach. 1981 und 1982 war er stellvertretender Vorsitzender des Mittelstandsausschusses.

1983 veröffentlichte er im Vorwärts das nach wie vor gültige Mierscheid-Gesetz, spezielle Forschungsergebnisse zur Wahlprognostik. Eine seiner bemerkenswertesten Veröffentlichungen ist sein Beitrag zum 3. Höchster Steinlaus-Symposium, XII (3), Frankfurt am Main, aus dem Jahre 1993. Das spezifische Mierscheid-Gesetz wurde 2006 vom Statistischen Landesamt Baden-Württemberg zum Mierscheid-Walla-Gesetz verallgemeinert.[2]

1987 ging Mierscheid in Bayern auf die Jagd nach dem Fabelwesen Wolpertinger. Die damalige Deutsche Bundesbahn hielt Mierscheids Aktivitäten in dem Film Alpenträume fest. Allerdings trat Mierscheid dort nicht persönlich in Erscheinung, sondern wurde von dem Schauspieler Ernst Hilbich verkörpert.

Die Schwerpunkte seiner politischen Arbeit sind neben allgemeinen Sozialfragen und Problemen der Berufsausbildung vor allem die Aufzucht und Pflege der geringelten Haubentaube in Mitteleuropa und anderswo sowie Untersuchungen des Nord-Süd-Gefälles in Deutschland. Eine seiner jüngsten Aktivitäten ist seine Schrift Über die Ruderboote, in der er sich kritisch mit den Eigenschaften der Ruder-Achter im Berliner Jakob-Kaiser-Haus auseinandersetzt.

Mierscheid zeichnet sich zudem dadurch aus, dass er zu den wenigen politischen Mandatsträgern gehört, die noch die Sütterlinschrift beherrschen und – erkennbar an seiner Unterschrift – auch anwenden.

Der Abgeordnete erhielt vom damaligen SPD-Fraktionschef Franz Müntefering eine Abmahnung, nachdem er Ulla Schmidt als Unwort des Jahres vorgeschlagen hatte.[3]

Sein Privatleben schottet Mierscheid konsequent von der Außenwelt ab, in einem Interview mit der taz offenbarte er 2005 jedoch einige Einblicke.[4] So wurde z. B. erstmals bekannt, dass Mierscheid vierfacher Vater ist. Über seine Kinder ist jedoch nichts weiteres bekannt.

Am 11. Dezember 2004 konnte Mierscheid sein 25. Jubiläum als Abgeordneter feiern.[5]

Laut Informationen der Tagesschau trat Mierscheid im Juli 2005 überraschend aus der SPD aus. Er strebe eine zweite Karriere in dem geplanten Linksbündnis aus Linkspartei.PDS und WASG an. Kurz nach ihrer Veröffentlichung ließ Mierscheid diese Meldung allerdings durch die SPD-Fraktion wieder dementieren.[6] Persönlich nahm er in einem Interview bei Spiegel Online Stellung.[7]

In der 16. Wahlperiode des Bundestages war Mierscheid zunächst nicht in den Reihen der Abgeordneten zu finden. Mittlerweile steht der Nachrücker aber wieder in der Liste der MdB. Mierscheid erläuterte dies in einem offenen Brief.[8] Offensichtlich hat sich der stets sorgfältige und bedächtige Mierscheid vorbehalten, erst jenseits des Feststehens des amtlichen Endergebnisses auf der Bundestagsseite aufgeführt zu werden. Das ist seiner Integrität und Glaubwürdigkeit nur zuträglich. Kurioserweise tauchte anstatt Mierscheids ein echter Abgeordneter namens Miersch auf. Daraufhin wurde die Frage gestellt, ob Mierscheid seinen Eid abgelegt hätte.

Seit Juli 2007 sind die Nebeneinkünfte aller Politiker des Bundestages öffentlich einsehbar. Herr Mierscheid wird in dieser Liste nicht aufgeführt. Sein Kommentar dazu: „Ich bin halt kein Angeber.“

Jakob-Mierscheid-Steg

Mierscheid-Steg über die Spree

Am 1. April 2004 wurde eine Brücke über die Spree nach Mierscheid benannt. Die Brücke verbindet die zwei Bundestagsgebäude Paul-Löbe-Haus und Marie-Elisabeth-Lüders-Haus am Spreebogen und ist für Fußgänger zugänglich. Mierscheid selbst wurde von Dietrich Sperling (SPD) vertreten. Sperling war Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesbauministerium und ist Mitverfasser einer Mierscheid-„Holografie“. Ein Schild Jakob-Mierscheid-Steg konnte an der Brücke vorerst nur vorübergehend angebracht werden. Bei der Befestigung hatten sich unerwartete Probleme ergeben: „Die Bolzen, die wir hatten, erwiesen sich als Nieten“, sagte Sperling. Trotz der widrigen Umstände der Brückentaufe fand sich die Bezeichnung Jakob-Mierscheid-Steg bereits im Jahr 2005 auf einem vom Falk-Verlag vertriebenen Stadtplan Berlins wieder.[9]


Einzelnachweise

  1. Jakob Mierscheid: Jakob Mierscheid. Mitglied des Deutschen Bundestages, Oktober 2002
  2. Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg 03/2006: [Das Mierscheid-Walla-Gesetz http://www.statistik-bw.de/Veroeffentl/Monatshefte/PDF/Beitrag06_03_09.pdf], abgerufen am 5. Januar 2009
  3. Aktiv im Ruhestand, Die Zeitschrift für ehemalige Angehörige des öffentlichen Dienstes und ihre Hinterbliebenen. Jahrgang 53, März 2004, S. 32.
  4. taz berlin: „Ich bin kein Phantom“, 18. Juli 2005
  5. tagesschau.de: „Ich gehöre zu den Säulen des Staatswesens“, 12. Dezember 2004
  6. tagesschau.de: Schmutziges Spiel mit Mierscheid, 12. Juli 2005
  7. Spiegel Online: Mierscheid schließt nichts aus, 12. Juli 2005
  8. Jakob Mierscheid: Jenseits der Amtlichkeit, 23. September 2005
  9. Berlin. Mit Cityplan Potsdam. 67. Auflage, Falk, Ostfildern 2005, ISBN 3-88445-016-6, Beikarte I, Feld A10.

Literatur

  • Peter Raabe (Hrsg.): Die Mierscheid-Akte. Dokumentarische Spuren eines Phantoms. Fackelträgerverlag, Hannover 1986, ISBN 3-7716-1464-3. 
  • Dietrich Sperling; Friedhelm Wollner (Hrsg.): Jakob Mierscheid, Aus dem Leben eines Abgeordneten: Eine politische Holografie. Nomos Verlag, 1998, ISBN 3-7890-5484-4. 

Weblinks


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