Jewgenia Ginzburg

Jewgenia Ginzburg

Jewgenija Semjonowna Ginsburg (russisch Евгения Семёновна Гинзбург; * 20. Dezember 1904 in Moskau; † 25. Mai 1977 ebenda) war eine russische Historikerin und Schriftstellerin.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Jewgenija Ginsburg wurde als Tochter einer jüdischen Apothekerfamilie in Moskau geboren. Kurz danach siedelte die Familie nach Kasan um. 1920 studierte sie in der Universität Kasan, zuerst Sozialwissenschaften, dann Pädagogik.

Sie arbeitete als Lehrerin, dann als assistierender Professor. Bald heiratete sie Pavel Aksjonow, den damaligen Bürgermeister von Kasan und ein Mitglied der kommunistischen Partei. Nachdem Jewgenija Mitglied der kommunistischen Partei wurde, setzte sie ihre Karriere als Lehrerin und Journalistin fort. Sie gebar zwei Söhne, Alexei Aksjonow (1926–1944) und Wassili Aksjonow, der ein bekannter Autor wurde.

Im Februar 1937 wurde sie aus der Partei ausgeschlossen und bald wegen angeblicher Verbindung zu den Trotzkisten verhaftet. Ihre Eltern wurden ebenfalls verhaftet, jedoch nach zwei Monaten wieder freigelassen. Ihr Mann wurde im Juli verhaftet und zu 15 Jahren Strafarbeit und zur Abgabe seines gesamten Eigentums verurteilt. Im August wurde Jewgenija zu zehn Jahren Haft verurteilt.

Jewgenija musste mehrere berüchtigte Gefängnisse, Deportationen und Arbeitslager, u.a. das Frauenlager Alschir (Алжир) bei Karaganda, erdulden. Zeitweise durfte sie „normale“ Arbeit in der Gefangenschaft verrichten. Zu dieser Zeit lernte sie den Russlanddeutschen Anton Walter kennen, der als Arzt im Lager arbeitete und wegen seiner Herkunft interniert wurde. Später heirateten Jewgenija und Anton.

Im Februar 1949 wurde Jewgenija offiziell aus der Haft entlassen, jedoch musste sie noch fünf weitere Jahre in der Magadan-Zone bleiben. Sie fand Arbeit in einem Kindergarten und schrieb heimlich ihre Memoiren. Im Oktober 1950 wurde sie wiederum verhaftet und in die Region Krasnojarsk verbannt, anschließend wurde ihr Zielort nach Kolyma geändert. Nach Stalins Tod 1953 erlaubte man Ginsburg, nach Moskau zu reisen. 1955 wurde sie vollständig rehabilitiert. Ihr Schicksal teilten Millionen von ebenso zu Unrecht verurteilten Menschen.

Zurück in Moskau arbeitete sie als Journalistin und veröffentlichte autobiografische Schriften, welche die 1920er-Jahre in der Sowjetunion beschreiben. Der Teil der Erinnerungen, welcher dem Leben im Gulag gewidmet ist, Krutoi marschrut (wörtlich: Harte Marschroute; im Deutschen in zwei Teilen unter den Titeln: Marschroute eines Lebens und Gratwanderung erschienen) konnte in der Sowjetunion nicht publiziert werden. Er kursierte dort im Samisdat. Ginsburg schmuggelte den ersten Teil ihrer Memoiren in die DDR, wo sie 1967 im Tamisdat - in diesem Fall dem in Frankfurt am Main beheimateten Verlag Possev und im Mailänder Verlag Mondadori - in russischer Sprache veröffentlicht wurden. Eine weitere russischsprachige Ausgabe erfolgte 1985 in New York. In der ehemaligen Sowjetunion wurde das zweibändige Werk Krutoi Marschrut zum ersten Mal 1989 in Riga im Verlag des Zentralkomitees der KP Lettlands veröffentlicht.

Werke

Werke in Russisch

  • Kak natschinalos... Bericht, Kasan 1963
  • Edinaja trudowaja... Erinnerungen, In der Zeitschrift Junost, 1965, Nr. 11
  • Studenty dwadzatych godow Erinnerungen, In: Junost 1966 Nr. 8
  • Junoscha Dokumentarischer Kurzroman, In: Junost 1967 Nr. 9
  • Krutoi marschrut Erinnerungen Frankfurt, Possev und Mailand 1967

Werke, die in deutscher Übersetzung vorliegen

  • Marschroute eines Lebens München Piper 1989 ISBN 3-492-10462-2 (original: Krutoi marschrut I)
  • Gratwanderung München/Zürich Piper 1991 ISBN 3-492-10293-X (original: Krutoi marschrut II)

Literatur

  • Wolfgang Kasack; Lexikon der russischen Literatur ab 1917 Stuttgart Kröner 1976, ISBN 3-520-45101-8

Weblinks

Verfilmung des Lebens Jewgenija Ginsburgs WITHIN THE WHIRLWIND Spielfilm, Deutschland/Belgien/Frankreich/Polen Regie: Marleen Gorris Darsteller: Emily Watson, Ulrich Tukur Produktion: Lorival - Vincent Macheras In Postproduktion, Kinostart 2009


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