Jaroslaw Kaczynski

Jaroslaw Kaczynski
Jarosław Kaczyński
Unterschrift
Jarosław Kaczyński 2007

Jarosław Kaczyński ( Aussprache?/i [jaˈrɔswaf kaˈtʃɨɲski]; * 18. Juni 1949 in Warschau) ist ein konservativer polnischer Politiker, Senator der I. Wahlperiode, Abgeordneter des Sejm in der I., III., IV., V. und VI. Wahlperiode und war von 2006 bis 2007 Ministerpräsident von Polen. Im Oktober 2007 erlitt er eine deutliche Niederlage bei vorgezogenen Wahlen. Er ist Vorsitzender der nationalkonservativen Partei Prawo i Sprawiedliwość (PiS, dt. Recht und Gerechtigkeit). Sein 45 Minuten jüngerer Zwillingsbruder Lech ist Präsident des Landes.

Inhaltsverzeichnis

Leben

1971 schloss Jarosław Kaczyński sein Studium an der Universität Warschau im Fach Recht und Verwaltung mit dem Magisterexamen ab. Anschließend arbeitete er bis 1976 als Assistent am Institut für Wissenschafts- und Hochschulpolitik. Von 1976 bis 1981 war er Adjunkt an einer Außenstelle der Warschauer Universität in Białystok. Während dieser Zeit arbeitete er aktiv im Komitee zur Verteidigung der Arbeiter (KOR). 1980 war er Sekretär des nationalen Büros der Solidarność. Während sein Bruder 1981 wegen seiner politischen Aktivitäten inhaftiert wurde, entging Jarosław dem Gefängnis, da es die Polizei angeblich für einen Fehler hielt, dass es zwei Kaczyńskis mit demselben Geburtsdatum geben sollte.[1] 1982 bis 1983 arbeitete er als Bibliothekar an der Universität Warschau. Die Zeitschrift Tygodnik Solidarność beschäftigte ihn von 1989 bis 1990 als Chefredakteur. Zugleich saß er in dieser Zeit für die parlamentarische Gruppe Obywatelski Klub Parlamentarny im polnischen Senat. Im Anschluss musste er als Chef der Kanzlei von Lech Wałęsa diese Position nach Meinungsverschiedenheiten mit eben diesem bereits 1991 wieder verlassen.

Mit ihm als Spitzenkandidat wurde die von ihm und seinem Bruder 2001 gegründete PiS bei den Parlamentswahlen im September 2005 unerwartet stärkste Partei. Um die guten Wahlchancen seines Zwillingsbruders Lech bei der Volkswahl des neuen polnischen Staatsoberhaupts am 9. Oktober 2005 nicht zu gefährden, verzichtete Jarosław Kaczyński darauf, Ministerpräsident zu werden und schlug stattdessen den parteiinternen Finanzfachmann Kazimierz Marcinkiewicz für diesen Posten vor. Bereits nach wenigen Monaten geriet Marcinkiewicz jedoch in die innerparteiliche Schusslinie und wurde aus dem Amt gedrängt. Am 14. Juli 2006 wurde Jarosław Kaczyński daraufhin zum Ministerpräsidenten vereidigt.

Wie sein Bruder vertritt er ein konservativ und katholisch-national geprägtes Weltbild und steht engeren Beziehungen zu Russland, Deutschland sowie der EU skeptisch gegenüber.

Am 22. Juni 2007 erntete er angesichts einer „Aufrechnung“, dass Polen aufgrund seiner Opfer während des Zweiten Weltkrieges innerhalb der Europäischen Union als „Wiedergutmachung“ eine besondere Stimmengewichtung erhalten müsse, deutliche Kritik und publizistisches Entsetzen in ganz Europa. Hätte es die Zeit von 1939 bis 1945 nicht gegeben, so hätte Polen heute 66 Millionen Einwohner und müsste daher ein stärkeres Stimmengewicht erhalten, lautete seine Argumentation. [2]

Bereits vor Beginn des darauf folgenden EU-Gipfels in Brüssel war die polnische Regierung angesichts der immer neuen und weiteren Forderungen Jarosław Kaczyńskis isoliert.[3] Von Seiten der polnischen Medien und Presse wurde Jarosław Kaczyński in diesem Zusammenhang dafür kritisiert, dass er an den Verhandlungen nicht persönlich teilgenommen und diese nur per Telefon über seinen Bruder Lech gesteuert habe.[4]

Anfang August 2007 kündigte Kaczyński das Ende seiner Regierung und Neuwahlen für den 21. Oktober 2007 an.[5] Bei den Parlamentswahlen siegte die konservativ-liberale Platforma Obywatelska (PO, dt. Bürgerplattform) mit dem bisherigen Oppositionsführer Donald Tusk mit rund 41,5 % der abgegebenen Stimmen. Kaczyńskis Partei PiS errang lediglich 32,1 % der Stimmen. Mit rund 53,8 % war die Wahlbeteilung so hoch wie bei den ersten Wahlen nach dem Niedergang des Realsozialismus in Polen 1989. Die ganz überwiegende Mehrheit der Neu-Wähler votierte für einen Machtwechsel. Auch Auslandspolen, bspw. im Vereinigten Königreich, nahmen in Scharen an der Abstimmung teil. Der Sieg der Liberalen wurde in ganz Europa von Politik und politischer Öffentlichkeit in ungekannter Deutlichkeit als „Signal gegen Scharfmacher“ begrüßt.[6]

Persönliches

Die Kaczyński-Brüder sind Söhne von Rajmund Kaczyński, einem Ingenieur und Teilnehmer des Warschauer Aufstandes, und Jadwiga Kaczyńska, einer Mitarbeiterin der Polnischen Akademie der Wissenschaften. Als Zwölfjähriger spielte er gemeinsam mit seinem Zwillingsbruder Lech in dem polnischen Kinderfilm O dwóch takich, co ukradli księżyc (dt. Von Zweien, die den Mond stahlen) mit, einer Verfilmung des gleichnamigen Romans von Kornel Makuszyński. Der Katzenliebhaber und Junggeselle Jarosław Kaczyński lebt zusammen mit seiner Mutter im nördlichen Warschauer Bezirk Żoliborz.[7] Über die sexuelle Orientierung von Kaczyński wird in den polnischen Medien und der Gesellschaft spekuliert.[8]

Literatur

  • Peter Oliver Loew: Zwillinge zwischen Endecja und Sanacja. Die neue polnische Rechtsregierung und ihre historischen Wurzeln. In: Osteuropa 55 (2005), H. 11, S. 9–20.
  • Adam Holesch/Axel Birkenkämper: "Von Kaczynski zu Tusk - eine deutsch-polnische Tragödie?", Bouvier Verlag Bonn 2008.

Einzelnachweise

  1. spiegel.de: Populisten im Doppelpack, 5. Oktober 2005
  2. „Kopfschütteln“ nach Kaczynski-Rechnung
  3. www.merkur-online.de - „Die unberechenbaren Zwillinge“, www.wienerzeitung.at - „Gusenbauer gegen Zeit schinden“
  4. www.sueddeutsche.de - „Reaktionen. Gutes Signal für Europa“
  5. n-tv:Nationalistisch gefärbte Rhetorik:Kaczynski spürt die Niederlage
  6. Europa bejubelt Wende in Polen Spiegel Online, 22.10.2007
  7. Ftd:Schlammschlacht in Warschau
  8. Ftd:Schlammschlacht in Warschau

Weblinks


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