Amitriptylinhydrochlorid

Amitriptylinhydrochlorid
Strukturformel
Allgemeines
Freiname Amitriptylin
Andere Namen

3-(10,11-Dihydro-5H-dibenzo[a,d] cyclohepten-5-yliden)-N,N-dimethylpropylamin

Summenformel C20H23N
CAS-Nummer 50-48-6
PubChem 2160
ATC-Code

N06AA09

DrugBank DB00321
Arzneistoffangaben
Wirkstoffklasse

Antidepressivum

Fertigpräparate
  • Amineurin®(D)
  • Equilibrin®(D)
  • Amitriptylin-CT®(D)
  • Saroten retard®(CH)
  • Saroten®(AT)
Verschreibungspflichtig: Ja
Eigenschaften
Molare Masse 277,40 g·mol−1
Sicherheitshinweise
Gefahrstoffkennzeichnung [1]

T
Giftig
R- und S-Sätze R: 23/24/25-36/37/38-42/43-63
S: 22-26-36/37/39-45
Bitte beachten Sie die eingeschränkte Gültigkeit der Gefahrstoffkennzeichnung bei Arzneimitteln
WGK 3 (stark wassergefährdend) [1]
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

Amitriptylin ist ein Arzneistoff aus der Gruppe der trizyklischen Antidepressiva.

Inhaltsverzeichnis

Geschichtliche Bedeutung

Amitriptylin wurde 1960 erstmals synthetisiert und 1962 vom Arzneimittelhersteller Lundbeck am Markt eingeführt. Es war lange Jahre – bis zum Aufkommen der Serotonin-Wiederaufnahmehemmer – das meistverordnete Antidepressivum weltweit. In Gebrauch waren trizyklische Antidepressiva bereits seit Ende der fünfziger Jahre (Imipramin: 1957).

Pharmakologie

Pharmakodynamik

Amitriptylin wirkt im ZNS als relativ unselektiver Hemmstoff der Monoamin-Rückaufnahme aus dem synaptischen Spalt in die Präsynapse. Auf diese Weise erhöht sich die Konzentration von Neurotransmittern (vor allem Serotonin und Noradrenalin) im synaptischen Spalt. Man nimmt heute an, dass die Reduktion depressiver Symptome durch eine modifizierte Empfindlichkeit der Rezeptoren für Monoamine erklärt werden kann. Die Empfindlichkeitssteigerung beruht dabei auf einer Down-Regulation bestimmter monoaminerger Rezeptoren aufgrund der veränderten Konzentrationsverhältnisse. Dies ist zudem die Begründung dafür, dass der stimmungsaufhellende Effekt in der Regel erst nach einer gewissen Einnahmedauer (etwa zwei bis drei Wochen) eintritt.

Daneben hat Amitriptylin Effekte auf weitere Übertragungsprozesse im Gehirn, beispielsweise wirkt es anticholinerg (etwa als Antagonist bestimmter Acetylcholin-Wirkungen) und leicht antihistaminisch. Daraus resultiert eine psychomotorisch eher dämpfende Gesamtwirkung; außerdem treten charakteristische Nebenwirkungen auf. Die sedierende Wirkkomponente vermindert sich meistens im Laufe der Anwendungsdauer.

Pharmakokinetik

Die Halbwertszeit im Körper beträgt 8–51 Stunden; die HWZ der Amitriptylin-Metaboliten 30 Stunden. Der Metabolit Nortriptylin ist ebenfalls wirkaktiv und wird selbst als Arzneimittel vertrieben.

Neben- und Wechselwirkungen

An Nebenwirkungen spielen vor allem Mundtrockenheit, Sedierung und Magen-Darmstörungen eine Rolle. Wegen der sedierenden Wirkung kommt Amitriptylin vor allem zum Einsatz bei Depressionen, die begleitet sind von Schlafstörung. Wegen möglicher gefährlicher Wechselwirkungen sollte zwischen der Anwendung von MAO-Hemmern und Trizyklika ein ausreichender Zeitabstand gewahrt werden. In Ausnahmefällen (therapieresistente Depressionen) kann bei bestehender Amitriptylin-Medikation der irreversible MAO-Hemmer Tranylcypromin vorsichtig dazugegeben werden (keinesfalls die umgekehrte Reihenfolge); eine engmaschige Kontrolle des Amitriptylin-Spiegels wird empfohlen.

Die typischen vegetativen Nebenwirkungen von Amitriptylin im Überblick:

Weiterhin können auftreten:

Psychische Störwirkungen sind Müdigkeit, Verwirrtheit (bis hin zum pharmakogenen Delir), selten auch aggressives Verhalten. Bei Bipolaren Erkrankungen kann es zur Umkehr der depressiven in eine manische Phase kommen.

Indikationen

Amitriptylin wird gegen alle Formen depressiver Erkrankungen eingesetzt, bevorzugt gegen solche, die überwiegend mit Angst und Unruhegefühlen einhergehen.

Ein weiteres zugelassenes Anwendungsgebiet ist die langfristige Schmerzbehandlung im Rahmen eines therapeutischen Gesamtkonzeptes.

Eine alleinige Verwendung als Hypnotikum bei Schlafstörungen ist häufig, stellt allerdings einen Off-Label Use dar.

Amitriptylin scheint zur Behandlung der posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) geeignet zu sein [2] [3]

Amitriptylin wird in geringerer Dosierung auch zur Behandlung des Reizdarmsyndroms und von Spannungskopfschmerz (jedoch nicht bei Migräne) eingesetzt.

Darreichungsformen

Amitriptylin wird als Amitriptylinhydrochlorid (Amitriptylin-HCl) in verschiedenen Generika und im Originalpräparat Saroten® eingesetzt. Es wird als Tablette, Dragee oder Lösung oral eingenommen oder als Injektionslösung i. m. oder i. v. gespritzt.

Anwendung in der Schwangerschaft und Stillzeit

Zur Anwendung von Amitriptylin in der Schwangerschaft liegen keine ausreichenden Erfahrungen vor. Tierversuche lassen vermuten, dass es möglicherweise zu Schädigungen des Fötus kommen kann. Amitriptylin sollte in der Schwangerschaft nur verwendet werden, wenn es unbedingt erforderlich ist.[4]

Wirkung auf die Fahrtüchtigkeit und auf das Bedienen von Maschinen

Amitriptylin wirkt sedierend und kann damit einen ausgeprägten Einfluss auf die Fahrtüchtigkeit haben und auf die Fähigkeit, Maschinen zu bedienen.[4]

Einzelnachweise

  1. a b Datenblatt für Amitriptyline hydrochloride – Sigma-Aldrich 11.06.2008
  2. http://clinicalevidence.bmj.com/ceweb/conditions/meh/1005/1005_I13.jsp
  3. National Institute for Clinical Excellence. Post traumatic stress disorder: the management of PTSD in primary and secondary care, 2005
  4. a b Fachinformation des Arzneimittel-Kompendiums der Schweiz: Saroten retard; Stand: September 2006
Gesundheitshinweis
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