- Johann Heinrich Daniel Zschokke
-
Johann Heinrich Daniel Zschokke (* 22. März 1771 in Magdeburg; † 27. Juni 1848 in Aarau), häufig Heinrich Zschokke, auch Johann von Magdeburg und Johann Heinrich David Zschokke genannt, war ein deutscher Schriftsteller und Pädagoge. Er ließ sich in der Schweiz einbürgern und übernahm in der Folge zahlreiche politische Ämter und wirkte als liberaler Vorkämpfer und Volksaufklärer.
Er war der Vater des Ingenieurs Olivier Zschokke und Großvater des Zoologen Friedrich Zschokke.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Der Sohn des Altmeisters der Magdeburger Tuchmacherinnung Schokke wuchs nach dem Tod der Eltern erst bei Geschwistern und dann beim Schriftsteller und Rektor des altstädtischen Gymnasiums Elias Caspar Reichard auf. Er besuchte das Pädagogium am Kloster Unser Lieben Frauen sowie das altstädtische Gymnasium. Ab 1788 war er Theaterdichter einer Wandertruppe, im Herbst 1790 nahm er ein Studium der Philosophie und Theologie an der Universität Frankfurt (Oder) auf. Nach der Promotion 1792 war er bis 1795 Privatdozent für Philosophie.
1795 und 1796 reiste er durch Deutschland, Frankreich und die Schweiz, wo er sich schließlich niederließ. Er wurde Leiter einer Erziehungsanstalt in Reichenau im Kanton Graubünden, arbeitete an der Verbesserung des Schulwesens, wurde zunehmend politisch aktiv und erhielt das Bürgerrecht Graubündens. 1805 heiratete er Nanny Nüsperli, die ihm zwölf Söhne und eine Tochter gebar.
Politik
Nachdem die Franzosen im März 1798 die Schweiz erobert und die Helvetische Republik ausgerufen hatten, unterstützte Zschokke die „Patrioten“, die einen Anschluss Graubündens an den neuen Staat forderten. Als bei einer Volksabstimmung am 1. August 1798 die Gegner des Anschlusses gewannen, wurde er von seinen politischen Gegnern bedroht und musste neun Tage später nach Aarau fliehen. Die Regierung Graubündens aberkannte sein Bürgerrecht und setzte ein Kopfgeld auf ihn aus. 1801 erhielt Zschokke sein Bürgerrecht zurück, als die Gegner des Anschlusses abgesetzt worden waren und Graubünden der Helvetischen Republik beitrat.
Zschokke arbeitete in verschiedenen Ämtern für die Helvetische Regierung in Luzern. Von November 1798 bis Mai 1799 war er Leiter des „Bureaus für Nationalkultur“, von Mai bis September 1799 Distriktskommissär in Stans. Danach war er Regierungskommissär in drei verschiedenen Kantonen: Von September 1799 bis Februar 1800 im Kanton Waldstätte, von Mai bis September 1800 im Kanton Tessin und von September 1800 bis November 1801 im Kanton Basel.
Zschokke ließ sich in Aarau und zeitweise im Schloss Biberstein nieder. Die Regierung des neu geschaffenen Kantons Aargau ernannte ihn 1804 zum Oberforst- und Bergrat, was seinem naturwissenschaftlichen Interesse entgegenkam. In dieser Funktion verfasste er ein zweibändiges Handbuch für Forstbeamte und reorganisierte die aargauische Forstwirtschaft grundlegend; sein Wirken galt für die damalige Zeit als vorbildlich und wegweisend.
1815 wurde Zschokke in den Grossen Rat (Kantonsparlament) des Kantons Aargau gewählt. Er gehörte zwar keiner Partei an, stand aber den liberalen Kräften nahe. Er nahm während der Restaurationszeit mehrmals das Amt eines Tagsatzungsabgeordneten für den Aargau ein. Als Mitglied und später als Präsident der Helvetischen Gesellschaft setzte er sich offen für eine Reform der Schweiz in liberalem Sinn ein. Als die Liberalen 1830 die Macht im Kanton übernahmen, erreichte er eine Stärkung der Volksrechte in der neuen Kantonsverfassung. 1833 wurde Zschokke aargauischer Abgesandter an der Tagsatzung und setzte sich für die Bildung eines modernen Bundesstaates ein. 1841 unterstützte er den Antrag zur Aufhebung aller Klöster des Aargaus (→Aargauer Klosterstreit). 1843 zog er sich aus dem öffentlichen Leben zurück.
Werk
Als Schriftsteller wandte sich Zschokke anfangs der Räuber- und Schauerromantik zu, etwa in der Tragödie Graf Monaldeschi (1790) und den Romanen Abällino der große Bandit (1793) und Alamontade, der Galeerensklave (1803). Später schrieb er moralische Erzählungen mit aufklärerischer Tendenz. Seine Novellen (Der tote Gast, Das Goldmacherdorf, Die Nacht in Brczwezmcisl) waren beim Publikum sehr beliebt, ebenso sein Erbauungsbuch Stunden der Andacht. 1814 erschien seine Erzählung Hans Dampf in allen Gassen.
Zschokke war zu seiner Zeit einer der meistgelesenen deutschsprachigen Schriftsteller. Außerdem machte er sich verdient durch Forschungen zur älteren Geschichte der Schweiz und mit der Herausgabe volkserzieherischer Zeitschriften. Er verfasste ein umfangreiches Werk zur Geschichte Bayerns. Er gehörte u.a. der Literarischen Gesellschaft des Kantons Luzern an, in die auf seinen Antrag hin am 4. März 1799 auch sein Freund Markus Vetsch, Mitglied des helvetischen Grossen Rates und der helvetischen Tagsatzung, aufgenommen wurde. Daneben gab er zahlreiche Zeitungen heraus; sein 1804 gegründetes Wochenblatt „Der Schweizerbote“ erschien bis 1879.
Literatur
- Werner Ort: Heinrich Zschokke: Wegbereiter der Freiheit. In: Schweizer Monatshefte. Zeitschrift für Politik, Wirtschaft, Kultur. Heft 07/08, Juli/August 2007, S. 22 ff.
- Gunter Schandera: Zschokke, Johann Heinrich Daniel In: Magdeburger Biographisches Lexikon, Magdeburg 2002, ISBN 3-933046-49-1.
- J. J. Bäbler: Zschokke, Heinrich. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 45, Duncker & Humblot, Leipzig 1900, S. 449–465.
Weblinks
- Literatur von und über Heinrich Zschokke im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Werke von Heinrich Zschokke bei Zeno.org
- Werke von Heinrich Zschokke im Projekt Gutenberg-DE
- Sammlung Zschokke der Aargauer Kantonsbibliothek
- Heinrich Zschokke. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL).
- Heinrich-Zschokke-Gesellschaft
- Internationales Zschokke-Symposium in Deutschland
- Heinrich Zschokke, die Freimaurer und die Freimaurerloge „Zur Brudertreue“
Personendaten NAME Zschokke, Heinrich ALTERNATIVNAMEN Zschokke, Johann Heinrich Daniel; Zschokke, Johann Heinrich David; Johann von Magdeburg (Pseudonym) KURZBESCHREIBUNG deutsch-schweizerischer Schriftsteller, Pädagoge und Politiker GEBURTSDATUM 22. März 1771 GEBURTSORT Magdeburg STERBEDATUM 27. Juni 1848 STERBEORT Aarau
Wikimedia Foundation.